Alternative Energiequellen: Windenergie
Im Grunde gehört der Wind zur Sonnenenergie; denn die Sonne erwärmt die Luftschicht der Erde. Durch lokale Erwärmungsunterschiede bilden sich dabei Zonen unterschiedlichen Luftdrucks, sogenannte Hoch - und Tiefdruckgebiete. Die "Wind" genannte Luftbewegung entsteht, wenn die Luft vom Hoch - zum Tiefdruckgebiet strömt. Infolge der Erdrotation erfolgt dieser Druckausgleich nicht geradlinig, auf kürzestem Wege, sondern in einer spiralförmigen Bewegung um das Zentrum der jeweiligen Hoch - und Tiefdruckgebiete. Entsprechend weisen die "Isobaren", wie man die Linien gleichen Luftdrucks auf der Wetterkarte nennt, einen spiralförmigen gekrümmten Verlauf auf. Dasselbe gilt für die Wolken der Tiefdruckgebiete, deren Wirbel auf Satellitenfotos gut zu erkennen sind. Der Wind ist strömende Luft in der freien Natur. Ruht die Luftströmung, sprechen wir von Windstelle, ist sie sehr heftig, von Sturm. Ein kräftiger Windstoß heißt Böe. Normalerweise ändern sich Windrichtung und Windgeschwindigkeit ständig. Denn ursächlich ist die Windenergie eine Folge der Sonnenenergie: so steigt zum Beispiel über einer von der Sonne erwärmten Landoberfläche auch die Lufttemperatur. Dabei dehnt sich die Luft aus. Über einem daneben befindlichen Meer bleibt die Oberfläche - und damit auch die Luft - kühler. Die so entstehenden Luftdichteschwankungen verursachen Luftdruckunterschiede und diese wiederum erzeugen Luftströmungen. An der Erdoberfläche beginnt ein Wind vom Meer zum Land zu wehen. Nachts kehrt sich die Windrichtung um, weil dann das Wasser wärmer ist als die schneller abkühlende Erdoberfläche. Was wir hier im kleinen einsehen konnten, entsteht auch großflächig. Immer strömt die Luft von Gebieten hohen in Bereiche niedrigen Luftdrucks. Darüber hinaus beeinflussen zwei weiter Faktoren den Wind; zum einen ist es die Erddrehung, wie die Entstehung der Passatwinde sehr schön zeigt; zum anderen ist es die Struktur der Erdoberfläche, wobei Bäume, Bauwerke, Hügel oder gar Berge einen Einfluß auf die Stärke der Luftströmung nehmen. An jedem Standort auf unserer Erde überlagern sich alle Einflußfaktoren. Hier hat der eine, dort ein anderer besonderes Gewicht. Will jemand einen Windkonverter aufstellen, muss er sorgfältig prüfen, von welchen Voraussetzungen er hinsichtlich seines Energielieferanten ausgehen muss. Das Windpotential der Erde entspricht etwa 2 % der gesamten Sonneneinstrahlung bzw. 2 Millionen Terawattstunden jährlich (das sind 20 Billionen Kilowattstunden). Auf die bewohnten Gebiete entfallen davon etwa 270 Millionen Gigawatt. Das ist immer noch ein Vielfaches des gesamten Weltenergiebedarfs. Praktisch nutzbar wäre freilich nur ein geringer Teil. Optimisten rechnen mit etwa 3 %. Das hieße, dass die Windenergie maximal ein Drittel des gegenwärtigen Gesamtenergiebedarf decken könnte. Aber diese Zahl ist nur ein Durchschnittswert. Sie berücksichtigt weder die unterschiedliche Verteilung der Windenergie noch den besonders hohen Energiebedarf der hochindustrialisierten Länder. In Mitteleuropa herrschen Winde vom Atlantik vor. Am ergiebigsten sind sie auf offener See oder an der Küste. Landeinwärts nimmt die Windgeschwindigkeit generell ab. Im Einzelfall können die Windstärken jedoch recht verschieden sein. Sie sind abhängig von der "Höhe über dem Meer" sowie von Geländeform, Bebauung, Bewuchs usw. Zum Beispiel herrscht auf dem 840m hohen Kahlen Asten im Sauerland eine Windstärke von 5,9m/sec. Das ist annähernd derselbe Wert wie auf dem 1838m hohen Wendelstein in Oberbayern, der fast dreimal so weit von der Küste entfernt ist. Übertroffen werden jedoch beide Gipfel von List auf Sylt, wo auf Meereshöhe im Jahresmittel eine Windstärke von 6,8m/sec herrscht. Die jährliche Energiemenge die sich mit einer Windkraftanlage erzielen lässt, errechnet sich aus der dritten Potenz der mittleren Windgeschwindigkeit. Das heißt konkret, dass z.B. eine mittlere Windgeschwindigkeit von 2 m/sec im Vergleich mit einer solchen von 6 m/sec nicht bloß ein Drittel an Energieausbeute ergibt, sondern gerade noch den siebenundzwanzigsten Teil. Die Nutzung der Windkraft kommt deshalb hauptsächlich in Küstengebieten und in den Hochlagen der Mittelgebirge in Frage. Denn nur hier findet sich eine mittlere Windgeschwindigkeit von 4 bis 5 m/sec, die als Richtwert für die wirtschaftliche Nutzung von Windkraftanlagen gilt. Zum Beispiel gibt es in den küstennahen Bundesländern Schleswig - Holstein und Niedersachsen eine weitaus größere Fläche, die dieses Limit erfüllt, als in Bayern oder Baden - Württemberg. Insgesamt dürfte der mögliche Betrag der Windenergie zum deutschen Gesamtenergiebedarf nicht mehr als einige Prozent ausmachen. In einer besseren Lage befinden sich natürliche Küstenländer wie Dänemark oder die Niederlande. Innerhalb der gesamten EG könnten langfristig schätzungsweise 3 bis 4 % des heutigen Strombedarfs durch Windkraftanlagen gedeckt werden.
Die Windenergie
Wind ist eine kostenlose Energiequelle. Wir könnten sie nutzen, das heißt, in eine erwünschte andere Energieform überführen, wenn wir besondere, eigen auf die Luftströmung abgestimmte Windkonverter an geeigneten Orten aufstellen. Die allermeisten Windkonverter nutzen, wenn sie dem Wind Energie entnehmen, das gleiche physikalisch - technische Prinzip, das auch Flugzeuge in der Luft hält, indem ihre Tragflügel umströmt werden. Es heißt "Auftriebsprinzip". Die Kraft, die sich am Windradflügel entfaltet, nutzt ihn selbst als Hebel, der sich endlos um die meist horizontal liegende Achse dreht. So entsteht der erforderliche Drehmoment, um den Generator oder andere Kraft - und Arbeitsmaschinen anzutreiben. Es scheint erstaunlich, dass es für eine optimale Energieausnutzung kaum auf die Anzahl der Flügel ankommt, die eine bestimmte Anlage hat: Ein Windrad mit nur einem Flügel kann dem Wind die gleiche Leistung entnehmen, wie einen mit zwanzig. Natürlich muss ein Rotor mit wenigen Flügeln schneller gedreht werden, wenn er den gesamten überstrichenen Kreisquerschnitt>>abkassieren<< soll, als einer mit vier Flügeln.
Neues Interesse an der Windenergie
Der Ölpreisschock der siebziger Jahre ließ verstärkt nach anderen Energiequelle Ausschau halten. Damit erwachte auch erneut das Interesse an der Nutzung der Windenergie, die als "additive" (zusätzliche) Energie die Palette der Energiequellen ergänzen konnte. In Deutschland begann man um diese Zeit mit der Planung der "Großen Windenergieanlagen", abgekürzt Growian, die alle bisherigen Anlagen übertreffen sollte und in der kurzen Zeit ihres Bestehens hunderttausende von Neugierigen anzog. Als Growian 1983 im Kaise - Wilhelm - Koog fertiggestellt war, hatte allein die Gondel mit dem 345 t schweren Maschinenhaus die Größe eines Einfamilienhauses. Die beiden Rotorflügel erreichten zusammen eine Spannweite von 100m. Der aus 3cm dickem Stahl errichtete Turm der Anlage war 96m hoch und hatte einen Durchmesser von 3,50m. Bei Windstärke 6
(=12 m/sec) erzeugte die Anlage 1MW, bei voller Leistung 3MW. Oft stand sie aber auch still, weil technische Probleme auftraten, die nicht vorherberechnet werden konnten. Nach Beendigung des Forschungsprojektes im Sommer 1987 wurde sie deshalb wieder abgebaut. Aus dem Growian - Projekt lernte man, dass den theoretischen Vorteilen solcher Riesen - Anlagen erhebliche Schwierigkeiten bei der technischen Ausführung und entsprechend hohe Kosten gegenüberstehen. Die öffentlichen Stromversorger setzten deshalb fortan auf kleinere Anlagen mit Leistungen zwischen 25 und 300kW, die mit ihrer ausgereiften Technik weniger störanfällig waren. Der erste deutsche Windenergiepark "Westküste", der im August 987 eingeweiht wurde, umfaßte 30 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1MW. Der im März 1988 folgende Windenergiepark Cuxhaven zählte 25 Anlagen mit insgesamt 1MW. Im Januar 1989 nahm der Windenergiepark Krummhörn mit 10 Anlagen und einer Gesamtleistung von 3MW den Betrieb auf. Die Anlage bei Niebüll, die Ende 1990 als bis dahin größter Windenergiepark Europas eröffnet wurde, umfaßte insgesamt 35 Windkonverter mit mittleren Leistungen. Daneben sammelte man weiterhin Erfahrungen mit "Großwindanlagen" (mehr als 1MW Leistung). Im Juli 1990 ging auf der Insel Helgoland der Horizontalachsenkonverter WKA 60 mit 1,2MW in Betrieb. 1991 folgte eine Schwesteranlage im Windpark Westküste (auf dem Fundament des abgebauten Growian). Zur selben Zeit begann im Windpark Jade bei Wilhelmshaven die Errichtung des zweiflügeligen "Aeolus II", der mit 3MW die Leistung des ehemaligen Growian erreicht. Die zunehmende Verknappung günstiger Standorte begünstigte den neuen Trend zu größeren Anlagen. Der Bau von Windenergieanlagen wurde durch öffentliche Mittel gefördert. Von 1986 bis Ende 1988 erhöhte sich die in Betrieb befindliche Leistung der deutschen Windkraftanlagen um das 2,4fache. Die Stromeinspeisung ins öffentliche Netz stieg sogar um das achtfache.
Die installierte Gesamtleistung der Windkraftanlagen betrug Ende 1990 in Deutschland über 60MW. Das entsprach etwa einem Zehntel der Leistung eines Kohlekraftwerks. Im Unterschied zu Kohle - und Kernkraftwerken bedeutet technische Verfügbarkeit bei Windkonvertern aber nicht, dass die Leistung tatsächlich verfügbar ist. Letzten Endes hängt es vom Wind ab, wann und wieviel Strom produziert wird. Schon aus diesem Grund können Windkonverter für die Stromversorgung nur eine ergänzende Funktion haben. Das gilt selbst für windreiche Länder wie Dänemark oder die Niederlande, wo man hofft, schon demnächst bis zu 10 % des nationalen Energiebedarfs mit Windkonvertern decken zu können. Nach der Erfindung des Generators lag es eigentlich nahe, diesen auch mit einer "Windmühle" zu koppeln und auf diese Weise Strom zu erzeugen. Dennoch wurde davon bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts kaum Gebrauch gemacht, da die Stromerzeugung mit Kohle, Öl, Gas oder Wasserkraft ungleich ergiebiger und wirtschaftlicher war.
Wirkungsgrad begrenzt
Aus physikalischen Gründen kann ein frei umströmtes Windrad höchstens 59 % der Windenergie aufnehmen. Dies ist der theoretisch mögliche Wirkungsgrad. In der Praxis werden Werte von etwa 45 % erreicht. Da hinter dem Windrad jedoch weitere mechanische, elektrische und reglungstechnische Verluste auftreten, beträgt der tatsächliche Wirkungsgrad bei der Umwaldung von Windenergie zu Strom nur etwa 25 bis 30 %.
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