Der Schimmelreiter

"DER SCHIMMELREITER":

Die von Storm 1888 vollendete Rahmennovelle "Der Schimmelreiter" war sein letztes Werk.

Ein Mann reitet bei Sturm zu nÀchtlicher Stunde einen Damm entlang, als er einem Reiter begegnet bei dem ihm auffÀllt, dass er lautlos auf einem Schimmel bei ihm vorbeistob. Als er in eine Ortschaft kommt und in die Stube eines Gasthauses eintritt, findet dort gerade eine Versammlung der DeichgevollmÀchtigten statt und es geht auch dementsprechend laut her. Als er jedoch von seinem Erlebnis erzÀhlt verstummt plötzlich alles, denn besagter Reiter taucht nur auf, wenn der Deich bricht. Und zur AufklÀrung des Fremden beginnt der Schulmeister die Geschichte des Schimmelreiters zu erzÀhlen.
In einer HĂŒtte am Deich lebt ein Vater mit seinem Sohn Hauke. Der Sohn beschĂ€ftigt sich viel mit den Deichen und deren Aufbau und Ă€ußert den Wunsch eines Tages Deichgraf zu werden. Tag fĂŒr Tag studiert er die Deiche, zeichnet und berechnet, wie er dies von seinem Vater gelernt hat. Als er erwachsen wird, kommt Hauke Haien als Knecht an den Hof des Deichgrafen. SpĂ€ter jedoch als der Deichgraf Ă€lter wird, hilft er bei der Wirtschaftung der Deiche aus. Dabei bemerkt der Graf, dass er sich sehr gut auskennt und ĂŒberlĂ€sst ihm die Deichwirtschaftung komplett. Nach einiger Zeit verloben sich Hauke und Elke, die Tochter des Deichgrafen, und nach dem Tod des alten Deichgrafen heiraten sie. Hauke tritt nun das Erbe des alten Deichgrafen an. Er ist ein sehr aktiver Deichgraf und beschließt mehr Land einzudeichen und zwar mit von ihm errechneten Deichen, die ein anderes Profil besitzen wie die Alten, die nach seiner Ansicht den Fluten nicht mehr lange standhalten. Mit diesem Vorhaben stĂ¶ĂŸt er natĂŒrlich Ablehnung bei der Bevölkerung, aber er setzt es dennoch durch.
Seit einiger Zeit beobachtet man auf einer kleinen Hallig bei Nacht einen Schimmel, der umherspringt, am Tag jedoch sieht man nur dessen Gebeine. Eines Tages war der Schimmel verschwunden und Hauke Haien kauft bei einem Mann ein solches Tier. Es war abgemagert, doch nach der persönlichen Pflege durch den Deichgrafen erstrahlt es in neuem Glanz. Er sprengt mit seinem neuen Roß auf den Deichen umher. Keinen anderen lĂ€sst es reiten, außerdem fĂŒrchten die Leute dieses Pferd, den sie glauben der Teufel reitet es.
Nun kommt der Befehl zur Eindeichung von der Oberdeichgrafschaft. Nachdem das notwendige Material geliefert wurde, beginnt man mit der Eindeichung. Die Arbeiter stehen unter der strengen Aufsicht des Schimmelreiters, wie sie Hauke nennen. Inzwischen gebÀrt Elke ein Kind. Sie nennen es Wienke. Drei Tage nach der Geburt hat Elke Kindbettfieber. Hauke spricht ein Gebet, in dem er nicht ganz zu Gottes Allmacht steht. Dieses Gebet wird belauscht, im ganzen Dorf verbreitet und als Fluch ausgelegt. Hauke und Elke bemerken, dass Wienke schwachsinnig ist.
Eines Tages entdeckt Hauke, dass die Arbeiter ein HĂŒndchen, das ihnen in die Quere gekommen ist, in den Deich einschaufeln wollen. Er hĂ€lt sie auf und nimmt das HĂŒndchen nach Hause zu seiner Tochter.
Nach einiger Zeit ist der neue Deich fertiggestellt. Fortan lebt die Deichgrafenfamilie ruhig und nimmt die gealterte Dienstmagd Trin Jans zu sich auf. Die kleine Wienke hat von nun an zwei Spielkameraden, den Hund Perle, den ihr Vater gerettet hat, und die Möwe Claus, die Trin Jans gehört. Wienke besucht Trin Jans tĂ€glich, um mit ihrer Möwe zu spielen. SpĂ€ter stirbt Trin Jans und das Kind sorgt fĂŒr die Möwe.
Eines Tages gibt es einen Sturm, wie ihn keiner je erlebte. Hauke reitet mit seinem Schimmel zum Deich, dabei kommt die Möwe Claus unter die Hufe. Bei seinem Ritt entdeckt er, wie Arbeiter den neuen Deich durchstechen wollen, damit der Alte bestehen bleibt. Hauke befiehlt ihnen dies zu unterlassen. Weitergeritten bricht ein StĂŒck des alten Deiches vor seinem Schimmel. Er sieht Elke und ihr Kind in einer Kutsche und ruft ihnen zu, doch die Kutsche wird von der Flut erfaßt. Er gibt dem Schimmel die Sporen und stĂŒrzt sich ebenfalls in die Fluten und schreit Gott solle ihn nehmen und die anderen verschonen.
Der Schulmeister beendet die Geschichte. Er fĂŒgt hinzu: "Das Pferdegerippe war danach wieder auf Jevershallig zu sehen. Das ganze Dorf will es gesehen haben. Doch eins ist sicher: Hauke Haien kam mit Weib und Kind in den Fluten um. Er ist nicht einmal am Friedhof begraben. Doch sein Deich steht jetzt, hundert Jahre spĂ€ter, immer noch."
Als sich der Fremde auf das Zimmer begeben will, trifft er den Deichgrafen, der ihm mitteilt, dass der Deich gebrochen ist, genauso wie sie es der Schimmelreiter vorausbezeugt hat.

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