Die Aufklärung

Politische und sozialgeschichtliche Grundlagen

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. (Immanuel Kant; ©Dudenverlag)

Das Zeitalter der Aufklärung (Age of Enlightment, Siècle des lumières) ist eine geistesgeschichtliche Epoche des 18. Jahrhunderts in Europa. Hauptträger dieser Entwicklung waren Frankreich, England und Deutschland. In dieser Epoche gingen weit reichende philosophische, soziale und politische Veränderungen vor sich.

Vordenker der Aufklärung waren die Philosophen René Descartes und Baruch Spinoza, der Staatstheoretiker Thomas Hobbes, der Begründer des Empirismus John Locke, der französische Skeptiker Pierre Bayle sowie der Naturwissenschaftler Isaak Newton.

Im Zentrum der Aufklärungsphilosophie stehen eine Abwendung von einer mystisch-spekulativen Tradition und der Glaube in die Kraft des menschlichen Geistes: Überlieferte Werte, Institutionen, Konventionen und Normen wurden bewusst in Frage gestellt, um ihren Sinn zu überprüfen. Das Motto des Zeitalters fasste Kant als "Sapere aude!" zusammen: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstands zu bedienen!" So lautet also der Wahlspruch der Aufklärung.

Während der Epoche der Aufklärung kam der Naturwissenschaft eine zunehmende Bedeutung zu. Der wissenschaftlichen Erkenntnis durch Naturbeobachtung und Experiment wurde eine größere Rolle beigemessen als dem Studium der Schriften des Aristoteles und der Bibel, die bis dahin als unanfechtbare Quellen des Wissens galten. Obwohl die meisten Denker der Aufklärung die Kirche, vor allem die katholische Kirche, wegen ihres Reichtums, ihres Machtmissbrauchs und ihrer Unflexibilität in Glaubensfragen kritisierten, lehnten sie dennoch die Religion nicht grundsätzlich ab, sondern vertraten einen gemäßigten Deismus, der davon ausging, dass Gott nach Erschaffung der Welt in deren Lauf nicht mehr eingriff.

Österreich:

Die Aufklärung kam Ende des 17.Jhdt in Europa auf, wurde erst im 18.Jh. in Österreich wirksam und wirkte bis in das 19. Jh. fort. In Österreich wurden die Ideen der Aufklärung weniger über die Philosophie als über Rechtswesen, Medizin und Naturwissenschaften verbreitet. Sie wurden vor allem von Beamten und im höheren Bürgerstand aufgenommen. Besonders praktische Auswirkungen hatte die Aufklärung in der Rechts- und Staatslehre. Diese Rechtsprinzipien waren Grundlagen für Reformen der Zeit Maria Theresias und Josephs II. Maria Theresia war von der Aufklärung wenig berührt, ihr Sohn Joseph II. und einige ihrer Berater, standen jedoch im Bann der Aufklärung. Sie vertraten alle die Ansicht, der Staat müsse religiöse Toleranz üben, Hexenprozesse, Folter und Todesstrafe seinen abzuschaffen. Joseph II. übertrug diese Ideen auf viele Bereiche des Staates (aufgeklärter Absolutismus). Die Aufklärung hat mit dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch bis zur Gegenwart gültige Nachwirkungen.

Das Erziehungswesen stellte ein Hauptanliegen der Aufklärung dar, die Reform der Volksschule 1774 war von ihrem Geist getragen. Großen Einfluss hatte die Aufklärung auf die Literatur, die vornehmlich erzieherisch lehrhaft, aber auch kritisch wirken wollte.

Die Freimaurerei, der viele Vertreter der Führungsschicht angehörten, trug wesentlich zu Verbreitung aufklärerischer Ideen bei. Die Aufklärung formte den Staat der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts in vielen Bereichen, wurde aber aufgrund der Auswirkungen der Französischen Revolution in Österreich wieder zurückgedrängt.

Großbritannien:

Die industrielle Revolution in GB:

Die Industrielle Revolution startete Ende des 18. Jahrhunderts in Großbritannien. Erfindungen, wie die der Dampfmaschine, neuer Web- und Spinnmaschinen sowie neuer Verfahren zur Eisen- und Stahlgewinnung, gestalteten die Güterproduktion vollkommen um. Sie wurde in große Fabriken verlegt. London war im 18. Jahrhundert das Zentrum des Welthandels. Die Unternehmen konzentrierten sich in den Städten. Dorthin wanderte die ländliche Bevölkerung ab, die von der Landwirtschaft nicht mehr leben konnte. Sie bildete eine "industrielle Reservearmee" von Arbeitskräften, die auch durch das schnelle Bevölkerungswachstum vergrößert wurde. Dies stärkte die Menschen im Glauben an den unendlichen Fortschritt.

Frankreich:

Die Revolution von 1789:

Am 5. Mai 1789 traten 1200 Vertreter der Generalstände in Versailles zusammen. Da die Regierung mit keinerlei Plänen zur Erfüllung der Erwartungen der Abgeordneten und der Nation aufwartete, ergriff der dritte Stand die Initiative und erklärte sich am 17. Juni zur französischen Nationalversammlung. Er forderte die Adeligen und die Kirche auf, sich ihm anzuschließen und schwor den feierlichen Eid, sich nicht zu trennen, bevor nicht in Frankreich eine Verfassung errichtet sei.

Das Ende des Ancien Régime:

Als die Regierung im Juli die Auflösung der Nationalversammlung befahl, erhoben sich die Bewohner der Stadt Paris, brachten die Bastille in ihre Gewalt und zwangen den König, die Nationalversammlung zu akzeptieren. Die Erhebung der Massen auf dem Land veranlasste die verfassunggebende Versammlung in der Nacht vom 4. auf den 5. August, alle Feudalrechte und Privilegien, Erbadel und Titel abzuschaffen.

Auszug aus der Französischen Verfassung vom 3. September 1791:

Artikel 1. Die Menschen sind und bleiben von Geburt frei und gleich an Rechten. Soziale Unterschiede können nur im gemeinsamen Nutzen begründet sein.

Artikel2. Das Ziel jeder politischen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen und unverjährbaren Menschenrechte. Diese Rechte sind Freiheit Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung. [...]

Empirismus und Rationalismus:

Empirismus (hauptsächlich in England) ist eine philosophische Richtung, die davon ausgeht, dass alle Erkenntnis auf Erfahrung beruht. Als Hauptvertreter des klassischen Empirismus gelten John Locke, David Hume und andere. Im direkten Gegensatz zum Empirismus steht der Rationalismus (hauptsächlich in Frankreich), der von René Descartes, Baruch Spinoza, und anderen begründet wurde. Die Rationalisten versuchen sich unerklärliche Sinneseindrücke rational, also mit dem Verstand, zu erklären.

Immanuel Kant (D) vereinte Empirismus und Rationalismus: Wie die Empiristen ging er davon aus, dass dem Wissen Sinneseindrücke zugrunde liegen. Erkenntnis wird jedoch erst durch den Verstand ermöglicht, der die Empfindungen einordnet.

Nordamerikanischer Unabhängigkeitskrieg (Amerikanische Revolution):

Der Unabhängigkeitskrieg war ein Krieg zwischen Großbritannien und seinen 13 nordamerikanischen Kolonien, der von 1775-83 dauerte. Anlass waren die britischen Handelsbeschränkungen und Steuergesetze für die Kolonien. Die Kolonisten reagierten zunächst vor allem mit der Forderung nach parlamentarischer Mitsprache und schließlich mit Gewaltakten, wie der Boston Tea Party am 16. Dezember 1773, bei der eine Teelandung aus der Ostindischen Handelskompanie im Hafen von Boston (Mass.), durch, als Indianer verkleidete, Mitglieder der Geheimorganisation "Sons of Liberty", vernichtet wurde. Die Amerikaner erklärten dann am 4. 7. 1776 ihre Unabhängigkeit. Nach für die amerikanischen Truppen verlustreichen Kämpfen nahm der Krieg durch die Niederlage der Briten in Saratoga (17. 10. 1777) eine Wende. Kriegsentscheidend war das französisch - amerikanische Bündnis vom 6. 2. 1778, dem 1779/80 der Kriegseintritt Spaniens und der Niederlande gegen Großbritannien folgte. Im Pariser Frieden (3. 9. 1783) erkannte Großbritannien die Unabhängigkeit der USA an. Auszug aus der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika vom 4. Juli 1776:

Folgende Wahrheiten halten wir als selbstverständlich:

Dass alle Menschen gleich geschaffen sind;

dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind;

dass dazu Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören;

dass zur Sicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingesetzt werden,

die ihre rechtmäßige Macht aus de Zustimmung der Regierten ableiten; [...]

Im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg sahen viele europäische Aufklärer ein Zeichen für die Verwirklichung aufklärerischer Gedanken. Er ermutigte sie zu offener Kritik an den europäischen Monarchien. In Frankreich mündeten die gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen sowie ein damit verbundenes erstarktes Selbstvertrauen des dritten Standes in die Französische Revolution von 1789.

Auszug aus der Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945:

Durch die Annahme von Grundsätzen und die Schaffung entsprechender Methoden sicherzustellen, dass Waffengewalt nicht zur Anwendung komme, es sei denn im Interesse des Gemeinwohls, und

Internationale Organisationen heranzuziehen, um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aller Völker zu fördern,

HABEN BESCHLOSSEN, UNSERE ANSTRENGUNGEN ZU VEREINEN, UM DIESE ABSICHTEN ZU ERREICHEN. [...]

Gemeinsam sind allen diesen Verfassungen Rechte, die von Geburt an jedem Menschen zugesprochen werden. Egal von welcher Hautfarbe, von welcher Nationalität, von welcher politischen Überzeugung, die einzige Bedingung ist es Mensch zu sein. Die Menschenrechte.

Auswirkungen der Aufklärung auf die Religion:

Deismus ist eine rationalistische Religionsphilosophie, die ihre Blütezeit im 17. und 18. Jahrhundert insbesondere in England hatte. Allgemein vertraten die Deisten die Ansicht, dass eine gewisse Art religiöser Kenntnis (die manchmal als natürliche Religion bezeichnet wird) entweder jedem Menschen innewohnt oder durch die Vernunft zu erlangen ist. Die Gültigkeit religiöser Behauptungen, die auf Offenbarung oder den bestimmten Lehren einer Kirche beruhen, verneinten sie jedoch.

Der Deismus entwickelte sich in England zu einer wichtigen religiösen und philosophischen Weltanschauung. Er stand für eine Vernunftreligion und wandte sich gegen die übernatürlichen oder irrationalen Elemente in der jüdischen und der christlichen Tradition.

Der Deismus und seine Kritik an Fanatismus und Intoleranz hatte starken Einfluss auf die britischen Philosophen John Locke und David Hume. In Frankreich wurde Voltaire zu einem besonders wirkungsvollen Verfechter des Deismus, dessen rationalistische Kritik an der Kirche und den Wundergeschichten der Bibel noch schärfer war als die der Briten. Doch auch er hielt am Glauben an die Existenz einer Gottheit fest. Abwandlungen des Deismus, von denen sich einige dem Atheismus annäherten, wurden auch von vielen anderen berühmten Persönlichkeiten der europäischen Aufklärung vertreten.

Ende des 18. Jahrhunderts gewann der Deismus auch in Amerika an Einfluss. Dort waren Benjamin Franklin, Thomas Jefferson und George Washington Vertreter einer deistischen Weltanschauung.

Auswirkungen auf die Literatur:

Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781):

Als Sohn eines Pfarrers studierte Lessing Theologie, Philosophie und Medizin in Leipzig und Wittenberg. Mit seinen kritischen Werken verlieh der Aufklärer Lessing der deutschen Literatur eine neue Darstellungsweise und übte großen Einfluss auf nachfolgende deutsche Schriftsteller aus. Mit Nathan der Weise schuf er ein Rede für Toleranz und Menschlichkeit, indem er aufzeigte, dass Charakterstärke und Edelmut nicht von einer bestimmten Religion abhängen.

Es eifre jeder seiner unbestochnen

Von Vorurteilen freien Liebe nach!

Es strebe von Euch jeder um die Wette,

Die Kraft des Steins in seinem Ring an Tag

Zu legen! komme dieser Kraft mit Sanftmut,

Mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun,

Mit innigster Ergebenheit in Gott

Zu Hilf!

Gotthold Ephraim Lessing - Nathan der Weise

Voltaire (1694-1778):

Voltaire hieß eigentlich François Marie Arouet und war als französischer Schriftsteller und Philosoph einer der führenden Vertreter der Aufklärung.

Er wurde am 21. November 1694 als Sohn eines wohlhabenden Notars in Paris geboren und von den Jesuiten am Collège Louis - le - Grand unterrichtet.

Religionskritik

Nachdem Voltaire einige Jahre lang ein Wanderleben geführt hatte, ließ er sich 1758 in Ferney nieder, wo er seine letzten 20 Lebensjahre verbrachte. In der Zeit zwischen seiner Rückkehr aus Berlin und seinem Leben in Ferney vollendete er sein ehrgeizigstes Werk, den Essai sur l'histoire générale et sur les mœurs et l'esprit des nations depuis Charlemagne jusqu'à nos jours (1756, Über den Geist und die Sitten der Nationen). In dieser geschichtsphilosophischen Studie über den menschlichen Fortschritt kritisierte er Aberglauben und Fanatismus und verurteilte die Religion und die Macht der Geistlichkeit, er skizziert jedoch gleichzeitig auch seinen eigenen Glauben an die Existenz Gottes.

Bedeutung

Als einer der bedeutendsten Repräsentanten der Aufklärung lehnte Voltaire im Wesentlichen alles Irrationale und mit logischem Denken nicht Vereinbare ab und rief seine Zeitgenossen dazu auf, sich gegen Intoleranz, Tyrannei und Aberglauben zu wehren. Seine Ethik gründete sich auf den Glauben an die Gedankenfreiheit und an die Würde des Menschen. Er engagierte sich für politische und religiöse Gleichheit und setzte sich für eine Literatur ein, die sich mit den aktuellen Problemen der Gesellschaft befassen sollte.

Immanuel Kant (1724-1804):

Immanuel Kant hieß eigentlich Immanuel Cant und war ein deutscher Philosoph. Mit seiner Begründung des so genannten kritischen Idealismus stieg er zu einem der einflussreichsten Denker der Neuzeit auf.

Seine Ethik entwickelt Kant aus dem Begriff der Freiheit, der bereits in seiner Schrift Kritik der reinen Vernunft (1788) eine Rolle spielt. Unter Freiheit versteht er jedoch nicht die gesetzlose Freiheit oder Willkür, sondern die Freiheit zur Selbstbestimmung, die Freiheit zur bewussten Befolgung des Gesetzes, das sich die Vernunft selbst gegeben hat. Freiheit heißt bei Kant also vor allem Freiheit zur Vernunft.

Mit der Französischen Revolution endete das Zeitalter der Aufklärung, da die Gewalt während der Schreckensherrschaft zwischen 1792 und 1794 die hohen Ideale der Epoche in Frage stellte.

Literaturangaben:

Brockhaus, Friedrich Arnold (Hrsg.): Der Brockhaus - Erster Band. Leipzig/Mannheim 1997

Bamberger, Maria & Richard/Ernst Bruckmüller/Karl Gutkas (Hrsg.): Österreich Lexikon - Erster Band. Wien 1995

Lexikonredaktion d. Bibliographischen Instituts (Hrsg.): Mayers neues Lexikon - Erster Band. Mannheim 1978

impulse 2. Lese- und Arbeitsbuch. Hrsg. von Norbert Griesmayer [u.a.]

Microsoft Corporation: LexiROM 4.0 Edition 2000 Update.

Microsoft Corporation: Encarta 98 Enzyklopädie.

1972 Worte in "deutsch"  als "hilfreich"  bewertet