Architektur des Barocks

Gliederung:

1. Allgemeines zur Epoche

2. Die Geschichte des Barocks

3. Sakralbauten

4. Profanbauten

5. Merkmale

6. Quellen

1. Allgemeines zur Epoche

Barock = Bez. für europ. Baustil von 1650 - 1750

Name: portugies.: "barroco", Juweliere nennen so ihre unregelmäßige und unrunde Perlen

andere roman. Sprachen: regelwidrig, sonderbar, grotesk, verdreht, lebensfroh

Hauptmerkmal: im Gegensatz zum Ruhigen, Harmon., Stat. der Renaissance:

lebendige, dynam. Bewegung, Zusammenfließen in berauschende Pracht

Gesamtkunstwerk:

erstmals Verschmelzen von Architektur, Plastik, Bildhauerei, (Musik) in gemeinsamer Kraft

Ãœbergreifen auf Literatur, Theater, Musik durch einheitl. Grundempfinden und einheitl. Grundbild

2. Die Geschichte des Barocks

Anfänge: Italien

Beginn dieser Epoche: Dreißigjährige Krieg (1618-1648), furchtbare Verwüstungen

neue Herrschaftsform: Absolutismus (nach franz. Vorbild)

Hauptströmung: Gegenreformation, röm. kathol. Kirche überstand Ansturm der protestant. Kirche, wehrt sich u.a. mit "Konzil von Trient" (1545), neues Selbstbewusstsein, Drang zur Selbstdarstellung

kunstbegeisterte Päpste

--> Zentrum: Rom, Italien

--> später Ausbreitung nach Spanien, Portugal, Österreich, Süd-dtld, Lateinamerikan. Kolonien

siehe Buch S. 121 Petersdom

Ende dieser Epoche: franz. Revolution (1789), Aufklärung, modere Wissenschaften

3. Sakralbauten:

3.1. Italienische Sakralbauten

Ãœbernahme der Grundrissformen der Renaissance (Kreis, Quadrat, Achteck, griech. Kreuz)

Vorbild: Jesuitenkirche "Il Gesù" in Rom:

ab 1550 von Giacomo Vignola geplant, Baubeginn: 1568

siehe Buch S. 122/123

Langhausbau, neue Raumvorstellung (Öffnung der Kirche gegenüber Volk), aus Summe kleinerer, selbstständiger Teile wird einheitl. Ganzes, Einfügen der Ausstattung (Bilder, Altäre) in Gesamtkunstwerk

Seitenschiffe --> Kapellen, dem Hauptschiff streng untergeordnet, Querschiff fast nicht mehr erkennbar --> überschaubarer Raum --> intensive Einbeziehung der Gläubigen in Gottesdienst

1585: Innen-Fassade von Giacomo della Porta, Übergang von den erhöhten Mittelschiff zu niedrigeren Seiten durch barocke Voluten --> Vorbild für Fassadenbau in Europa, später jedoch dynamischer und plastischer

Hauptkircher der Katholiken: Petersdom in Rom

wesentl. Teile schon aus Ranaissance, Grundstein: 324 von Kaiser Konstantin, lange Geschichte, Verfall im Mittelalter, Papst Julius2 ließ 1000-jähriges Bauwerk abreißen --> Neubau der "Maestro Rovinante" (Meister der Zerstörung) ab 1506

Michelangelo und Antonio da Sangallo: Motto: "A minor forma, a maggior grandezza", "kleiner, aber großartiger"

Zentralbau mit Kuppel

Weitere Architekten: Carlo Maderna (erste barocke Züge), Giovanni Lorenzo Bernini

Opt. Täuschungen: z.B. Kolonaden: 284 sechzehn Meter hohe Travertinsäulen mit dorischen Kapitellen, Fassade wirkt dadurch höher und schmaler

3.2. Barockbau in Mitteleuropa

erst ab. ca. 1660 wegen 30-jähr. Krieg

v.a. absolutist Fürsten (bes. Hochadel, Kirchenfürsten)

Anfangs kamen Italiener nach Dtld. (z.B. Agostino Barelli, Enrico Zuccalli in München)

Hauptbauwerke: Klöster, Wallfahrtskirchen

Klöster:

Mönchswohnung, Kirche, Schule, Gutshof

ausgedehnter Grundbesitz

Prunkstiege, Kaiserzimmer, Festsäle, Bibliotheken, Gärten, Aussichtsplätze

sehr viele Untertanen

--> Stätte der Macht- und Reichtumsdemonstration, nicht der heiligen Armut

Kloster Melk: siehe Buch S. 199

auf Felszunge über Donau, 320 m lang

Ordnung der Gebäude ihrer Wichtigkeit nach der Kirche hin --> Steigerung

plast. Gliederung der Doppeltürme durch Pilaster (mit Wand verbundene, aus ihr hervorspringende Pfeiler mit Basis und Kapitel) und Gersimse (vorspringender, waagerechter Mauerstreifen unter Dach)

Kloster Weingarten: siehe Buch S. 200 unten

geplant, nie in Realität umgesetzt

streng symetr.

Kirche in Mitte als Symbol für Gottesstaat

Kirchen:

ab 1730: überschwengl. Prunkausstattung der Bauten

Ovalraum (Verschmelzun von Lang- und Zentralraum) tritt in Vordergrund, komplizierte Verbindungen zw. Kreis, Rechteck, Ellipse

Wände beginnen zu "schwingen"

Himmelsvisionen an Decken (siehe Buch S. 204)

Kirche Banz in Franken: siehe Buch S. 205

kompliziertes Gewölbesystem, Grundriss aud sich gegenseitig durchdringenden Ellipsen, nach Erfinder --> Guarineske

Baumeister: Johann Dientzenhofer (über 250 Bauwerke)

Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen: siehe Buch S 207

beruht auf Christuserscheinung (Christus mit 14 Kindern von Bauern gesehen)

völlig neues Raumkonzept: drei Längsovale, die einander nicht berühren, ein Haupoval in Mitte, zwei kleinere, gleich große Nebenovale in Chor und Westen der Kirche

--> der von allen Seiten zugängl. Wallfahrtsaltar rückt in geometr. und geistl. Mitte der Kirche

innen: helle, zarte Farben: Weiß, Gold, Rosa

Außen: Verzicht auf Kuppel, zwei Türme

Frauenkirche Dresden: siehe Buch S. 208

eine der wenigen Barockkirchen im protestant. Norden

ab 1726, bis 1738, von Georg Bähr

fast kreisförmiger Innenraum, Einfassung in 5 übereinanderliegende, geschwungene Emporen, oben mit halbkugelförm. Kuppel

Altar, Kanzel, Orgel in einem Block übereinander angeordnet

schlanke, überhöhte Kuppel (Durchm. 23 m), hohe offene Laterne bildet Abschluss

vier Ecktürme mit kurvig ansteigenden Aufsätzen und Zwiebelhauben

Zerstörung 1945, Wiederaufbau seit 1993

3.3. Barocke Sakralbauwerke in Westeuropa

in Frankreich und England auch Barockkunst, jedoch nicht in so großer Fülle und Stilausprägung wie in Italien, Spanien und Süddtld.

antike Elemente auf Renaissance noch lebendig --> Verbindung mit Barockelementen --> später wurde daraus Klassizismus

Frankreich: Klarheit und Regelmäßigkeit, Würde und Niveau, Hauptbau: Invalidendom (siehe Buch S. 210), Kirche für Verwundete und Kriegsinvaliden, später Grabeskirche Napoleons, Architekt: Jules Hardouin Mansart

England: Einfluss des italien. Baumeisters Palladio, klassizist. Tendenzen, Hauptbau: St. Pauls' Cathedral in London, Architekt: Sir Christopher Wren, "Petersdom" der anglikan. Kirche, sehr nüchtern, weder Prunk, noch Größe

Grundriss: siehe Buch S. 212, Form eines lat. Kreuzes mit dreischiffigen Lang- und Querhaus

Tambourkuppel direkt über Zentralraum (Tambour = Stück zw. Mauer und Kuppel, von Fenstern durchbrochen)

--> nicht gerade barock --> rational, nüchtern, erhaben, würdig

Spanien/Portugal: unverwechselbare Sonderformen, Kennzeichen: bizarre Ornamente, die alle Flächen, Rahmen und Säulen überwuchern

z.B. roman. Kathedrale "Santiago di Compostela", später geschlossene Barockfassade, geblieben: roman. Türme, die völlig mit barocken Schmuck überzogen sind, siehe Buch S. 213

4. Profanbau

4.1. Schlösser in Frankreich

Ausdruck der Herrschaft des uneingeschränkt regierenden Fürstens (Absolutismus)

Vorbild: Sonnenkönig Ludwig 14

Vorbild: Schloss Versailles (siehe Buch 128/129)

Gewaltiger Bau, Ausgedehnte, zentrale Gärten

Ausdruck der Staatsform

Ausland: v.a. Dtld.: Nacheifern der kleineren Fürsten (prunkvolle Auffahrten, imposante Treppen, Festsäle mit Ausblick auf Terrassen und Gärten

Zurücktreten des Wehrcharakters, Herrscher konnten sich auf ihre große Macht berufen

offene, unbefestigte Dreiflügelform (Triklinikum)

Umschließung des Ehrenhofes durch Haupt- und Kernbau

Platz, um Distanz zw. Fürsten und Volk zu verdeutlichen

typ. Barockschlösser:

Sanscoussi (ohne Sorge)

Solitude (Einsamkeit)

Eremitage (Einsiedelei)

Bellevue (schöne Aussicht)

strenge Symetrie im Grundriss

Räume des Königs sehr zentral

4.2 Schlösser in Mitteleuropa

in Norddtld: Andreas Schlüter, z.B. Berliner Schloss siehe Buch S. 215

großer, wenig gegliederter Bau mir nur 3 Flügeln, Bild: Risalit (hervorspringender Fassadenteil), Rießensäulen mit glatten Schäften und korinth. Kapitellen, schweres Gebälk mit Statuen, auf Dach Balustrade (Brüstung aus kleinen Steinsäulen)

Bau ohne Zierrat und Pracht --> preuß. und soldat. Schlichtheit

Sprengung durch DDR nach 2. WK (ideolog. Gründe), seit 1994 Attrappe in originaler Größe

Dresdner Zwinger: festlichstes barockenes Profangebäude in Europa siehe Buch S. 218

Teil eines sehr großen Projektes, sah Neubau eines Schlosse vor, nie vollständig verwirklicht

Architekt: Mätthäus Daniel Pöppelmann

Grundriss: fast quadrat. Mittelfeld, an Ost- und Westseite: zwei kleinere, rechteckige Höfe mit halbrunden Abschluss, Betonung der Mitte der abgegrenzten Südseite durch "Kronentor", zweigeschossige Bauten an Längsachsen im Osten und Westen,, achteckiger Wallpavilon (rechts im Bild), plast. Schmuck --> Verschmelzung von Bild- und Bauwerk

Oberes Belvedere zu Wien (gegenüberliegende Seite)

Architekt: Johann Lucal von Hildebrand

in großen Garten eingebettet, Mischung aus Urbanität und Ländlichkeit, Sommersitz des Kaisers

Fürstbischöfische Residenz zu Würtsburg siehe Buch S. 220

1722 - 1744

eine der herrausragendsten Schlossbauten in Europa, Bauherren: mehrere

--> verschiedene Bauideen --> Verschmelzung von Französischen, Italienienischen, Wienerischen, Niederländischen

Grundriss: streng symetr., 3. Hauptflügel umschließen Innenhof

Decken- und Wandfresken, u.a. von Giovanni Battista Tieplo, Stuckarbeiten, um Gemälde über Rand hinaus plast. zu verlängern, z.B. Bein

4.3 Russischer Barock

Gründung von St. Petersburg 1703 an Mündung der Newa in Sumpf --> Zar Peter der Große wollte Land dem Westen öffnen --> gewollte Einwanderung ausländ. Künstler, um neue Stadt zu verschönern

Hauptbau: Winterpalais des Zaren in St. Petersburg siehe Buch S. 224, Architekt: Bartomomeo Francesco Rastrelli

besondere Kennzeichen des "russ. Barocks":

wirkt überladen, sehr massig, viele Säulen und Pilaster an Fassade

innen: Wandfresken, Stuckdecken, kostbare Hölzer

Farben: Weiß + helles Grün

4.3. Treppenanlagen und Parks

große, der Umgebung angepasste Außentreppen mit ästhet. Wirkung

später in Dtld. Verlegung der Treppen nach innen --> Repräsentationszwecke, fast nur in Dtld.

z.B. Treppenhaus in Augustusburg bei Köln von Balthasar Neumann siehe Buch S. 226:

Spätbarock

Streben nach Symetrie, vollkommene Ausgeglichenheit

Haupttreppe bis zu halber Höhe, zwei obere Treppen bis Hauptgeschoss --> Ort für festliche Regierungsempfänge

Gärten und Parks: z.B. Park von Herrenhausen in Hannover siehe Buch S. 227

Gartenplastiken, Legenden, bibl. Motive, Antike siehe Bild oben

4.4. Barocke Städte

einheitl. Grundschema

Antike: bereits regelmäßige Städte mit geometr. Grundriss

Mittelalter: meist ungeordnete und unregelmäßige Entwicklung, nach Wohn- und Platzbedarf des Handwerks, Händler, Patrizier

Ideal der barocken Stadt: auf Reißbrett mit Lineal und Zirkel, bis in alle Details geplant

--> Stadt = gesellschaftl. Ordnung und Unterordnung der Menschen

Mittelpunkt: Schloss des Fürstens

Strahlen- oder Schachbrettform

z.B. Mannheim oder Erlangen siehe Buch S. 228/229

5. Merkmale

Grundrisse: geschwungene Linien

Fassaden: plast. Gebilde mit Licht- und Schattenwirkung durch vor- und rückgewölbte Teile

6. Quellen

"Epochen der Kunst", Oldenburg Verlag

Internet

Brockhaus-Lexikon

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