Dimensionierung von Netztransformatoren

Dimensionierung von Netztransformatoren
Die elektrischen und magnetischen Daten der genormten Typenkerne sind in DIN 41 300 festgelegt. Das Festlegen der Typendaten erfolgte nach einer neuen Betrachtungsweise der Transformatorenberechnung: für eine bestimmte Übertemperatur wurde eine Maximalleistung ermittelt. Die Daten sind in DIN 41 300 festgelegt. Die Übertemperatur beträgt
ü
=75°C, die Umgebungstemperatur
k
=40°C, die Betriebsfrequenz f=50 Hz. Die Daten gelten für ungetränkte Wicklungen und für reine Widerstandslast im betriebswarmen Zustand.

1 Optimale Induktion




Die Energieübertragung erfolgt im Transformator über das Magnetfeld.
ist die je Volumseinheit gespeicherte Energie. Daher benötigt man für eine bestimmte Trafonennleistung (Energie/Zeit) bei einer bestimmten Kerngröße (Kernvolumen) eine bestimmte Mindestinduktion (Flußdichte). Eine große Flußdichte bewirkt aber auch große Eisenverluste und damit Erwärmung, welche die mit einem bestimmten Kern übertragbare Leistung begrenzt.
Für jeden Kern lässt sich daher zu einer bestimmten Übertemperatur eine optimale Induktion bestimmen, bei der die übertragbare Scheinleistung maximal wird.
In Spalte 3 der Tabelle ist dieser Wert für einige SBK - Transformatoren angegeben. Damit ist die wichtigste Festlegung für die Größe des Netztransformators getroffen.

2 Vereinfachtes Ersatzschaltbild



Für die Bestimmung der Spannungen auf der Primär - und Sekundärseite muss das in Bild 2 dargestellte vereinfachte Ersatzschaltbild des Transformators betrachtet werden. Die an der Primärseite liegende Spannung U1 wird durch den primären Wirk - Wicklungswiderstand Rcu um die Spannung Ucu1 vermindert. Für die Induktionsspannung UI gilt deswegen


Die am Lastwiderstand RL entstehende Sekundärspannung U2 ist um den Spannungsabfall Ucu2 gegenüber der Induktionsspannung UI vermindert. Der Spannungsabfall entsteht am Wirk - Wicklungswiderstand der Sekundärwicklung.



3 Ermittlung der Windungszahlen

Durch die Spannungsabfälle auf der Primär - und Sekundärseite muss das rechnerische Ãœbersetzungsverhältnis ü verändert werden, um bei Vollast und bei betriebswarmen Transformator die gewünschte Sekundärspannung zu erhalten. Dies geschieht mit dem oben hergeleiteten Spannungsfaktor Δu. Er gibt an, um welchen Faktor die Windungszahlen der Sekundärseite vergrößert werden müssen, um den Wirkanteil der Spannungsabfälle der Wicklungen auszugleichen. In Spalte 7 der Tabelle ist der Faktor bei kleinen Transformatoren nicht zu vernachlässigen.
Bei größeren Transformatoren, ab etwa 1500VA, unterscheiden sich Primär - und Sekundärwindungszahlen nur noch um etwa 3% und weniger. In diesem Bereich nähert sich das rechnerische Übersetzungsverhältnis dem Praktischen. Die Betrachtung soll deswegen dem schwierigen Rechengang der kleineren Netztransformatoren gelten. Alle Angaben, die die Windungszahlen betreffen, sind als Windungszahlen pro Volt, der spezifischen Windungszahl, angegeben.


Für jeden Transformatortyp können drei analoge Kenndaten für die Dimensionierung der Wicklungen festgelegt werden:

3.1 Die spezifische Windungszahl aus dem Induktionsgesetz

Aus den Abmessungen des Kernes und dem verwendeten Kernmaterial ergibt sich aus der bekannten Transformatorformel die spezifische Windungszahl für die Induktionsspannung


(f in Hz, B in T, AFE in cm2)

In Spalte 4 der Tabelle ist dieser Wert für einige SBK - Transformatoren ausgerechnet.

3.2 Spezifische Windungszahl für die Sekundärwicklung

Der dort berechnete Wert ist Ausgangspunkt für die Ermittlung der spezifischen Windungszahl für die Sekundärwicklung n2. Sie ist gegenüber nq1 um den Spannungsabfall der Sekundärwicklung größer.
Es gilt:





oder
, wenn UI≈U2.
Dieser Wert ist für einige SBK - Typen in Spalte 6 der Tabelle ausgerechnet.
Auch der sekundäre Spannungsabfall
ist in der Tabelle, Spalte 8, ausgerechnet.
Durch Multiplikation der Sekundärspannung mit der spezifischen Windungszahl n2 kann die Windungszahl der Sekundärwicklung ermittelt werden.

3.3 Spezifische Windungszahl der Primärwicklung

Aus der Gleichung für den Spannungsfaktor ist bereits zu sehen, dass sich die Primärspannung um den Spannungsfaktor Δu von der Sekundärspannung im Leerlauf des Transformators unterscheidet.


Wobei Δu der Spannungsfaktor und Δs der relative sekundäre Spannungsabfall ist.
Die Erklärung ergibt sich aus der Potenzreihenentwicklung für
.




Die spezifische Windungszahl für die Primärwicklung kann errechnet werden mit
. Die Windungszahl der Primärwicklung ergibt sich dann zu
. Sowohl Δu als auch n1 sind in Spalte 5 und 7 der Tabelle angegeben, für Netztransformatoren bis etwa 1500VA.
Die Faktoren Δs und Δu berücksichtigen den Spannungsabfall bei betriebswarmer Wicklung, sodass eine Berichtigung der Windungszahlen nach der ersten Erprobung im allgemeinen nicht erforderlich ist.
Mit dem Übersetzungsverhältnis
ist

Ohne Verluste:
mit
ergibt sich

Mit Verlusten:


4 Scheinleistung



Veränderung der übertragbaren Scheinleistung in Abhängigkeit von der Induktion
Die in Spalte 2 der Tabelle angegebene Scheinleistung wurde berechnet nach der Formel:


mit

5 Wirkungsgrad

Der Wirkungsgrad kann mit den Strom - und Spannungsfaktoren
und
hergeleitet werden.






6 Stromdichte

Während die Windungszahl von der Arbeitsinduktion bestimmt wird, ist der Drahtquerschnitt und damit der Drahtdurchmesser von der Stromdichte Sn abhängig. Für eine Übertemperatur von
wurde dieser Wert in DIN 41 300 errechnet und für alle genormten Kerntypen angegeben. Soweit er hier interessiert, wurde er auszugsweise in Spalte 9 der Tabelle angeführt.
Allgemeine Definition der Stromdichte:



mit
ergibt sich aus der allgemeinen Definition









6.1 Drahtstärke der Sekundärwicklung

Zur Berechnung der Drahtstärke der Sekundärwicklung werden die Sekundärströme aus den Leistungen ermittelt:

Die Summe der Sekundärleistungen darf die Typenleistung des Transformators natürlich nicht überschreiten:


Aus der in der Tabelle angegebenen Stromdichte sind dann die Drahtquerschnitte bzw. - durchmesser der einzelnen Wicklungen zu errechnen:




Der Drahtdurchmesser ist auf die in DIN 46435 genormten Abmessungen auf - oder abzurunden.

6.2 Drahtstärke der Primärwicklung

Man geht hier ähnlich wie im vorigen Abschnitt vor. Der Primärstrom ergibt sich aus

Der Stromfaktor Δi berücksichtigt den zusätzlichen in der Primärwicklung auftretenden Magnetisierungsstrom. Er ist abhängig von der Arbeitsinduktion und vom Kerntyp.
In Spalte 10 der Tabelle sind in DIN 41300 genormte Faktoren angeführt.
Der Drahtdruchmesser errechnet sich nach der Formel


7 Kupferquerschnitt

Bei der Ermittlung der Transformatordaten sind sie Rechendaten auf genormte Werte bzw. ganze Zahlen auf - oder abzurunden. Es ergibt sich darum die Notwendigkeit, die festgelegten Werte daraufhin zu prüfen, ob sie auf den vorgesehenen Wickelkörper passen. Der Kupferfüllfaktor kann sehr stark schwanken und ist vom Drahtdurchmesser und von der Isolation abhängig. Die in DIN 41300 genannten Werte für den Kupferquerschnitt Acu (Spalte 11 der Tabelle) berücksichtigen auch ungünstige Wickeltechnik und hohen Isolationsaufwand.
Der gesamte Kuperquerschnitt
muss kleiner sein als der in der Tabelle, Spalte 11, genannte Wickel - Nennquerschnitt. Dann können Platzschwierigkeiten nur noch in sehr ungünstigen Fällen auftreten.
Es gilt also:

8 Abweichungen von der optimalen Induktion

In bestimmten Fällen muss von der optimalen Induktion abgewichen werden. Einige Forderungen können sein:
    kleinere Übertemperatur des Transformators wegen der Wärmeempfindlichkeit umliegender Bauelemente oder wegen sehr hoher Umgebungstemperatur geringere Arbeitsinduktion wegen kleinerer magnetischer Streufelder oder wegen kleiner Einschaltströme geringere Stromdichten wegen kleinerer Übertemperatur

In jedem Fall ist mit einer Reduzierung der maximal übertragbaren Nenn - Scheinleistung zu rechnen. In welchem Maße dies der Fall ist, kann Bild 5 entnommen werden. Hier sind die relativen Werte der Induktion und der Stromdichte in Abhängigkeit vom Relativwert der Scheinleistung aufgetragen.
Weiters ist zu beachten, dass durch Abweichung von der optimalen Induktion die spezifischen Windungszahlen neu festzulegen sind.

9 Einschaltströme

Der Einschaltstromstoß eines Transformators wird maßgeblich von der Arbeitsinduktion bestimmt. Da der Einschaltstromstoß auch von den Kupferwiderständen abhängt, muss die Reduzierung der Induktion durch Versuche ermittelt werden.

10 Magnetisches Streufeld








Vom Kern - und Wicklungsaufbau sowie von der Induktion ist das Streufeld eines Transformators abhängig. SBK - Transformatoren zeichnen sich durch besonders günstige Werte aus. Bild 6 und 7 zeigen die Streufelder für SBK - Transformatoren in verschiedenen Richtungen. Der deutliche Vorteil bei Verwendung eines symmetrisch bewickelten SU - Transformators ist erkennbar. Eine weitere Verbesserung des Streuverhaltens kann durch Reduzierung der Arbeitsinduktion erzielt werden.[1]

11 Einbauvolumen

Die Dimensionierung eines Netztransformators mit einem Schnittbandkern hat eine deutliche Verminderung des Einbauvolumens zur Folge. In günstigsten Fällen ist bei leistungsgleichen Transformatoren eine Volumsverkleinerung von 30 - 40% gegenüber Schachtelkerntransformatoren mit Dynamoblechen möglich.

Transformatoren im SU - Typ ermöglichen besonders flache Bauform und sind daher besonders für Stromversorgungen in Steckkartentechnik interessant.

12 Preisbetrachtungen

Der Kilogrammpreis des SBK ist höher als der des Kupferdrahtes. SBK - Transformatoren sollen deswegen kupferintensiv dimensioniert werden. SU - Kerne sind wegen ihres relativ großen Wickelfensters hier zu gut geeignet.

[1] Δ‘s, Pcuw, Einschaltstrom

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