Frauen in der Musik
1.MUSIKERZIEHUNG VON MÄDCHEN
2.SÄNGERIN
3.DIRIGENTIN
4.SOLISTIN UND PIANISTIN
-Clara Schumann
-gegenwärtige und vergangene Situation
5.MUSIKERINNEN ALS ORCHESTERMITGLIEDER
6.SCHLUSSWORT
Das Thema "Die Frau in der Musik" gibt schon seit Jahren Anlass zur Diskussion. Spontan denkt man bei diesem Thema daran, dass es früher kaum Frauen in der Musik gab, die komponierten oder eine solistische Karriere machten. Bei Pianistinnen denkt man an Clara Schumann, aber bei dem Versuch, sich an andere Frauen zu erinnern, die in der Musik aktiv mitwirkten, ergeben sich enorme Schwierigkeiten. Waren Frauen früher weniger kompetent oder wurde ihnen einfach die Chance verwehrt, mit ihrem Können an die Öffentlichkeit zu treten? Früher konnte man eindeutig von einer klaren Degradierung und Diskriminierung sprechen!
1.Musikerziehung von Mädchen
In jedem gutbürgerlichen Haus war ein Klavier vorhanden auf dem die Töchter des Hauses Unterricht erhielten. Es ziemte sich für jedes Mädchen, Klavier zu spielen und eine Gesangsausbildung zu beginnen. Die Verbindung, Klavier und Gesang, verbesserte sogar die Heiratschancen für Frauen, denn die Frau sollte dem Mann zu Verfügung stehen, wenn er von den Anstrengungen des Dienstes Erholung sucht. Frauen sollten den Mann lediglich mit Musik inspirieren. Doch es gab auch einige Frauen, die sich weigerten, dem Mann voll zur Verfügung zu stehen, und es war dann nicht selten, dass sie deshalb von der vornehmen Gesellschaft vollständig ausgeschlossen wurden.
Gerade Komponisten wurden von Frauen sozusagen vergöttert. Sie sahen zu dieser Zeit im Komponisten einen großen Schöpfer, denn er hatte Fähigkeiten die viele damals nicht hatten.
Die Frau wurde genauso gesehen wie von Franz Liszt in seiner Faust-Synphonie verarbeitet wurde. Sie durfte unter keinen Umständen mit dem Mann aufgrund ihres eigenen Willens in Konkurrenz treten. Sie durfte nämlich gar keinen haben. Dieses war die einfachste Lösung, den Willen der Frau mit allen Mitteln, sei es mit der Musik, auszuschalten. So werden Frauen oft, aufgrund ihrer Unterwürdigkeit, mit Komponisten auf Denkmälern verewigt.
Hier, an diesem Bild, zeigt sich, wie die Frau ihren Komponisten, hier Bruckner, anhimmelt. Mit ihrem Blick versucht sie Bruckner für sich zu gewinnen, doch er schaut nur ernst und gönnerhaft beiseite. Sie hält auch zu seiner Person deutlichen Abstand, der noch einmal die Unterlegenheit der Frau veranschaulicht. In diesem kleinen Exkurs wird klar, wie angenehm es Männer doch empfunden haben mussten, wenn sie von Frauen derart angehimmelt wurden. Dass sie diese Situation unter allen Umständen bewahren wollten, ist auch in der heutigen Zeit sehr verständlich.
Der Grund für diese Bewunderung war, dass Frauen im Mann das finden konnten, was sie selbst nicht besaßen. Sie konnten keine derartige Kompetenz besitzen, da die Ausbildung für Frauen sehr mäßig war.
Denn der normale Schulunterricht bezog sich hauptsächlich nur auf die Kindererziehung, Hauswirtschaft, Gesundheitslehre und auf die Wohlfahrtskunde sowie "die Gebiete der Barmherzigkeit und Nächstenliebe". (Warum die Männer in den letzten beiden Unterrichtseinheiten nicht ausgebildet wurden, blieb offen). Das Fach Musik fehlte gänzlich.
Ab 1870 wurden vermehrt Frauen in staatlich unterstützten Schulen zugelassen. Männer und Frauen wurden streng separiert. Für Frauen, die ernsthaft eine musikalischen Beruf ausüben wollten, blieb lediglich der Sologesang als einzige Möglichkeit. Hier wurden Frauen professionell ausgebildet, da sie als Opernsängerinnen unentbehrlich waren.
In den Konversatorien gab es für begabte Musikerinnen dennoch keine voll subventionierte Förderung, so dass man auf die Unterstützung aus dem Elternhaus zurückgreifen musste. Auch wurden unterschiedliche Bildungschancen für Männer und Frauen praktiziert. So sollten sich einige Mädchen mit Elementarkenntnissen zufrieden geben, die gerade zu Chorgesang und zu familiärer Verwendung ausreichten.
Da eine musikalische Ausbildung in Klavier und Gesang dem sozialen Ansehen des Hauses keineswegs schadete, wurden teilweise auch unbegabte und völlig lustlose Kinder zu einer Musikausbildung gezwungen. "...und ich möchte jede Mutter davor warnen, aus bloßer Modesucht einen Teil der Lebenszeit ihres Kindes dem Erlernen derselben aufzuopfern, wenn es nicht natürliches Talent oder große Vorliebe dafür äußert...". Viele Kinder mussten von ihren Eltern aus ein Instrument erlernen, ohne dabei irgendeinen Gefallen zu finden. Die Eltern scheuten keine Kosten, dem Kind eine fundierte Ausbildung zu leisten, die aber unter der oft eingeschränkten Kompetenz litt. Später wurden ihre bescheidenen Leistungen als "naturgegebene" Unterlegenheit der Frau ausgelegt.
Nach der Ausbildung folgte meist die Heirat der Frau. Nun entstand eine gespaltene Situation: Auf der einen Seite war eine intensive Beschäftigung mit den Künsten und Wissenschaften nicht erlaubt, andererseits war sie aber für das Ansehen ihres Mannes verantwortlich, da sie die Gäste mit musikalischen Einlagen unterhalten musste.
Gegen Ende des 18 Jahrhunderts stellt der Pädagoge Johann Daniel Hensel eine Liste auf. Zu den unbedingt erforderlichen Kenntnissen zählt er Fähigkeiten wie Stricken, Nähen, Kochen, Backen, Waschen, Getränkeherstellung usw.; zu den weniger unentbehrlichen, aber doch sehr nützlichen Kenntnissen gehört die Musik, die er in Instrumentalspiel und Singen unterteilt. In der Rubrik der völlig entbehrlichen Kenntnisse stuft er die Musiktheorie und Komposition ein.
Der Mann fürchtete früher, dass durch ein Engagement der Frau in einer Sparte, außerhalb des Haushalts, ihre häuslichen Pflichten vernachlässigt oder sogar ihre traditionellen Werte verloren gingen. Die Frau sollte geben, nicht nehmen.
Aufgrund ihrer häuslichen Pflichten konnte sie dem Musikstudium nicht nachkommen. So war es für Frauen oft ein großes Problem, beide Interessen zu verbinden. Für Frauen in dieser Zeit war es das Beste, sich so viel wie möglich anzueignen.
"Je mehr eines jungen Frauenzimmers Anlagen auf alle mögliche Weise gebildet werden, je vielfältiger ihre Geistes- und Körpergewandheit entwickelt ist, je mehr sie Kenntnisse, Fähigkeiten, Geschicklichkeiten und Talente zu erwerben wußte: desto sicherer ist sie des Besitzes eines seltenen Glücks, weil diese Art von Glück von keinem Stande und keiner Lage abhängig wird, und ebenso für jenen Stand und in jede Lage paßt".
Dennoch wurde begabten Frauen der Auftritt in der Öffentlichkeit von ihren Vätern oder später von ihren Ehemännern verboten.
Frauen, die sich zuhause mit dem Komponieren beschäftigt hatten, mussten daher teilweise ihre Werke unter männlichen Namen veröffentlichen, um nicht das Ansehen der Familie gravierend zu schädigen.
Ab 1908 wurde der Unterricht im Bezug auf Musik neu überarbeitet. Auch Mädchen wurde nun der Zutritt zu musikalischen Unterrichtseinheiten nicht mehr verwährt. Ihnen wurde folgendes vermittelt: Erziehung zum Musikhören, die aus Gesangslehre und Förderung des musikalischen Geschmacks bestand. Hier war erstmals der Versuch gemacht, Frau und Mann im Fach Musik halbwegs gleichzustellen.
2.Die Sängerin
Sängerinnen waren beim kirchlich-liturgischen Gesang zugelassen. Doch später verlagerte sich der Gesang von Frauen hauptsächlich auf italienische Klöster, in denen Nonnen teilweise sogar komponierten. In deutschen Klöstern beschränkte sich der Gesang allerdings nur auf die Gottesdienste. Die italienische Sängerschule war seit alters her den Deutschen immer schon voraus, so dass Papst Clemens XI. am Anfang des 18.Jahrhunderts ein Verbot aussprach, "dass keine Weibsperson bei hoher Strafe Musik aus Vorsatz lernen solle; denn man wisse wohl, dass eine Schönheit, welche auf dem Theater singen, und dennoch ihre Keuschheit bewahren wollte, nichts anderes tue, als wenn man in den Tiber springen und doch die Füße nicht naß machen wolle".
Dies zeigt, dass es immer wieder erstaunlich ist, wie sich Männer um das Wohl der Künstlerinnen Sorgen machten. Sogar der Papst sorgte sich um die Keuschheit der Sängerinnen. 1826 wurde ein erneutes Verbot ausgesprochen. Aufgrund der schlechten Ausbildungsbedingungen fehlten aber Frauenstimmen in Gesangsstücken, die man durch Kastraten ersetzte. Doch konnten diese die Frauenstimme nicht vollkommen ersetzen, so dass Sängerinnen am Hofe wieder beliebter wurden. Somit hatten die Frauen mit einer Gesangsausbildung die Möglichkeit, den Beruf der Sängerin wieder aufzugreifen.
Jedoch wurden der Frau jetzt andere Steine in den Weg gelegt. Einer Sängerin wurde immer ein lebhaftes Sexualleben nachgesagt, um nach "oben" zu kommen. "Die Frau steigt heute seltener auf die Bühne, um ihren Weg auf rentablere Weise in der Prostitution zu machen, wohl aber muss sie sich nach wie vor prostituieren, wenn sie ihren Weg auf sie Bühne machen will. ... Es ist ein böses Wort, das aber noch für sehr viele Bühnen Geltung hat, dass das Engagement erst dann perfekt wird, wenn sie sich bereit erklärt hat, mit dem Gewaltigen>ein abendfüllendes Stück zu agieren, bei dem er die Hauptrolle hat, und das er ganz nach Belieben immer wieder aufs Repertoire zurücksetzen darf<".
Für die Frauen war die Situation noch schrecklicher als man es sich in der heutigen Zeit vorstellen kann. Man musste sich für einen Beruf mit unglaublichen Degradierungen oder das Aus in der Sängerkarriere entscheiden. Viele Frauen hatten oft keine andere Möglichkeit als den Forderungen der Intendanten nachzukommen, da sie ansonsten ihrer Stelle entledigt worden wären und wahrscheinlich kein weiteres Angebot mehr bekommen hätten. Frauen verloren ihren Ruf und verkauften auch noch ihren Körper. Weiterhin problematisch, dass Sängerinnen, ob Choristin oder Primadonna, für ihre Kostüme selbst aufkommen mussten. Das Monatsgehalt war dadurch fast aufgebracht und den Frauen blieb nichts anderes übrig, als sich nach männlichen Sponsoren umzuschauen, die von ihr ebenfalls Liebesdienste erwarteten. Sängerinnen mussten lediglich schön sein, ihr Talent war eher unwichtig. So wurde z.B. Gertrud Mara von ihrem Lehrer aufgefordert, sich nur als Konzert- und Kammersängerin ausbilden zu lassen, da sie nicht schön genug war. Dies ist ein weiteres Problem, das Männer in diesem Ausmaß nicht kannten. Im 19. Jahrhundert verbot Friedrich II. Sängerinnen der italienischen Oper, zum Karneval schwanger zu werden. Auch wurde Frauen verboten, zu heiraten, weil sie dadurch ihre sexuelle Attraktivität verlieren würden. Dieser schwere Eingriff in die weibliche Psyche war zu dieser Zeit keine Seltenheit. Für Sängerinnen aus guter Gesellschaft wurde eine Dame engagiert, die auf die Sängerin aufpassen sollte. Man sprach von der "Tante" oder von der "Cousine".
Viele verheiratete Sängerinnen wurden von ihren Ehemännern aufgefordert, ihre Bühnenkarriere aufzugeben. Frauen gingen teilweise auf den Wunsch ein, darauf folgte allerdings nicht selten die Scheidung, weil Frauen mit ihrem Leben als Hausfrau unglücklich waren. Jedoch war der Weg nach der Scheidung zurück auf die Bühne nicht mehr möglich.
Der Unterschied zwischen Sängerinnen und Instrumentalistinnen ist folgender: Sängerinnen konnten nicht ersetzt werden!
Die Sängerin Agnese Schebest (1813-1870) legte in einem Bericht dar, dass Frauen, die von einigen Männern einige Angebote bekommen haben, diese aber ablehnten, gesellschaftlich nicht anerkannt wurden. Ihr selbst erging es ähnlich. Sie hatte von einem Offizier ein eindeutiges Angebot bekommen, wies es jedoch zurück. Aufgrund dieser Ablehnung musste Agnese zum diensthabenden General, der sie darauf aufmerksam machte, dass sie "einen der bedeutendsten Offiziere vor der ganzen Stadt lächerlich gemacht habe". Somit war es also ihr Fehler, dass der Offizier verspottet wurde. Daraufhin wollte der Gekränkte sie erschießen. Agnese fürchtete lange um ihr Leben, nur, weil sie seinen Forderungen nicht nachgekommen war. Dieser Bericht zeigt, wie schwer es Sängerinnen hatten, die den Wünschen der Herren nicht nachkommen wollten. Agnese Schebest war kein Einzelfall. Es gibt viele, die auf die sexuellen Wünsche der Männer nicht eingehen wollten und deren Schicksal sich ähnlich abgespielt hatte wie das von Agnese Schebest.
3.Dirigentin
Als Dirigentin war die Frau noch weniger anerkannt als z.B. als Sängerin. Und selbst heute haben Dirigentinnen die gleichen Probleme. Doch damals war die Situation noch erheblich schwieriger.
Im 18. Jahrhundert waren die ersten Dirigenten Wagner oder Mendelssohn. Frauen durften natürlich keine professionellen Orchester leiten. Trotzdem versuchten einige, Gesangsgruppen oder Schulorchester zu leiten, ohne von Männern angegriffen zu werden. Für Dirigentinnen fehlten die nötigen Ausbildungsmöglichkeiten und so mussten sich die Frauen selbst unterrichten.
98% der heutigen Dirigenten oder Kapellmeister sind männlich. Jedoch ist die Zahl der Frauen im Bereich Schulmusik, Kirchenmusik und in der Laienmusik den Männern gegenüber ausgeglichen. Aber warum haben es Frauen besonders schwer, wenn sie sich intensiv mit dem Dirigieren beschäftigen wollen?
Zu einem Dirigenten gehören "Führungsqualitäten, Autorität und neben überragender Musikalität auch die Fähigkeit, formale Zusammenhänge großen Ausmaßes geistig zu bewältigen". Diese aufgeführten Eigenschaften spricht man der Frau gewöhnlich ab. Also wird sie nie fähig sein, ein Orchester zu leiten. Arthur Nikisch (1855-1922) nahm keine Frauen auf die Dirigentenschule in Leipzig auf, mit der Begründung: "Bei dem heutigen Stand der Dinge haben die Frauen, selbst wenn sie hervorragend begabt sind, keine Aussicht, praktisch zur Ausübung des Dirigentenberufes zu gelangen ...". Beim einem Dirigierwettbewerb traten 1973 von 65 Kandidaten lediglich 2 Frauen an. Dies zeigt die Einschüchterung, die Männer systematisch gefördert haben. Möglicherweise liegt dies am Verhältnis zwischen Dirigentin und männlichen Orchestermitgliedern. Dieses Empfinden drückt Clara Schumann aus: "Die Dirigenten sind wahrhafte Tyrannen". Eine Frau, die heutzutage versucht, die Dirigentenlaufbahn einzuschlagen, braucht sehr viel Durchhaltevermögen. Branchentypisch ist außerdem die Abhängigkeit der/des Dirigentin/Dirigenten von Empfehlungen anderer. Diesem Problem müssen sich vor allem Frauen stellen, da sei auch heutzutage noch besser sein müssen als viele Männer. Um eine minimale Erleichterung zu erreichen, versuchten die Frauen, sich mit einem eher männlichen Auftreten, Respekt zu verschaffen. Zu fragen ist, warum sich Frauen immer verstellen oder verkleiden mussten, um anerkannt zu werden. Wo bleibt die weibliche Identität? Ist eine solche Haltung der Männer nicht frauenverachtend?
Diese Beispiele lassen verstehen, warum auch heute noch so wenig Frauen den Mut haben, sich gegen Männer aufzulehnen. Ein entgegengesetztes Exempel stellt Fanny Hensel dar. Sie war eine willensstarke Frau, die sich nicht abbringen ließ, eine Gruppe öffentlich zu dirigieren. Die Pianistin und Komponistin Johanna Kinkel (1810-1858) äußerte sich über Fanny Hensels Dirigieren folgendermaßen: "Es war ein Aufnehmen des Geistes der Komposition bis zur innersten Faser und das gewaltigste Ausströmen desselben in die Seelen der Sänger und Zuhörer". Dieses couragierte Verhalten sollten sich auch heutzutage Frauen zum Vorbild nehmen.
4.Die Solistin und Pianistin
Wie oben gezeigt wurde das Bild der klavierspielenden "höheren Tochter" deutlich begründet. Das Klavier war ein Instrument, das die Frauen mit Erlaubnis der Männer spielen durften. Die Frau wirkte beim Klavierspiel sehr erhaben und hatte eine gewisse Ästhetik, die den Männern durchaus gefiel. Auch war mit diesem Instrument die Möglichkeit gegeben, bei Gesellschaften am Abend die Familie glänzend zu unterhalten. Aber das Bild der klavierspielenden Frau blieb nicht so ungetrübt, als sie begann, ihr Hobby zum Beruf zu machen.
So zeigt folgender Abschnitt die Probleme und Schwierigkeiten, denen eine Vielzahl von Frauen begegnen mussten, um ihre Karriere aufrecht zu erhalten.
Zu Zeiten von Bach gab es keine echten solistischen Auftritte, denn der Solist trat bei Solo- und Tuttistellen auf. Hier war aber immer ein Chor vorhanden, der die Tuttistellen weiter untermalte. In der Klassik spielte der Solist (zu dieser Zeit ausschließlich männliche Solisten) nur noch die Solostellen mit. Erst Liszt wagte es, ohne Orchester oder Chor aufzutreten. In der gesamten Musikgeschichte wurde der Solist stets hochgejubelt, und das Publikum erfreute sich am Solospiel. So schreibt Berlioz diesem ersten echten Solisten: "Du kannst frei nach Ludwig XIV. sagen: Das Orchester bin ich! Der Chor bin ich! Der Dirigent wiederum bin ich!". Dass eine Frau gleich drei wichtige Musikeinheiten, wie Liszt es getan hat, gleichzeitig verkörpert, das geht nun wirklich nicht. "Die Frau konnte höchstens als exotische Variante toleriert werden". Um 1840 gab es dennoch vereinzelt Klaviervirtuosinnen. Aber auch die Harfe war von Seiten der Männer den Frauen als typisches Frauen-Instrument aufoktroyiert worden. Die Harfe wurde aber als so klanglich dürftiges Instrument angesehen, dass es eine schöne Gestalt braucht, die von diesem Klang ablenkt.
Aber auch an dieses unweibliche Instrument, wie es die Geige ist, wagten sich dennoch einige mutige Frauen, die damit konzertierten (Theresa Milanollo, Rosa Schindler,...). Dennoch wurden die gesamten Blechblasinstrumente von Frauen als Soloinstrumente ausgespart.
Dilettanten, Liebhaber der Kunst, waren früher für die Entwicklung der Solisten/Innen sehr ausschlaggebend. (Das Wort Dilettant wird heute, im Vergleich zu früher, in einem negativen Kontext angewandt.) Einerseits waren sie stetes Publikum für die Solisten, andererseits förderten sie die Veröffentlichung von Notenmaterial und den Instrumentalunterricht. Kurz gesagt waren sie die "Organisatoren und Träger des Musiklebens". Da es nur sehr wenige Berufsmusikerinnen damals gab, waren diese Dilettanten meist Frauen. Sie spielten ohne Bezahlung vor einem Publikum, das sie kannten und nicht vor einer anonymen Öffentlichkeit. Hier war die Pianistin meistens gleichzeitig Gastgeberin und Solistin. So ist auch Fanny Hensel, "ein spätes Beispiel einer großen>dilettierenden< Pianistin, nur einmal öffentlich aufgetreten, in einem>Dilettantenkonzert zum Besten der Armen< 1838, wobei die Chöre fast von lauter Gräfinnen, Gesandtinnen und Offizieren gesungen wurden". Es ist deutlich zu erkennen, dass Frauen versucht haben, auf einem anderem Weg Berufsmusikerinnen zu werden und mit den Männer dabei unauffällig zu konkurrieren.
Durch die Einhaltung der weiblichen Berufslosigkeit wurde es den Frauen verwehrt, den Beruf mit genügend Ansehen zu verbinden. Allerdings war die Lage für Frauen in Deutschland besonders schlecht. In England konnte z.B. die Schwester von Ferdinand David, Marie Lousie David-Dulcken (1811-1850) konzertieren und war persönliche Lehrerin der Königin Victoria. Sie genoss in England höchstes Ansehen.
Für Frauen, die ihren Beruf jetzt ernsthaft ausüben wollten, war es unabdingbar, auf Reisen und Tourneen zu gehen. Frauen wurden zusehends selbstbewusster und akzeptierten es nicht mehr, ihren Beruf aufgrund ihrer Ehe aufzugeben. Hier waren Scheidung und gesellschaftliche Ächtung keine Seltenheit (Marie Pleyel, Johanna Kinkel,...). Während bei einem männlichen Pianisten Kriterien waren, wie er Stücke interpretiert, kamen bei weiblichen Solistinnen noch "ihr Aussehen, ihre Bewegungen und ihre Kleidung" dazu. Es war auch nicht selten, dass der männliche Kritiker die Solistin schon bei ihrer Stückauswahl zurechtwies. Auch wurde Frauen oft die nötige Technik, die einige Stücke erforderten, aberkannt. "Die Frauen besonders haben die wenigsten Aussichten darauf, denn die Mendelssohn'schen Conzertstücke erfordern strenges Tempo, Ausdauer der Finger, Geschmeidigkeit der Handgelenke, und überhaupt eine männliche Kraft, welche in der Regel dem zarteren Geschlechte versagt ist". Wer von Musikkritikern immer noch als Frau angesehen werden wollte, musste entweder irgendwelche Fehler aufweisen oder unaussprechlich schön sein. Andernfalls wird eine Frau, die versucht, Fehler anderer zu vermeiden und die Stücke mit männlicher Stärke begeht, als "klavierspielende Amazone" bezeichnet. Frauen, die solistisch auftraten wurden nicht nur stärker kritisiert als Männer, sondern auch die Probleme bei Konzertreisen waren erheblich schwieriger. Die Konzertreisen von Solistinnen waren organisatorisch aufwendiger, teurer und risikoreicher.
Das erste Problem, das auftrat, war die Transportfähigkeit von frauentypischen Instrumenten. Hier wäre zu erwähnen, wie schwer es war ein Klavier oder eine Harfe zu befördern. Wohlhabende Klaviervirtuosinnen ließen sich extra dafür konstruierte Wägen bauen. Aber diesen Luxus konnte sich natürlich nicht jeder leisten. Weiterhin problematisch war, dass Frauen immer begleitet werden mussten, um sich vor Männern, die in der Kutsche zudringlich wurden, zu schützen. Als Gegenmaßnahme war es im 18./19. Jahrhundert üblich, in Männerkleidung zu reisen. Ein weiterer Grund für eine Begleitung war, dass diese nämlich sämtliche Konzertvorbereitungen, Genehmigungen, Konzertsaalwahl, Kartenverkauf und Werbung übernahm. Für die Solistin war es nur von Vorteil, wenn ihre Begleitung ihr Beziehungen in den höheren Kreisen verschaffte. Die Musikerin war aufgrund dieser Aspekte vollständig von ihrer Begleitperson abhängig.
Falls das Musikerinnenleben für einige Frauen zu anstrengend wurde, gewährte man ihr, wenn sie außerordentlich gut war, eine zeitbegrenzte Stelle am Hofe, an Kirchen, Universitäten und Schulen. Sie verdiente durch Privatunterricht und gelegentlicher Orchesterpraxis ihren Lebensunterhalt. Als umherreisende Solistin war es nicht selten, dass die Frau mit ihren Einnahmen ihre ganze Familie ernähren musste.
Clara Schumann
Als abschließendes Beispiel für die Solistin/Pianistin möchte ich den Weg von Clara Schumann, geb. Wieck, der großen Pianistin und Komponistin aufzeigen.
Clara Schumann war das zweite Kind des Musikpädagogen und Klavierhändlers Friedrich Wieck (1785 - 1873) und dessen erster Frau Marianne (1797 - 1872). Schon im Alter von fünf Jahren erhielt Clara von ihrem Vater Klavierunterricht nach einer von ihm selbst entwickelten Lehrmethode. In dem Können seiner Tochter wollte Wieck gewissermaßen eine Beglaubigung seiner Methode und seiner Befähigung für höchste Kunstausbildung erkannt wissen und verfolgte dieses Ziel mit Härte.
Am 20. Oktober 1828 debütierte Clara Schumann als Klavier-Virtuosin im Leipziger Gewandhaus. In den folgenden Jahren erwarb sie sich spielend die Anerkennung als bedeutendste Pianistin in ganz Europa. Der österreichische Kaiser ernannte die Künstlerin am 15. März 1838 zur k.k. Kammervirtuosin, eine Auszeichnung, die vorher kaum einer Ausländerin zugekommen war. Die Gesellschaft der Musikfreunde wählte sie zum Mitglied.
Clara Schumann lernte auf ihren ausgedehnten Konzertreisen berühmte Zeitgenossen kennen: mit Mendelssohn und Liszt konzertierte sie, Grillparzer widmete der berühmten Künstlerin ein Gedicht ("Clara Wieck und Beethoven"), der 82-jährige Goethe hörte sie in Weimar spielen, in einer Privataudienz spielte die Pianistin der Königin von Dänemark vor. Bekanntschaften schloß sie auch mit Chopin, Paganini, Berlioz, Meyerbeer.
Robert Schumann kam 1830 ins Haus Wieck, um Klavierunterricht zu nehmen. Wieck untersagte jeglichen Kontakt zwischen den jungen Leuten, nachdem Schumann 1837 um die Hand der Tochter angehalten hatte, konnte jedoch die Liebe nicht unterbinden. Nach dreijährigem, zähen Ringen heiraten Clara und Robert Schumann am 12. September 1840, entgegen den Willen Wiecks. Es fehlte ihr, im Vergleich zu ihrem Mann, ein ganzes Stück Anerkennung, obwohl sie ein gleichberechtigtes Paar waren. Allein Robert vergötterte sie früher. "Du allein bist mein Trost, zu Dir seh ich auf wie zu einer Maria, bei Dir will ich mir wieder Muth und Stärke holen...". Dieses Zitat von Robert Schumann war für diese Zeit sehr ungewöhnlich, denn normalerweise hob ein Mann eine Frau nicht derart in den Himmel, dass seine eigene Erscheinung völlig in den Hintergrund geriet. Trotzdem ihr Beruf zugunsten des Gatten in den Hintergrund rückte, trat Clara Schumann weiterhin auf. Ihr erfolgreiches Gastspiel im Frühjahr 1844 in St. Petersburg gipfelte in der Ernennung zum Ehrenmitglied der Philharmonische Gesellschaft. Parallel dazu unterrichtete sie am Leipziger Konservatorium.
Allerdings wurde sie durch die maßgebende Gesellschaft im Bereich ihrer eigenen Kompositionen völlig verunsichert, so dass sie einmal etwas sagte, was gar nicht ihrer Natur entsprach: "Ein Frauenzimmer muss nicht componieren wollen - es konnte noch keine, sollte ich dazu bestimmt sein?"
Aus Rücksicht auf Schumanns Gesundheit (er litt an einer Nervenkrankheit) übersiedelte das Paar im Herbst 1844 nach Dresden. Ein weiterer Umzug war nötig, nachdem Schumann zum Städtischen Musikdirektor in Düsseldorf ernannt worden war. Im September 1850 machte der 20-jährige Johannes Brahms dort seine Aufwartung, von dessen noch unbekannten Kompositionen die Schumanns sofort eingenommen waren. Dies war der Beginn einer intensiven Freundschaft.
Nach Schumanns Tod (29. Juli 1856) war Clara gezwungen, für den Unterhalt ihrer sieben Kinder alleine aufzukommen. 1857 zog sie zu ihrer Mutter nach Berlin, die seit 1825 von Wieck geschieden war, und lebte dort - mit Unterbrechung 1863-73 in Lichtenthal bei Baden-Baden. Die Pianistin unternahm weiterhin erfolgreiche Konzertreisen im In- und Ausland.
1878 nahm Clara Schumann die Stellung einer ersten Klavierlehrerin am neugegr. Hochschen Konservatorium in Frankfurt/Main an. Zu dieser Zeit ging sie daran, das Gesamtwerk ihres Mannes herauszugeben (1881-93 erschienen).
1891 stellte sich ein Gehörleiden ein, weshalb sie ein Jahr später ihre Lehrtätigkeit einstellte. Bis zu ihrem Tod gab sie nur noch privaten Unterricht und spielte im Kreise ihrer Freunde. 1896 starb Clara Schumann und wurde auf dem Bonner Friedhof im Grab ihres Mannes beigesetzt.
Clara Schumann war in frühen Jahren bereits eine anerkannte Interpretin der Werke Beethovens, dann Mendelssohns und Chopins geworden. Chopins Werke spielte sie zum erstenmal in Deutschland und trug damit wesentlich zu ihrer Verbreitung bei. Später galt ihr Interesse vor allem (Ur-)Aufführungen der Werke von Schumann und Brahms.
Clara Schumann ging in die Geschichte als "bedeutendste Pianistin des 19. Jahrhunderts" und als "Bildvollendeter Weiblichkeit, schönster Mütterlichkeit und hoher Menschlichkeit" ein.
Gegenwärtige und vergangene Situation der Solistin und Pianistin
Im Vergleich zur früheren Situation muss man erwähnen, dass sich die Ansichten der Männer stark verändert haben und es den Frauen damit erleichtern, eine solistische Karriere zu beginnen. Aber heute benötigen diese Frauen ebenfalls noch Durchsetzungsvermögen und einen starken Willen, um sich in der Musikwelt einen Namen zu machen
Aufgrund der verbesserten Verkehrsmittel ist es heute möglich, schneller und bequemer ins Ausland zu reisen, um dort zu konzertieren. Es ist also für die Frauen insgesamt viel leichter geworden, da sich einmal die Stellung der Frau verbessert hat und der Mann sie als halbwegs gleichberechtigt ansieht und sie unterstützt.
5.Musikerinnen als Orchestermitglieder
Unsere heutigen Symphonieorchester entwickelten sich aus den Privatkapellen der Adeligen nach 1800. Die Mitglieder waren früher ausnahmslos männlich. Erst ab Anfang des 20. Jahrhunderts waren einige Frauen zugelassen. Dieser lang verwehrte Eintritt in die großen Symphonieorchester war ein Kampf, der bis heute noch andauert.
Trotz qualifizierter Ausbildung war es vielen Frauen nicht erlaubt, in rein männlich besetzten Orchestern zu spielen. Sie mussten sich mit dem Unterhaltungssektor begnügen, der bedeutete, dass Musikerinnen in Restaurants oder Kinos spielen mussten, um finanziell überleben zu können. Aufgrund dieser unerfreulichen Situation wurden vereinzelt Frauenorchester gegründet, wie das Wiener Damenorchester Mitte des 19. Jahrhunderts, das aber trotzdem Männer im Blechblasbereich anstellte. Neben den anderen Orchestermitgliedern trug auch die Dirigentin eine Uniform, um die Seriosität des Orchesters nicht in Frage zu stellen. "Sie wurden als exotische und zu belächelnde Variante der respektierten Männervereinigung gesehen". Auch andere Frauen, wie z.B. Elisabeth Kuyper (1877-1953) haben versucht, Frauenorchester zu gründen, um die degradierende Stellung der Frauen, die ihr Geld mit Restaurantauftritten verdienen mussten, zu heben. Diese Versuche scheiterten aber meistens, weil finanzielle Probleme ohne äußere Unterstützung nicht zu bewältigen waren. Die Frauenorchester hatten im Ausland mehr Erfolg als im deutschsprachigen Raum.
So waren die Venezianischen Frauenorchester (18.Jahrhundert) in weiten Teilen der Erde bekannt. Sie bestanden aus Frauenchören und Frauenorchestern der venezianischen Konservatorien. Es waren 200 Mitglieder, hauptsächlich Waisenkinder, die miteinander musizierten. Die Konzerte waren bei vielen adeligen Zuhörern sehr beliebt. So schrieb Hofrat Joachim Christoph Nemitz 1726: Er kann sich nicht genug darüber " verwundern dass (im Ospedale della Pieta) viele... auch in der Instrumentalmusik excelliren, und auf der Violin, Violoncello, Orgel, Tiorbe, ja sogar auf der Hautbois und Flöte en maitre spielen. Diese kirchliche Institution wurde leider aufgrund der Französischen Revolution nach und nach aufgelöst.
Aber nicht nur in Europa, sondern auch in den Vereinigten Staaten war die Situation für Frauen im Orchester nicht leicht. Frauen hatten auch dort keinen Zutritt in die "gentlemen's orchestras". Ein Grund für den Ausschluss von Frauen in diesen Orchestern war schlicht und einfach ein ökonomischer, denn ein Posten für eine Frau, bedeutet einen weniger für einen Mann. Besonders eigen waren die Ansichten für Frauen, die es wagten, ein Holz- oder Blechblasinstrument zu spielen. Das hatte den völligen Ausschluss aus den üblichen Männerorchestern zur Folge, denn nur die Harfe durfte ab und an von einer Frau gespielt werden. Die einzige Lösung war die völlige Abtrennung von Frauen, die in den üblichen Orchestern spielen wollten. "The solution was segregation". Es gab zu dieser Zeit nur zwei Möglichkeiten für Frauenorchester: Entweder war es ein professionelles Orchester, das finanziell unterstützt wurde und bei Konzerten Eintritt verlangte, oder es war ein Orchester, das aus Amateuren bestand, die sich selbst finanzieren mussten und die teiweise keinerlei Möglichkeiten hatten, sich mit Eintritten selbst zu erhalten.
Aber auch Orchester, die versuchten, ihre Vorstellungen im Bezug auf Frauen im Orchester zu entschärfen, wurden von Musikkritikern stark angegriffen.
Es gab einige Vorurteile, die ich nicht vorenthalten will, denn sie trugen dazu bei, dass Frauen zu dieser Zeit in keinem Orchester eine Anstellung fanden.
Es wurde behauptet, dass Frauen im Allgemeinen schlechter spielen als Männer. Dieses Argument wurde oft in der Musikgeschichte gebraucht, um Frauen aus der Musik auszuschließen, und dennoch ist es sehr leicht zu widerlegen: Es mag möglich gewesen sein, dass Frauen schlechter gespielt haben als Männer, aber der Grund war, dass den Frauen früher die Möglichkeit verwehrt blieb, eine fundierte Ausbildung zu absolvieren. Diese Frauen, die dennoch die Fähigkeiten hatten, in einem Symphonieorchester zu spielen, waren echte Talente. Ein weiterer Grund, der immer mit Blechblasinstrumenten in Verbindung gebracht wurde, war die Annahme, dass Frauen nicht stark genug gewesen wären, eine Tuba oder andere schwere Instrumente zu halten und zu spielen. Dieses Argument wird in der heutigen Zeit leicht widerlegt, da es genug Frauen gibt, die Blechblasinstrumente spielen, sei es in kirchlichen Institutionen wie dem Posauenchor oder in anderen Orchestern. Die immer noch verstärkte Anzahl von Männern im Blechblasbereich liegt nicht am Ausschluss der Frauen in Orchestern oder am Unvermögen der einzelnen, sondern einfach am Desinteresse der Frauen, dieses, immer noch "männliche" Instrument, auszuüben.
Die Situation für Frauen im Orchester änderte sich nach dem 2.Weltkrieg. Die reinen Frauenorchester lösten sich auf und einige Musikerinnen wurden in kleineren, rein männlichen, Orchestern aufgenommen, die teilweise überhaupt nicht auf Frauen eingestellt waren. Es gab z.B. keine getrennten Umkleidekabinen oder Toiletten für Frauen. Dies zeigt deutlich, dass Frauen in die Welt der Männer eindringen und eingedrungen sind und dass Männer mit dem plötzlichen Auftreten der Frauen im Orchester nicht gerechnet haben.
Die Situation hat sich, meiner Meinung nach, bis heute wenig geändert. Bei den Moskauer Symphonikern sind, von 80 Mitgliedern, 5 Frauen angestellt, eine Kontrabassistin und 4 Streicherinnen (1978). Es herrscht eine allgemeine Angst, dass Frauen das Betriebsklima stören könnten, und dass das Orchester durch Frauen Qualität einbüßen und somit einen Prestigeverlust erleiden. Besonders besorgt sind einige Mitglieder der Berliner Philharmoniker. (Ein Orchestermitglied überlegt, wie es wäre, wenn eine Frau zu den Berlinern kommen würde): "Ich wünschte mir, dass sie eben immer noch eine Frau bliebe, eine Dame, die sich mit der entsprechenden Sorgfalt bewegt und auch so behandelt würde". Hier wird deutlich, wie sich Männer vor der Begegnung mit Frauen fürchten. Dieses Orchestermitglied vermutet wahrscheinlich, dass alle Frauen, die ins Orchester kommen, "Mannweiber" wären und damit dem Ansehen der ganzen Berliner Philharmoniker schaden würden. Ein weiterer Kollege zieht den visuellen Aspekt heran: "Wie sieht denn das bloß aus, wenn da eine Frau dazwischensitzt". Hier kann sich ein weiteres Mitglied nicht vorstellen, was die Frauen für ein negatives Bild zwischen den ganzen Männern hinterlassen. Vielleicht wäre die Angst von ihm genommen, wenn mehr Frauen dazwischensitzen würden, denn dann wäre die Garantie gegeben, dass einzelne gar nicht mehr auffallen würden. Auch Herbert Karajans Meinung über Frauen möchte ich nicht unterschlagen. Karajan gab in Peking während einer Pressekonferenz auf die Frage, warum es bei den Berliner Philharmonikern keine weiblichen Musiker gebe, die Antwort, dass Frauen "in die Küche und nicht ins Symphonieorchester gehören".
Man könnte bei diesen Aussagen regelrecht traurig werden, denn sie wurden nicht im letzten Jahrhundert gemacht, wo man derartige Zitate häufig finden kann, sondern sie stammen aus unserer Zeit. Und das ist noch viel entsetzlicher, dass Männer derart um ihre Existenz kämpfen, wenn Frauen in ihre Territorien eindringen.
Aber es wäre fast zu einfach, nur den Männern die Schuld an der Misere zu geben. Die Gesetzeslage, die eigentlich die Frauen schützen sollte, steht jetzt einigen Musikerinnen eher im Weg. Eine dieser gesetzlichen Fehlregelungen ist z.B. das Mutterschutzgesetz. Es verbietet Schwangeren das Arbeiten nach 20 Uhr. Die Folge für dieses Gesetz ist, dass viele Frauen gar nicht eingestellt werden, weil Konzerte meistens am Abend sind. Ein Ersatz für dieses ausfallende Orchestermitglied wird meistens aus finanziellen Gründen nicht engagiert. Dieses Gesetz ist aufgrund des Verbotes für Schwangere, meiner Meinung nach, völlig veraltet. Es sollte doch jeder Frau überlassen bleiben, ob sie sich in der Lage fühlt, als Schwangere Konzerte zu geben.
Im Bereich des Orchesters hat sich die Stellung der Frau im Bezug auf die Mitarbeit mit männlichen Kollegen sehr gebessert. Das Problem Beruf-Familie wird sich in der Zukunft hoffentlich noch ändern, da die Frau hier immer noch die Hauptlast trägt. Auch die Wiener Philharmoniker haben sich, wie man aus der Tageszeitung entnehmen konnte, seit kürzester Zeit bereit erklärt, Frauen ins Orchester aufzunehmen. Dies zeigt einen Schritt in die Zukunft, den andere Orchester, die immer noch keine Frauen aufnehmen wollen, einschlagen sollten.
6.Schlußwort
Abschließend ist zu bemerken, dass die Emanzipation langsam, wenn auch schwer, in der Musik Fuß fasst. Viele Männer versuchen natürlich noch immer, den weiblichen Kollegen Steine in den Weg zu legen, um es ihnen schwerer zu machen. Doch sollten sie sich etwas bessere Argumente und triftigere Gründe für ihr Verhalten überlegen.
Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass Frauen unschöpferischer sind als Männer.
Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass Frauen für die "Aufzucht" von Kindern zuständig sind.
Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass Frauen aufgrund naturgegebener weiblicher Eigenschaften für die emotionale und leibliche Regeneration des Mannes zu sorgen haben.
Zum Schluss möchte ich noch folgendes sagen:
In den letzten Jahren hat sich im Bereich der Musik sehr viel verändert, aber trotzdem gibt es verschiedene Schwierigkeiten für Frauen, die in naher Zukunft noch verbessert werden müssen.
Erfreulich ist es, dass einem aufgrund der Selbstbestimmung der Frauen das Thema "Küche oder Karriere" in der heutigen Zeit lange nicht so brennend erscheint wie früher.
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