Der Schüler Gerber
Dieser Roman erzählt die Geschichte des begabten Schüler Gerber, der im letzten Jahr vor der Matura steht. Überraschend wird Professor Kupfer Klassenvorstand. Kupfer, bei den Schülern "Gott Kupfer" genannt, ist ein gefürchteter Lehrer. Seinen Spitznamen, den er nicht einmal ungern hört, erhielt er von den Schülern wegen seiner von ihm immer wieder betonten Unfehlbarkeit. Seine herrschsüchtige und sadistische Art und seine Macht gegenüber seiner schwachen Schüler kostete er bis zur Neige aus. Besonders einen Maturanten, nämlich den begabten aber renitenten Kurt Gerber, verfolgt "Gott Kupfer" besonders, weil es Gerber an jener Unterwürfigkeit fehlt, die ein Schüler Kupfers Ansicht nach besitzen muss.
Gerbers schwache Seite ist die Mathematik, das Fach, in dem Kupfer diese Klasse unterrichtet, und natürlich jede Gelegenheit nützt um die Schüler zu demütigen. Gerbers Vater, der die Arroganz und Gefährlichkeit dieses Lehrers erkannt hat, will Kurt in eine andere Schule schicken. Doch der Junge glaubt, das Examen auch so bestehen zu können. Allerdings hat er sich den Kampf mit Kupfer nicht so nervenraubend vorgestellt, und da er sehr sensibel ist, erlebt er die Demütigung seiner Mitschüler nicht weniger intensiv als die Ungerechtigkeiten ihm gegenüber.
Zu den Schulelend kommt das Erlebnis einer unerfüllten Liebe zu einer ehemaligen Mitschülerin, Lisa Berwald. Bedrückend ist für ihn auch der Gesundheitszustand seines Vaters, der an einer Herzkrankheit leidet. Vorallem die Schande des Durchfallens beim Examen, möchte er seinen strengen Vater ersparen. Trotz aller Vorbereitungen und Anstrengungen, versagt er, von Kupfer hereingelegt, in der Mathematikprüfung. Als er auch in den anderen Fächern weniger gut abschneidet, verliert er, obwohl ihm seine Mitschüler gut zuredeten, die Nerven und stürzt sich aus dem Fenster des Realgymnasiums und war sofort tot. Gegen Professor Kupfers Einspruch wurde er trotzdem von der Prüfunskommission als reif erklärt.
Botschaft des Stückes:
Die Veranlassung zu diesem Werk waren zehn Schülerselbstmorde, die in einer einzigen Woche im Jänner 1929 von den Zeitungen gemeldet wurden, sowie persönliche Schulerlebnisse Torbergs die er in seinen Roman verwertet hat. Primär ist der in zwölf Kapitel geteilte Roman eine zeitbedingte Schulgeschichte. Das Kernproblem dieses Stückes ist das Zusammenprallen von Selbstherrlichkeit und mißbrauchter Macht auf immer schwächer und sinnloser werdendem Widerstand. Torberg will aufzeigen, dass allmählich das Selbstwertgefühl Gerbers so weit abgebaut wird, dass er nicht mehr auf seine vorhandenen Fähigkeit vertraut. Er gibt auf, noch ehe überhaupt klar ist, ob er die Matura bestehen wird oder nicht. Verschlimmert wird seine schwierige Lage noch durch den Druck des Elternhauses und seine unglückliche Liebe. Im entscheidenden Augenblick ist niemand da, der ihm ausreichend Halt geben könnte.
Der Autor:
Friedrich Torberg, am 16.September 1908 in Wien geboren und am 10.November 1979 in seiner Geburtsstadt gestorben, studierte in Prag und Wien und begann nach ersten Buchveröffentlichungen Theaterkritiken zu schreiben. 1938 emigrierte er in die Schweiz und flüchtete 1940 aus Frankreich nach Amerika. 1951 kehrte Friedrich Torberg nach Wien zurück, wo er bis 1965 die kulturpolitische Zeitschrift "Forum" herausgab.
Werke u.a.: "... und glauben, es wäre die Liebe" (1932), "Die Mannschaft" (1935), "Abschied" (1937), "Mein ist die Rache" (1943), "Hier bin ich mein Vater" (1948), "Die zweite Begegnung" (1950), "PPP. Pamphlete, Parodien, Post Scripta" (1964), "Das fünfte Rad am Thespiskarren" (1966), "Golems Wiederkehr" (1968), "Süßkind von Trimberg" (1972), "Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten" (1975), "Die Erben der Tante Jolesch" (1978), sowie zahlreiche Übersetzungen und Editionen.
Stil des Schreibers:
Primär ist dieser Roman Friedrich Torbergs eine zeitbedingte Schulgeschichte. Torberg teilt diesen Roman in 12 Kapiteln. Dieser ist von stark autobiographischen Zügen geprägt, welche Torberg durch zahlreiche Zeitungsberichte von Schülerselbstmorden im Jänner des Jahres 1929 bestätigt sah. Er schrieb diesen Roman nicht als "Ich - Bericht", sondern aus der Perspektive des Schüler Gerber. Die einzelnen Kapitelüberschriften sind scheinbar distanzierende Ansagen eines Kampfspieles, die von bitteren Sarkasmus geprägt sind. Der Stil Torbergs gehört zu einer dramatisch einsetztenden Gattung, die mit wechselnden Perspektiven und unterschiedlicher Intention, am schulischen Modellfall die existentielle Situation durchsichtig macht. Dazu ist ihm auch der für die expressionistische Dichtung typische Vater - Sohn - Konflikt zuzuordnen.
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