Porto, Hafenstadt in Portugal
Porto besitzt eine auf engen Raum zusammengedrängte Gestalt des Stadtkerns. Im Vergleich zu Lissabon mit seinem weitgespanntem hügligen Gelände weist das Stadtbild Portos eine intensiv genutzte Dichte des begrenzteren Raumes auf und konzentriert sich viel augenfälliger auf eine City hin als das weitläufiger angelegte Lissabon.
Die Atmosphäre der Stadt wirkt im Vergleich zu Lissabon hektisch und kühl. Der Portuenser unterwirft sich nicht der weitverbreiteten portugiesischen Gefälligkeit des Schicksals, sondern ist geschäftig und selbstbestimmend. Porto ist eine Arbeitsmetropole.
Die Namengebung
Der Stadtname, der nichts anderes als "Hafen" bedeutet, geht zurück auf die ehemalige römische Bezeichnung "Portus". Die eigentliche Ansiedlung an der Mündungsbucht des Rio Douro tauften die Römer "Cale", was soviel wie "schön" oder "lieblich" besagt. Aus der Zusammensetzung Portus Cale entstand dann auch der Provinzname Portucale mit der späteren Hauptstadt Guimaraes. Und schließlich wurde aus "Portucale" im Laufe der Zeit Portugal, worauf Portos Einwohner, die Portuensen, heute noch stolz sind.
Geschichte
Die Gründung der Stadt wird für das 200. Jahrhundert v. Chr. geschätzt; ein Königssohn aus Thrakien oder Athen soll die Stelle als günstigen Hafenplatz empfunden haben. Porto war bereits unter den Goten Festungsstadt und Bischofssitz. Im Jahre 997 wurde die Stadt von islamischen Mönchssoldaten besetzt und bauten sie weiter aus. 53 Jahre später besetzt König Ferdinand I. von Kastilien und León die Stadt. Von nun an blieb die Stadt vor maurischen Besetzern verschont und der wirtschaftliche Aufstieg begann. 1394 wurde Heinrich der Seefahrer in Porto geboren und erforschte später die afrikanische Westküste und gab damit den Anstoß für die portugiesische Seemachtstellung. So wurden bis ins späte 15. Jahrhundert in Portos Werften Schiffe der Entdeckerflotten aber auch Handels - und Kriegsschiffe gebaut. Seit dieser Zeit werden die Einwohner Portos, nicht zuletzt aus Neid der Lissabonner, Tripeiros benannt, Kuttelesser. Für die Ausrüstung der in Porto gebauten Flotte, die unter dem Kommando des Infanten 1415 zur Eroberung von Ceuta in See stach, schlachtete die Bevölkerung alles Vieh. Das Fleisch wurde gepökelt und als Proviant mit auf den Weg gegeben. Zurück behielt man lediglich die Kaldaunen. Aus der Einschränkung hat man eine Tugend gemacht und so ist das Nationalgericht der Kutteleintopf, der auch heute noch, schmackhaft serviert mit weißen Bohnen, Kalbshaxe, Schweinewurst, Huhn und Knoblauch in tönernen Schüsseln serviert wird. Viele Revolutionen oder auch nur Unzufriedenheiten Portugals sind von der regen Stadt am Unterlauf des Rio Douro ausgegangen. So beispielsweise 1756; das Rebellieren gegen überzogene Steuerforderungen und einem ungerechten Weinmonopol, oder zur Zeit des französisch - spanisch - portugisischen Krieges. Hier hat man I808 dem Einmarsch des französischen Marschalls Junot dem napoleonischen Imperialismus erstmals Halt geboten. Altüberlieferte freiheitliche Gesinnung wehrte sich gegen diktatorische Unterdrückung, gegen das Verbot des Welthandels. Und als, nach dem napoleonischen Spuk, die Liberalen Portugals I832 gegen den absolutistischen Anspruch des aufsässigen Braganca Dom Miguel auf den Plan traten, taten sie dies in Porto, der klassischen Stadt der Liberalität. Der Anführer der Liberalen, Dom Pedro I., hatte hier seinen zuverlässigen, siegentscheidenden Brückenkopf. Nicht zufällig ruht in der Hauptstadt des Douro Litoral das Herz Pedros. Während die Gebeine 1972 anläßlich der 150 - Jahrfeier der Unabhängigkeit Brasiliens nach Rio de Janeiro verfrachtet wurden, blieb das Herz des liberal gesinnten Monarchen, der eine Kaiser - und eine Königskrone trug, in der Stadt Porto, wie er dies testamentarisch bestimmt hatte.
Porto besaß nie Residenz - Atmosphäre. Porto ist demokratisch, bürgerstolz, hansisch, liberal, anti - monarchisch. Selbst der König besaß hier weder einen Palast noch eine Burg. Stadtpaläste wie anderswo fehlen also im Stadtbild.
Das Stadtbild
Porto wird mit dem gegenüberliegendem Flußufer des Rio Douro mit drei Brücken verbunden. Die am weitesten stromaufwärts gelegene Eisenbahnbrücke Dona Maria II, von Eiffel erbaut, die mittlere, Ponte Dom Luis I, ebenfalls von Eiffel erbaut und die im Mündungstrichter des Douro gelegene moderne Ponte da Arrábida, die der Ponte Salazar in Lissabon entspricht. Um das Panorama der Stadt zu überblicken, ist der südliche Brückenkopf der Ponte Dom Luis I gut geeignet. Der Geist Eiffels wird an dieser Brücke durch die Eisenkonstruktionen mit einer Vielzahl sich überkreuzender Verstrebungen gut erkennbar (wurde 1886 dem Verkehr freigegeben). Die Brücke besitzt zwei Ebenen und ermöglicht so das Überqueren von der Ober - und der Unterstadt aus.
Ein Blick, links am Brückenkopf entlang, zeigt die ehemalige Stadtbegrenzung in Form von Resten einer fernandinischen Mauer, die zum Fluß hin durch einen schroffen Felsabsturz, im Sinne einer natürlichen Barriere, abgelöst wird. Die Vorstadt, stromaufwärts, wird mit ihren kaskadenartig abfallenden Häusergewirre von den Portuensern "Kaskade" genannt. Die eigentliche Vorstadt baut sich links der Ponte Dom Luis I etagenförmig am Hang entlang, bis auf eine Höhe von 140 Meter, auf. Die Häuser besitzen, sofern sich nicht weiß gekalkt sind, die Farbe des unter ihnen liegenden Granits. Der höchste Punkt der Stadt bildet der Glockenträger der Klerikerkirche, das mit 75 Meter größte Bauwerk Portos. Im Vordergrund liegt auf einem Plateau der zwar klassizistisch wirkende doch barocke Erzbischöfliche Palast und die im Hintergrund empor ragenden Kathedraltürme. Etwa auf halber Höhe ist Praca do Infante Dom Henrique auszumachen, an der die Börse liegt. Die untersten Gebäude am Fuße der Stadt sind die ältesten, die erhalten geblieben sind. Travessas und Gassen führen hügel auf und hügel ab durch das dunkle Viertel. Die Gegend ist ärmlich und verfallen. Hier leben die ärmsten von Porto. Überraschend ist, das hier einige noble Bauten des Mittelalters erhalten geblieben sind, die daran erinnern, dass der topographisch unterste Bezirk nicht immer auch der sozial unterste gewesen war.
In der Rue Alfândega Velha steht ein dreistöckiges Renaissance - Haus an jenem Ort, wo sich angeblich das Geburtshaus Heinrich des Seefahrers befunden hat. Der Steinbau wurde denkmalpflegerich instand gesetzt und beherbergt ein kleines Museum mit Modellen von Karavellen, Utensilien der Conquista, alte Karten und Stiche des Século de Ouro, Schaubilder der Entdeckungswege und Mobiliar aus der Zeit Henriques.
Verkehrsanbindung
In Porto besteht ein dichtes Buslinien - und Straßenbahnsystem. Die Busverbindungen in die nähere Umgebung sind mäßig, es können jedoch alle größeren Städte wie Viana do Castelo, Braga oder Vila Real wenn auch teilweise mit Umsteigen - problemlos angefahren werden. Zentraler, aber nicht einziger Busbahnhof findet sich in der Rue Alexandre Herculano.
Es gibt drei Bahnhöfe in Porto, Estacao Campanha, der ca. 1,5 km östlich des Stadtkerns gelegen ist, mit Verbindung von und nach Lissabon und in Richtung Mitteleuropa. Estacao St. Bento der zentral in der Nähe des Praca da Liberdade liegt. Von dieser Station starten die Züge in Richtung Norden und zu den Orten an der südlich von Porto gelegenen Küste. Zwischen diesem Bahnhof und dem erst genannten besteht ein Bummelbahnanschluß. Estacao Trindade liegt ein paar Straßen nördlich des Rathauses von wo die Züge nur in Richtung Osten, z.B. nach Guimaraes starten.
Der Flughafen "Pedras Rubas" befindet sich ca. 13 km nördlich der Stadtgrenze. Erreichbar mit dem Auto über die N 13 in Richtung Povoa de Varzim oder mit dem Bus. Von dort fliegt die TAP mehrmals täglich nach Lissabon, einmal wöchentlich nach Faro und zweitägig nach Mitteleuropa.
Im Hafen können im Gegensatz zu Lissabon die Hochseeschiff nicht bis zu den Kais des unteren Flußlaufes gelangen. Der Hafenbezirk liegt somit abseits der Stadtgrenze am offenen Meer. Es sind die beiden Häfen Leixoes und Matosinhos.
Der Portwein
Über die Stadt zu schreiben ohne den legendären Portwein zu erwähnen, der seinen Namen der Metropole verdankt, wäre eine Untat.
Portugal besitzt drei hauptsächliche Weinanbaugebiete: den Minho, wo vorwiegend der Vinho Verde zu hause ist; Beira Alta mit Viséu als Zentrum, wo der Dao erzeugt wird und die Douro Provinzen, wo der Portwein reift, der in erster Linie dem Export dient. Wein, der in den Douro Provinzen erzeugt wird darf nicht generell als Portwein etikettiert werden, vielmehr sind es fest umrissene Gebiete, die vom Portwein - Institut in Porto mit dem Anbau privilegiert sind. Das Gebiet erstreckt sich ungefähr hundert Kilometer entlang des Rio Douro, von Barqueiras bis Barca de Alva.
Die Konjunktur des Portweins hat zu heftigen Bodenspekulationen geführt mit einem rapiden Anstieg der Grundstückpreise. Als 1886 eine zehnjährige Portweinkrise ausbrach, durch die Reblaus verursacht, gingen die Betriebe vieler Kleinwinzer bankrott, so dass die Betriebe zum Teil auch in britische Hände vielen, die über die nötigen Mittel verfügten.
Die Reben sehen auf steinigem Schieferuntergrund entlang des oberen Douro, dem Terra Quente. Die Bewirtschaftung erfolgt meist durch Arbeiter, die auf Zeit angeheuert werden. Die Lese beginnt im September und zieht sich bis zum späten Oktober hin. Wenn die Trauben dann gekeltert werden, wird der anfallende Most mit Branntwein versetzt, wodurch der Gärungsprozeß unterbrochen wird. Der Wein gewinnt so an Schwere und Süße. Danach wird der in Fässer gefüllte Wein in Weinkeller eingelagert. Die Lagerzeit beträgt im Schnitt acht Jahre. Hauptabnehmer ist England (85.000 Hektoliter im Jahr), Frankreich (45.000 Hektoliter/Jahr), Belgien (25.000 Hektoliter/Jahr) und mit 20.000 Hektoliter/Jahr die Bundesrepublik Deutschland (alle Zahlen von 1970).
Wirtschaft
Porto ist wirtschaftlicher und industrieller Mittelpunkt von Nordportugal und neben Lissabon ein zweites städtisches Zentrum des Landes. Im Vergleich von Porto und Lissabon übertrifft Porto die Produktion Lissabons bei weitem. Baumwolle, Seide, Papier und Stahlwaren werden in Porto gefertigt. In der Umgebung findet man die größten Fischverarbeitungsindustrien des Landes, Fischkonservenfabriken aber auch Schiffsbauindustrie. Das eigentliche Industriegebiet liegt westlich der Stadt in Matosinhos und Leixoes, wo sich die Werften befinden und die Hochseefrachter ankern. Außerdem sind zahlreiche Klein - und Mittelbetriebe in vielerlei Branchen sowie eine Erdölraffinerie ansässig. Durch die Auslagerung der Industrie in küstennähe erweckt Porto nicht den Eindruck einer Industriestadt. Lediglich in den nördlichen Stadtrandbezirken sind Wohnkasernen zu finden, die die Fabrikarbeiter beherbergen.
Für viele Portugiesen bietet Porto mehr Zukunft als die Dörfer mit ihrer kargen Landwirtschaft.
Wanderungsbewegung
An dieser Stelle soll lediglich festgestellt werden, dass im Laufe der Jahrzehnte die Anzahl der Wanderungsziele in Portugal abnahm. Ab etwa 1930 haben die Distrikthauptstädte an Anziehungskraft verloren und die Binnenwanderung konzentrierte sich fast ausschließlich auf die beiden Großstädte Lissabon und Porto, von denen inzwischen auch Porto seine Attraktivität eingebüßt hat.
Kunsthistorie
Die Börse, ein mächtiger Vierflügelbau aus dem Jahre 1842. Eine doppelläufige Treppe führt zum Eingang des spätklassizistischen Gebäudes. Bemerkenswert der Maurische Saal, ausgestattet mit islamischer Kunst des 19. Jahrhunderts.
Die Kirche Sao Francisco ursprünglich gotischer Stil (13. Jahrhundert) wurde mit dem Goldprunk des Barock überzogen, vor allem der Hauptaltar, der mit erdrückend wirkendem Goldschmuck ausgestattet ist.
Mit einem schönen Kreuzgang aus dem 14. Jahrhundert stellt sich die Se - Kathedrale dar. Das mächtige, grundsolide Bauwerk stammt aus dem 12. Jahrhundert und ist ursprünglich romanisch, wurde aber öfter durch gotische und barocke Elemente erweitert.
Literaturauswahl:
- GUSTAV, Faber (1972): Portugal. - München
- FREUND, Bodo (1979): Portugal. - Stuttgart
- SCHWANFELDER, Werner u. Susanne (1986): Unbekannter Nachbar Portugal. - Stuttgart
- SARAMAGO, José (1993): Kleines Land, was nun?, Merian Februar 93, S. 30 - 36
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