Die Journalisten
Die "leidige Politik" droht, zwei alte Freunde, den Oberst Berg und den Professor Oldendorf, auseinanderzubringen. Der konservative Oberst verübelt es dem Professor, dass er sich als Journalist für die liberale Zeitung "Union" betätigt und sich sogar als Wahlkandidat für die Kammer hat aufstellen lassen.
Ehe er sichs versieht, wird der Oberst aber selbst in den Strudel der Politik und der bevorstehenden Wahlen hineingezogen. Der Gutsbesitzer Senden und der Redakteur Blumenberg von der konservativen Zeitung "Coriolan" verstehen es, den Oberst zu bewegen, sich als Gegenkandidat Oldendorfs aufstellen zu lassen. Die beiden Gegner versuchen nun, einer den andern zum Rücktritt zu bewegen. Vergeblich. Der Konflikt spitzt sich zu. Am meisten hat unter ihm des Obersten Tochter Ida zu leiden, die Oldendorf liebt und den sie nun zu verlieren droht. Im rechten Augenblick greift eine alte Freundin des Hauses ein, Adelheid Runeck, die Generalstochter und als Gutsbesitzerin reichste Erbin der ganzen Gegend. Sie vermittelt nicht nur zwischen den entzweiten Freunden, sie gewinnt sich dabei gleichzeitig ihren alten Jugendfreund, den Redakteur der "Union", Dr. Konrad Bolz, zurück, der die eigentliche geistige Triebkraft der "Union" ist und der inmitten der Wahlmanöver derart geschickt operiert, dass die Wahl im letzten Augenblick zugunsten Oldendorfs und nicht des Obersten ausfällt, der sich schon am Ziel glaubte. Bolz hat es verstanden, auf einer Ressource, die von der konservativen Partei in einem öffentlichen Saale veranstaltet wurde, den für den Wahlausgang wichtigen Weinhändler und Wahlmann Piepenbrink und dessen künftigen Schwiegersohn, den Bürger und Wahlmann Kleinmichel, auf seine Seite zu bringen. Er bewerkstelligte diesen geschickt getarnten Stimmenfang durch forsches Auftreten und durch laute Lobsprüche auf die Güte der Weine aus Piepenbrinks Kellerei. Der Rivalitätenkampf der Parteien ist aber nach der Wahl keineswegs zu Ende. Um die liberale "Union" und ihre Anhänger trotz des Wahlsieges, den sie errungen haben, lahmzulegen, kauft die konservative Partei hinter dem Rücken der "Union" - Redakteure die Zeitung von ihrem Eigentümer, dem Druckereibesitzer Henning, auf. Damit scheint für die "Union" - Partei alles verloren. Oldendorf gibt, empört über diese Niedertracht, den Journalistenberuf auf. Da entpuppt sich als der wirkliche Drahtzieher im Hintergrund und Aufkäufer der Zeitung jedoch jemand anders: Adelheid Runeck. Und damit nicht genug. Sie überträgt alle Rechte für die Weiterführung des Blattes auf den Jugendfreund Konrad Bolz, dem sie zugleich ihre Hand zum Lebensbund reicht. Der Oberst und der Professor versöhnen sich, und auch Ida erhält selbstverständlich ihren geliebten Oldendorf wieder.
Der liberale Publizist Gustav Freytag hat dieses Thema mit großer Detailkenntnis verarbeitet. Er lässt keinen Zweifel daran, wem er seine Sympathien in der Zeit des beginnenden Parteiwesens zuschreibt.
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