Die Abtei
Brandstetter hat durch zahlreiche Vorträge und Vorlesungen seine Prosa bekanntgemacht. Außerdem wirkte er 1979 in der Jury des Ingeborg - Bachmann - Preises der Stadt Klagenfurt mit. Er selbst erhielt auch sämtliche Förderungspreise für Literatur.
Zu den wichtigsten Werken Brandstetters zählen "AUSFÄLLE", "INCOGNITO", "DAHEIM IST DAHEIM", "DIE MÜHLE", "ALTENEHRUNG" und "DIE ABTEI". Im letztgenannten Werk erzählt der Dichter in witziger Weise von dem Diebstahl des wertvollen Arnulf - Kelches in einer oberösterreichischen Benediktinerabtei.
In einem großen Bericht legt der Gendarmerieinspektor Einberger dem Abt des Stiftes seine Ermittlungen dar. Er ergeht sich dabei vor allem an privaten Erinnerungen, da er selbst einen Teil seiner Kindheit hinter diesen Klostermauern verbracht hat. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Roman auch die Zusammenarbeit des Inspektors mit den Wiener Behörden und das Verhältnis der Bundesländer zur Hauptstadt Wien.
Mit bissigem Witz schweift der Autor von Thema zu Thema und lässt den Leser nicht zur Ruhe kommen. So beklagt er eindringlich den desolaten Zustand der heutigen Welt, sei es nun die mangelnde Fähigkeit der Politiker, die betrübliche Situation der gymnasialen Schulbildung, der Wandel der sogenannten Gläubigen zu Glaubensfremden oder der moralische Verfall des Mönchtums. Keine Problematik wird von ihm ausgelassen.
Der Titel des Kriminalromans "DIE ABTEI" ist eigentlich der Schauplatz des Geschehens. Der Diebstahl des wertvollen Kelches spielte sich in der Abtei ab, und von hier aus wird auch der ganze Fall aufzuklären versucht.
Bei diesem Werk von Alois Brandstetter handelt es sich um einen Kriminalroman, der aber in Form eines Berichtes niedergeschrieben wurde. Der eigentliche Aufklärungsvorgang wird nur angedeutet, ansonsten ist der ganze Bericht Gegenwartsschelte und Vergangenheitslob, eine Klageschrift also, die einem Bußprediger entstammen könnte. Genau dadurch hebt sich Brandstetters Werk von der herkömmlichen Gattung der Romane ab.
"DIE ABTEI" ist in keine Kapitel unterteilt. Die diversen Themen sind lediglich durch Absätze getrennt. Die einzelnen Sätze sind zum Teil sehr lang gehalten; es gibt ständige Satz - und Wortwiederholungen, was für den Leser sehr verwirrend sein kann. Der Roman ist im Präteritum verfaßt. Brandstetter verwendet auffallend viele Fremdwörter; immer wieder trifft man auf lateinische Wörter und Phrasen. Das ganze Werk ist ein einziger Monolog - eine sprachlich virtuose Lamentation eines Außenseiters.
Der Zeitraum des Geschehens ist eigentlich überhaupt nicht definierbar. Die allumfassende Klage des Inspektors reicht zurück bis ins Jahr 776, in welchem der nun gestohlene Kelch der Abtei geschenkt wurde. Da der Dieb nicht aufgedeckt wird, und es somit zu keiner Aufklärung des Falles kommt, kann man die Dauer der Erzählung nicht bestimmen. Die endgültige Auflösung des Falles wird nach Meinung Brandstetters erst im Jenseits stattfinden, wo der Dieb und die Wiener Behörden gemeinsam in der Hölle aufeinandertreffen werden.
Merkwürdigerweise kann man in diesem Roman keine Hauptgestalt(en) erkennen. Der Inspektor selbst nimmt die Rolle des in gewisser Hinsicht allwissenden Erzählers ein. Für ihn kann als Dieb jeder in Frage kommen. Der verdächtige Personenkreis reicht vom einfachen Wallfahrer bis hin zum Ordensbruder.
Mit dem Höhepunkt ist es ähnlich wie mit den Hauptgestalten - er ist nicht erkennbar. Das kommt daher, dass, wie schon erwähnt, die Anklage über den schlechten Zustand der Welt der eigentliche Inhalt des Romans ist.Die Fabel des Romans ist, dass ein Polizeiinspektor einen Rechenschaftsbericht über den Verlust eines wertvollen Kelches abgibt und dabei den desolaten Zustand der heutigen Welt aufgezeichnet und stark kritisiert.
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