Die lykischen Bauern

Da aber fürchten alle Männer und Frauen den offenkundigen Zorn der Göttin, und sie verehren alle eifriger die Hoheit der göttlichen Zwillingsgebärerin und wie es zu geschehen pflegt erzählen sie vom näheren Ereignis ausgehend alte Geschichten. Von diesen sagt einer: "Auch die vor langer Zeit lebenden Bauern des durch Äcker fruchtbaren Lyciae verachteten nicht ungestraft die Göttin.

Es ist kein Gebirgsgott in diesem Altar oh Jüngling; Jene nennt diesen ihr eigen, die einst die königliche Gattin von der Erde verwies, die kaum das unstete Delos auf ihre Bitten hin aufnahm, damals als die leichte Insel noch schwamm. Dort gebar Latona sich stützend an eine Palme und einen Ölbaum Zwillinge gegen den Willen ihrer Stiefmutter. Man sagt, dass die Wöchnerin auch von hier vor Juno flüchtete und dass sie in ihrem Gewandbausch ihre zwei göttlichen Kinder trug. Und schon im Gebiet der lykischen Chimäre, als die drückend heiße Sonne die Flure verbrannte, wurde die von der langen Anstrengung erschöpfte Göttin durstig, ausgetrocknet von der Glut der Sonne und die gierigen Kinder hatten die milchspendende Mutterbrust leer getrunken. Sie erblickte zufällig ganz unten im Tal einen wasserarmen Teich. Die Bauern sammelten dort buschige Weidenruten zusammen mit Binsen und Schilfgras, das gerne im Sumpfgelände wächst. Die Titanentochter trat heran und kniete sich hin um die kalte Flüssigkeit zum Trinken zu schöpfen. Die ländliche Schar verbat es. So sprach die Göttin die an, die es ihr verbaten: "Was haltet ihr mich vom Wasser fern? Der Gebrauch des Wassers ist gemeinschaftlich; Die Natur machte weder die Sonne zum Privatbesitz noch die Luft und auch nicht die klaren Wellen. Ich kam zu einem öffentlichem Geschenk! Dass ihr mir dennoch dieses gebt, bitte ich demütig. Ich hatte nicht vor hier meine Glieder und die ermatteten Körper zu waschen, sondern den Durst zu löschen. Der Mund ist ausgetrocknet und der Hals ist trocken und kaum ist ein Weg für die Stimme in jenem. Der Schluck des Wassers wird mir wie Nektar sein und ich werde bekennen, dass ich zugleich mit dem Wasser das Leben erhalten habe: Ihr schenkt mir das Leben durch das Wasser. Auch diese sollten euch umstimmen, die ihre kleinen Hände aus meinem Gewandbausch herausstrecken." Und zufällig streckten die Kinder ihre Arme heraus. Wen hätten die schmeichelnden Worte der Göttin nicht bewegen können? Diese beharrten dennoch die Bittende und den Drohungen, wenn sie nicht völlig verschwinden würde fügen sie obendrein Schimpfworte hinzu. Es ist nicht genug: Sie trübten selbst den Teich mit Händen und Füßen und sie wühlten vom tiefsten Grund den weichen Schlamm hierhin und dorthin durch boshaftes Springen auf. Der Zorn ließ den Durst vergessen. Denn die Tochter des Coeus flehte nicht mehr die Unwürdigen an und sie ertrug es nicht länger einer Göttin unwürdige Worte zu sprechen und ihre Hände zu den Sternen hebend sagte sie: "Ihr sollt für immer in diesem See leben!" Der Wunsch der Göttin ging in Erfüllung. Es machte ihnen Freude unter dem Wasser zu sein und bald die Glieder ganz im tiefen Sumpf einzutauchen und bald den Kopf hervorzustrecken und bald den Kopf auf der Wasseroberfläche zu schwimmen und sich oft am Ufer des Teiches auszurasten und oft in den kalten Teich zurückzuspringen. Aber auch schimpften sie nun häßlich im Streit und nachdem die Scham abgelegt worden war, obwohl sie unter Wasser waren, versuchten sie unter Wasser zu lästern. Auch die Stimme war schon rauh und die aufgeblähten Hälse schwollen an und die Beschimpfungen selbst dehnen die offenstehenden Mäuler. Die Rücken berührten den Kopf, die Hälse schienen ausgespart zu sein, das Rückgrat wurde grün, der Bauch, der größte Teil des Körpers wurde weiß und als neue Frösche hüpften sie im schlammigen Wasser herum.

Inhalt:

Die Vorlage für die lykischen Bauern stammt von Nikander von Kolophon. Wir befinden uns jetzt im 2. Abschnitt der Metamorphosen, dort sind die Verwandlungen immer Bestrafung. Ovid lässt die Geschichte von einem Mann erzählen .

Grundmuster der Verwandlung:

Ursache : superbia (Hochmut) gegenüber der Göttin

Urheber der Verwandlung (hier Latona)

Verhältnis zwischen Wesen und Gestalt - Durch die Verwandlung decken sich Wesen und Gestalt.

Verlauf der Verwandlung: langsam und fortschreitend

Wesenszüge werden nach der Verwandlung verdeutlicht

Zweck der Verwandlung

Gliederung

Vorgeschichte bis 330

315-330: Einleitung: Verknüpfung mit vorhergehender Geschichte; Thema wird genannt; Art der Überlieferung; Handlungsort

331-344: Latona auf der FluchtBegegnung mit den Bauern (344)Latona will trinkenVerbot: Streit ums Wasser (bis 349)Verhandlung mit den Bauerndie Bauern erhören die Bitte nicht (349-366)Latona wird zornig (ab 366)ihre Reaktion mit der Verwandlung der Bauern (ab 370)

Ermahnung an die Bauern:

wenn ihr mir das Wasser nicht gebt sollt ihr für immer im Wasser leben

Argumente Latonas

-Der Gebrauch des Wassers ist gemeinschaftlich

-Das Wasser ist ein öffentliches Geschenk

-Bitte ist nicht nötig, sie bittet aber trotzdem

-Latona will nur trinken und sich nicht waschen

-Ihr Durst ist so groß, dass ihre Stimme schon versagt

-Sie befindet sich in einer existenzieller Notsie benötigt das Wasser um leben zu können

-Die Bauern sollen wenigstens mit den Kindern Mitleid haben

Verhalten der Göttin

Die Göttin braucht etwas zu trinken - sie fleht die Bauern an. Da diese ihr dieses nicht erlauben wird sie zornig und verwandelt sie in Frösche. Sie agiert nicht indem sie von ihrem Recht Gebrauch macht, sondern mit Mitleid. Das nicht vorhandene Mitleid würde durch die Kinder gesteigert werden Klimax

Sie überprüft die Bauern, ob sie Mitleid haben. Latona wird erst mit der Verwandlung göttlich.

Beweggründe für das Verhalten der Bauern

Latona ist eine Fremde und die Bauern glauben, dass das Wasser ihnen gehört - Sie haben Angst, dass sie das Wasser verschmutzt, wenn sie darin badet. Sie bleiben stur und werden immer boshafter und sie hüpfen im Wasser herum um es zu trüben und sie beschimpfen Latona. Nicht einmal mit den Kindern haben sie erbarmen.

Ort der Handlung:

Lykien ist ein ackerreiches Land es ist gebirgig, die Sonne ist drückend heiß, sodass die Flure verbrannt sind und es gleicht einer südländischen Landschaft.

Metamorphosen:

Metamorphose beginnt in Vers 370, aber erst im letzten Vers wird das Wort Frosch genannt. Aber es wird vorher langsam klar was sie werden.

Stilmittel

355/56 Lautmalerei (v-f drückt Trockenheit aus)

362 Bracciologie

376 Lautmalerei drückt das Quaken der Frösche aus

Aussage der Verwandlung über das Wesen der Bauern

Wesenszüge der Bauern werden verdeutlicht

vorher nachher
convicia addunt (sie fügen Schimpfworte hinzu dilabant convicia rictu (Schimpfworte verbreitern den Rachen)
turbavere lacus (wühlen Wasser auf) resilire lacus (springen in den Teich

zurück)

...saltu movere maligno (sie wirbeln Schlamm auf durch boshaftes Springen) limos salunt in gurgile ranae (sie springen immer wieder in den Teich

hinein)

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