Castor-Transporte in Deutschland


Jeder fünfte Castorbehälter ist verseucht -
und Bonn will von nichts gewußt haben!

( an diese Stelle paßt gut ein Bitmap, z.B. direkt aus Word )

Seit den 80er Jahren werden abgebrannte Brennstäbe und strahlender Müll mit Hilfe von Castoren über Tausende von Kilometern zwischen Atomreaktoren, Wiederaufarbeitungsanlagen und Lagerstätten zu Lande und auf dem Wasser hin - und her transportiert.
Dabei galten die Castoren immer als sehr sicher, da Sie sich in strengen Tests
bewährten. Sie wurden beschossen, kollidierten mit 160 Stundenkilometern
schnellen Lokomotiven, wurden extremer Hitze ausgesetzt und aus großer Höhe auf
Stahlbeton gestürzt. Dabei erlitten sie zwar Schrammen aber keine Strahlungslecks.
Doch der wunde Punkt ist nicht der Transport, sondern die Beladung der Castoren, denn hierzu wird der Behälter in das radioaktive Wasser des Abklingbeckens getaucht. Doch sämtliche Maßnahmen, den Castor wieder von dem strahlendem Wasser zu befreien, reichen nicht 100%ig aus, denn winzige Tröpfchen Wasser können sich in schwer zugänglichen Ritzen ablagern und treten erst während oder am Ende des Transportes wieder auf ( sog."Hot - spots"). Dabei wird das Phänomen der "schwitzenden Behälter" mindestens seit 1991 in wissenschaftlichen Aufsätzen und auf Fachkongressen diskutiert. Doch die deutschen Behörden fragten wegen diesem Problem offenbar nie bei der Atomindustrie nach. Aber gerade die Hot Spots sind es, die jetzt in den Medien für Aufruhr sorgen, da bei einigen Transporten der zulässige Grenzwert von vier Becquerel um mehr als das 500fache überschritten wurde. Laut dem Umweltministerium besteht selbst bei einer Überschreitung um mehr als das 3000fache des zulässigen Grenzwertes keine Gefahr für den Menschen. Doch wozu hat man Grenzwerte erlassen, wenn ihre Nichtbeachtung völlig
gefahrlos wäre?
In Frankreich wurden sogar einige Container, an denen man erhöhte Strahlenwerte maß, so lange mit Putzwolle und Lösungsmitteln bearbeitet, bis die Werte stimmten. Dieses geschah jedoch nicht auf abgeschirmten Geländen sondern auf Rangierbahnhöfen, welche kurz vor der Wiederaufbereitungsanlage lagen.

In Deutschland hat man bis her wenig unternommen. Statt dessen versucht man die Castor - Affaire zu vertuschen. Angela Merkel äußerte sich hierzu mit folgendem Zitat, "Wenn Sie einen Kuchen backen, geht auch nicht alles nach Rezept, da fällt schon mal ein Mehl - stäubchen daneben. Ja und?"
Pathetisch stellt sie die Vertrauensfrage, fühlt sich hintergangen, schlecht informiert und fordert zu "organisatorischen und personellen Konsequenzen" auf.
Seit Ende der achtziger Jahre, so weiß das Umweltministerium erst seit dem 24.April, wurden an den Behältern immer mal wieder überhöhte Strahlenwerte gemessen. Seither sind die Transporte mit der strahlenden Fracht bis zur endgültigen Aufklärung der Vorfälle von Merkel gestoppt worden. Kernkraftgegner fühlen sich jetzt erst recht bestätigt: Die Atomindustrie behält ihre Pannen und Probleme für sich, ( denn laut dem Atomgesetz müssen etwaige Vorkommnisse während des Transportes
gar nicht gemeldet werden ) und die politischen Verantwortlichen haben somit
Ihrer Aufsichtspflicht nicht genügt.
Erste Rufe, Merkel müsse zurücktreten, werden laut.
Der Hinweis auf erhöhte Strahlenwerte, welche hin und wieder an Castoren aus Deutschland gemessen wurden, erreichte Merkel Mitte April per Päckchen von der französischen Nukleargenehmigungsbehörde DSIN.
Tatsächlich wurden die Deutschen Atomkraftwerksbetreiber über die erhöhten Meßwerte schon spätestens Mitte der 80er Jahre informiert, doch diese behielten die brisanten Infos für sich. Sie folgten einem schlichten Denkmuster: In Deutschland sei kein Grenzwert überschritten worden, also auch kein Fall für die Aufsicht.
Für die Zukunft versprechen die AKW - Betreiber der Ministerin Besserung. Als "kurzfristige Maßnahmen" wollen sie den Kontaminationsschutz der Behälter weiter optimieren. Darüber hinaus wollen die Kraftwerksbetreiber das "Informationssystem" zwischen Ihnen und Bonn verbessern. Selbst Beamte aus den Umweltministerien der Länder beklagen den Informationsaustausch mit Bonn. Der Bund dränge nicht genügend auf Infos. Auch der internationalen Atomenergiebehörde IAEO in Wien blieben die Zwischenfälle nicht unbekannt. Bereits 1985 formulierte die "Trassac", ein Komitee aus internationalen Fachleuten, Transportrichtlinien, in denen vor der Grenzwertüberschreitung an der Außenhaut der Brennstoffbehälter gewarnt wurde, und zwar am Ende der Reise. Diese Transportrichtlinien werden international an alle Instanzen weitergegeben, die mit der Atomwirtschaft zu tun haben. Dazu zählen auch das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter und dessen vorgesetzte Behörde, also das Umweltministerium in Bonn.
In Ihrer Not ging Merkel Ende Mai die Nukleartransporteure scharf an: Die NTL
(Nukleare Transportleistungen GmbH), schimpft Merkel, habe stillgehalten, obwohl sie bereits seit 1986 Berichte über Kontaminationen an Behältern aus La Hague ( Wiederaufbereitungsanlage in Frankreich ) erhalten hatten.

Vier Monate vor der Bundestagswahl ist der Atommüllskandal für die Opposition aus Bund und Ländern ein politischer Glückstreffer.
Ende Mai warf die SPD der Umweltministerin Angela Merkel (CDU) Leichtfertigkeit
beim Umgang mit dem gefährlichen Nuklearmaterial vor und forderte den Rücktritt Merkels für den Fall, dass die Regierung schon früher als behauptet informiert gewesen sei. Merkel reagierte prompt und stoppte vorerst die Transporte, bis die Vorfälle geklärt sind.
Die Grünen machten Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) mit für die Informationslücken verantwortlich. Der Skandal bedeute den "Verlust jeglichen Vertrauens in die Zuverlässigkeit der Betreiber" sagte Joschka Fischer, Fraktionsvorsitzender der Grünen.
Auch wenn Merkel bis Ende April von den Vorfällen nichts gewußt habe, sei sie verantwortlich für die mangelnde Aufsicht über die Kraftwerksbetreiber. Ursula Schönberger, Atompolitiksprecherin der Grünen hingegen sagt, dass das Bonner Umweltministerium die Fakten seit langem kannte, sie aber der Öffentlichkeit vorenthielt. Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen fordert
unabhängige Kontrollen und eine Neuorganisierung über die gesamte staatliche Atomaufsicht.
Für den Vorsitzenden der IG Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt handle es sich sogar um eine Überlebensfrage für die deutsche Wirtschaft.
Im Juni erklärte der SPD - Abgeordnete Uwe Inselmann, dass das "Schwarze - Peter - Spiel" beendet werden müsse und der kontrollierende Staat wieder mehr durchgreifen müsse, auch wenn dies teuer wird.








Am Ende muss jedoch gesagt werden, dass nicht die Politik der eigentliche Verlierer ist sondern die Atomindustrie. Sie hatte schon immer ein schlechtes Image und hat ihren Kritikern wieder neues Material für eine Diskussion geliefert. Außerdem werden jetzt wieder Stimmen laut werden ,die die Abschaffung der Atomindustrie fordern. Also wird die Atomindustrie einiges tun müssen um ihren Ruf wieder herzustellen. Auch sollte sie sich überlegen, dass ihre "Vertuschungsaktion" ihnen nur Nachteile gebracht hat und deshalb sollte man das nächste mal gleich über Vorkommnisse berichten, Zitat FAZ "Mit dem jüngsten Skandal habe die Atomindustrie möglicherweise nicht nur eine weitere Schlacht verloren sondern den Krieg!". Allerdings muss auch die Politik ihre Gesetzlage verbessern und somit aus ihren Fehlern lernen. Denn bei einem so gefährlichem Thema, wie die Atompolitik darf der Gesetzgeber keine Gesetzeslücken zulassen.


Quellenverzeichnis

    Focus 22/98; 23/98 Stern 23/98 Spiegel 12/98; 22/98; 23/98 HAZ 22.05.98 ; 25.05.98 ; 26.05.98 ; 02.06.98 ; 11.06.98 ; 12.06.98 ; 18.06.98 Internet: http://www.cducsu.bundestag.de/texte/merkel1r.htm
http://www..cducsu.bundestag.de/texte/hoerst1r.htm

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