Kurt Tucholsky
wohlhabenden jüdischen Elternhaus und verbring seine Jugend in Berlin und
Stettin.
Aber schon früh bröckelt die Beziehung zu seiner Mutter, spätestens zum Tod
seines Vaters im Jahre 1905, also mit 15 Jahren sagt Tucholsky dass seine
Mutter eine herrschsüchtige Frau ist.
Er ist sehr viel allein und beginnt nun auch zu schreiben. Im zartem alter
von 17 veröffentlicht er im "Ulk", einer satirischen Beilage des "Berliner
Tageblatt" ein Märchen. In diesem Märchen geht es um einen wohlhabenden
Kaiser der im Besitz einer Flöte ist, wenn man durch eines der Löcher in die
Flöte hineinsieht, dann sieht man wunderbare Landschaften, Bauern und ein
wunderbaren blauen Himmel, und was tat der Kaiser mit der Flöte? Er pfiff
drauf,...
Mit diesem Gedicht wollte er drauf hinweisen das der damalige Kaiser,
Willhelm der II nichts für Kunst und der Gleichen übrig hatte.
An den Beruf des Schriftstellers dachte Tucholsky vorerst jedoch nicht.,
obwohl das Gedicht bei den Zeitgenossen anklang gefunden hatte.
1911 hatte er dennoch einige Artikel im sozialdemokratischen "Vorwärts"
veröffentlicht und 1913 schrieb er auch für die "Schaubühne"
Zu der Zeitung die "Schaubühne" ist nur soviel zu sagen dass sich die
Autoren als Repräsentanten des Geistigem gegenüber der politischen Macht
verstehen.
Tucholsky hat nun ein sehr gutes Verhältnis zu Siegfried Jacobsohn, dem
Herausgeber der "Schaubühne", er bezeichnet diese Beziehung als eine Art
"Vater - Sohn Beziehung". Tucholsky verachtet nun auch einen materialistischen
Lebensstill der Gesellschaft, trotzdem legt er großen Wert auf sein äußeres
und läst sich nur Anzüge nach Maß schneidern.
In den Jahren 1993 und 1994 beschäftigt Tucholsky sich hauptsächlich mit
Kabaretts, ein Kabarett ist eine Art der Theateraufführung, Revue, eine
Mischung aus Show und Theater mit Tanzeinlage, Theater selbst und mit
Filmen. Aber schon wenige Monate später beginn Tucholsky unter Pseudonymen
zu schreiben.
Es wird sehr oft gesagt das dass ein Ausdruck einer zerreisenden
Persönlichkeit ist, aber es hat auch durchaus einen sehr praktischen Nutzen:
1. Eine Wochenschrift mag nicht 4 - 5 Artikel eines Schriftstellers vorweisen.
2.Wer in Deutschland traut einen politischem Schriftsteller Humor zu, wer
dem Satiriker Ernst und wer dem Verspielten Kenntnis des Strafgesetzbuches
??? Wohl niemand...
Seine Pseudonymen sind: Theobald Tiger, der für alle Arten von Versen
zuständig ist, Peter Pan, der vor allem Feuilletonist, Literaturkritik und
Städteschilderer war und Ignaz Wrobel der fast ausschließlich politische
Aufsätze schrieb.
Nach 1918 kommt in der "Weltbühne" noch Kasper Hauser hinzu weil Theobald
Tiger an den "Ulk" verkauft ist, nach Tigers Rückkehr wird Hauser Verfasser
von in Umgangsprache verfassten Satiren. Die literarische Produktion von
Tucholsky läuft auf Hochtouren, er schreibt nun für ca. 15 Zeitungen.
Seinen großen Durchbruch erzielt er jedoch nicht mit den Zeitungsartikel
sondern mit dem 1912 erschienen Buch "Rheinsberg", in dem es um ein
Liebespaar namens Claire und Wolfgang geht die ein romantisches Wochenende
auf dem Land verbringen. Dieses Buch lässt alle Moralvorstellungen des
Spießbürgertums weg, da er völlig unbeschwert über das ausgeprägte
Sexualleben der Zwei berichtet.
1911 besuchte Tucholsky Franz Kafka in Prag, nach Kafka ist Tucholsky ein
"ganz einheitlicher Mensch", der allerdings "angst vor einer "Verwandelung
ins Weltschmerzliche" hat. Tucholskys stark ausgeprägter Pessimismus wird
durch die Lektüre Schoppenhauers, von der er vor dem Krieg "jede Zeile"
ließt.
Tucholsky hat, wie er selber sagt, "keinen blassen Schimmer vom politischem
Instinkt und weiß auch gar nichts".
Der Erste Weltkrieg beginnt... "und da versank die ganze Welt"
"Ich habe mich 3, 1/2 Jahre im Krieg gedrückt", Tucholsky Kriegsschicksal
ist nicht sehr spektakulär, 1915 in den Krieg eingezogen, ausgebildet, in
dem Stellungskrieg eingesetzt, 1916 zum Unteroffizier der Fliegerschule
befördert, 1916 wird er Herausgeber der Heereszeitschrift "Der Flieger" und
1918 wird er in die Polizeistelle nach Rumänien versetzt, dort bleibt er bis
zum Kriegsende. Tucholsky reagiert auf den Krieg nicht politisch, sondern
mit einer Kapitulation, er kehrt ganz tief in sein Inneres. Von dem
Kriegsbeginn an veröffentlicht er 2 Jahre keinen einzigen Satz. Der Krieg
hat Tucholsky sehr zu schaffen gemacht, nicht nur seine literarische
Karriere litt unter den Folgen des Krieges sondern auch seine Psyche, Kurt
Tucholsky ist bis zu dem Krieg der festen Ãœberzeugung gewesen dass der Geist
über der Macht überlegen ist, aber nun ist seine gesamte Weltanschauung in
Frage gestellt. Tucholsky wendet sich nun von Deutschland ab und schreibt
Kunstmärchen wir "Die Einsiedlerschule" oder "Walpurgisnacht" die 1920 im
Band ""Träumereien an preußischen Kaminen" erscheinen.
Tucholsky schreibt immer noch für "Den Flieger", aber wie er sagte, mit
"größtem Wiederwillen", Tucholsky veröffentlicht seine Werke Anonym.
Tucholsky scheint nun politisch uninformierter und desorientierten denn je
zu sein, er konnte nicht auf die Frage ob es für Deutschland besser wäre
aufzugeben oder den Krieg weiter zu führen antworten.
1918 kehrt Tucholsky nach Berlin zurück und wird Chefredakteur des "Ulk".
Tucholsky arbeitet wieder, er arbeitet richtig hart, in jeder Ausgabe der
"Weltbühne" kann man im Jahre 1919 mindestens 3 - 4 Veröffentlichungen
Tucholskys lesen.
Nach dem Novemberumsturz tritt Tucholsky für Geist und Demokratie ein, was
Tucholsky jedoch unter Demokratie versteht lässt sich irgendwo bei einer
"Sache des Herzen" definieren. Tucholsky schreibt nun sehr viele politisch
orientierte Aufsätze, er kritisiert das Militär und die politische Justiz,
die seine Aufsätze, sowie die Aufsatzreihen ebenfalls angreift.
Tucholsky hat immer noch ein sehr großes politisches Problem, er kann sich
einfach nicht orientieren, erschwankt ziellos zwischen den Linken und
Rechten, er ist für und gegen alles und gar nichts...
In der jetzigen Nahkriegszeit wird die Unterhaltung der Gesellschaft durch
Kabaretts, er gilt als einer der, wenn nicht der, gefragtesten und besten
Kritiker in Berlin. Aber der schein trügt, jeder würde denken das ein so
hoch angesehener und gefragter Schriftsteller glücklich sein müsste, aber
Tucholsky war tot unglücklich. Ohne seine Briefe wüssten wir das heute nicht
wie und warum er unglücklich war. 1919 schrieb er dass diese "gottverlassene
Stadt" ihn lähmt und er "je eher, je lieber aus Berlin fort, in die
Einsamkeit" will. Aber auch mit seinen schriftstellerischen Arbeiten ist er
sehr unzufrieden, er fühlt sich zum "Handwerker degradiert" und berichtet
1922 von schweren Depressionen. Kurt Tucholsky hat einen fehler gemacht, er
hat eine Publikationsverpflichtung unterschrieben, das heißt dass er eine
gewisse Anzahl von Artikel oder Aufsätzen pro Woche veröffentlichen muss,
dass hatte zwar finanzielle Vorteile aber es hat auch seiner Kreativität
einen schweren schlag versetzt.
1923 kam die Inflation und kein Schriftsteller konnte nun mehr von schreiben
allein leben, auch Tucholsky nicht, er wurde Privatsekretär in einer
Berliner Bank und verstummte als Schriftsteller.
1924 geht Tucholsky als Korrespondent der "Weltbühne", der "Vossischen
Zeitung" und des "Prager Tageblatt" nach Paris. Er hofft mit dem Ortswechsel
auch seine privaten Probleme zu lösen, aber seine Frau lässt sich von ihm
scheiden, aber schon im September heiratet er Mary Gerold, die er seit 9
Jahren kennt.
Tucholsky war erst von Frankreich fasziniert, aber schon bald kam die
Ernüchterung, Dadaismus und Surrealismus hält er für "Chichi". Tucholskys
wichtigen literarischen Erfolge zur Zeit des Frankreichaufenthalts war unter
anderem das Pyrenäenbuch und eine Menge von größeren und kleineren Skizzen
der Umgebung.
Tucholsky fängt nun an sogenannte Schnipsel in der "Weltbühne" loszulassen,
diese Schnipsel waren kurze Sätze mit einer sehr unerwarteten Pointe
"Der Mensch ist ein Wesen, das klopft, schlechte Musik macht und seinen Hund
bellen lässt. Manchmal gibt er auch Ruhe - aber dann ist er tot."
Tucholsky befasst sich von Frankreich aus stärker denn je mit der deutschen
Politik, er schenkt den Verträgen von Rapallo und Locarno kein Vertrauen.
Nach der Wahl Hindenburgs 1925 strukturiert Tucholsky seine politische
Strategie völlig neu, aber schon in den 30'ern gibt er auf...
Um 1939 etwa ist Tucholsky zu der Einsicht gelangen, dass die Weimarer
Republik weder auf revolutionärem Wege zu verändern noch in bestehender Form
zu retten ist. Tucholsky scheint wider depressiv zu werden, er rutsch immer
mehr in die Rolle des objektiven Beobachters, seinem Bruder teilt er mit
dass er kaum noch politische Beiträge liefert "weil mich das ganze nicht
mehr interessiert. Ich habe es satt."
Tucholsky hat sich kaum mit den NS beschäftigt, die einigste Ausnahme ist
"Der Hellseher" und ein Kommentar: "Satire hat eine Grenze nach oben: Buddha
entzieht sich ihr. Satire hat auch eine Grenze nach unten. In Deutschland
etwa die faschistischen Mächte. Es lohnt nicht - so tief kann man nicht
scheißen."
Tucholsky schwere psychische Kreise vertieft sich nun durch das Gefühl
versagt zu haben da er die Gesellschaft nicht zu einer revolutionären
Veränderung der WR bewegen konnte. Am 3. Dezember 1926 stirbt sein beinahe
Vater Siegfried Jacobsohn, die Mitarbeiter der "Weltbühne" drängen Tucholsky
nun Chefredakteur zu werden. Tucholsky akzeptiert das Angebot auch wenn er
es wahrscheinlich nur für den verstorbenen Jacobsohn getan hat. Schon 2
Wochen später schreibt er zu seiner Frau "Ich werde da in Sachen gedrängt,
die ich längst überwunden habe - ich mag nicht mehr". Mitte 1927 gibt
Tucholsky die Chefredaktion an Carl von Ossietzky ab. Als er nach Frankreich
zurückkehrt macht er eine erschreckende Bemärkung:
"Ich bin leer wie ein altes Faß", zu seiner schweren Produktionsriese kommt
noch eine private Kreise hinzu, seine bereits 2. Ehe, diesmal mit Mary
Gerold, zerbricht.1929 gibt Tucholsky seine Wohnung in Paris auf und wählt
seinen ersten Wohnsitz in Hindas. In dem Werk "Ab durch die Mitte" denkt er
über den Ausstieg aus seinem bisherigen Leben nach. Aber er findet den lang
ersehnten Ausstieg nicht, er flieht vor sich indem er viel Reist und immer
neue Bekanntschaften macht.
Zu seiner angeschlagenen Psyche kommt nun auch ein physisch Angriff, eine
schwere Stirnhöhlenvereiterung die trotz zahlreicher Operationen ihn bis zu
seinem Tod begleiten wird macht ihm zu schaffen.
Doch ironischer Weise ist die Zeit seines Leidens die Zeit seiner größten
literarischen Erfolge, die Werke "Mit 5 PS", "Das Lächeln der Monalisa" und
"Lerne lachen ohne zu weinen" verkauften sich jeweils im Erscheinungsjahr
ca. 30 000 mal.
1929 erscheint das Buch "Deutschland, Deutschland über alles", dieses Buch
war ein Bilderbuch mit vielen Fotographien von John Heartfield und verkaufte
sich im ersten Jahr ca. 50 000 mal.
Doch sein größter Erfolg sollte noch kommen, "Schloß Gripsholm", Tucholsky
bezeichnet sich selbst als einen "der bestbezahltesten deutschen
Journalisten", und er hat Recht.
Doch auch seine grandiosen Erfolge können ihn nicht aufmuntern, er misst
seinen Erfolg nach eigenen Angaben nicht am Erfolg des Schriftstellers
sondern an der Wirkung auf die Leser.
Ab 1932 beginnt Tucholsky zu schweigen, er veröffentlicht nichts mehr, aber
er schreibt sehr viele Briefe, die wichtigsten an Walter Hasenclever, an
Mary Gerold und an "Muuna". Die Briefe von Tucholsky sind wohl die
wichtigsten Fundstücke für die Nachwelt da man aus ihnen ganz klar und
deutlich lesen kann wie er gerade denk, fühlt und was er plant. Er schrieb
unmengen an Briefen zwischen den zwei Weltkriegen, einige veröffentlichte er
zu Lebzeiten in der "Weltbühne", z.B. den an eine Katze namens Mingo:
"an alles was schön ist und rätselhaft, überflüssig und geschwungen,
unergründlich und einsam und ewig getrennt von uns: also an Katzen und das
Feuer und das Wasser und die Frauen."
Am 25.8.1933 wir Kurt Tucholsky ausgebürgert, seine Bücher werden verbrannt
und verboten, Tucholsky beschäftig sich mit dem dänischen Philosophen
Kierkegaard und politischen Werken, rutscht aber immer tiefer in
Depressionen. "Die Welt, für die wir gearbeitet haben und der wir angehören,
existiert nicht mehr." schreibt er an Walter Hasenclever.
Am 21.12.1935 nimmt der am 9.1.1890 in Berlin geborene, 45 Jahre alt
gewordene, vielfältigste und beste Autor seiner Zeit sich wegen, so besagt
eine Theorie, seinen "Leiden an Deutschland" mit einer Ãœberdosis
Schlaftabletten das Leben...
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