Die Züchtigung
Die Autorin:
Waltraud Anna Mitgutsch wurde am 2. Oktober 1948 in Oberösterreich geboren und studierte Germanistik und Anglistik Anschließend war sie für längere Zeit in Israel und Korea. Heute lebt sie in Linz. Weitere Werke sind "Das andere Gesicht" (1986), "Ausgrenzung" (1989) und "In fremden Städten" (1992).
Das Buch:
Das Buch die Züchtigung beschreibt die Leidensgeschichte der Bauerstochter Marie. Sie wuchs mit vier Schwestern und zwei Brüdern auf einem Bauernhof auf. Der Großvater behandelte sie nur herablassend und auch ihre Eltern verfuhren nicht anders mit ihr. Nachdem Marie die Volksschule abgeschlossen hatte, entließ der Bauer den Knecht, da er glaubte Marie könnte dessen Arbeit ebensogut erledigen. Von diesem Zeitpunkt an musste sie hart arbeiten und außerdem auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen. Im Geheimen hoffte sie, dass sie eines Tages diesem Horror entfliehen könnte
Als Hitler in Österreich einmarschierte war Marie 16 Jahre alt. Maries Brüder musste beide an die Front und kamen nie wieder zurück. Zu dieser Zeit bemühte sich ein junger Mann, der von allen nur verächtlich "Häusler" genannt wurde um Marie.
Marie und Friedl heirateten und zogen in die Stadt, wo Friedl als Straßenschaffner arbeitete. Sie lebten eher schlecht als recht und als Marie im Herbst eine Tochter bekam, die sie "Vera" taufte, beschloß sie aufs Land zu ziehen, wo sich ihre Lage besserte.
Von nun an erzählt Vera, ihre Tochter:
Wann die Prügelstrafe begonnen hatte, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Es gab immer etwas, wofür man züchtigungswürdig war.
Im Kindergarten musste ich besser gekleidet sein als die anderen Kinder und durfte mich auch nur mit den Kindern aus den sogenannten "besseren Kreisen" anfreunden. Ich wurde zur Meisterschülerin. Wenn ich Einser nach Hause brachte, war ich Mamas gutes Kind und wurde vorgezeigt. Im Grunde war es Mamas Leistung. Mein Vater war nur eine Marionette, die bei uns wohnte, mit uns aß, im Nebenzimmer schlief und den ich "Papa" nannte. Wenn ihm die Drohungen und Streitigkeiten mit der Mutter zuviel wurden, stand er auf und ging. Die einzige Zärtlichkeit, die ich von meinen Eltern gesehen habe, war vor Zeugen, um ihr Eheglück zu demonstrieren. Nach der Volksschule ging ich ins Gymnasium, wo ich das einzige Arbeiterkind war. Ich wurde feige und ängstlich. Die Leute lobten mich, aber sie übersahen das freudlose, verängstigte Gesicht. Überall lauerte die Gefahr, jedes geglückte Abenteuer endete mit Schlägen. Das Schmerzgefühl blieb mir im Hals stecken, wenn sie mich packte und wahllos in mein Gesicht schlug bis ihre Hände und mein Gesicht blutig waren. Ich wurde übergewichtig und so zum Gespött der Klasse. Meine Mutter jedoch war glücklich, die Pubertätskrise war überwunden und ich wurde wieder Klassenbeste.
War meine Erziehung damit abgeschlossen?
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