Einführung in die Mathematik

Mathematische Hilfsmittel

1.1 Grundlagen der Aussagenlogik

Gegenstand mathematischer Betrachtungen sind Aussagen. Die aussagenlogischen Konstanten dienen dazu, Aussageformen zu neuen Aussageformen zu verknüpfen.

Eine Aussage ist entweder wahr oder falsch.[1]

1.1.1 Verknüpfungen

1.1.1.1 Die "Und" - Verknüpfung (Konjunktion)[2]

Symbol der "Und" - Verknüpfung: Ù

Die beiden Aussageformen "2 teilt x; 3 teilt x" werden durch "Und" zusammengefaßt zu der einen Aussageform "2 teilt x und 3 teilt x."

Die Konjunktion zweier Aussagen ist wieder eine Aussage, und sie ist genau dann wahr, wenn jede der beiden durch "Und" - verknüpften Komponenten wahr ist.
Tabelle 1 Wahrheitstafel der "Und" - Verknüpfung
A
w
f
w
f
B
w
w
f
f
A Ù B
w
f
f
f

1.1.1.2 Die "Oder" - Verknüpfung (Alternative)[3]

Symbol der "Oder" - Verknüpfung: Ú

Während das umgangssprachliche "Oder" verschiedene Bedeutungen hat, verwendet man in der Mathematik das "Oder" meist im Sinne des lateinischen "vel" als nichtausschließendes "Oder", z.B., wenn man sagt:

Jede natürliche Zahl, die größer als zwei ist, ist eine Primzahl,
oder sie besitzt einen Primteiler.

Eine Alternative ist genau dann wahr, wenn wenigstens eine ihrer Komponenten wahr ist:
Tabelle 2 Wahrheitstafel der "Oder" - Verknüpfung
A
w
f
w
f
B
w
w
f
f
A Ú B
w
w
w
f

1.1.1.3 Die "Entweder - Oder" - Verknüpfung (Disjunktion)[4]

Symbol der "Entweder - Oder" - Verknüpfung: ÀÙ

Die "Entweder - Oder" - Verknüpfung soll an Hand eines kleinen Schaltbildes verdeutlicht werden:



Abbildung 1 Darstellung der Disjunktion als Schaltung
Die Disjunktion ist genau dann wahr, wenn ein Schalter oben und ein Schalter unten steht (Leuchten der Glühlampe). "Entweder" ist S1 oben (wahr) und S2 unten (falsch), "Oder" S1 ist unten (falsch) und S2 oben (wahr).




Tabelle 3 Wahrheitstafel der "Entweder - Oder" - Verknüpfung
A
w
f
w
f
B
w
w
f
f
A ÀÙ B
f
w
w
f

1.1.1.4 Die "Nicht" - Verknüpfung (Negation)

Symbol der "Nicht" - Verknüpfung: Ø

Bei nichtklassischen Auffassungen wird die Negation entweder überhaupt nicht zugelassen, oder je nach dem eingenommenen Standpunkt interpretiert. Wenn man die Negation zulässt, geschieht das immer derart, dass nie zugleich eine Aussage und ihre Negation anerkannt werden. Im klassischen Fall der zweiwertigen Logik folgt daraus, dass "nicht" den Wahrheitswert umkehrt (negiert).
Tabelle 4 Wahrheitstafel der "Nicht" - Verknüpfung
A
w
f
Ø A
f
w

1.1.1.5 Die "Wenn - So" - Verknüpfung (Implikation)

Symbol der "Wenn - So" - Verknüpfung: Þ

Gelesen: Wenn A so B (AÞB). Andere Aussageformen sind "Wenn A, dann B" oder "Aus A folgt B"

ç B gilt, wenn A gilt
ç A ist hinreichend für B
ç B ist notwendig für A
ç A kann nur gelten, wenn B Gilt
ç Wenn A falsch ist, wird nichts ausgesagt.
ç Gegenüber den anderen Verknüpfungen hat die "Wenn - So" - Verknüpfung keinen inneren Zusammenhang.
Tabelle 5 Wahrheitstafel der "Wenn - So" - Verknüpfung
A
w
f
w
f
B
w
w
f
f
A Þ B
w
w
f
w

ç Aus etwas Wahrem folgt also immer etwas Wahres!
ç Aus etwas Falschem kann etwas Wahres oder Falsches folgen!

Für (A,B,C) = (f,w,f) folgt daher: (AÞB)ÞC ¹ AÞ(BÞC)

1.1.1.6 Die Äquivalenz

Symbol der Äquivalenz: Û

Die Äquivalenz ("Genau dann, wenn") lässt sich als Konjunktion reziproker Implikationen auffassen: A gilt dann und nur dann, wenn B gilt.

Zwei Aussagen heißen äquivalent, wenn beide in allen möglichen Fällen
den gleichen Wahrheitswert ergeben.

Es existieren folgende Sprechweisen für die Äquivalenz AÛB:
a) "genau wenn A, so B" oder
b) "dann und nur dann, wenn A, so B" oder
c) "aus A folgt B und umgekehrt".

Beispiele:
Ø(AÙB)Û(ØAÚØB)
Ø(AÚB)Û(ØAÙØB)
(AÞB)Û(ØAÚB)
(AÞB)Û(ØBÞØB)

2 Mengen

2.1 Der Mengenbegriff

Eine Menge ist eine Zusammenfassung bestimmter wohlunterschiedener Objekte unserer Anschauung oder unseres Denkens zu einem Ganzen (Cantor). Diese Objekte werden die Elemente der Dinge genannt.

ç x Î A wird gelesen als x ist Element von A
ç y Ï A wird gelesen als y ist nicht Element von A

ç Soll eine Menge aus den endlich oder unendlich vielen Elementen a,b,c,... gebildet werden, so bezeichnet man sie mit {a,b,c,...}.
ç Ist a Element der Menge A, so wird das durch a Î A symbolisiert.
ç Die Definition schließt nicht aus, dass die Menge nur aus einem Element besteht. A={a}.
ç Die leere Menge enthält kein Element. Sie wird mit dem Symbol Æ bzw. {} bezeichnet.

2.2 Relationen zwischen Mengen

2.2.1 Gleichheit von Mengen

Eine Menge A ist gleich einer Menge B, in Zeichen A=B, wenn jedes Element von A auch Element von B und umgekehrt jedes Element von B auch Element von A ist.

2.2.2 Teilmenge, Restmenge

Eine Menge A ist in einer Menge B enthalten, in Zeichen AÌB, wenn jedes Element der Menge A auch Element der Menge B ist. A heißt dann Untermenge oder Teilmenge von B.

ç Ist A¹B, spricht man auch von einer echten Teilmenge (AÌB).
ç Ist A=B, spricht man von einer unechten Teilmenge (AÍB).
ç Die leere Menge Æ ist Teilmenge einer jeden Menge.

Ist A eine echte Teilmenge von B, so nennt man die Menge der Elemente von B, die A nicht angehören, die Restmenge R von B zu A (oder die zu A komplementäre Menge von B), in Zeichen R=B - A.

ç Zu jeder Menge von n Elementen gibt es genau 2nUntermengen.[5]
ç Ist eine Menge A in einer Menge B, enthalten und die Menge B Teilmenge einer Menge C, so ist auch A Teilmenge von C: AÌAÈB und BÌC Þ AÌC.

2.3 Operationen mit Mengen

2.3.1 Vereinigungsmenge



Abbildung 2 Vereinigung der Mengen A und B
Unter der Vereinigungsmenge AÈB[6] der beiden Mengen A und B versteht man die Menge aller Elemente, die zu A oder zu B oder zu A und B gehören.[7] Es gilt daher:

AÌAÈB und BÌAÈB.

Aus der vorstehenden Definition folgt, dass für die Vereinigung von Mengen die aus der elementaren Arithmetik bekannten Gesetze gelten:

Kommutativgesetz (Vertauschbarkeitsgesetz):
AÈB = BÈA

Assoziativgesetz (Vereinigungsgesetz):
(AÈB)ÈC = AÈ(BÈC).

Beispiele:
a) A sei die Menge aller durch 5 teilbaren Zahlen, die kleiner als 25 sind. B sei die Menge aller durch 7 teilbaren Zahlen, die kleiner als 35 sind. Es gilt dann AÈB={0,5,7,10,14,15,20,21,24,28}
b) A sei die Menge aller Quadrate. B sei die Menge Aller Dreiecke. AÈB ist dann die Menge aller Quadrate und Dreiecke.

2.3.2 Durchschnitt



Abbildung 3 Durchschnitt der Mengen A und B
Unter dem Durchschnitt AÇB[8] der beiden Mengen A und B versteht man die Menge aller Elemente, die sowohl zu A als auch zu B gehören.[9] Es gilt daher:

AÇBÌA und AÇBÌB.

Für die Bildung des Durchschnitts gelten die folgenden Gesetze:

Kommutativgesetz (Vertauschbarkeitsgesetz):
AÇB = BÇA

Assoziativgesetz (Vereinigungsgesetz):
(AÇB)ÇC = AÇ(BÇC).

Distributivgesetz (Verteilungsgesetz):
(AÇB)È C = (AÇB)È(AÇC).

ç Wenn die Mengen A und B kein gemeinsames Element enthalten, wenn also gilt AÇB=Æ, nennt man derartige Mengen elementfremde oder disjunkte Mengen.

Beispiele:
a) A ist die Menge aller Rhomben. B ist die Menge aller Rechtecke. AÇB ist dann die Menge aller Quadrate.

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Abbildung 4 Differenz der beiden Mengen A und B
b) A ist die Menge aller Rhomben. B ist die Menge aller Quadrate. Es gilt dann AÇB=B; denn alle Elemente von B gehören auch zu A.

2.3.3 Differenz

ç Unter der Differenz A\B der beiden Mengen A und B man die Menge aller Elemente von A, die nicht zu B gehören.[10]
ç Sind die Mengen A und B elementfremd, so stimmt die Differenz A\B mit A überein und umgekehrt.

Auf jeden Fall aber gilt:

A\B = A(AÇB),
weil bei der Differenzbildung von A nur Elemente weggelassen werden, die sowohl zu A als auch zu B gehören.

Beispiel:
Aus A={a,b,c,d} und B={b,n,a} folgt A\B={c,d}.

2.3.4 Produktmenge

Unter dem Mengenprodukt AxB der beiden Mengen A und B versteht man die Menge aller geordneten Elementpaare (a;b) mit aÎA und bÎB.[11]

Beispiel:
Aus A={a1,a2,a3} und B={b1,b2} folgt AxB={(a1,b1),(a1b2),(a2,b1),(a2b2),(a3,b1),(a3b2)}

2.3.5 Potenzmenge

Die Potenzmenge Ã(A) der Menge A enthält als Elemente alle Untermengen von A. Besteht aus A aus n Elementen, so enthält Ã(A) insgesamt 2nUntermengen.

Beispiel:
Aus A={a,b,c} folgt Ã(A)={Æ,{a},{b},{c},{a,b},{a,c},{b,c},{a,b,c}}

2.4 Zusammenfassung

Bezeichnung
Teilmenge
Gleichheit zweier Mengen
Vereinigungsmenge
Durchschnittsmenge
Differenzmenge
Symbolik
AÌB
A=B
AÈB
AÇB
A\B
Definition
x Î AÞ x Î B
x Î AÞ x Î B
x Î AÈB Û
x Î A Ú x Î B
x Î AÇB Û
x Î A Ù x Î B
x Î A\B Û
x Î A Ù x Ï B
Erfaßt werden alle Elemente, die ...


... entweder in A oder in B oder in beiden Mengen liegen.
... sowohl in A als auch in B liegen.
... zwar in A aber nicht in B liegen.

3 Zahlbereiche




Abbildung 5 Übersicht über die verschiedenen Zahlbereiche

4 Der Bereich der natürlichen Zahlen

4.1 Rechenoperationen im Bereich der natürlichen Zahlen

Den Operationen mit endlichen Mengen entsprechen Rechenoperationen mit natürlichen Zahlen.

4.1.1 Addition

Die Elementezahl s der Vereinigungsmenge S der beiden elementfremden endlichen Mengen A und B mit den EIementezahlen a und b heißt Summe der beiden Zahlen a und b und wird durch a+b bezeichnet:

S=AÈB mit AÇB=Æ
s=a+b

ç a und b heißen Summanden.
ç Die Rechnung heißt Addition.
ç Summe = Summand plus Summand.

Assoziationsgesetz (Vereinigungsgesetz):
a+(b+c) = (a+b)+c.

Kommutativgesetz (Vertauschungsgesetz):
a+b = b+a.

Monotoniegesetz:
Aus a

4.1.2 Subtraktion

Ist für die beiden Zahlen a und b die Bedingung b+d=a erfüllbar, so heißt die durch sie eindeutig bestimmte Zahl d Differenz von a und b und wird mit a - b bezeichnet.

ç In der Subtraktion d=a - b wird a Minuend und b Subtrahend genannt.
ç Differenz = Minuend Minus Subtrahend.
ç Die Rechnung heißt Subtraktion.

Wenn die endliche Menge B mit der Elementezahl b in der endlichen Menge A mit der Elementezahl a enthalten ist, so hat die Differenzmenge D die Elementezahl d=a - b:

D=A\B mit BÌA
s=a - b

Ö Das Assoziativgesetz gilt nicht: (1 - 2) - 3¹1 - (2 - 3)!
Ö Das Kommutativgesetz gilt nicht: 1 - 2¹2 - 1!

Monotoniegesetz:
Aus a

4.1.3 Multiplikation

Die Elementezahl p des Mengenprodukts P der beiden endlichen Mengen A und B mit den Elementezahlen a und b heißt Produkt der Zahlen a und b und wird durch a·b oder kurz ab bezeichnet:

P=AxB
p=a·b

ç a und b heißen Faktoren.
ç Die Rechnung heißt Multiplikation.

Assoziationsgesetz (Vereinigungsgesetz):
a·(b·c) = (a·b)·c.

Kommutativgesetz (Vertauschungsgesetz):
a·b = b·a.

Distributionsgesetz (Verteilungsgesetz):
a·(b+c) =a·b+a·c.

Monotoniegesetz:
Aus a0 folgt stets a·c

4.1.4 Division

Ist für die beiden Zahlen a und b die Bedingung b·c=a erfüllbar und b¹0, heißt die durch sie eindeutig bestimmte Zahl c Quotient aus a und b und wird mit a:b bezeichnet.

ç Im Quotienten wird a Dividend, b Divisor genannt.
ç Quotient = Dividend dividiert durch Divisor.
ç Die Rechnung heißt Division.

Von größter Bedeutung für praktische Rechnungen ist:[13]

Die Division durch Null ist per Definition ausgeschlossen.

Assoziationsgesetz (Vereinigungsgesetz):
a:(b:c) = (a:b):c.

Ö Das Kommutativgesetz gilt nicht: 1:2¹2:1!
Ö Das Distributivgesetz gilt nicht: 1:(2+3)¹1:2 + 1:3)!

Monotoniegesetz:
Aus a0 folgt stets a:c

5 Der Bereich der ganzen Zahlen

5.1 Wesen und arithmetische Struktur

Der Bereich G der ganzen Zahlen wird von den Zahlen ..., - 3, - 2, - 1, 0, 1, 2, 3, ... gebildet. In diesem Bereich treten vorzeichenbehaftete Zahlen auf, über die zunächst einiges Grundsätzliches gesagt werden soll.

5.1.1 Vorzeichenregeln

Es ist stets:
a) a+( - a)=0.[15]
b) - ( - a) = a.
c) a+( - b) = a - b.[16]
a+( - b)+b=a.
d) a - ( - b) = a+b.[17]
e) - (a+b) = - a+( - b).[18]
f) - (a - b) = - a+b.[19]
g) a - ( - b) = - ab.
h) ( - a)·( - b) = - ( - a)·b = a·b.

6 Der Körper der rationalen Zahlen

6.1 Wesen der rationalen Zahlen

Alle Brüche g/h, die sich aus ganzen Zahlen g und h mit h¹0 (die Division durch Null ist in keinem Zahlenbereich möglich) bilden lassen, werden als rationale Zahlen oder gebrochene Zahlen bezeichnet. Die Menge K der rationalen Zahlen enthält die Menge G der ganzen Zahlen:
G Ì K.

Zwei Brüche g/h und g’/h’ sind genau dann gleich, wenn gh’=g’h ist:




Ein Bruch hat dann und nur dann den Wert Null, wenn sein Zähler gleich Null ist!

6.2 Die Menge der rationalen Zahlen als Zahlenkörper

Bei der Multiplikation zweier Brüche wird Zähler mit Zähler
und Nenner mit Nenner multipliziert.

Bei der Division von Brüchen wird der Dividend
mit dem Kehrwert des Divisors multipliziert.

Zur Addition oder Subtraktion werden zwei rationale Zahlen zunächst so erweitert, dass sie einen gleichen Nenner, einen Hauptnenner, erhalten. Als Hauptnenner dient bekanntlich das kleinste gemeinschaftliche Vielfache der beiden Nenner. Bei der Addition (Subtraktion) gleichnamiger Brüche (gleicher Nenner) werden deren Zähler addiert (subtrahiert) und der Nenner beibehalten.

Indem also im Bereich der rationalen Zahlen die vier Grundrechenarten bis auf die Division durch Null unbeschränkt ausführbar sind, ist ein in dieser Hinsicht vollendeter Zahlenbereich erreicht. Zahlenbereiche dieser Art werden Zahlenkörper genannt. Der Körperbegriff wird aber auch auf Mengen angewendet, die nicht nur aus Zahlen bestehen.

Eine Menge M, unter deren Elementen eine Addition, eine Subtraktion, eine Multiplikation und eine Division mit den unter 3.1 genannten
Grundgesetzen erklärt und bis auf die Division durch Null
(=a - a für ein beliebiges aÎM) unbeschränkt ausführbar sind, heißt Körper.

Der Körper K der rationalen Zahlen ist der kleinste Zahlenkörper, der den Bereich der natürlichen Zahlen enthält.

7 Absolute Beträge und Abschätzungen

7.1 Absolute Beträge

Unter dem absoluten Betrag einer Zahl a, in Zeichen |a|, versteht man die nichtnegative der beiden Zahlen a und ( - a). Hieraus ergeben sich die Folgerungen:
|a| ist niemals negativ!
Für jede Wahl des Vorzeichens gilt: ±a£|a|.
| - a| = |a|.

Der Betrag eines Produktes ist gleich dem Produkt aus den Beträgen der Faktoren:
|a·b| = |a|·|b|.

Der Betrag eines Quotienten ist gleich dem Quotienten aus den Beträgen von Dividend und Divisor:
|a:b| = |a|:|b|.

7.2 Abschätzungen

7.2.1 Allgemein

Für nichtnegative Zahlen a und b und jede beliebige natürliche Zahl n¹0 gilt:




Dies folgt unmittelbar daraus, dass links nur die beiden Randglieder der Summenentwicklung von (a+b)nnach dem binomischen Lehrsatz stehen und keiner der vorkommenden Summanden negativ ist.

7.2.2 Bernoullische Ungleichung

Für jedes nichtnegative a und jede natürliche Zahl n gilt:




Hier sind rechts nur die beiden der nach dem binomischen Lehrsatz zu errechnenden Glieder aufgeschrieben während die übrigen nicht - negativ sind.

7.2.3 Cauchy - Schwarzsche Ungleichung

Für beliebige n2Zahlen a1, a2,..., an, b1, b2,..., bn gilt die Ungleichung:[20]



7.2.4 Dreiecksungleichung

Der Betrag einer Summe ist niemals größer als die Summe der Beträge der Summanden:

|a1+a2+...+an|£|a1|+|a2|+...+|an|

Der Beweis kann durch vollständige Induktion geführt worden.

8 Potenzen, Logarithmen

8.1 Potenzen mit rationalen Exponenten

Die einfachsten Potenzen sind solche mit natürlichen Zahlen als Exponenten, auf die weiter eingegangen wird.

Bei der Potenz an, (nÎN\{0}) heißt a dabei Basis, n Exponent und anPotenzwert.

a0definiert man sinnvollerweise als 1: a0=1

Die erste Erweiterung dieses Potenzbegriffes besteht in der Definition von Potenzen mit negativen ganzen Exponenten, bei denen die Basis ¹ 0 sein muss. Ist a¹0 und ( - n) eine negative ganze Zahl, so versteht man unter der Potenz a - nden Wert 1/an:




Ist a eine positive reelle Zahl und g/n (gÎG, nÎN\{0}) eine beliebige rationale Zahl, so versteht man unter
die positive Zahl, deren n - te Potenz agist. Statt a1/ndarf auch
geschrieben werden. Dieser Ausdruck wird n - te Wurzel aus a genannt.
Dabei heißen:
ç n: Wurzelexponent,
ç a: Radikand,
ç
: Wurzelwert.

Für die Multiplikation, die Division und das Potenzieren der Potenzen gelten folgende Potenzgesetze:

Potenzen mit gleicher Basis werden multipliziert,
indem man ihre Exponenten addiert und die Basis beibehält:



Potenzen mit gleicher Basis werden dividiert,
indem man ihre Exponenten subtrahiert und die Basis beibehält:



Potenzen mit gleichen Exponenten werden multipliziert, indem man ihre Basen multipliziert und das Produkt mit dem gleichen Exponenten potenziert:[21]



Potenzen mit gleichen Exponenten werden dividiert indem man ihre Basen dividiert und den Quotienten mit dem gleichen Exponenten potenziert:[22]



Eine Potenz wird potenziert, indem man die Exponenten multipliziert
und die Basis der Potenz beibehält:



Die letzten drei Potenzgesetze werden auch als Wurzelgesetze formuliert:




Eine Zusammenfassung von Potenzen bzw. Wurzeln durch Addition und Subtraktion ist nur möglich, wenn Basis und Exponent bzw. Radikand und Wurzelexponent übereinstimmen. Im Falle an - bngilt:




mit dem Spezialfall





Aus der Definition für Potenzen folgt für negative Basen:



8.2 Rationalmachen des Nenners

Bei der numerischen Berechnung von Brüchen, deren Nenner Wurzeln als Irrationalzahlen sind, ist es zweckmäßig, vor dem Rechnen den Nenner in eine Rationalzahl zu verwandeln. Dies erspart die ungünstige Division durch einen Dezimalbruch als Näherungswert einer Irrationalzahl. Die Irrationalität des Nenners wird durch entsprechendes Erweitern beseitigt.

8.3 Potenzen von Binomen (binomischer Lehrsatz)

Sind a,bÎÂ*und nÎN, so lässt sich (a+b)nin eine Summe zerlegen:




Rechts stehen (n+1) Summanden, in deren Produkten die Exponenten von a mit n beginnend je um 1 nach rechts abnehmen, die von b umgekehrt mit 0 beginnend je um 1 zunehmen und die als Eulersche Symbole geschriebenen Binominalkoeffizienten
(Sprechweise: n über k) aus den folgenden Definitionen heraus berechnet werden können:


[23]

Hierbei gilt:



Schreibt man für n=0,1,2, ... die Binomialkoeffizienten zeilenweise auf, so erhält man das unten dargestellte Pascalsche Zahlendreieck. In der rechts stehenden ausgerechneten Form lässt sich die Symmetrie der Zahlen zur Mittelsenkrechten der Zeilen und die Darstellung einer Zahl als Summe der links und rechts darüber stehenden erkennen. Damit kann das rechts stehende Zahlendreieck formal entwickelt werden.

n=0: 1 (a+b)0=1
n=1: 1 1 (a+b)1=a+b
n=2: 1 2 1 (a+b)2=a2+2ab+b2
n=3: 1 3 3 1 (a+b)3=a3+3a2b+3ab2+b3
n=4: 1 4 6 4 1 (a+b)4=a4+4a3b+6a2b2+4ab3+b4
n=5: 1 5 10 10 5 1 (a+b)5=...
n=6: 1 6 15 20 15 6 1 (a+b)6=...
usw.
Abbildung 6 Pascalsche Zahlendreieck


Abbildung 7 Pascalsche Zahlendreieck mit Binomialkoeffizienten

8.4 Logarithmen reeller Zahlen

8.4.1 Definitionen und Gesetze

Vorausgesetzt, a>1 und b sind positive reelle Zahlen, so gibt es genau eine Zahl n=logab, Logarithmus b zur Basis a genannt, die als Exponent zur Basis a genau b ergibt:


[24]

ç n ist der Logarithmus.
ç a ist die Logarithmenbasis.
ç b ist der Numerus des Logarithmus.

Aus der Definition folgt: Das Logarithmieren ist die Umkehrung des Potenzierens, und Logarithmieren und Potenzieren zur gleichen Basis heben sich auf:[25]



Weitere Folgerungen (a>1):
ç logab=1, wenn b=a (Basis gleich Numerus)
ç logab>0, wenn b>1
ç logab=0, wenn b=1
ç logab<0, wenn 0
Auf Grund dieser Beziehungen kann jeweils durch Logarithmieren eine Rechenoperation mit reellen Zahlen auf eine darunterliegende "Operationsstufe" zurückgeführt werden, also

ç aus Potenzieren wird Multiplizieren
ç aus Multiplizieren/Dividieren wird Addition/Subtraktion.



8.4.2 Logarithmensysteme

Sämtliche Logarithmen (00 werden als ein Logarithmensystem bezeichnet. Zwei Logarithmensysteme mit den Basen a und c sind durch die Beziehung

logab = logac logcb

verknüpft. Für b=a folgt logac logca=1.

Die Logarithmen eines Systems können also in die Logarithmen eines beliebig anderen Systems umgerechnet werden. Als Ausgangssystem werden häufig die natürlichen Logarithmen mit der Basis a=e verwendet. Der sich ergebene Umrechnungsfaktor Mc=logce wird Modul des Systems c genannt, so dass für eine Umrechnung dann gilt:




Tabelle 6 Die in der Praxis gebräuchlichen Logarithmensysteme
Bezeichnung des Systems
Basis
Schreibweise
Modul Mc
Natürliche oder
Napiersche Logarithmen


ln b


Dekadische oder
Briggsche Logarithmen
10
lg b


Dyadische Logarithmen
2
ld b



Zum numerischen Rechnen (außer Addition und Subtraktion) sind am besten die dekadischen Logarithmen geeignet, da deren Logarithmen von Zehnerpotenzen ganze Zahlen sind und sich jede Zahl b durch Abspaltung einer Zehnerpotenz 10nin b=10nb' mit 1£b’£10 zerlegen lässt. lg b lässt sich dann wie folgt schreiben: lg b=n+lg b’, wobei n als Kennziffer und die hinter dem Komma erscheinenden Stellen von lg b’ in der Dezimalbruchschreibweise als Mantisse bezeichnet werden. In den Naturwissenschaften kommt dagegen fast ausschließlich der natürliche Logarithmus zum Einsatz, da für diesen Fall Umrechnungsfaktoren entfallen; naturwissenschaftliche Prozesse folgen häufig der Exponentialfunktion zur Basis e.



Abbildung 8 Darstellung ausgewählter Exponentialfunktionen



Abbildung 9 Darstellung ausgewählter Logarithmusfunktionen (Umkehrung der Exponentialfunktionen)

[1] Die sogenannte Fuzzy - Logik versucht diese Aussage zu erweitern, indem eine Aussage "weder richtig wahr noch richtig falsch" zugelassen wird.
[2] Lat.: et
[3] Lat.: vel
[4] Lat.: aut - aut
[5] Siehe auch Beispiel zur Potenzmenge.
[6] Das Mengenzeichen "È" erinnert an das Symbol "Ú" der ODER - Verknüpfung. Nicht zu verwechseln mit der "Entweder - Oder" - Verknüpfung! (Vgl. entsprechendes Kapitel)
[7] C=AÈB wird gelesen als C gleich A vereinigt mit B.
[8] Das Mengenzeichen "Ç" erinnert an das Symbol "Ù" der "UND" - Verknüpfung.
[9] C=AÇB wird gelesen als C gleich A geschnitten min B
[10] C=A\B wird gelesen als C gleich Differenz von A und B
[11] Bei den Paarbildungen stehen jeweils die Elemente von A an erster Stelle.
[12] Gilt nicht für c<0!
[13] Es gibt allerdings ernsthafte Diskussionsbeiträge, die "Unendlich" als natürliche Zahl befürworten, womit die Division durch Null erlaubt sein könnte.
[14] Gilt nicht für c<0!
[15] Denn 0 - a= - a ist nach Definition von 3.1.2 die Zahl, die zu a addiert Null ergibt.
[16] Denn a - b ist die Zahl, die zu b addiert a ergibt. Dieselbe Eigenschaft besitzt aber auch die Zahl a+( - b). (vgl. Regel a).
[17] Ersetzt man in der Regel c) die Zahl b durch ( - b) folgt dann durch b) die Regel d).
[18] Oder nach c: ( - a - b).
[19] Dies ergibt sich aus Regel e) unter Beachtung von b) und c).
[20] Hier ohne Beweis.
[21] Oder: ein Produkt wird potenziert, indem man jeden Faktor einzeln potenziert:
[22] Oder: Ein Bruch wird potenziert, indem man Zähler und Nenner einzeln potenziert.
[23] Sprechweise für k!: k Falkultät.
[24] Die Basen 0 [25] Anwendung von Funktion und Umkehrfunktion liefert immer die Variable:

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