Kriegsdienstverweigerung
Im folgenden möchte ich Ihnen darlegen, warum ich aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe nicht leisten kann.
Mein Gewissen ist für mich der oberste innerliche Richter meines Tuns und Handelns. Es ist wie eine "innere Stimme", die sich durch Gefühle - seien sie gut oder schlecht - äußert. Es ist wie ein innerer Zwang, basierend auf den durch Erziehung und das soziale Umfeld geprägten Wertvorstellungen, der mich zwischen Gut und Böse unterscheiden lässt aber nicht ausgeschaltet werden kann.
Das Gewissen ist keine angeborene Sache und somit bei jedem Menschen verschieden, da jeder anders erzogen wurde und in seinem Leben andere Erfahrungen gesammelt hat.
Man kann sein Gewissen zwar umgehen, ihm ausweichen, man kann ihm aber nie entkommen. Es wird sich bemerkbar machen wenn ich gegen mein Gewissen handele, denn ich verstoße damit gegen die Grundsätze auf denen mein "Ich" basiert. Es ist unmöglich, mit diesem durch das Gewissen ausgeübten Druck zu leben, der einen wissen lässt, dass man gegen seine eigenen Wertmaßstäbe gehandelt hat, und ich würde daran zerbrechen.
Die Grundlage für die Herausbildung meiner Wertvorstellung war in erster Linie meine Erziehung im Elternhaus.
Seit ich zurückdenken kann, habe ich dank der Erziehung meiner Eltern gelernt, das Leben als höchstes Gut der Menschen schätzen zu lernen. Wir Menschen besitzen nichts Wertvolleres als das Leben, und jenes gilt es, auf pazifistische Weise zu bewahren. Schon im Kindesalter waren meine Eltern darauf bedacht, dass ich Konflikte nur verbal austrage. Generell sind sie jedweder Art der Gewalt abgeneigt, und dieses meiner Meinung nach positive Verhalten hat sich auch in mir eingeprägt. Schon allein deshalb ist es für mich unmöglich, auf einen anderen Menschen zu schießen oder auf andere Weise Gewalt gegen ihn anzuwenden. Ich müsste gegen mein Gewissen handeln, was mir unmöglich ist.
Abgesehen von meiner prinzipiellen Ablehnung von Gewalt, habe ich schon früh die christliche Lebensphilosophie und deren Zehn Gebote kennengelernt. Bereits während der Grundschulzeit habe ich am evangelischen Religionsunterricht teilgenommen und dort die christlichen Moralvorstellungen kennengelernt und für mich persönlich angenommen. Im Alter von 12 Jahren habe ich dann auch am 2 Jahre dauernden Konfirmandenunterricht teilgenommen. Dadurch bekam ich ein noch engeres Verhältnis zu den christlichen Grundsätzen. Im Alter von 14 Jahren wurde ich konfirmiert und dadurch als vollwertiges Mitglied in die christliche Gemeinde aufgenommen. Aufgrund der Tatsache, dass ich dem christlichen Glauben und seinen Grundsätzen verbunden bin, kann ich nicht verantworten, mein Land mit der Waffe zu verteidigen, da dabei Menschen zu Schaden kommen können oder ich gar Menschen töten muss. Dies verbietet mir das fünfte der Zehn Gebote, in welchem geschrieben steht ‘Du sollst nicht töten’, und durch die Worte und das Wirken Jesus Christus werden eindeutig Gewalt abgelehnt sowie das Töten verurteilt.
Historisch betrachtet, ist Krieg von der Antike bis zum heutigen Tage ein Produkt des menschlichen Machtstrebens. Zu diesem Schluß kommen viele Historiker und Philosophen seit Thukydides vor rund 2500 Jahren, und auch ich komme nach Kenntnis vieler nachfolgender Kriege durch den Geschichtsunterricht zu dieser bedrückenden Überzeugung. Jedoch nicht nur durch den Geschichtsunterricht, sondern auch durch die täglichen Massenmedien wird man aufgeklärt, was Krieg eigentlich bedeutet. Die live - Bilder aus der Golfkrise von CNN, Reportagen aus dem Jugoslawienkrieg oder Bürgerkriege in Afrika verdeutlichen immer wieder die Grausamkeit des Krieges.
Die einzige Schlußfolgerung, die ich daraus ziehen kann, ist, dem immerwährenden Gewaltpotential durch bewußten Verzicht auf militärische Mittel entgegenzuwirken.
Krieg ist an sich schon ein elementarer Eingriff in die Menschenrechte, und genau diese Rechte damit verteidigen zu wollen, erscheint mir moralisch höchst fragwürdig oder gar paradox. "Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne" (I. Kant). Dieses unbedingte ethische Pflichtgebot, der kategorische Imperativ von Kant, verbietet es, macht es unmöglich, Krieg als Mittel zum Zweck des Friedens einzusetzen.
Besonders das Buch ‘Im Westen nichts Neues’ von Remarque visualisiert doch deutliche die Sinnlosigkeit des Krieges.
Meiner Familie sind die Schrecken und Leiden des Krieges stets gegenwärtig geblieben. Zwei meiner Großonkel sind im 2. Weltkrieg gefallen, an den Folgen des Einsatzes und der Gefangennahme in Rußland starb ein weiterer. Besonders hatte meine Großmutter unter dem Krieg zu leiden, denn ihr Bruder und ebenso ihr damaliger Verlobter starben im Krieg. Außerdem musste sie aus Markbrandenburg flüchten. Dieses Leid beschrieb sie mir oft und erzählte häufig von den Problemen sowie Drangsalierungen unter denen sie nach der Flucht zu leiden hatte, die ja eine Folge des Zweiten Weltkrieges sind. Unter dem Verlust der Angehörigen, der persönlichen Freiheit und dem Frieden litten sie alle.
Meine Vorstellung von einer ‘guten’ Welt, nach der es sich lohnt zu streben, sieht das friedliche Zusammenleben aller Völker vor. Jeder Mensch, egal welcher Herkunft, welchen Glaubens, welcher Hautfarbe, hat das gleiche Recht zu leben. Allein die Vorstellung, dass ich einen anderen Menschen zu töten habe, nur weil er in einem anderen Land geboren ist, ist für mich völlig abwegig und würde, wenn ich die Rolle des Soldaten wahrnehmen müsste, einen schweren Gewissenskonflikt in mir auslösen. Auch aus Verteidigungsgründen lehne ich Gewalt und insbesondere das Töten ab. Kriege sind in meinen Augen das Schlimmste, was der Mensch je geschaffen hat, Waffen sind für mich Kennzeichen und Symbole der sinnlosen Vernichtung und des sinnlosen Leidens. Bei der Bundeswehr müsste ich gegen mein Gewissen das Schießen auf Menschen trainieren. Dies empfinde ich als pervers, und es würde mich in einen starken seelischen Konflikt bringen, der für mich untragbare psychische Folgen hätte. Ich würde damit moralische Schuld auf mich Laden, von der mich niemand befreien könnte.
Ich bin nicht bereit, Befehle auszuführen, die gegen meine Überzeugung und gegen mein Gewissen verstoßen und fühle mich deshalb als ungeeignet für den Dienst an der Waffe.
Ich beabsichtige mit meiner Entscheidung keinesfalls, den Dienst an meinem Staat zu umgehen. Vielmehr bin ich der Meinung, dass jeder die Verpflichtung hat, einen Dienst zu leisten, in den Grenzen, die sein Gewissen ihm setzt. Dies bedeutet für mich, dass ich den Kriegsdienst an der Waffe verweigere.
Ich bitte um die Anerkennung meiner Entscheidung.
24. Januar 1999 (Diese Verweigerung wurde ohne Beanstandungen anerkannt)
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