Die zweite Republik

Die Zweite Republik - Teil 1

    Widerstand - der Beitrag zur Freiheit

Für die Nationalsozialisten galt folgender Grundsatz : "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns." Gemäß dieser Einstellung, wurde jede abweichende Gesinnung strikt verfolgt und extrem hart bestraft. Trotzdem entstand in jedem der besetzten Länder organisierter und spontaner Widerstand gegen die aufgezwungene Herrschaft.


An diesem Widerstand nahmen sowohl Männer und junge Burschen, als auch Frauen und Mädchen teil. Im Kampf gegen den Nationalsozialismus wurde jede helfende Hand gebraucht - bei der Bestrafung machte das Regime daher auch keine Unterschiede. Auch von ihren Mitbürgern, ehemaligen Kameraden und Mitläufern der Welle des Nationalsozialismus wurden sie verachtet und ausgestoßen - alte Freundschaften gerieten durch den nationalsozialistischen Wahn in Vergessenheit.

Dieser Widerstand trat nun in verschiedenen Formen auf:

    Unpolitische Gegnerschaft, d.h. z.B. Unmutsäußerungen bezüglich des Systems oder der Wirtschaft. Politisch motivierte Gegnerschaft: (passive) Abwehrhaltung gegen das System aus konfessioneller oder politischer Überzeugung, z.B. durch das verbotene Abhören von ausländischen Radiosendern oder die Weitergabe nicht zensurierter Informationen. Ziviler Widerstand: aktive, jedoch individuelle Widerstandshaltung im unmittelbaren Arbeits - oder Lebensbereich mit dem Ziel, den Nationalsozialismus sowie seine Ziele und Ansichten zu diskreditieren und die vom Regime angeordneten Maßnahmen zu behindern oder abzuschwächen. Weiters die Weitergabe von Flüsterwitzen und Untergrundinformationen. Organisatorisch abgesicherter Widerstand: Konspiration der illegalen politischen Parteien bzw. kirchlicher Gruppen; dazu zählt auch das Wirken österreichischer Emigranten. Militärischer Widerstand: Sabotage und Partisanentätigkeit ( vor allem in Kärnten und der Steiermark) sowie Widerstandshandlungen innerhalb der deutschen Wehrmacht (u.a. die organisierte Desertation österreichischer Soldaten in den letzten Kriegswochen) .



    Der Wille zu Österreich

Schon während des Krieges bot das Thema der Neuordnung nach dem Krieg die Grundlage zu langen und intensiven Gesprächen. Am 1. November 1943 wurde in Moskau die Deklaration über Österreich beschlossen. Hier ein kurzer Textauszug:

Die Regierungen des Vereinigten Königreiches, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika sind darin einer Meinung, dass Österreich, das erste freie Land, das der typischen Angriffspolitik Hitlers zum Opfer fallen sollte, von deutscher Herrschaft befreit werden soll. Sie Betrachten die Besetzung Österreichs durch Deutschland am 13. März 1938 als null und nichtig ... Sie erklären, dass sie wünschen, ein freies, unabhängiges Österreich wieder errichtet zu sehen ... Österreich wird aber auch daran erinnert, dass es für die Teilnahme am Krieg an der Seite Hitler - Deutschlands eine Verantwortung trägt, der es nicht entrinnen kann, und dass anlässlich der entgültigen Abrechnung Bedachtnahme darauf, wie viel es selbst zu seiner Befreiung beigetragen haben wird, unvermeidlich sein wird.

Dieser Beschluss, welcher eines der Grunddokumente der Zweiten Republik darstellt, verhalf dem österreichischen Widerstand zu einem Aufschwung. Den Österreichern war zu diesem fortgeschrittenen Zeitpunkt des Krieges durch Hitlers Kriegspolitik die Liebe zum Reich ohnehin schon weitgehend abhanden gekommen.

Am 8. Mai 1945 fand der Krieg durch die bedingungslose Kapitulation Deutschlands endlich ein Ende. Schon vorher jedoch hatten in manchen besetzten Gebieten bereits die Wiederherstellung des demokratischen Lebens begonnen. Eine wichtige Rolle spielte dabei Karl Renner, der schon Anfang April das sowjetische Angebot, eine Konzentrationsregierung zu bilden, annahm. Dazu war das Wiedererstehen der Parteien notwendig - es geschah wie folgt:
    14. April: Die Sozialistische Partei Österreichs entsteht durch die Vereinigung der ehem. Sozialdemokraten mit den revolutionären Sozialisten. 17. April: Die Österreichische Volkspartei wird von den ehem. Christlichsozialen gegründet. Sie distanziert sich von der autoritären und klerikalen Politik der Vaterländischen Front. Auch die KPÖ entsteht wieder mit dem Ziel der Errichtung einer Volksdemokratie in Österreich.

Nun entstand eine, von Renner gegründete, provisorische Konzentrationsregierung. Glücklicherweise bildete sich ein politisches Klima, welches in keiner Weise dem der Ersten Republik entsprach. Gegenseitiger Respekt und Achtung ersetzten den Hass und die Feindseligkeit der Zwischenkriegszeit. Im April 1945 wurde schließlich der ÖGB gegründet, der bis heute, im Gegensatz zu den Richtungsgewerkschaften der Ersten Republik, ohne parteipolitische Bindungen besteht.

    Der Wiederaufbau des Staates

Nach der Anerkennung durch die sowjetische Besatzungsmacht verkündete die provisorische Regierung am 27. April 1945 eine Unabhängigkeitserklärung, sozusagen die Geburtsurkunde der Zweiten Republik:

    Art. I: Die demokratische Republik Österreich ist wiederhergestellt und im Geiste der Verfassung von 1920 einzurichten. Art. II: Der im Jahre 1938 dem österreichischen Volke aufgezwungene Anschluß ist null und nichtig. Art. III: Zur Durchführung dieser Erklärung wird unter Teilnahme aller antifaschistischen Parteirichtungen eine Provisorische Staatsregierung eingesetzt und vorbehaltlich der Rechte der besetzenden Mächte mit der vollen Gesetzgebungs - und Vollzugsgewalt betraut. Art. IV: Vom Tage der Kundmachung dieser Unabhängigkeitserklärung an sind alle von Österreichern dem Deutschen Reiche und seiner Führung geleisteten militärischen, dienstlichen oder persönlichen Gelöbnisse nichtig und unverbindlich.

Trotz dieser Erklärung war Österreich noch nicht vereint - es wurde zu einem wichtigen Element im Konflikt zwischen Ost und West. So wurde zum Beispiel die neue Regierung von den Alliierten vorerst nicht anerkannt.



Anfang Juli 1945 wurde durch das 1. Kontrollabkommen eine Alliierte Kommission für Österreich, bestehend aus den vier militärischen Befehlshabern der Besatzungsmächte, mit dem Anspruch auf die oberste Befehlsgewalt in Österreich eingesetzt, was die noch junge Regierung beschränkte.

Weitere Schwierigkeiten bereitete die Teilung in die verschiedenen Besatzungszonen, da diese untereinander nicht gerade die besten Beziehungen hatten (siehe Ost - West Konflikt). So war natürlich die Gefahr einer Teilung Österreichs allgegenwärtig. Diese konnte jedoch im Herbst 1945 auf mehreren - durch die Initiative Renners zustande gekommenen - Länderkonferenzen, in denen sich alle Bundesländer zum Gesamtstaat bekannten, gebannt werden. Auch die Westmächte anerkannten nun die Wiener Zentralregierung.

    Nicht nur Opfer - auch Täter

Nach der militärischen Befreiung Österreichs begann man sofort mit der Entnazifizierung. So hatten, je nach Rang und Taten während des Krieges, mitschuldige Personen mit Bestrafungen zu rechnen. Diese Maßnahmen reichten von einfachen Degradierungen bis hin zu langjährigen Gefängnisstrafen und der Todesstrafe. Weiters wurden auch die Minderbelasteten bis 1949 vom Wahlrecht ausgeschlossen (siehe Wahlerfolg des VdU 1949!). Ab 1946 wurde diese Aufgabe der österreichischen Regierung übertragen und sogenannte Volksgerichte sprachen bis 1955 13.600 Verurteilungen aus, darunter 43 Todesurteile und 34 lebenslängliche Haftstrafen. Nicht zuletzt aus politischen Überlegungen - man sah im nationalen Lager eine wichtige Menge an Wählerstimmen - entbrannte bald eine Diskussion darüber, was als wirkliche Täterschaft und was nur als Mitläuferschaft einzustufen sei. Dadurch endete die Entnazifizierung in bürokratischer Formalität, was umfassende Amnestie zur Folge hatte. Erst im Jahre 1991 bezog eine österreichische Bundesregierung Stellung zu diesem Kapitel österreichischer Geschichte.

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