Stonehenge
Die Anlage steht nahe des Städtchens Salisbury in der südenglischen Grafschaft Wiltshire und ist heute weitgehend verfallen, aber selbst die Ruinen sind von beeindruckender Größe. Hier stehen gewaltige Steinsäulen, deren größte die Höhe dreigeschossiger Häuser haben und bis zu 50t wiegen. Schon um das Jahr 1600 erregte Stonehenge das Interesse des englischen Königs James I., der seinen Hofarchitekten zu der Ruine schickte. Dieser meinte, dass es sich um Überreste eines römischen Tempels handeln müsse. 50 Jahre später schickte Charles II John Aubrey, einen Altertumsforscher, zu der rätselhaften Ruine, der vorher eine ganz ähnliche Anlage, die Steinkreise von Avebury beschrieben hatte. Er kam zu dem Schluß, dass Stonehenge ein Druidenheiligtum sei. Damit schien die Herkunft der mysteriösen Steine geklärt, nur im Volk gab es noch immer den alten Aberglauben, dass Merlin, König Arturs Zauberer, Stonehenge eigenhändig errichtet hätte. Die Tatsache, dass genau 80m vom Altarstein, einem Felsblock im Zentrum der Steinkreise, entfernt, der Heelstein, ein einzelner großer Felsblock, liegt, bewog den Forscher William Stukeley Anfang des 19. Jahrhunderts dazu, die Anlage zu vermessen. Wenn man ihn am Tag der Sommersonnwende frühmorgens vom Altarstein aus anvisierte, sah man über ihm die Sonne aufgehen. 1901 überprüfte der Astronom Norman Lockyer diese Theorie und überlegte, dass diese Peilanlage noch heute ungefähr gelten müsste. Im Lauf der Jahre veränderte sich nämlich die Bahn der Erde um die Sonne geringfügig, was zwangsläufig zu einer Abweichung der Peilung führte. Jedoch lässt sich diese Bahnänderung genau berechnen, und es musste deshalb gelingen, den Zeitpunkt herauszufinden, zu dem die Peilanlage exakt funktionierte. Lockyers Rechnung ergab das Jahr 1860 v. Chr. mit einem möglichen Fehler von plus/minus 200 Jahren. Um 1935 wiederholte Herbert Stone das astronomische Kalkül aufgrund noch präziserer Vermessungen und kam auf das Jahr 1840 v. Chr.. Daraus folgt, dass Stonehenge aus der vorkeltischen Zeit stammt und somit kein Druidentempel sein kann. Die Fachwelt zweifelte am hohen Alter der Anlage aufgrund dieses und noch eines Arguments: 1923 fand man die Herkunft der mächtigen Steine heraus: Sie stammen aus Pembrokeshire im Süden der Grafschaft Wales, das 230 km von Stonehenge entfernt liegt. Es scheint unvorstellbar, wie Menschen vor dreidreiviertel Jahrtausenden dies Transportproblem hätten lösen sollen. Doch auch eine Untersuchung mit der in den 50er Jahren entdeckten C14 - Methode ergab das Jahr 1847 v. Chr. p/m 275 Jahre. Diese verblüffende Erkenntnis machte den Astronomen G.S. Hawkins neugierig. Er besann sich darauf, dass Stonehenge ja aus mehr als nur zwei Steinen besteht und vermaß sorgsam alle Menhire der Anlage. In seine Pläne zeichnete er 7140 mögliche Verbindungslinien ein. Mit den Himmelsrichtungen dieser Geraden fütterte er einen Computer, der herausfinden sollte, ob bestimmte Richtungen erwarten ließ. Hawkins Computer fand für Stonehenge die Deklinationen p/m 290, p/m 240 und p/m 190 als besonders häufige Zahlen heraus. Die Deklination ist ein wesentlicher Begriff bei der Ortsbestimmung eines Gestirns. Eine gedachte Linie zwischen einem Stern und dem Erdmittelpunkt dringt an einer ganz bestimmten Stelle durch die Erdoberfläche. Die geographische Breite dieses Ortes ist identisch mit der Deklination des Sterns. +240 war um das Jahr 1880 v. Chr. die Deklination der Sonne zur Zeit der Sommersonnwende, - 240 zur Zeit der Wintersonnwende. Im Gegensatz zum Tagesgestirn durchläuft der Mond auf seiner wesentlich komplizierteren Bahn nicht nur zwei sondern vier extreme Deklinationswerte. Um 1880 v. Chr. waren das +290, - 290, +190 und - 190. Hawkins hat das Geheimnis von Stonehenge gelüftet. Von einem Zufall konnte keine Rede sein, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich bei der Anzahl der Steine gerade diese Deklinationswerte als vorherrschend zeigten, liegt bei 1 : 1 000 000. Stonehenge ist ein altes Sonnen - und Mondheiligtum. Doch Hawkins gab sich mit seinen Erkenntnissen noch nicht zufrieden. Rekonstruktionen der Anlage zeigten ein Bild, das mehr ahnen ließ als bloße Ortungen von Stein zu Stein. Da war der sogenannte Sarsenkreis, jener Zirkel aus mächtigen Stützsteinen, die oben eine Reihe Decksteine verband. Im Zentrum standen außerdem die fünf noch gewaltigeren Trilithen. Zusätzlich waren da noch 56 rätselhafte Löcher rund um den Tempel herum, die schon Aubrey entdeckt hatte. Die Trilithen und der Sarsenkreis gaben ihr Geheimnis rasch Preis: Visierte ein Priester aus dem mittleren Hof der Anlage so durch eines der inneren Tore, dass er zugleich durch ein bestimmtes Tor des Sarsenkreises hinaussah, dann hatte er, je nach Kombination von innerem und äußerem Tor, wiederum einen ganz bestimmten Himmelspunkt im Auge, der einer der schon bekannten Deklinationen, also p/m 290, p/m 240 und p/m 190, entsprach. Die Löcher dagegen können ja nicht als Peilpunkte gedient haben. Hawkins deutete sie als Zählwerk. Er nahm an, dass die damaligen Priester sechs Zählstäbe in die Löcher gesteckt hatten, und zwar im Uhrzeigersinn je einen Stab in das 10., 19., 28., 38.,47. Und 56. Loch. Die Abstände der Pfähle betrugen dann jeweils 9, 9, 10, 9, 9 und 10 Löcher. Jedes Jahr rückten die Priester alle Stäbe um ein Loch weiter. Mit diesem einfachen Zählwerk konnten sie auf einige Tage genau Sonnen - und Mondfinsternis vorhersagen, zum Beispiel war immer, wenn ein Pfahl in dem Loch auf der Verbindungslinie zwischen Altar - und Heelstein stand, mit einer Sonnenfinsternis zur Zeit der Wintersonnwende zu rechnen. Damit war der ungefähre Termin für eine Finsternis bekannt. Der genaue Tag ließ sich dann mit einem Merkstein oder Merkpfahl ermitteln, der vor einem der 30 Tore des Sarsenkreises stand und jeden Tag um ein Tor weitergerückt wurde. Befand sich dieser "Mondpfahl" zwischen den Pfeilern 30 und 1, also wieder in einer Linie mit den Ortungsgeraden vom Altar zum Heelstein, dann konnte sich an diesem Tag eine Mondfinsternis ereignen, sofern ein Pfahl der Aubreylöcher dies vermuten ließ. Stand der Mondpfahl genau auf der gegenüberliegenden Seite des Sarsenkreises, drohte eine Sonnenfinsternis.
Stonehenge ist nur einer von vielen Steinkreisen in Großbritannien, aber mit Abstand der beeindruckendste.
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