Binchy, Maeve: Der grüne See
Maeve Binchy wurde in Dublin geboren, studierte Geschichte und war Lehrerin.
1969 ging sie als Kolumnistin zur Irish Times. Sie hat zahlreiche Romane, Kurzgeschichten und Theaterstücke geschrieben. Die Taschenbücher der irischen Autorin erreichen alleine in Deutschland eine Gesamtauflage von fast einer halben Million Exemplaren, und in Großbritannien sind ihre Romane seit Jahren auf den fordere Plätzen der Bestsellerlisten zu finden. "Der grüne See" erreichte 1995 den zweiten Platz auf der britischen Jahresbestsellerliste.
(Weitere Werke der Autorin sind leider nicht angegeben!)
Inhaltsangabe
Kit McMahon ist die Tochter des allseits geschätzten Apothekers Martin McMahon in dem kleinen irischen Ort Lough Glass, ein glückliches junges Mädchen, das von ihren Eltern zärtlich geliebt wird.
Doch eines Tages verschwindet Helen, Kits schöne Mutter, die im Dorf immer eine Außenseiterin war, spurlos. Man nahm an, dass sie im See ertrunken war, in jenem See, der sie zu ihren nächtlichen Spaziergängen verleitet hatte.
Aber es gab Gründe für sie, ihre Familie zu verlassen, die kein Mensch in Lough Glass ahnte, und der Stimme ihres Herzens zu folgen.
Kit, ihr Vater und ihr jüngerer Bruder müssen nun mit einem Leben ohne Mutter fertig werden.
Kit, die Helen immer so leidenschaftlich gegen alles Mißtrauen der kleinen Gemeinde verteidigte, ist fest entschlossen, den größten Wunsch ihrer Mutter zu erfüllen: Sie soll etwas aus ihrem Leben machen und ihr Schicksal selber in die Hand nehmen. Aber Kit muss erkennen, dass die Träume der Mutter nicht immer leicht zu verwirklichen sind - zumal sie erfährt, dass Helens Geheimnis auch Konsequenzen für ihr eigenes Leben hat.
Helen zieht zu einem anderen Mann und lebt dort ein zweites Leben als Lena Gray. Als sie das Kind von Louis verliert, fühlt sie sich einsam und nimmt Briefkontakt mit Kit, ihrer Tochter in Lough Glass auf. Sie gibt sich als gute Freundin ihrer verstorbenen Mutter aus London aus.
Als Kit Lena nach einer dreijährigen Brieffreundschaft in London besucht, lernt sie sie kennen - Lena Gray, ihre Mutter.
Sie reagiert verstört und fühlt sich zu Recht ungerecht behandelt. Sie verlässt London schnell und versucht den Gedanken an ihre Mutter zu verdrängen, sie will nicht wahrhaben, dass ihre eigene Mutter sie betrogen hatte.
Lena schreibt Kit lange keine Briefe, da Kit sagte, sie wolle nichts mehr von ihr hören. Für Kit ist dieser Zeitraum schlimm, denn es gibt niemanden, mit dem Kit das Geheimnis teilen kann.
Lena Gray hat sich in der Zeit, die sie in London verbrachte, eine Karriere als Teilhaberin einer Arbeitsvermittlungsagentur aufgebaut. Sie arbeitet viel, um nicht an Kit denken zu müssen.
Louis verlässt Lena und von da an nimmt sie wieder Kontakt zu Kit auf, denn sie braucht jemanden zum Reden. Lena und Kit werden richtige Freundinnen und reden über alles und jeden.
Seit Lena nicht mehr mit Louis Gray zusammenlebt wird sie zusehends Älter und verliert an Lebensmut. In der Agentur wird der Beschluß gefaßt, in einer anderen Stadt eine Zweigstelle zu eröffnen und das kommt Lena zugute. Sie pendelt zwischen Manchester und London hin und her und ist sehr bemüht um das neue Büro und eine neue kompetente Mitarbeiterin.
Lena Gray kommt bei einem schweren Autounfall auf der Strecke nach Manchester ums Leben. Nun hat Kit ihre Mutter zum zweiten Mal verloren, doch diesmal hat sie nicht nur ihre Mutter verloren, sondern auch ihre beste Freundin.
Vorliegendes Werk
Stoff
Der Stoff ist sehr interessant, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass eine Frau zumindest einmal im Leben in die Situation, wie Helen sie durchlebt hat, kommt. Helen McMahon hat lange überlegt, ob sie sich selber glücklich machen soll, oder ihre Familie, die sie mehr als alles andere auf der Welt liebte. Sie hatte Louis Gray schon vor vielen Jahren kennengelernt, doch als er sie wieder verlassen hatte, mit der Begründung, er wäre noch nicht reif für einen festen Wohnsitz und eine eigene Familie, heiratete sie den Apotheker. Sie heiratete ihn nicht, weil sie ihn liebte, sondern weil er sie liebte. Sie konnte Louis nie vergessen, und als er wieder bei ihr auftauchte, dachte sie an ihr eigenes Glück und ging mit ihm. Welche Frau würde sich in dieser Situation nicht für diesen Weg entscheiden ? Es stellt sich nämlich die Frage, ob eine Frau beziehungsweise eine Mutter, immer noch die liebende Mutter sein kann, wenn sie unglücklich ist, und dem Mann nachtrauert, den sie niemals lieben werden kann und zu dem sie sich auch sexuell hingezogen fühlt ? Helen hat sich für diesen Weg entschieden, mitunter auch durch den Grund, dass sie von Louis schwanger war.
Es ist keine leichte Entscheidung für eine Frau, ihre Familie zu verlassen, doch unter Umständen ist es für die Familie schwieriger mit einer unglücklichen Mutter zu leben.
Dass Helen McMahon in ihrer Heimatgemeinde für tot gehalten wird, ist Kits Mißgeschick. Helen hat ihrem Mann einen Abschiedsbrief mit einer Erklärung zurückgelassen, doch aufgrund des Verhaltens ihrer Mutter in den letzten Tagen, hatte Kit angst, ihre Mutter könnte sich selbst umbringen, und so verbrannte sie diesen Brief. In Lough Glass war bekannt, dass jene Menschen, die sich selber umbrachten, nicht auf dem Friedhof begraben werden, sondern auf der Wiese vor dem Friedhofstor und es wurde ihnen kein würdiger Abschied bereitet. Kit möchte diese Schande ihrer Mutter ersparen und so wird überall nach der Leiche von Helen McMahon gesucht. Im See wird tatsächlich eine Leiche gefunden und sie wurde als die ihre identifiziert. Lena Gray erfährt von ihrem Begräbnis in der Zeitung und überlegte lange, ob sie nach Lough Glass fahren sollte, doch diesmal denkt sie nicht an sich, sondern an ihre Familie und an das, was sie alles wegen ihr durchmachen mussten. Martin McMahon hat nach langer Zeit wieder geheiratet, ihre Kinder waren fast erwachsen, Kit machte eine Ausbildung in einer Hotelfachschule in Dublin - sie konnte nicht noch einmal das Leben dieser Menschen zerstören. Selbst Kit gab niemals etwas von dem Geheimnis ihrer Mutter preis.
Motiv
In dem Buch wird ein Situationsmotiv beschrieben. Eine Frau steht zwischen zwei Männern und muss sich für einen entscheiden. Beziehungsweise muss sie sich für oder gegen ihre Familie entscheiden.
Schauplatz
Kit wächst in der kleinen Stadt Lough Glass auf, in der jeder über jeden alles weiß. In Dublin geht sie in eine Hotelfachschule und lernt viele nette Menschen und Freunde kennen. Sie wohnt in einer kleinen Wohnung und kommt nur an den Wochenenden nach Hause. Lough Glass liegt an einem großen See, an manchen Tagen sieht man nicht einmal das gegenüberliegende Ufer. "Lough Glass" wird von vielen als "Glassee" übersetzt, doch eigentlich bedeutet es "Grüner See", heißt es in dem Buch.
Ein wichtiger Schauplatz in diesem Buch ist London. Lena lernt die Stadt und ihre Menschen kennen und lieben. Sie findet Freunde, die ihr bei ihren Problemen helfen und umgekehrt, aber sie erzählt niemandem etwas über ihre Familie in Lough Glass, außer einer sehr guten Freundin. Ihr vertraut sie sich an und an sie werden auch Lenas Briefe von Kit adressiert.
Figuren
Kit McMahon: Sie ist ein junges Mädchen, als sie ihre Mutter verliert und sie fühlt sich eigentlich als Retterin der Ehre ihrer Mutter, da sie auf dem Friedhof ruhen kann. Sie hilft ihrer Familie, so gut sie kann und unterstützt ihren Vater. Um so schwieriger ist es für sie, nachdem sie von dem Leben ihrer Mutter in London erfährt, aber nach einer gewissen Zeit hilft sie ihrer Mutter sogar, obwohl sie sie vor langer Zeit verlassen hat und Schuld an ihrem ganzen Leid hatte.
Schwester Madeleine: Sie wohnte in einer kleinen Kate am See, bevor sie aus Lough Glass wegging. Sie war für die Menschen da und hörte jedem zu, egal ob er recht oder unrecht gehandelt hatte. Sie war auch die einzige in Lough Glass, die von Lena Gray in London wußte. Zu ihr schickte nämlich Lena ihre Briefe an Kit um sie ihr dann weiterzugeben.
Martin McMahon: Er ist ein liebender Vater und er hang sehr an Helen. Über ihren Tod kam er nie richtig hinweg. In Lough Glass war er ein geschätzter Mann, denn er war hilfsbereit und führte eine gutgehende Apotheke in Lough Glass.
Helen McMahon (Lena Gray): Sie wurde in Lough Glass nie richtig aufgenommen. Die Leute zweifelten oft daran, ob sie wirklich einen Unfall auf dem See erlitten hatte, in jener stürmischen Nacht, oder ob sie nicht doch Selbstmord begangen hatte. Anfangs führte sie mit ihrem neuen Mann ein leidenschaftliches Zusammenleben. Sie dachte, sie habe sich damals richtig entschieden, Lough Glass zu verlassen, doch bald begann Louis sie zu betrügen. Sie versuchte darüber hinwegzusehen und versuchte ihn mit aller Kraft zu halten, doch Louis verließ sie wegen einer anderen, einer jüngeren Frau. Geheiratet hatte sie Louis nie, denn eine tote Frau konnte schließlich nicht heiraten, obwohl das immer Lenas Wunsch war.
Vielleicht wäre alles mit dem Kind von Louis anders gekommen ? - Diese Frage stellte sich Lena oft, Louis wollte keine Kinder mehr haben. Wahrscheinlich wäre er sonst in seiner lockeren Lebensweise zu sehr eingeschränkt gewesen.
Erzählform - Erzählperspektive
Das Buch ist in der dritten Person geschrieben. Ich glaube der Erzähler hat eine sehr wichtige Rolle, weil man die Hintergründe gut verdeutlichen muss, um die Handlung zu verstehen. Man fühlt sich beim Lesen als Beobachter des Geschehens und kann sich seine eigene Meinung über Reaktionen und Geschehnisse machen. Es ist auch möglich objektiv über Personen oder Handlungen nachzudenken.
PERSÖNLICHES LESEERLEBNIS
Zugang
Am Beginn hatte ich meine Schwierigkeiten mich an die irischen Angewohnheiten zu gewöhnen. Der Stoff ist so interessant, dass man selbst bei diesem Buch, es hat immerhin 800 Seiten, nicht den Faden verliert. Ich hatte immer das Gefühl weiterlesen zu wollen. Dadurch, dass ich dieses Buch während der Schulzeit gelesen habe, lies ich es auf viele Etappen. An schulfreien Tagen verschlang ich Seite um Seite und ich befand mich für einen kurzen Zeitraum in Lough Glass oder bei Lena in London.
Verständnis
Verständnisprobleme hatte ich keine. Ich konnte mir mein eigenes Bild über die einzelnen Figuren machen. Einige Probleme verstand ich, andere wiederum nicht, weil ich sie nicht nachvollziehen konnte und mich in die Lage dieser Person nicht hineinversetzen konnte. Ich versuchte mich in einige Personen hineinzuversetzen und mit jeder Seite lernt ich die Menschen in Lough Glass besser kennen.
Der Roman beginnt im Jahre 1952 (und Folgende) und ich habe beobachtet, dass sich einige Dinge geändert haben, doch ich musste auch feststellen, dass sich manches überhaupt nicht verändert hat und dass das eine oder andere Problem noch immer in unserer Gesellschaft vorhanden ist. Zum Beispiel das Vorurteil gegenüber unehelichen Kindern.
Wirkung
Ich habe viel über die Entscheidung Helen McMahons nachgedacht und ich bin der Meinung, dass sie richtig gehandelt hat, jedoch hätte sie vielleicht auch schon damals erkennen müssen, welche Spielchen Louis mit ihr treibt.
Auf alle Fälle hat sie den Verlust, Louis an eine andere Frau zu verlieren viel leichter überwunden, als hätte sie damals ihr Mann in Lough Glass verlassen. In Lough Glass hatte sie nie eine richtige Arbeit und man ließ sie
nie spüren, dass sie wirklich gebraucht wird.
In London hat sie der Agentur Miller einen neuen Touch verliehen und hat das ganze Büro umgekrempelt, sie wurde wirklich gebraucht und das wußte sie. Nach der Trennung mit Louis hat sie sich in ihre Arbeit gestürzt und sie hatte keine finanziellen Probleme, da sie ihr eigenes Einkommen hatte.
Genau das war nämlich das Problem der Frau, im Allgemeinen. Es verbessert sich in der heutigen Zeit, denn immer mehr Frauen sind bemüht trotz Familie und Kinder ihren Beruf weiter ausüben zu können. Das ist meiner Meinung auch ganz richtig, denn durch das eigene Einkommen ist man vom Partner in gewisser Weise unabhängig.
Wertung
Ich habe dieses Buch mit Begeisterung gelesen und kann es nur weiterempfehlen. Der Roman wurde aus dem Englischen von Christa Prummer - Lehmair, Gerlinde Schermer - Rauwolf und Robert Weiß übersetzt. Ich glaube jeder, der ihn gelesen hat, ist begeistert. Mit Sicherheit wird dieses Buch bevorzugt von Frauen gelesen, denn verlassen und verlassen werden spielt meines Erachtens eine große Rolle im Leben einer Frau.
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