Raffael (1483-1520)

Raffael Santi wurde am 6. April 1483 als Sohn von Giovanni Santi, der selbst Maler war, und Màglia Ciarla in Urbino geboren. Durch die Werkstatt seines Vaters kommt Raffael sehr früh mit der Kunst der Renaissance in Berührung. Bereits mit 8 Jahren kommt er in die Lehre von Perugino, dem Meister der Malerschule in Perugia. Mit 16 malt er sein erstes selbständiges Werk (das "Stadtbanner"), und noch vor seinem 20. Lebensjahr wird er Meister und schafft unzählige Werke, die sowohl Szenen aus dem neuen Testament wie auch einige Heiligenbilder darstellen.

(In diesen frühen Jahren zeigt sich Raffaels Stil noch sehr unselbständig und von Peruginos konventioneller Malweise geprägt; Die Haltung und Gebärden der Figuren wirken noch etwas streng - ohne tieferen Ausdruck. Dennoch besitzen diese Bilder eine sehr ausgewogene Komposition und sind mit großer Liebe zum Detail gemalt.)

1504 kommt Raffael nach Florenz, einem Treffpunkt von Künstlern aller Art und Spielort des öffentlichen kulturellen Lebens. Hier lernt er die Arbeit Leonardo da Vincis, Michelangelos und Fra Bartolommeos kennen von denen er viel lernt. Auch muss ihn die dortige Architektur fasziniert haben, denn fortan werden Darstellungen aufwendiger Bauten ein wesentliches Element in seiner Kunst.

Aus dieser Erfahrung heraus gründet Raffael einen sehr eigenen Stil. Anstelle von da Vincis "Sfumato"[1], treten jetzt feine Umrißlinien. Er malt sehr Wirklichkeitsgetreu, verschönert aber Landschaften und Figuren nach seinen eigenen Vorstellungen.

Monumentalität und neue Kompositionsformen erzeugen eine "Atmosphäre von erhabener Würde". Stets versucht Raffael durch vollendete geschlossene Formen ein absolute Harmonie zu schaffen. Nach den Vorstellungen einer monumentalen Bildstruktur formt Raffael die menschliche Gestalt in geometrische Proportionen um und setzt diese meist vor einen lichten Hintergrund, um diese plastisch hervortreten zu lassen. Die Würde des Menschen, seine stolze Haltung, seine feine Geistigkeit und sein geheimnisvoller Anmut sollen dabei zur Geltung gebracht werden. Raffael lässt sich auch von anderen zeitgenössischen Künstlern inspirieren, wie z.B. von Leonardo da Vinci, der in seiner "Mona Lisa" erstmals eine neue Art des Porträtierens vorzeigt.

Wichtig für diese Phase (um 1500) sind auch die zahlreichen Madonnen mit Abbildungen des Jesuskindes. Hierbei studiert Raffael viele verschiedene Kompositionsschemas, wie etwa die Pyramidenform, was am Ende immer auf die Darstellung einer perfekten Harmonie hinaus zielt. In der "sixtinischen Madonna" z.B. gelingt es Raffael gleichsam eine gewisse Ruhe und Zweisamkeit zwischen Maria und dem Kind herzustellen, wie auch in ihren Haltungen und Gesichtsausdrücken die "Vorsehung" zum Ausdruck zu bringen.

Raphaels Kunst spiegelt die Ideale der Hochrenaissance (1490 - 1510) wieder, dessen Zentrum Rom war. Durch Maßstab, Pracht und Harmonie wird versucht ein neues Menschenbild darzustellen. Dieses stammt aus der Antike, das man u.a. durch die Archäologie wieder entdeckt hat. Hinzu kommen neue wissenschaftlichen Entdeckungen, ein humanistische Denkwandel und ein Machtverlust der Kirche, der wiederum durch die Besinnung auf die Menschlichkeit der Bürger zurückzuführen ist. Ein neues Lebensgefühl, das sich gegen die Jenseitsbezogenheit des Mittelalters wandte, ein weltfreudiges Dasein als Ideal verkündete und an die Kraft der menschlichen Natur glaubte, beflügelt Dichter und Maler.

Auch Künstler, wie Leonardo Da Vinci (1452 - 1519) und Michelangelo Buonarroti (1475 - 1564) werden durch diese ereignisreiche Zeit beeinflußt und inspiriert.

1508 (bzw. mit 25 Jahren) bekommt Raffael von Papst Julius II (1503 - 1513) den Auftrag im Vatikan die "Stanza della Segnatura" auszumalen, was vier Wandfresken und mehrere kleine Deckenfresken beinhaltet. Dazu gehört auch eines seiner bekanntesten Werke: "die Schule von Athen".

1512 malt Raffael dann einen weiteren Raum im Vatikan aus - die "Stanza di Eliodoro". Hier entwickelt er sich auf dem Gebiet der Farbe, des Lichts und der Komposition entscheidend weiter. Jetzt kommen kräftigere Farben zum Einsatz, die eine größere Naturnähe bezwecken. Die Bildgefüge wirken harmonischer. Er führt neue Stilmittel und Gefühlstöne ein, wie in wenigen Madonnen, wo er die innige Beziehung der Mutter zum Sohn als Mutterinstinkt deutet. Bei einem Auftrag, in dem Raffael das Badezimmer eines Kardinals ausschmücken sollte, benutzte er als Dekoration ein Ornament, das er bei Ausgrabungen in Grotten gesehen hatte und fand einen so großen Zuspruch, dass dieses Ornament, später "Groteske" genannt, das herkömmliche Kandelaberornament verdrängte und somit weitreichende Spuren für die Stilgeschichte der Malerei hinterließ.

In seinen letzten Lebensjahren muss der Maler zunehmends seine Arbeit Mitarbeitern überlassen, da er von Aufträgen geradezu überhäuft wird, und außerdem durch seine Aufgabe als oberster Bauherr des Petersdoms und als oberster Denkmalspfleger Roms fast keine Zeit mehr findet selbst seine Bilder auszumalen. 1520 bei der Arbeit an dem Gemälde der "Verklärung Christi" erliegt er schließlich einem starken Fieber.

In seiner letzten Phase malte Raffael sehr ausdrucksstarke Figuren mit nahezu übertriebenen Gesten - immer auf der Suche nach dem besten Weg geistige und religiöse Inhalte in einem Bild zum Ausdruck zu bringen.


Quellen:

"Raffael"

Lehrerbücherei

K336


"Große Meisterwerke im Detail"

PAN

Nr.12/ Dezember 1981

Burdaverlag

PAN

Nr. 6/ Juni 1983
Burdaverlag

Schülerduden DIE KUNST
Dudenverlag
[1] [italienisch "rauchig": von Leonardo da Vinci entwickelte Malweise, welche die Dinge mit weichen Umrissen in gedämpfter Farbigkeit, wie in zarten Dunst gehüllt, erscheinen lässt.]

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