Weimarer Klassik
Im Sinne dieses Modells wurden der Epoche der Weimarer Klassik bestimmte ästhetische Leitideen und geschichtsphilosophische Konzepte zugeschrieben: Dazu gehörten die Orientierung an der Antike, das Streben nach Gestaltung von Typischem, die Welterfassung im Symbol sowie ein aus dem Einklang von Verstand und Gefühl, Geist und Natur geformtes harmonisches Welt - und Menschenbild. Für Goethes und Schillers Hauptwerke dieser knapp zwei Jahrzehnte wurde als gemeinsames poetologisches und zugleich weltanschauliches Merkmal ein auf eine "allgemeine Norm" des Wahren, Guten und Schönen bezogener künstlerischer Stilwille herausgestellt (Wilhelm Meister, 1795/96 und 1821/29, Iphigenie auf Tauris, 1787; Torquato Tasso, 1790; Don Carlos, 1787; Wallenstein, 1800; Über die ästhetische Erziehung des Menschen, 1795; Über naive und sentimentalische Dichtung, 1795/96). Zu den überhistorische Geltung beanspruchenden Grundpositionen der Weimarer Klassik zählen das Konzept der ästhetischen Autonomie - ein poetisches Werk muss sich nach Schiller "selbst rechtfertigen" -, ein idealistisches Kulturprogramm zur Bildung "wahrer Humanität" sowie die Verknüpfung des Kunstbegriffs mit einer organologischen Naturauffassung.
Für das Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts wurde die Weimarer Klassik zum identitätsstiftenden Höhepunkt der deutschen Geschichte, das Studium ihrer Dichter zum nationalpädagogischen Programm; heute gilt das Interesse dagegen weniger dem normativen Charakter der historischen Epoche als der "Klassizität" ihrer Kunstwerke.
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