DDR-Straftäter vor Gericht
Nach 1990 hat die Bundesrepublik Deutschland begonnen Straftaten, Urteile sowie Vorgehensweisen der ehemaligen DDR zu untersuchen. Dabei versucht sie die Personen zu bestrafen, welche für Verletzungen der Grundrechte verantwortlich waren oder Anweisungen dazu gaben.
- DDR-Straftaten sind gemäß § 7 StGB (Strafgesetzbuch) als Auslandsstraftaten anzusehen.
§ 7 StGB (Geltung von Auslandstaten in anderen Fällen):
1) Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt.
2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter
1. zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder
2. zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, wenn ein Auslieferungsersuchen nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist.
- Auf die nach dem 3. Oktober 1990 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR begangenen Straftaten ist grundsätzlich das Strafgesetzbuch anzuwenden. Durch den Einigungsvertrag fanden in einer Übergangszeit einige Vorschriften Strafgesetzbuches keine Anwendung und wurden durch entsprechende Vorschriften des DDR-Strafrechts geregelt.
Einigungsvertrag: Im Einigungsvertrag sind Vorschriften zur Angleichung des Rechts im wiedervereinten Deutschland enthalten. Des Weiteren regelt der Einigungsvertrag einige Übergangsvorschriften und durch die Wiedervereinigung bedingte Grundgesetzänderungen. Durch die Übergangsvorschriften wurde festgelegt, dass ein Teil des DDR-Rechts weiterhin gelten sollte, befristet bis zum 31. Dezember 1992.
- Zwischenzeitlich wurden die entsprechenden Vorschriften des StGB geändert und nun gelten in den neuen Bundesländern alle Vorschriften des StGB.
- Die Aufarbeitung der Gerichtsurteile aus der DDR nehmen viel Zeit in Anspruch und schreiten nur sehr langsam voran, da verschiedene STASI-Akten erst vor kurzem gefunden und geöffnet wurden, sowie einige auch durch ehem. STASI-Mitarbeiter nach oder während der Wende vernichtet wurden, um keine Spuren zu hinterlassen.
- Auf die in der DDR begangenen Straftaten ist das mildeste im DDR-Strafrecht vorgesehene Gesetz anzuwenden; war für die Tat im geltenden DDR-Recht weder Freiheitsstrafe, Bewährungsstrafe noch Geldstrafe vorgesehen, so darf dies auch in der BRD nicht bestraft werden.
- In der DDR begangene Straftaten können nach dem Grad der Schwere beurteilt, rehabilitiert oder wiederaufgenommen werden. Straftaten, die mit Einhaltung der Grundrechte in der DDR geahndet wurden, werden in der BRD weiterhin mit Freiheitsstrafe, Geldstrafe usw. bestraft. Bei Verurteilungen wegen gewaltlosen Widerstandes(Proteste) oder ungenehmigten Verlassen der DDR kann eine Aufhebung des Urteils vorgenommen werden und bereits geleistete Geldstrafen oder Freiheitsstrafen können durch soziale Ausgleichsleistungen getilgt werden.
- Die Prozesse spalten sich in die Mauerschützenprozesse, Justizprozesse und Politikerprozesse
Politikerprozesse
- hauptsächlich gegen Parteivorsitzende und Parteifunktionäre geführte Verfahren
- gegen den DDR-Staatssicherheitschef Erich Mielke, den DDR-Staatschef Erich Honecker und den Ministerpräsidenten wurden wegen Machtmissbrauch, Verantwortlichkeit für die Todesschüsse und Korruption Anklage erhoben.
- Mielke wurde im Dezember 1989 verhaftet, das Verfahren gegen ihn jedoch im November 1994 wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten durch Krankheit eingestellt.
- Im Oktober 1993 wurde Mielke wegen seiner Beteiligung am Polizistenmord von 1931 zu sechs Jahren Haft verurteilt und im August 1995 wurde er nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Haftstrafe entlassen.
- Anfang Dezember 1989 wurde Erich Honecker aus der SED ausgeschlossen. Es wurde ein Ermittlungsverfahren u. a. wegen Machtmissbrauchs und Korruption gegen ihn eingeleitet.
- 1990 zusätzlich ein Verfahren wegen Anstiftung zum Totschlag, d. h. wegen der Todesschüsse an der innerdeutschen Grenze
- Honecker flüchtete 1991 in die Sowjetunion, um sich dem Prozess zu entziehen. Nach deren Auflösung suchte er 1992 in der chilenischen Botschaft in Moskau Zuflucht.
- Nach längeren Verhandlungen mit Chile wurde er aber an die Bundesrepublik ausgeliefert. Am 13. Januar 1993 wurde der Haftbefehl gegen ihn wegen Verhandlungsunfähigkeit aufgehoben, woraufhin er nach Chile ausreiste.
- Im April des selben Jahres ist das Verfahren gegen ihn eingestellt worden da man befürchtete, dass er das Ende des Prozesses nicht mehr erleben würde.
Mauerschützenprozesse
- Oberbegriff für die Prozesse welche u.a. gegen Ex-Grenzsoldaten ab 1990 geführt werden.
- Hauptanklagepunkt in den Prozessen ist Tötungsabsicht welche nachweisbar sein muss. Schüsse an der Grenze, welche nur zu Verletzungen der flüchtenden Person führten, sind nach DDR-Gesetz nicht strafbar. In diesen Fällen konnte sich nicht auf Befehlsnotstand berufen werden, da kein dringender Tötungsgrund nach DDR-Gesetz vorlag.
- Anklage geht nur sehr langsam voran so das bis Mitte 1994 nur in 15 Gerichtsverfahren Urteile gesprochen wurden.
- Die erste größere Strafe wurde 1993 verhängt, in einem Revisionsurteil des Berliner Strafsenats des BGH wurde erstmals eine zehnjährige Haftstrafe gegeben.
- Ebenfalls 1993 wurden erstmals drei hohe DDR-Staats- und SED-Parteifunktionäre zu Freiheitsstrafen verurteilt: das waren der ehemalige DDR-Verteidigungsminister Heinz Keßler und sein Stellvertreter Fritz Streletz, sie wurden wegen des Schießbefehls an der innerdeutschen Grenze zu 7,5 Jahren bzw. 5,5 Jahren Haft verurteilt, sowie der SED-Bezirkschef von Suhl Hans Albrecht, der wegen Beihilfe 4,5 Jahre bekam
- Als Mitglieder des NVR (Nationaler Verteidigungsrat) waren die Angeklagten nach Auffassung des Gerichts als oberste Befehlsinstanz verantwortlich für die militärische Sicherung der Grenze gegen Bürger des eigenen Staates und hätten den Tod von Flüchtlingen in Kauf genommen.
- 1996 wurden sechs ehemalige DDR-Generäle wegen der gleichen Sache mit Haftstrafen bis zu 6,5 Jahren belegt. Zuvor waren in diesem Zusammenhang bereits 34 DDR-Politiker und -Militärs verurteilt worden. In keinem Fall fand das Argument Gehör, deren Handeln habe im Rahmen des damals geltenden DDR-Rechts stattgefunden und eine Verurteilung sei daher "Siegerjustiz".
- Bis heute sind bereits 66 Mauerschützenprozesse geführt wurden und es sind weiterhin über 400 Prozesse in Arbeit, welche sich meist gegen Befehlshaber an der innerdeutschen Grenze richten.
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