Die Dreigroschenoper
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Zusammenfassung des Stücks
Die Dreigroschenoper von Bertold Brecht handelt von Mackie Messer, einem stadtbekannten Gangsterboss in London, und dem sogenannten Bettlerkönig Jonathan Peachum, der den Bettlern der Stadt durch das Beibringen professioneller Mitleidinszenierung ein geregeltes Leben mit festen Anstellungsverhältnissen und gesichertem Lohn anbietet, dabei allerdings grosse Provisionen kassiert. Die beiden werden durch Mackies Liebe zu Polly, der Tochter Peachums, miteinander konfrontiert. Da Peachum aus einer Heirat seiner Tochter keinen Nutzen ziehen kann und er dazu seine Tochter verlieren würde, wird Mackie dem Geschäftsmann Peachum zum Konkurrenten um den "Besitz Polly". Dennoch kommt es bald zu der Hochzeit von Mackie und Polly, bei der wir ihn und seinen Umgang mit seinen Angestellten, den Räubern, kennenlernen. Die Hochzeit findet in einem zu Beginn leeren Pferdestall, der während der Feier immer bürgerlicher eingerichtet wird, statt. Nebst den Räubern und einem alkoholisierten Pfarrer befindet sich auch der Polizeichef Brown unter den Gästen, der sich als Freund und Verbündeter Mackies herausstellt. Die Hochzeit bedeutet für Peachum Krieg, er beschliesst Mackie an den Galgen zu bringen. Mit der Androhung einer grossen Demonstration der Bettlerhorden besticht er Brown, Mackie zu verhaften, nachdem dieser vom bestochenen Freudenmädchen Jenny verraten worden ist. Nach vergeblichen Versuchen den Wärter zu bestechen, endet er unter dem Galgen, wo ihn dann Brown als Bote der Königin erreicht, ihn begnadigen und in den Adelsstand erheben kann.
Die Gleichheit der beiden Hauptfiguren
Die beiden Rivalen Peachum und Mackie scheinen auf den ersten Blick zwei absolut gegensätzliche Figuren zu sein. Peachum wird als ehrlicher und anständiger Geschäftsmann geschildert, der den armen Bettlern zu helfen versucht und mit seiner Familie ein bürgerliches Leben führt. Mackie dagegen wird schon im Vorspiel als brutaler Räuber und Mörder dargestellt, und sein Umgang mit seinen Angestellten an der Hochzeit macht ihn auch nicht sympathischer. Doch sehr bald wird diese Gegensätzlichkeit in Zweifel gestellt, da Mackie, der mit seinen weissen Glacéhandschuhen nur in den besten Lokalen verkehrt, als galanter Verehrer Pollys ein anderes Ansehen erhält. Auf Seite 38 werden die erhaltenen Bilder ganz über den Haufen geworfen.
Peachum : (prüft bei einem andern Bettler eine Prothese): Leder ist schlecht, Celia, Gummi ist ekelhafter. (Zum dritten): Die Beule geht auch schon zurück, und dabei ist es deine letzte. Jetzt können wir wieder von vorn anfangen. (Den vierten untersuchend): Naturgrind ist natürlich nie das, was Kunstgrind ist. (Zum fünften): Ja, wie schaust Du denn aus? Du hast wieder gefressen, da muss jetzt ein Exempel statuiert werden.
Bettler: Herr Peachum, ich habe wirklich nichts Besonderes gegessen, mein Speck ist bei mir unnatürlich, dafür kann ich nicht.
Peachum: Ich auch nicht. Du bist entlassen. (Nochmals zum zweiten Bettler): Zwischen "erschüttern" und "auf die Nerven fallen" ist natürlich ein Unterschied, mein Lieber. Ja, ich brauche Künstler. Nur Künstler erschüttern heute noch das Herz. Wenn ihr richtig arbeiten würdet, müsste euer Publikum in die Hände klatschen! Dir fällt ja nichts ein! So kann ich Dein Engagement natürlich nicht verlängern. (Die Bettler ab.)
Polly: Bitte, schau ihn dir an, ist er etwa schön? Nein. Aber er hat sein Auskommen. Er bietet mir eine Existenz! Er ist ein ausgezeichneter Einbrecher, dabei ein weitschauender und erfahrener Strassenräuber. Ich weiss genau, ich könnte dir die Zahl nennen, wieviel seine Ersparnisse heute schon betragen. Einige glückliche Unternehmungen, und wir können uns auf ein kleines Landhaus zurückziehen, ebenso gut wie Herr Shakespeare, den unser Vater so schätzt.
Peachum: Also, das ist alles ganz einfach. Du bist verheiratet. Was macht man, wenn man verheiratet ist? Nur nicht denken. Na, man lässt sich scheiden, nicht wahr, ist das so schwer herauszubringen?
...
Polly: Aber ich liebe ihn doch, wie kann ich da an Scheidung denken? ... Meine Liebe lass ich mir nicht rauben.
Frau Peachum: Der Kerl, der hat ja überhaupt mehrere Weiber. Wenn der mal gehängt wird, meldet sich womöglich ein halbes Dutzend Weibsbilder als Witwen und jede womöglich noch mit einem Balg auf dem Arm. Ach, Jonathan!
Peachum: Gehängt, wie kommst du auf gehängt, das ist eine gute Idee. Geh mal raus Polly. (Polly ab.) Richtig. Das gibt vierzig Pfund.
In diesem Textauszug sehen wir, dass Peachum im Umgang mit den Bettlern, seinen Angestellten, wie auch mit seiner Tochter kein bisschen besser ist als Mackie. Beide behandeln die Leute um sich wie Untertanen. Die Diebe wie auch die Bettler sind für sie nicht eigentlich Menschen, sondern nur Mittel um das Geschäft zu betreiben und damit zu Geld zu kommen. Das einzige Ziel ist ,das Geschäft zum Blühen zu bringen, was nicht direkt dem Geschäftszweck dient, muss ausgemerzt werden. Ein Arbeiter, der seine Leistung nicht erbringt, hat keinen Platz mehr, er wird entlassen. Seine Existenz ist dem "Bettlerfreund" egal, obwohl die gesicherte Existenz genau das ist, was sein Geschäft den Bettlern anbietet. Das Gleiche gilt für Mackie, der als "Räuberhauptmann" nicht mehr der kühne Draufgänger ist, dem die anderen folgen, sondern als Chef die Befehle gibt, die Ehre auf sich ziehen will (vor den Räubern ist er der Held jeder erfolgreich abgeschlossenen Aktion), vor dem Gesetz aber für nichts verantwortlich gemacht werden kann.
In diesem Passus wird auch fraglich, ob Peachums Geschäft wirklich ehrlicher ist als das Mackies. Als Künstler müssen die Bettler dem Volk auf den Gassen falsche Tatsachen vorspielen, wie Hunger vortäuschen oder schlechte Prothesen und falsche Beulen zur Schau stellen. Peachum wird quasi zum Zuhälter der Bettler, die ihre Haut zu Markte tragen. Die Bettler werden damit zu Prostituierten, die Prostituierten sind es, die Mackie später zum Verhängnis werden und ihn hinter Gitter bringen. Das Einbrechen dagegen wird von Polly als ehrliches Handwerk geschildert. Mackie kann Polly die Existenz bieten, die Peachum den Bettlern verspricht, aber nicht in jedem Fall gewähren kann. Dies hebt den brutalen Mackie auf die Stufe Peachums empor.
Indem Brecht den Räuber und den ehrlichen Geschäftsmann auf die gleiche Stufe stellt, prangert er das Bild der Gesellschaft von Ehrlichkeit und Gerechtigkeit schwer an. Auch lässt er immer wieder Sätze wie "Verfolgt das Unrecht nicht zu sehr, in Bälde erfriert es schon von selbst, denn es ist kalt." (S. 98) oder "Unsere Richter sind ganz und gar unbestechlich: mit keiner Geldsumme können sie dazu bestochen werden, Recht zu sprechen!" (S. 75) in den Text einfliessen, die zeigen, dass er eine andere Vorstellung dieser beiden Begriffe hat als die Gesellschaft seiner Zeit.
Angetönt wird in der Textstelle auch die Falschheit Mackies. Wird er zuerst als ehrenwerter Mitbürger geschildert, so ist gleich darauf von seinen Weibereien die Rede. Mackie versteht es, sich zu verstellen und mit freundlichen Worten bei den Leuten anzukommen. Schwört er Polly beim Abschied die Treue, ist es möglich, dass er direkt ins Bordell geht. Trotzdem wird er von vielen Frauen geliebt, und jede hat das Gefühl, die einzige zu sein, auch wenn sie genau weiss, dass es noch andere gibt. Als Räuber tritt er stets vornehm in Erscheinung und legt Wert auf eine gepflegte Umgebung, was man eigentlich nicht erwarten würde. Dieser bürgerliche Ausdruck dient wohl dazu, ihn als Räuber auch in die Gesellschaft zu integrieren. Brecht will damit zeigen, dass die Gesellschaft, in der er lebt, weder lupenrein noch fehlerfrei ist, und jeden Bürger einschliesst.
Interessant ist, dass sich die beiden Rivalen durch die ganze Geschichte bekämpfen und doch nur im Vorspiel und im Schlussfinale aufeinander treffen. Trotzdem kennen sie sich sehr gut und fühlen sich beide dem anderen unterlegen. Dies wird in der Szene deutlich, in der sich Jenny von Peachum zwar bestechen lässt und ihm hilft, ihm aber deutlich sagt, dass er Mackie das Wasser nicht reichen kann (S. 73). Mackie seinerseits unterliegt immer wieder seinen Lüsten, obwohl er genau weiss, dass ihn Peachum im Bordell erwischt. Er gibt seine Niederlage in der "Ballade, in der Macheath jedermann Abbitte leistet" auch offen zu. Am Ende wird aber nicht klar, wer nun als Sieger aus dem Duell hervor geht, da Mackie eigentlich zum Galgen geführt wird, aus unerklärten Gründen aber amnestiert wird.
Die Frauen als Prostituierte
Die Frauen spielen in der Dreigroschenoper eine wichtige Rolle. Polly ist der Grund, weshalb sich Peachum und Mackie überhaupt bekämpfen. Die Idee, Mackie an den Galgen zu bringen stammt ursprünglich von Frau Peachum, nicht etwa von ihm, und ohne die Dirnen könnte Mackie nicht verhaftet werden. Doch obwohl die Frauen in jeder entscheidenden Szene mittun, erhalten sie in der Dreigroschenoper wenig Respekt. Dies zeigt auch die zweite Strophe des Eifersuchtduetts: (S. 63)
Polly: Ach, man nennt mich Schönheit von Soho
Und man sagt, ich hab so schöne Beine.
Lucy: Meinst du die?
Polly: Man will ja auch mal was Hübsches sehen
Und man sagt, so hübsch gibt es nur eine.
Lucy: Du Dreckhaufen!
Polly: Selber Dreckhaufen!
Ich soll ja auf meinen Mann so einen Eindruck machen. Lucy: Sollst du das? Sollst du das?
Polly: Ja, da kann ich eben wirklich lachen. Lucy: Kannst du das? Kannst du das?
Polly: Und das wär ja auch gelacht? Lucy: Ach, das wär ja auch gelacht?
Polly: Wenn sich wer aus mir nichts macht. Lucy: Wenn sich wer aus dir nichts macht!
Polly (zum Publikum): Meinen sie das auch: mit so einer
Befasst sich sowieso keiner?
Lucy: Na das werden wir ja sehn. Polly: Ja das werden wir ja seht.
Beide: Mackie und ich, wir lebten wie die Tauben
Er liebt nur mich, dass lass ich mir nicht rauben.
Da muss ich schon so frei sein
Das kann doch nicht vorbei sein.
Wenn da so’n Miststück auftaucht!
Lächerlich!
Die Szene zeigt, dass die beiden Frauen Mackie komplett verfallen sind. Lucy, die Tochter des Polizeichefs Brown, kann nicht glauben, dass er nun eine andere geheiratet haben soll, und Polly als neue Ehefrau glaubt nicht, dass er noch etwas mit einer anderen haben könnte. Mackie stellt sich bei der Gegenüberstellung auf die Seite Lucy’s, die ihn dann aus dem Gefängnis befreit. Diese Tatsache zeigt, dass die Frauen für Mackie nur Mittel zum Zweck oder Objekte der Begierde sind; Frauen, die an Treue und an die wahre Liebe glauben, stehen schlussendlich naiv und dümmlich da. Doch in dieser Beziehung schneiden auch die Männer nicht besser ab. In der "Ballade der sexuellen Hörigkeit" singt Frau Peachum, dass Männer ihrer Sexgier nicht widerstehen können, und den Frauen damit hörig sind. Veranschaulicht wird dies durch die Tatsache, dass Mackie trotz der Gefahr, die ihm im Bordell droht, wieder und wieder dorthin geht, und somit auch zwei mal von einer Prostituierten verraten und ausgeliefert wird. Auch das "Lied von der Unzulänglichkeit" bestätigt dieses Bild, dass weder Männer noch Frauen zu etwas taugen und für dieses Leben nicht gut genug sind.
Die Art und Weise, wie Lucy und Polly zusammen sprechen, lässt ihr Ansehen auch nicht gerade steigen. Ihr Gesprächsstil entspricht etwa dem zweier kleiner Kinder, die beide behaupten, ihr Vater habe die gefährlichere Pistole zu Hause. Das Hin und Her ohne Sinn, sowie das Beleidigen und Zurückgeben entspricht auch etwas diesem Niveau. Ob dies Brechts Vorstellungen von der Frau generell entspricht, bleibt offen.
Die Tatsache, dass Brecht von den Prostituierten auf ganz gewöhnliche Art schreibt, wie er über andere Leute auch schreibt, war für seine Zeit revolutionär. Prostitution war ein Tabuthema, über das nicht öffentlich gesprochen wurde. In der Dreigroschenoper gehört das Bordell allerdings zum Alltag, wie Bettlerei und Räuberei. Dies unterstreicht Brechts provokative Gesellschaftstheorie.
Indem Brecht die Frauen den Männern verfallen darstellt, und die Männer der Sexgier bezichtigt, geht er sogar noch weiter. Er stellt damit jede Ehefrau auch als Prostituierte hin und zeigt, dass sie eigentlich nichts anderes tun. Dass Mackie mit Jenny als ihr Zuhälter zusammenlebte, wird überhaupt nicht kritisiert und fast als Ideal dargestellt.
Die einzige Frau, die sich von den anderen unterscheidet, ist Frau Peachum. Als bürgerlich verheiratete Frau scheint sie jedoch veraltet, und dass sie Polly vor dem Kontakt mit Mackie behüten will, wirkt beinahe lächerlich.
Allgegenwärtiger Kapitalismus
Geld und Bestechung sind wichtige Bestandteile der Dreigroschenoper. Für Mackie und Peachum als Geschäftsleute zählt nur das Geld, und mit Bestechung erreichen sie alles. Die Rede Mackies vor dem Gang zum Galgen verdeutlicht die Wichtigkeit des Geldes in der Dreigroschenoper: (S. 94)
Mac: Wir wollen die Leute nicht warten lassen. Meine Damen und Herren. Sie sehen den untergehenden Vertreter eines untergehenden Standes. Wir kleinen bürgerlichen Handwerker, die wir mit dem biederen Brecheisen an den Nickelkassen der kleinen Ladenbesitzer arbeiten, werden von den Grossunternehmern verschlungen, hinter denen die Banken stehen. Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Was ist die Ermordung eines Mannes gegen die Anstellung eines Mannes? Mitbürger, hiermit verabschiede ich mich von euch. Ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind. Einige von Ihnen sind mir sehr nahegestanden. Dass Jenny mich angegeben haben soll, erstaunt mich sehr. Es ist ein deutlicher Beweis dafür, dass die Welt sich gleichbleibt. Das Zusammentreffen einiger unglücklicher Umstände hat mich zu Fall gebracht. Gut - ich falle.
Mackie fasst in dieser Rede die Situation des Kapitalismus in der Dreigroschenoper zusammen. Doch dient die Figur Mackie hier als Sprachrohr Brechts zur Situation in Deutschland in der Zwischenkriegszeit. Alles dreht sich nur noch um das Geld, wer Geld hat, hat Macht. Er richtet sich mit dem Text auch gegen die Tatsache, dass immer mehr Grossfirmen entstehen, die die kleinen Läden zerstören, und den kleinen Handwerkerfirmen keine Überlebenschancen lassen. Die Schuld schiebt er den Banken zu, die das ermöglichen, indem sie den "Grossen" grosse Kredite zusprechen und dem kleinen Handwerker jede Dienstleistung versagen. Die Bank ist der Inbegriff des Kapitalismus, sie steht und fällt mit der Geldwirtschaft.
In der Dreigroschenoper überspitzt Brecht die Situation noch ein wenig, indem er sogar die Bettlerei und die Räuberei marktwirtschaftlich organisieren lässt. Für beide "Erwerbszweige" ist ein Anstellungsverhältnis mit kapitalistischer Lohnarbeit ungewöhnlich oder gar abartig, die Angestellten werden zu Produktionsmitteln degradiert und müssen von ihnen entfremdete Arbeit leisten. Somit werden sogar Bettler und Räuber zu Kapitalisten.
Mit dem Beispiel, dass Jenny Mackie ausgeliefert hat, zeigt Brecht, dass bei vielen Leuten das Geld auch wichtiger als die Freundschaften ist. Ausgerechnet Jenny, die mit Mackie zusammengelebt hat, und für ihn alles getan hätte, lässt sich dazu bestechen, ihn ins Unglück zu stürzen. Jeder und jede kann vom Besitzenden mit Geld bestochen werden. Mit dem Beispiel des Gefängniswärters, der sich zwar auch bestechen liesse, jedoch das Geld nicht rechtzeitig erhält, zeigt Brecht, dass die Korruption dennoch nicht immer klappt.
Brecht wünschte sich ein Ende der Korruption und Gleichheit auch für die ärmeren Leute. Daher wählte er die Bettler als zentrales Thema und wollte mit dem Titel "Die Dreigroschenoper" auch andeuten, dass das Theater auch für ärmere Leute, die nur drei Groschen bezahlen können, offen sein sollte.
Die Form der Dreigroschenoper
Die Dreigroschenoper ist nicht einfach in eine Literaturgattung einteilbar. Grundsätzlich handelt es sich um eine Oper. Da aber viel gesprochen und gespielt wird, kann eigentlich auch von einem modernen Theater gesprochen werden. Brecht distanzierte sich allerdings klar von der herkömmlichen dramatischen Form des Theaters und entwickelte das "Epische Theater", das wie der Name sagt, erzählend ist. Der Zuschauer wird nicht mehr in die Handlung verwickelt und wird zum Betrachter, seine Aktivität wird aber geweckt, es werden Gedankenanstösse gegeben, die ihn zum Nachdenken bringen sollten. Mittels der Lieder und Balladen in der Dreigroschenoper wird der Zuschauer aus der Handlung gerissen und zum Nachdenken gezwungen. Durch zahlreiche Argumente wird der Zuschauer zu einer Erkenntnis geführt. So zum Beispiel im ersten Dreigroschen - Finale, einer lyrischen Einlage: (S. 43)
Peachum: Natürlich hab ich leider recht
Die Welt ist arm, der Mensch ist schlecht.
Wer wollt auf Erden nicht ein Paradies?
Doch die Verhältnisse, gestatten sie’s?
Nein, sie gestatten’s eben nicht.
Dein Bruder, der doch an die hangt
Wenn halt für zwei das Fleisch nicht langt
Tritt er dir eben ins Gesicht.
Auch treu sein, ja, wer wollt es nicht?
Doch deine Frau, die an dir hangt
Wenn deine Liebe nicht langt
Tritt sie Dir eben ins Gesicht.
Ja, dankbar sein, wer wollt es nicht?
Und doch, dein Kind, das an dir hangt
Wenn dir das Altersbrot nicht langt
Tritt es Dir eben ins Gesicht.
Ja, menschlich sein, wer wollt es nicht!
Polly und Frau Peachum: Ja das ist eben schade
Das ist riesig Fade.
Die Welt ist arm, der Mensch ist schlecht
Da hat er eben leider recht.
In dieser Szene führt Brecht mit zahlreichen Argumenten auf, warum der Mensch schlecht ist. Er zwingt den Zuschauer dazu, ihm recht zu geben, oder sich ihm zu widersetzen. Er erzwingt also eine Entscheidung des Zuschauers, was für das epische Theater typisch ist.
In Brechts Theater wird auch vorgeführt, dass der Mensch sich ändern kann. So sind die Personen oft widersprüchlich. Der bürgerliche Räuber Mackie, der als galanter Verehrer sympathisch wirkt, im Umgang mit den Angestellten aber abstossend wird, ist ein Beispiel dafür. Diese Widersprüchlichkeiten erschweren auch eine Identifikation mit einer Person.
Typisch für Brecht ist auch der Schluss des Stücks. Es geschieht überhaupt nicht das, was der Zuschauer erwarten würde; mit einem Boten der Königin rechnet in diesem Augenblick garantiert niemand. Dies ist aber unwichtig, da die Spannung nicht für den Schluss aufgehoben wird, sondern auf den Verlauf des Stücks gesetzt wird.
Quellenangabe
Die Arbeit stützt sich auf folgende Werke:-
Knopf Jan Brecht, Handbuch Theater J. B. Metzler Verlag Wöhrle Dieter Grundlagen und Gedanken zum Verständnis... Diesterweg Biermann Benjamin Brecht, Bertolt: Die Dreigroschenoper www.referate.heim.at/html/d/dregro01.htm Skolud Walter Ludwig Brecht, Bertolt: Die Dreigroschenoper www.referate.heim.at/html/0_bis_9/3grope01.htm
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