Kinderarbeit
Weltweit arbeiten über 100 Mio. Kinder. Sie schuften auf Madagaskar in Steinbrüchen, in
indischen Teppichwebereien und in Kolumbien in Kohlengruben. Hilfsorganisationen
schätzen, dass allein in Indien bis zu 44 Mio. Kinder arbeiten müssen, oft für nur 3 - 4
Schilling/Tag. Die meisten stammen aus armen Dörfen und sind aus Existenznot in die
Stadt geflüchtet. Junge Mädchen mit ihren kleinen Händen sind besonders geschickt
beim Teppichknüpfen behaupten die Teppichhändler und lassen sie viele Stunden an
den Webstühlen sitzen. In Pakistan werden 80% der Teppiche von Kindern geknüpft
und können deshalb in Europa besonders billig verkauft werden.
In Peru schleppen die Kinder schwere Obstkisten auf den Märkten - unterstützt von
einer Sondereinheit der Polizei, die die nicht mehr verhaftet, sondern Kleidung und
Arbeitsgenehmigungen verschafft. Andere verkaufen Obst, das sie aus Mülltonnen
heraussuchten und das noch halbwegs genießbar ist.
In Thailand werden junge Mädchen von ihren Familien gezwungen, in Bordellen zu
arbeiten und den europäischen Touristen ihren Aufenthalt zu "verschönen".
In Peru ziehen Scharen von Männern und Kindern in den Urwald, um angeschwemmte
Nuggets (Goldklumpen) zu finden. Da sie den Regenwald nicht gewohnt sind, sterben
sie an Gelbfieber, Tollwut oder Malaria. Dies ist die schlimmste Form von Kinderarbeit -
nämlich Sklavenarbeit. Sie müssen bis auf einen geringen Rest alles ihrem Patron
abliefern.
Die andere Form der Kinderarbeit trägt zum Unterhalt der Familie bei. So z.B. in
Westafrika, wo 8 - jährige ihren Eltern auf dem Feld helfen, bzw. die sogen.
Müllmenschen von Kairo das Lebensnotwendigste auf Müllhalden suchen.
Es gibt aber auch die Form von Kinderarbeit, wo Kinder für die eigene Tasche arbeiten,
so z.B. wenn 10 - jährige in Deutschland Papierblumen drehen, oder an der nächsten
Straßenecke Zeitungen verkaufen.
Darum ist es sehr schwer, eine genaue Grenze zu ziehen, wann es sich wirklich um
Kinderarbeit handelt. Viele Arbeiten müssen für Kinder nicht schädlich sein, so z.B.
wenn Halbwüchsige in der Landwirtschaft mithelfen und so berufliche Fähigkeiten
entwickeln. Pädagogen nennen das "Praxisbezogenes Lernen".
Werden Minderjährige aber regelmäßig zur Arbeit für ihren Lebensunterhalt oder den
ihrer Familie gezwungen und wirtschaftlich ausgebeutet, dann spricht die Internationale
Arbeitsorganisation IAO von Kinderarbeit.
Kinder arbeiten fast immer ohne Sozialversicherung oder gewerkschaftlichen Schutz.
Dies spart Kosten. Die Grundrechte der Kinder wie Bildung, Gesundheit und Freizeit
werden nicht eingeschalten, viele Kinder können oder dürfen aus finanziellen oder
zeitlichen Gründen nicht in die Schule gehen.
Deshalb drängt die IAO bzw. die UNICEF ihre Mietgliedstaaten, ein Mindestalter von 15
Jahren festzulegen.
Eines aber ist klar: Es ist solange unmöglich, Kinderarbeit abzuschaffen, solange
infolge einer ungerechten Marktordnung Milliarden Menschen immer noch unter der
Armutsgrenze leben!
Zum Abschluß möchte ich Euch noch ein erschütterndes Schicksal vorlesen:
Laura weiß nicht mehr, wieviel der Fremde gegeben hat, der sie ihrer Mutter abkaufte.
Einen Sack Kaffee, vielleicht auch zwei. Genau kann sie sich nicht erinnern, sie war
damals erst fünf Jahre alt. Nur eines hat sie nie vergessen: dass der Mann versprach,
sie später ihren Eltern wieder zurückzubringen.
Es war eine Lüge, wie so vieles mehr in Lauras Leben. Der Fremde nahm sie mit und
sperrte sie ein und wies sie an, sein Haus zu putzen und die Kinder zu hüten. Er schlug
sie, wenn sie nicht genug arbeitete, und wenn sie wegzulaufen versuchte, schlug er sie
doppelt, und irgendwann fügte sich Laura und dachte, all das müsse so sein.
Das war vor über zehn Jahren. Der erste Patron verkaufte Laura an einen Bauern, der
sie zur Ernte aufs Feld schickte, und bald schon gab auch er sie weiter, und danach
diente Laura immer neuen Herren, bis irgendwann Senor Oskar kam, Major der
peruianischen Armee, und ein Hausmädchen suchte, und der schlug sie wenigstens
nicht, sondern ließ sie sogar taufen.
Zehn Jahre, die aus Laura, geboren in einem Dorf am Rande des peruianischen
Regenwalds, eine geduckte Frau mit leiser Stimme und scheuem Blick gemacht haben:
eine stumme, allzeit gehorsame Dienerin ihrer Herrschaften, ein dressiertes Haustier,
das gelernt hat, auf kurze Handbewegungen ihrer Patrones zu reagieren und die
Madonnenfiguren auf den Spitzenddeckchen staubfrei zu halten.
Sie könnte weglaufen. Niemand hält sie gefangen in dem Haus mit der hohen
Steinmauer und dem Eisentor, das die Familie des Majors in einem der besseren
Viertel von Perus Hauptstadt Lima bewohnt. "Aber wohin laufen?" fragt Laura - nach
über zehn Jahren fast ohne Kontakt zur Welt draußen, ohne Besuche im Kino oder Cafè,
ohne Freunde.
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