Justiz
Justiz
Friedrich Dürrenmatt
Autor
Friedrich Dürrenmatt gehörte zu den bedeutendsten schweizer Schriftstellern des 20. Jahrhunderts, lebte von 1921 bis 1990 und studierte Philosophie, Germanistik und Theologie. In seinen Dramen und Kriminalromanen übte er oftmals mit grotesk wirkenden Elementen und Stilmitteln Kritik an der Gesellschaft und an derer moralischen Widersprüchen.
Dürrenmatts populärste Dramen sind Der Besuch der alten Dame (1956) und Die Physiker (1962, Neufassung 1980). Sein erfolgreichster Kriminalroman ist Der Richter und sein Henker (1952). Die letzten seiner Romane sind Justiz (1985) und Durcheinandertal (1989).
Inhalt
Die Handlung spielt in der Schweiz und beginnt im Jahr 1955. Der Kantonsrat Kohler erschießt den Universitätsprofessor Winter in einem Restaurant. Da viele anwesende Gäste den Mord sehen und bezeugen können, wird Kohler als schuldig befunden und zu zwanzig Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Im Gefängnis lässt er den Rechtsanwalt Spät zu sich kommen und erteilt ihm den Auftrag, seinen Fall unter der Annahme, er sei nicht der Mörder gewesen, neu zu untersuchen.
Spät hält sich meist in üblen Bars auf und hat wenig Erfolg. Sein Büro ist gleichzeitig seine Wohnung, die sich in einer heruntergekommenen Mansarde befindet. Kohlers Wahl fällt nur deshalb auf ihn, weil er in der Öffentlichkeit ziemlich unbekannt ist. Hätte Kohler etwa den wesentlich besseren Rechtsanwalt Stüssi - Leupin beauftragt, mit dem er sogar befreundet ist, wäre es in der Öffentlichkeit aufgefallen, dass er auf diese Art mit seinen Beziehungen bei der Verurteilung Vorteil erlangen könnte.
Spät bewertet den Auftrag zwar als sinnlos, nimmt ihn aber schließlich doch an, da er das dafür bezahlte Geld benötigt. Er beginnt die Ermittlungen und kommt zu dem Entschluß, dass wenn nicht Kohler der Mörder war, es nur Benno gewesen sein konnte, der bei dem Mord mit Winter am selben Tisch saß. Dennoch ist es Späts Überzeugung, dass Kohler der Täter war und Benno völlig unschuldig ist.
Einige Zeit verweilt Spät in einem ansehnlichen Büro und fährt einen Porsche. Tatsächlich scheint er mehr Kunden zu bekommen, bis er feststellen muss, das diese alle nur von Kohler engagiert wurden und Späts neues Büro und seine Leistungen überhaupt nicht von Bedeutung sind. Schließlich will er den Fall aufgeben, als er merkt, in welche Falle in Kohler hineingezogen hat und dass er von ihm nur für seine Zwecke benützt wird.
Er gibt den Fall an Stüssi - Leupin ab und verkauft auch seine bisherigen Ermittlungen an ihn. Dieser führt als Anwalt auf Kohlers Seite den Prozeß erneut durch und lenkt den Verdacht auf Benno. Als dieser vorgeladen wird, ermordet er sich. Kohler erhält den Freispruch.
Spät sieht die Ungerechtigkeit in dem Geschehen und muss feststellen, dass die Weitergabe an Stüssi - Leupin ein weiterer Fehler war. Er plant, Kohler und dann sich selbst zu erschießen. Doch der Mord schlägt fehl. Spät wird Richter in einem kleinen Dorf und bleibt dort bis zu seinem Ende.
Personen
Spät
Er ist ein junger, unerfahrener Rechtsanwalt, der wenig Erfolg hat, was großteils darauf zurückzuführen ist, dass er die Erwartungen der Gesellschaft an einen Anwalt nicht erfüllt. Der Freispruch Kohlers und Bennos Freitod lassen sich nicht mit seinem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit vereinbaren. Er will Rache und würde diese auch mit seinem Leben bezahlen.
Kohler
Er begeht einen Mord ohne ein scheinbares Motiv. Er treibt ein Spiel mit der Justiz, verwirrt sie und zeigt ihre Fehlbarkeit auf.
Stüssi - Leupin
Er ist ein bekannter und sehr guter, jedoch skrupelloser Rechtsanwalt. Der Prozeß mit dem Freispruch für Kohler stellt für ihn nur eine neue Herausforderung dar. Die Gerechtigkeit ist ihm dabei gleichgültig.
Interpretation
Dürrenmatt kritisiert mit Justiz die Ungerechtigkeit und die Moral der Gesellschaft. Spät symbolisiert in dem Werk die Gerechtigkeit. Er wird aber ausgenutzt, seine Leistungen zählen nichts, letztendlich verliert er. Die Ungerechtigkeit wird unter anderem durch die Justiz dargestellt, die einem zuerst als schuldig befundenen mit einem Anwalt höherer Qualität plötzlich den Freispruch erteilt.
Auf die reale Gesellschaft ist übertragbar, dass auch hier demotivierender Weise die Leistungen des einzelnen nicht immer von Bedeutung sind und oft die Ungerechtigkeit waltet.
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