Die Verwandlung
Gregor stirbt bald darauf an den Folgen des durch den Apfel verletzten Panzers, sowie an Unterernährung total ausgetrocknet und abgemagert. Die Bedienerin welche ihn am nächsten Tag findet, ist genauso erleichtert wie der Rest der Familie. Die Familie feiert seinen Tod mit einem Ausflug. Nachdem sie sich von ihren Arbeitgebern einen freien Tag genommen hatten, fahren sie alle ins Grüne.
Die Verwandlung ist die Beschreibung von Gregor Samsa, der nicht an den Folgen seiner Verwandlung, vielmehr an der Lieblosigkeit und Intoleranz seiner Familie stirbt. Man erkennt weiters die dominante Vaterfigur, welche Gregor immer ins Zimmer jagt - ihn unterdrückt.Die Familie versteckt ihn und begreift ihn nicht in seiner neuen Form.Auch der Druck von Seiten seines Arbeitgebers wird sichtbar.Nicht ein Laufbursche erinnert Gregor an seine Pflichten - nein, der Prokurist der Firma kommt persönlich, und schreckt auch davor nicht zurück Gregor vor seiner Familie zu demütigen.Man könnte daher meinen, dass die Verwandlung unter dem Druck seiner Familie sowie seiner Arbeitsplatzbedingungen vor sich gegangen ist.Gregor flieht praktisch vor seiner von der Familie ausgenützten Person - er arbeitet alleine, zahlt die Schulden ab und gewährt der Familie einen gewissen Lebensstandard, in ein irreales Lebewesen.Körperlich ist er zwar ein Insekt, geistig aber immer noch Mensch muss er erkennen, dass seine Familie ihn bisher nur ausgenützt hat, und jetzt da er nicht mehr arbeitsfähig ist, ihn nicht mehr braucht.Er kann aber in seiner jetztigen Position als Insekt seine Familie so ausnützen wie sie ihn vorher, den Prokuristen verschrecken oder die unangenehme Erscheinung der drei Untermieter verjagen.Da ihn aber sein Vater weiter unter Druck hält - ihn einsperrt, ins Zimmer jagt, ja tätlich mit einem Apfel angreift, kann er nicht mehr weiter leben.Er stirbt nun da er seiner Familie nicht zu Last fallen will, aber andererseits kann er sich als Insekt nicht an die unflexiblen Strukturen seiner Familie anpassen.Er stirb ohne den Wunsch wieder Mensch sein zu können - diesen Wunsch hegte er nicht einen Augenblick in seinem Insektendasein.
Kafka zeigt die Flucht eines Menschen in eine seiner Umwelt unbegreifliche Position. Die ihn umgebende Gesellschaft ist unfähig mit dieser Verwandlung zu leben und ihn als Mitglied anzusehen und zu begreifen.Der verwandelte Mensch ist auch unfähig seine Umwelt zu begreifen, die so eigenartig reagiert. Auch will er nicht mehr zurück in das alltägliche Dasein als Mensch.Er kann abgedrängt in ein Schattendasein versteckt, eingesperrt und unterdrückt nicht leben aber sich auch nicht wehren und wählt die letzte Alternative - er stirbt.Gregor ist seinem Schicksal - ein Insekt zu sein, unausweichlich ausgeliefert.Obwohl sein Unterbewußtsein damit gegen seine Umwelt protestiert, konnte er sich nicht selber in das Insekt verwandeln.Er begreift auch den Sinn des Insektendaseins nicht, genausowenig er sich darüber Gedanken macht.Aber eben durch dieses unverschuldete Dasein, diese Insektenexistenz, verschuldet er sich im weitesten an seiner Familie, insofern er ihr finanzielle und gesellschaftliche Probleme bereitet.Aber an den Schwierigkeiten die er seiner Umwelt bereitet, freilich ohne sie als solche zu verstehen, erkennt man die Engstirnigkeit der Kleinbürger, die seine Familie sind.Auch seine ersten Gedanken als Insekt ist das Pflichtdenken - er will unbedingt in die Arbeit, wird aber durch seinen neuen Körper daran gehindert.
Die Verwandlung ist keine Krankheit, sie ist ein komplizierter psychischer Prozeß.Sie erwächst aus der Rebellion gegen den verhaßten Beruf, und wird gleichsam als eine Art Unfall hervorgerufen und hat die Funktion eines Kompromisses zwischen der Befriedigung eines rebellischen Impulses und einem der Pflicht gehorchenden Bewußtsein, das Unterwerfung verlangt.Gregors Verwandlung spiegelt sowohl seine heimliche Feindseligkeit gegen Chef und Beruf wie auch seine Schuld und Strafe dafür.Die Verwandlung wird zum Gleichnis für die Existenzschuld der Menschen, ohne dass die Familie begreift, welche verborgene Handlungen Gottes sich an dem Sohn vollziehen.Interessant ist der Name Samsa, der eine wohl bewußte Verschlüsselung des Namens Kafka ist.Die Verwandlun des Gregor wird von ihm ganz ruhig aufgenommen, die Verwandlung ist endgültig, Tatsache.Es handelt sich auch nicht um einen Zauber den man rückgängig machen könnte.Der Erzähler versucht sie weder zu erklären noch zu ironisieren.Ob der Mensch ja oder nein dazu sagt, ist für den Vorgang selbst völlig gleichgültig. Die Verwandlung vollzieht sich nicht in einer märchenhaften Welt, sondern im kleinbürgerlichen Familienmilieu und bleibt weiterhin ein interner Vorgang, der über den Wohnraum der Familie kaum hinausdringt.In der restlichen Erzählung verbietet sich der Erzähler jegliche Einmischung des Phantastischen - es wird lediglich berichtet, welche Folgen die nunmehr reale Verwandlung für den Verwandelten selbst und seine Umwelt hat.Die Verwandlung des Menschen in ein Tier könnte nun ein Verlust der Identität sein.Abe sosehr sich die Familie über den Verwandelten entsetzt, so kommt es ihr nicht in den Sinn, ihn für etwas anderes zu halten wie Gregor.Er ist zwar völlig entstellt und hat keine Möglichkeit mit Menschen zu kommunizieren, aber er ist es.Erst am Ende der Erzählung fordert die Schwester auf, ihn nicht als Gregor anzusehen sondern als das Tier welches sie überall hin verfolgt.Als nun die Kommunikationslosigkeit ein zentrales Thema ist, handelt die Geschichte selbst von den vergeblichen Versuchen zu Kommunikation.
Das nächste Thema ist die vergebliche Suche nach der geeigneten Nahrung Gregors. Anfänglich mit mächtigem Appetit ausgestattet, verliert Gregor jegliche Lust an der Nahrungsaufnahme - und dies ist sicherlich nicht nur eine Folge des Druckes der auf ihm lastet. Er ist auf der Suche nach der Nahrung die für ihn bestimmt ist - als irreales Lebewesen, und er findet diese Nahrung anscheinend in der Musik seiner Schwester.Die Musik die er so schön findet kann seiner Meinung ein Weg zu seiner gesuchten geistigen Nahrung sein.Musik wird hier zum Zeiche einer Erlösungssehnsucht, die sowohl über die tierische als auch menschliche Gefangenschaft hinausreicht.Gregor lehnt sich weiters gegen ein erinnerungsloses Dasein auf.Das Forträumen der Möbel - so gut es seine Schwester auch meinen mochte, und das dadurch verbundene freie Umherkriechen, wird mit dem Preis des schnellen Vergessens der menschlichen Vergangenheit bezahlt.Der als Tier Verwandelte behält seine Einrichtungsgegenstände nach wie vor lieb, und rettet auch ein Bild seiner Einrichtung.Nun drängt sich die Frage auf, ob Gregor ein in ein scheußliches Tiersein verbannter Mensch, oder ein sein einstiges Menschsein verlierendes Tier ist.Dieses Bild aber des Tieres ist aber nur gleichnishaft, und dieses Bild steht für einen für die Familie nicht mehr erkennbaren, den hoffnugslos in die Isolation hineingedrängten Menschen, der aber nicht mehr als er selbst vernommen wird.Kafka verarbeitete mit diese Existenzkatastrophe seine eigene Lebenserfahrung.
Schlußendlich stirbt Gregor, und dieses Sterben spiegelt die Trauer Kafkas wieder: Die Revolte war ohnmächtig geblieben, aufgebaut aus Empörung und Selbstvorwürfen war sie nur geeignet die verdeckten Herschaftsverhältnisse ans Licht zu ziehen - und am Leben zu erhalten.
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