Hexenverfolgung

Gliederung:

I. Einleitung

Definition des Begriffes "Hexe"

II. Geschichte der Hexenverfolgung

Die Entstehung des Hexenwahns

Kirchlicher und weltlicher Aspekt

2.1. Inquisition

2.2. Hexenbulle und Hexenhammer

2.3. Carolina von Kaiser Karl V.

Durchführung der Hexenverfolgung

3.1. Erkennung von Hexen

3.2. Prozeßverfahren

Ein Beispiel: Die Hexenprozesse in Idstein

Kritik an der Hexenverfolgung

Das Ende des Hexenwahns im Zeitalter der Aufklärung

Hexen heute

Anlagen:

Zeittafel

Thesen

I. Einleitung

1. Definition des Begriffes Hexe

In Sagen und Märchen drückt sich in vielfältiger Form die Phantasie eines Volkes aus, die durch Zauberwahn und Hexenglaube nur noch beflügelt wird. Bei dem Begriff "Hexe" denkt jeder von uns wohl erst an die Märchenhexe, die aus Kindertagen sehr gut bekannt sein müsste. Jener Typ von Frau mit rotgeränderten Triefaugen, Buckel,

Warze auf der Nase und krumm über einem Stock laufend, mit einer schwarzen Katze oder einem Raben auf der Schulter. Meist lebt diese Hexe im tiefen Wald und hat allerlei magische Kräfte. Sie spricht mit Tieren und braut Zaubertränke. Oft verwandelt sie sich in Tiere und lockt kleine Kinder in ihr Knusperhäuschen, um sie zu verhexen oder zu verspeisen. Eine andere Form der bösen Hexe ist die Stiefmutter,

deren Haß und gesamte Bosheit sich hauptsächlich gegen bestimmte Personen richtet,

bevorzugt Stiefkinder. Das Böse in Märchen wird also durch die Hexe verkörpert,

( allerdings ohne Mitwirkung des Teufels ) durch eine boshafte, häßliche und gierige Person, die ihren armen, unschuldigen Opfern auf jeden Fall Schaden zufügen will.

Bei den Hexensagen, die im Gegensatz zu den Märchen sehr individualisierte Züge aufzeigen, sind ebenfalls zwei Hauptgruppen zu unterscheiden: In einigen Fällen ist die "Hexe" entstanden aus Gestalten einst selbständiger Sagengruppen, die die Züge der Hexen annahmen oder deren Eigenschaften den Hexen beigefügt wurden. Zu nennen sind die Wind - und Wetterhexen, die aus den alten Gewitterdämonen entstanden, sowie die Sagen über die bösen Hausgeister, wie zum Beispiel vom

Werwolf. In den meisten Sagen handelt es sich bei Hexen jedoch um Frauen, die ihre Macht und ihre besonderen Fähigkeiten einem Bündnis mit dem Satan verdanken.

Die Mitwirkung des Teufels in den Hexensagen tritt im Gegensatz zu den Hexenprozessen in den Hintergrund oder verschwindet fast ganz. Meist treibt die Hexe nur aus persönlichen Gründen, zum Beispiel auf Grund des Strebens nach irdischen Gütern, wie Geld, ihr Unwesen. Außerdem unternimmt eine Hexe alles, um ihre Identität zu verbergen. Sie geht in die Kirche, verwandelt sich in Tiere oder nimmt eine Scheingestalt an. Ist der Teufel in Hexensagen nun doch einmal im Spiel, so erweist er sich stets als ehrlicher Partner, der seine Versprechen einhält, während er in den Hexenprozessen als Betrüger entlarvt wird.

Die Hexenversammlung, "der Hexensabbat", wird zur ausgelassenen, harmlosen Feier mit Spiel, Tanz und fröhlichem Gelage. Der Teufel tritt hierbei in verschiedenen Rollen auf, mal als Gastgeber oder als Diener.

Der Sieg der Christen über den Teufel wird bei jeder Gelegenheit gezeigt. In einigen Sagen stellen Hexen sogar ihre Kräfte zur Verfügung, um gegen den Teufel zu kämpfen. Verstärkt tritt in den Sagen nun die Bedeutung des Teufelspaktes in den Vordergrund. Der erfolgte Abfall von Gott bedeutet den Verlust der Seligkeit, der unwiderruflich ist; auch durch Buße oder Gebet kann man keine Abhilfe schaffen.

Dieser Überblick über Märchen und Sagen macht klar, dass das Wort "Hexe", welches im Volksglauben Elemente enthält, wie Vertrautsein mit Tieren und der Natur, Kindermord und Kannibalismus, ein Sammelbegriff ist, der ganz verschiedene Kulturbereiche vereinigt. So sind Einflüsse aus den Religionssystemen aus Indien, Persien, Ägypten sowie aus dem keltischen und germanischen Zauber - und Gespensterglaube und zuletzt aus der griechisch - römisch antiken Mythologie - um nur einige zu nennen - von großer Bedeutung für den Hexenglauben geworden.

Theologen des Mittelalters prägten für den Begriff "Hexen" neue Ausdrücke, da sie kein entsprechendes Wort fanden. Ausdrücke wie zum Beispiel: "lamiae" oder "lamia", die allerdings nur einer Teilvorstellung des Begriffes "Hexen" entsprachen. (1/6)

II. Geschichte der Hexenverfolgung

Die Entstehung des Hexenwahns

Der Hexenglaube entstand nicht unter dem Einfluß der Kirche, die Entwicklung verlief genau entgegengesetzt. In den ersten Jahrhunderten duldete die katholische Kirche keine Personen, die mit dem Teufel in Verbindung standen oder sich in teuflischen Künsten übten. Sie verurteilte die Häretiker, griff die Manichäer hart an und befahl ihre Vernichtung. Sie leugnete den Hexenglauben.

Im Jahre 785 verkündete die Heilige Synode von Paderborn: "Wer vom Teufel verleitet nach heidnischem Glauben behauptet, dass des Hexen gibt und sie auf dem

Scheiterhaufen verbrennt, wird mit dem Tode bestraft." Dieses Dekret wurde von Karl dem Großen bestätigt. Seine Befehle besagten, dass die Bischöfe all diejenigen aus der

Gemeinschaft der Christen ausschließen sollten, "die an teuflische Magie und den nächtlichen Flug der Hexen glaubten".

Die Verbreitung von häretischen Sekten, in europäischen Ländern, führte dazu, dass die Kirche die Existenz von Hexen eingestand. Zwischen 1000 und 1200 verbreitete sich die Sekte der Manichäer sehr stark. Überall entstanden Geheimgesellschaften. Sehr in die Enge getrieben, nimmt die Kirche den Kampf gegen Ketzerei und Zauberei (vorerst auf die gleiche Stufe gestellt) auf. 1179 rief das Lateran-Konzil die weltlichen Mächte auf, bei der Bekämpfung der Ketzerei tätig zu werden. Es begannen sofort entsprechende Maßnahmen. Die bischöflichen Gerichte, die die Inquisition einführten, wurden 1235 endgültig durch ein Breve von Gregor IX. eingesetzt. Von nun an leugnete die Kirche nicht mehr die Existenz von Dämonen und Hexen.

Zunächst kam es zu wenigen Verbrennungen, denn die als Hexen beschuldigten Menschen wurden nicht gefoltert und konnten sich durch Gottesurteil oder durch

einen Reinigungseid befreien.

Die Kirche verbreitete die Behauptung, dass die Hexen in ein geheimes Komplott mit dem Teufel verwickelt seien, um das Königreich Gottes auf der Erde zu stürzen .

Die Männer der Kirche redeten den Laien ein, dass sehr häufig schwarze Messen stattfanden und sie verstärkten diese Vorstellungen noch. Diese Aussagen waren zum größten Teil Schwindel, und es lagen keine Beweise vor, allerdings wurden sie benötigt, um die allgemeinen Wahnvorstellungen aufrecht zu erhalten. Denn die eigentliche Aufgabe, die Albigenser, die Waldenser und andere südfranzösische Ketzergruppen zu töten, war beendet. Nun brauchte die Inquisition neue Opfer, um ihre finanziell sehr einträgliche Existenz fortzusetzen.

Dieses Problem konnte durch den Hexenwahn gelöst werden. An den Verbrechen, derer die Hexen alle angeklagt wurden, waren sie alle völlig schuldfrei, da es unmöglich war, diese zu verüben. (Pakt mit dem Teufel/Reiten auf einem Besen).

Die Suche der Inquisitoren nach neuen Opfern, mit denen sie ihre Organisation

rechtfertigen konnten, bereitete der Verfolgung der Hexerei einen Aufschwung. "1375

beklagte sich ein französischer Inquisitor, dass alle reichen Häretiker ausgerottet seien und niemand mehr übrig wäre," um sich dessen Reichtum anzueignen.

Nach dieser Aussage erlaubte Papst Johannes XXII. alle zu verfolgen, die Magie betreiben. So entwickelte die Inquisition langsam und unsicher ihre Konzepte gegen die Hexerei.

Die Hexenjagd finanzierte sich selbst, weil sie zu einem bedeutenden Gewerbe wurde. Das Einkommen vieler wurde durch sie gesichert. Der örtliche Adel, Bischöfe, Könige, Richter, Gerichte, Gemeinden, städtische Magistrate und andere hohe und niedrige Funktionäre erhielten ihren Anteil an der Beute, die die Inquisitoren aus dem Nachlass ihrer Opfer zusammentrugen. Die Opfer mussten ihre Hinrichtung selbst bezahlen, auch den Strick und den Pfahl, an dem sie erhängt wurden. Für jede Folter gab es eigene Kosten. Nach der Hinrichtung reicher Hexen nahmen die Richter ein üppiges Mahl zu sich. Natürlich auf Kosten der Opfer. (2/3)

2. Kirchlicher und weltlicher Aspekt

2.1. Inquisition

Im 11. Jahrhundert erreichte die katholische Kirche den Höhepunkt ihrer Macht. Diese erreichte sie, indem sie die totale Kontrolle über die Informationstechnik dieser Zeit, das geschriebene Wort, ausübte. Somit hatte sie auch die Macht, Botschaften und Informationen in ganz Europa zu verbreiten. Es kam auch zu einer Wiederbelebung des Handels, sogar mit dem Orient. Dies führte dazu, dass nicht nur neue Waren, sondern auch fremde, neue Ideen und Glaubensideen nach Europa kamen. Da Geduld und Überredungskunst bei den neuen Sekten keinen Erfolg brachten, und diese immer mehr Macht, Zulauf und Zuspruch erhielten - die Kirche stand zu dieser Zeit, auf Grund ihrer Machtstruktur und dem negativen Verhalten vieler Oberer, in keinem sehr gutem Licht - griff die Kirche und auch der weltliche Teil zu Methoden dieser Bedrohung zu begegnen. Sowohl in Deutschland, England als auch in Frankreich war es üblich, Ketzer öffentlich anzuprangern, zu verstümmeln und häufig dem Scharfrichter auszuliefern. Die Inquisition wurde nach dem Auftreten der Albigenser und der Waldenser zum Selbstschutz der katholischen Kirche.

Im Jahre 1184, das offiziell als das Geburtsjahr der Inquisition gilt, veröffentlichte Papst Lucius III. einen Erlass, worin die Bischöfe und Erzbischöfe aufgefordert

wurden, jede Gemeinde ihres Bistums zweimal im Jahr zu besuchen, um dort zuverlässige Menschen ausfindig zu machen, die dabei helfen sollten, Ketzer zu

entlarven und einem kirchlichen Prozeß zuzuführen. Es gab zwar schon vorher Kirchengerichte, allerdings wurde erstmals eine solche Maßnahme von höchster Stelle angeordnet. Die Inquisition wurde als Kommission gegründet, die Untersuchungen durchführen sollte. Durch die Verfolgung von Häretikern und Ketzern sollte der Glauben rein gehalten werden. Auf diese Art wurde versucht, die Anerkennung der katholischen Kirche zu erreichen. Die Päpste glaubten allerdings, dass sie durch die Einrichtung der Inquisition Milde und Gnade walten ließen. Dies stimmte jedoch zum Teil, denn vor allem in England, Schottland und Skandinavien, Länder in denen es bis ins 15. Jahrhundert zu keiner Ausübung der Inquisition kam, urteilten örtliche geistliche Gerichte über die Ketzer. Die Richter waren sehr streng, da sie sich nicht, wie die päpstliche Kommision, an die Regeln des Inquisitionsverfahrens halten mussten.1215 wurde vom 4. Laterankonzil die Auslieferung der Ketzer an die weltliche Macht gefordert. Die Bestrafung wurde geregelt durch das Konzil von Toulouse im Jahre 1229. Papst Gregor IX. zentralisierte 1231/32 die Inquisition zu einer päpstlichen Behörde. Diese wurde von den so genannten Inquisitoren - meist Dominikaner - verwaltet, um die örtlichen Bischöfe zu entlasten. (2/3)

2.2. Hexenbulle und Hexenhammer

In der Mitte des 15. Jahrhunderts drang der Hexenwahn von Süddeutschland in Richtung Norden vor. Maßgegblich an dieser Entwicklung beteiligt waren die gelehrten Domonikanermönche Heinrich Kramer (lat. Henricus Institoris) und Jacob Sprenger. Sie stießen allerdings bei deutschen Fürsten, Bischöfen und Stadtregierungen auf Unverständnis und Ablehnung. Aus diesem Grund bat Heinrich Kramer, der seit 1479 das Amt eines Inquisitors von Oberdeutschland inne hatte, den Papst um Hilfe. Diese Bitte stieß sofort auf offene Ohren. Papst Innozenz VIII. (1484 - 1492) erließ am 5. Dezember 1484 die " Hexenbulle ". Darin stimmte er ohne Widerspruch der Meinung des fanatischen Inquisitors bei, dass die Hexensekte eine große Gefahr für Deutschland und vor allem für Kirche und christlichen Glauben darstelle. Aus diesem Grund sollten Sprenger und Institoris bei der Aufdeckung und Vernichtung der teuflichen Verschwörung von der gesamten Obrigkeit unterstützt werden.

Die " Hexenbulle " wurde durch den Buchdruck weit verbreitet und fand große Beachtung. Diese Gegebenheit machten sich die zwei Inquisitoren zu Nutze, indem sie die " Hexenbulle " der dicken Ausgabe des Hexentraktes beihefteten.

Dieses Buch veröffentlichten sie 1487 unter dem Namen " Malleus maleficarum "

in deutsch: " Der Hexenhammer ". Dieses enthielt in drei Teilen, in 42 Kapiteln und 35 Fragen alles, was geistliche Gelehrsamkeit und praktische Erfahrung bis zu diesem Zeitpunkt über Hexerei festgestellt hatte. Ebenso Erläuterungen zum Umgang mit Hexen. Das Buch wurde in den nächsten 200 Jahren zur " Bibel des Hexenwahns ". Es ist festzustellen, dass der " Hexenhammer " eines der schlimmsten Bücher der Weltgeschichte ist, auch wenn man die Umstände der damaligen Zeit mit berücksichtigt. In diesem Buch wurden die schlimmsten Abartigkeiten unter dem Deckmantel der Kirche publiziert. Zu bemerken ist auch der abgründige Frauenhaß, der in diesem Buch zum Ausdruck kommt. Die Frauen werden als " unvollkommene Tiere " bezeichnet: dumm, wollüstig, verlogen, eitel und glaubensschwach. Also sind sie im Gegensatz zu den Männern eine leichte Beute für den Teufel.

Zusätzlich raten Sprenger und Kramer zur Anwendung jeder Art von Grausamkeit und Gewalt, um Hexen und Hexenmeister zu überführen. Es wäre auch legitim, sie mit falschen Versprechungen zu locken.

Der " Hexenhammer " löste den Hexenwahn nicht aus, allerdings sorgte er für das völlige Vergessen der Vernunft. Dies alles geschah nicht im Mittelalter, sondern zu Beginn der Neuzeit, in der die Idee der Freiheit geboren wurde und der Forschergeist des Menschen erste größere Triumphe feierte. (1/3)

2.3. Carolina von Kaiser Karl V.

Als Carolina bezeichnet man die " peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karl V. ", die 1532 die gesetzliche Grundlage für die Durchführung der Hexenprozesse lieferte. Die Carolina ( Constitutio Criminalis Carolina ) galt als allgemeines Gesetzbuch in Verbindung mit einer Strafprozeßordnung und war bis Ende des 18. Jahrhunderts allgemeinhin gültig. In ihr war festgelegt, wie ein Verdacht zu bewerten war, welche Anforderungen an die Zeugen zu stellen waren und wie schwer und wie lange gefoltert werden durfte. Als " peinliche Frage " bezeichnete man die Folter oder die Tortur. (1/3)

Durchführung der Hexenverfolgung

3.1. Erkennung von Hexen

Sehr oft wurden Personen schlicht und einfach denunziert. Das bedeutete, dass man die Inquisitoren/Hexenrichter durch einfaches Anzeigen - auch anonym - dazu bewegen konnte, eine Untersuchung gegen eine beschuldigte Person einzuleiten. Sogar, wenn dies nur auf Grund von Gerüchten oder " Besagen " geschah. Der Verdacht der Hexerei wurde sehr oft von böswilligen Nachbarn, Untergebenen oder Verwandten in die Welt gesetzt. Als " Besagen " bezeichnete man das Nennen von angeblichen Komplizen unter Folter. Nach einer Anzeige hatten die Hexenrichter die Pflicht, zu untersuchen, ob Grund für eine Anzeige bestand. Grundlage hierfür war die Carolina. Allerdings waren die Artikel so allgemein gehalten, dass es für jeden Richter ein Leichtes war, gegen eine Person Anklage zu erheben.

Normalerweise sollte überprüft werden, ob eine Anzeige auf Grund von Neid, Mißgunst oder ähnlichem erstattet wurde. Dieser Prüfung entzogen sich die meisten Richter mit der Begründung, ein Pakt mit dem Teufel falle unter die Definition der " Ausnahmeverbrechen ", und hierbei würde ein reines Gerücht als Verdachtsmoment ausreichen. Mit dieser Begründung wurden selbst Kinder und Geisteskranke als Zeugen für den Prozess zugelassen. Wenn man also nicht denunziert wurde, bestand immer noch die Möglichkeit durch das " Besagen " in Verdacht zu geraten. Nach Meinung der Hexenjäger trafen sich nämlich, die Mitglieder einer Teufelssekte regelmäßig zum Hexentanz oder beim Hexensabbat. Deswegen mussten die Mitglieder wohl bekannt sein. Dieses Wissen preßten die Hexenrichter durch verschärftes Verhör, die Folter, aus den Angeklagten heraus. Unter der Peinigung der Folter wurden viele Namen von Unschuldigen genannt, die ihrerseits wieder Namen von Sektenmitgliedern preisgeben mussten.

Dieses System wurde von Gegnern der Hexenverfolgung scharf kritisiert.

Allerdings waren sich die Inquisitoren ihrer Sache sehr sicher, und sie argumentierten, dass Gott es nicht zulassen würde, dass ein Unschuldiger von einer Hexe oder einem Hexer beschuldigt würde. Bei den Hexenprozessen wurden vor allem Frauen angeklagt, da sie - wie weiter oben beschrieben - eine leichtere Beute für den Teufel waren als Männer. Die Zahl der angeklagten Männer nahm im Laufe der Inquisition jedoch zu. Es wurden auch immer mehr Kinder gefoltert und verurteilt, da sie nach Meinung der Hexenjäger sehr früh dem Satan unter -stellt wurden. Ein anderer positiver Nebenefekt, im Sinne der Inquisitoren, war, dass Kinder sehr schnell und gedankenlos plauderten. So denunzierte ein 12jähriger Junge 1665 in Reutlingen 170 Personen.

Eine andere Form der Hexenerkennung war die " Hexenprobe ", die in Prozess - verfahren oft als Beweisaufnahme angewandt wurde. Unter Hexenproben verstand man die Suche nach Merkmalen, an denen man eine Hexe erkennen konnte.

Eine beliebte " Hexenprobe " war die Wasserprobe, auch Hexenbad genannt. Hierbei band man der entkleideten Person Arme und Beine fest, schlang ihr ein Seil um den Körper und warf sie ins Wasser. Wenn die Person oben schwamm, das taten die meisten wegen des Auftiebs, war sie eine Hexe, denn das Wasser, das als Element der Reinheit galt, hatte sie abgewiesen. Ein weiteres Beispiel war die Suche nach einem Hexenmal. Denn man glaubte, dass der Teufel seinen Hexen, mit denen er sich einlässt, ein Mal aufprägt. Nach diesem Mal wurde von den Hexengerichten gesucht. Um besser suchen zu können, wurden die Beschuldigten kahlgeschoren. Fand man ein entsprechendes Mal, so wurde mit einer Nadel hineingestochen. Geschah dies, ohne dass Blut austrat oder ein Schmerz empfunden wurde, so galt das Hexenmal als bewiesen.

Ein weiteres unfehlbares Erkennungszeichen für Hexen ist die " Tränenprobe ".

Der Hexenhammer weist auf besondere Zuverlässigkeit dieser Probe hin, denn wie allgemein bekannt, kann eine Hexe keine Tränen vergießen. Eine Frau, die während der Folter nicht weint, ist somit als Hexe erkannt. Allerdings ist sie auf keinen Fall unschuldig, wenn sie weint, denn " Gottes Ratschlüsse sind verborgen ", und außerdem hat man immer noch die Folter, falls man ein Geständnis benötigt.

(3/2)

3.2. Prozeßverfahren

Kam es zu einer Anzeige, so wurde erst das soziale Umfeld der Angeklagten - in Form einer Voruntersuchung - durchleuchtet. Man befragte Zeugen, Nachbarn und Familienmitglieder. Erhärtete sich der Verdacht, so folgte die Verhaftung der Person. Schon vor Beginn des Prozesses wurde versucht, die Angeklagten durch die Untersuchungshaft zu zermürben. Die Kerker waren in einem miserablen Zustand. Zum Teil verbrachten die Angeklagten ihre Zeit in Ketten gelegt, und die Frauen waren schutzlos der Vergewaltigung durch den Kerkermeister ausgesetzt.

Die erste Befragung verlief nach einem festen Muster. Zum Teil wurde das Verhör mit einer Zermonie im religiösen Sinne begonnen. Hierbei hängte man den Angeklagten Reliquien um und betete über ihnen. Dann wurden wieder und wieder dieselben Fragen gestellt:

Wann, wo und wie hat sie sich dem Teufel versprochen? Wie und wie oft hat sie sich dem Teufel hingegeben? Wie oft war sie Gast beim Hexensabbat? Wie ging es dabei zu und wen hat sie dort gesehen? Wo und wie hat sie durch Zauberei Schaden angerichtet?

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Es waren in Hexenprozessen Verteidiger zugelassen, obwohl man oft lesen kann, dass dies nicht der Fall war. Allerdings erhielten sie nur mangelnde Informationen und mussten natürlich selbst aufpassen, dass sie nicht selbst in Verdacht der Hexerei gerieten. Somit beschränkten sie sich darauf, auf die Einhaltung der Vorschriften hinzuweisen. Führte das " gütliche Verhör " nicht zum gewünschten Erfolg, so kam man zur nächsten Stufe, zum " Schreckeinjagen mit Worten ".

Hierbei brachte man den Angeklagten die Verwendung der Folterwerkzeuge nahe.

Stieß auch dies auf keinen Erfolg, so wurden den Angeklagten die Folter - werkzeuge angelegt, um zu verdeutlichen, dass es Ernst wurde. Diesen Punkt nannte man " Schreckeinjagen in der Wirklichkeit ". Erst dann, wenn man immer noch kein Geständnis bekommen hatte, schritt man zu den " Hexenproben " und dem " verschärften Verhör ". (1/3)

4. Ein Beispiel: Die Hexenprozesse in Idstein (1676)

Als ein Beispiel der Hexenverfolgung ist die Prozesswelle in Idstein zu nennen. Sie wurde von einem Kind ausgelöst, das behauptete, "dass seine Patin ihm das Mäuse und Eidechsen machen lehren würde ". Graf Johannes glaubte, dass einige Mißstände - der Tod seiner zweiten Frau und der seiner Kinder, sowie das Viehsterben - auf das Werk von Hexen zurückzuführen sind. Die Ängste der Bevölkerung wurden geschürt und auf bestimmte Personen gelenkt. Dies geschah durch die Mithilfe des fanatischen Pfarrers Wicht aus Heftrich. In diesen Fällen ging die Initiative nicht von der Bevölkerung, sondern von Graf Johannes aus. Bei der Idsteiner Hexenverfolgung, eine der letzten großen in Deutschland, übernahm allein Graf Johannes die völlige Befehlgewalt. Es lief nichts ohne eine Rücksprache mit dem Graf. Da er sich mit der Thematik der Hexenverfolgung gut auskannte, wollte er den bekannten Mißständen vorbeugen. Er verhinderte den finanziellen Ruin der betroffenden Familien und deren Verwandtschaft, denn er sorgte dafür, dass das Land der Verurteilten weiterhin von Verwandten genutzt wurde. Nach dem 30jährigen Krieg wären die Folgen der Armut nicht zu verkraften gewesen.

Die Gerichtskosten richteten sich nach dem Vermögen. Es wurde jedoch immer noch genug an der Verfolgung verdient. Interessant war, dass sich Graf Johannes alle Personen vor ihrer Verhaftung vorschlagen ließ.

Die Namen wurden in gewaltsam erreichten Geständnissen oder in persönlichen Anzeigen genannt. Die meisten Personen kamen aus dem Mittelstand, waren also nicht arm. Die Hälfte der Opfer waren Frauen, die Witwen angesehener Bürger.

Aus diesem Grund kann man schließen, dass sich die Hexenjäger nur vermögende Opfer aussuchten. Ein Beispiel hierfür ist die Tatsache, dass auf die Hinrichtung einer Kuhhirtin verzichtet wurde, trotz genügernder Anklagepunkte.

Ein großer Teil der Verurteilten waren Bürger, die nach dem 30jährigen Krieg zu -gezogen waren. Sie wurden mit der Begründung verurteilt, dass sie wegen Hexerei aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Hauptziel waren die Frauen. Da das Land nach dem Krieg allerdings unter Bevölkerungsmangel litt, sollte keine Frau verurteilt werden, die noch Kinder bekommen konnte. Keine der getöteten Frauen in Idstein war jünger als 40 Jahre. Eine jüngere Angeklagte wurde schnell wieder entlassen. Somit wurde klar, dass kein Interesse an jungen Frauen bestand.

Die Hexenverfolgung wurde von Graf Johannes vom 26. Dezember 1675 bis zu seinem Tode betrieben ( 23. Mai 1677). Der Graf suchte seine Opfer erst in Idstein, dann in Heftrich und später in Wiesbaden. Die Hexenverfolgung forderte in einem Zeitraum von einem Jahr und drei Monaten 39 Opfer. Bei den Verfahren musste steng nach der Carolina gehandelt und gerichtet werden. Es kam alle 14 Tage zu großen Schauprozessen, mit anschließendem prozessionsartigen Zug zur Hinrichtungsstätte.

Die Hexenverfolgung wurde zu einem Selbstläufer, da Angeklagte immer Namen von weiteren Hexen oder Hexern nennen mussten. Man konnte fast von dem Aufbau einer durchorganisierten Prozeßmaschinerie reden. Diese Maschinerie war sehr abhängig von der Person des Grafen, denn sie geriet ins Stocken, als der Graf erkrankte.

Trotz der tödlichen Erkrankung ließ er im Dezember 1676 zwei Frauen hinrichten,

und sogar an seinem Todestag musste eine Person sterben.

(4)

5. Kritik an der Hexenverfolgung

Während der gesamten Zeit der Hexenverfolgung gab es einzelne Stimmen der Kritik. Hierbei gab es einige große Kritiker. So zum Beispiel den holländischen Prediger Dr. Balthasar Bekker, der mit seinem Buch " Die bezauberte Welt ", 1691 den Hexenjägern einen großen Schlag versetzte. Als eine andere Leitfigur gilt der preußische Rechtgelehrte Christian Thomasius, der bis 1728, seinem Todesjahr, einen erbitterten Kampf gegen den Hexenwahn führte. Durch sein Ansehen und seine Überzeugungskraft bewegte er viele europäische Fürsten dazu, gegen die Hexenprozesse vorzugehen. Im Gegensatz zu diesen beiden Gegnern des Hexen - wahns, die sehr spät erst ihre Bücher veröffentlichten, schritt Friedrich von Spee - ein Seelsorger -, sehr früh ein und publizierte bereits 1631 seine " Cautio criminalis " .

Die Bezeichnung übersetzte Joachim Friedrich Ritter mit " rechtlichen Bedenken ". Somit gilt Spee als der Begründer der Bewegung gegen die Hexenprozesse.

In seinem Buch übt Spee große Kritik an der Hexenverfolgung, besonders an der angewandten Folter. Zitat aus der " Cautio criminalis ":

"Was suchen wir so mühsam nach Zauberern? Hört auf mich, ihr Richter, ich will euch gleich zeigen, wo sie stecken. Auf, greift Kapuziner, Jesuiten, alle Ordenspersonen und foltert sie, und sie werden gestehen. Leugnen welche, so foltert sie drei-, viermal, sie werden schon bekennen. Bleiben sie noch immer verstockt, dann exorziert, schert ihnen die Haare vom Leib, sie schützen sich, der Teufel macht sie gefühllos. Fahrt nur fort, sie werden sich endlich doch ergeben müssen. Wollt ihr dann noch mehr, so packt Prälaten, Kanoniken, Kirchenlehrer, sie werden gestehen, denn wie sollen auch diese zarten, feinen Herren etwas aushalten können?

Wollt ihr immer noch mehr, dann will ich euch selbst foltern lassen und ihr dann mich. Ich werde nicht in Abrede stellen, was ihr gestanden habt. So sind wir schließlich alle Zauberer."

Auf Grund seiner " Cautio criminalis ", die in verschieden Ausgaben - zum Teil anonym - erschien, erregte er viel Aufsehen und Ärgernis. Sein Buch erregte aus zwei Gründen Aufsehen, da er zum einen die geistlichen Oberen scharfer Kritik unterwarf, da sie unausgebildete und unerfahrene Priester als Beichtväter zu den Hexen und Hexern schickten. Dies emfand Spee als große Verantwortungslosigkeit. Zum anderen brachte Spee den Orden selbst in Mißkredit, ebenso wie die Fürsten, die die Prozesse veranstalteten und den Jesuitenorden unterstützten. Aus diesem Grund wollte man Spee " zum Schweigen " bringen und ihn am liebsten aus dem Orden entfernen. Trotz der drohenden Schwierigkeiten blieb er seinem Orden treu. Also beließ man ihn im Orden und versetzte ihn 1633 nach Trier. In Trier lehrte er an der Universität. Dort starb er auch 1635, nachdem er sich bei der Versorgung von pestkranken Soldaten angesteckt hatte.

Ein weiteres bezeichnendes Zitat von Friedrich von Spee war: " Oft glaube ich, der einzige Grund dafür, dass wir nicht alle Hexen und Zauberer sind, ist der, dass wir nicht gefoltert worden sind. "(1/3)

6. Das Ende des Hexenwahns im Zeitalter der Aufklärung

Die fortschreitende Hexenverfolgung entwickelte sich zu einem Wirtschaftszweig, der viele Arbeitsplätze schuf. Sogar die Henker kamen zu großem Reichtum. Ihre Frauen trugen Seidenkleider und fuhren in schönen Kutschen.

Die Hexenverfolgung fand erst im Zeitalter der Aufklärung ein Ende. Das bedeutete, dass mit steigenderAnerkennung der Naturwissenschaften, der Grundstein für eine Beendigung des Hexenwahns gelegt wurde.

Die Naturwissenschaften entlarvten viele " göttliche Wahrheiten " als Phantasterei.

Der Mensch trat als Vernunftswesen immer mehr in den Mittelpunkt. Er folgte nicht mehr irgendwelchen Vorurteilen, sondern gestaltete sein eigenes und öffentliches Leben nach den eigenen vernünftigen Einsichten. Dieses Gedankengut kam in Deutschland erst Mitte des 18. Jahrhunderts ganz zum Durchbruch. In anderen europäischen Ländern, unter anderem Frankreich, faßte die Aufklärung schon viel früher Fuß. In Deutschland veränderte sich unmerklich das Welt- und Lebensgefühl, durch alle Schichten der Bevölkerung. Die Menschen verlangten nun nach überschaubaren Ordnungen, statt nach " unermeßlichen illusionistischen Weiten. Es wurde nach Klarheit, Nüchternheit, Hilfe und Nützlichkeit verlangt, nicht nach gefühlsseligem Überschwang und himmlisch - irdischem Prunk.

Einige der wichtigsten Reformen des aufgeklärten Zeitalters betrafen die Freiheit des einzelnen Menschen, die Abschaffung der Folter im Strafprozess und die Abschaffung der langen Quälereien bei Hinrichtungen, das heißt die Beachtung der Menschen -würde. Dies brachte das Ende der Hexenprozesse.

Aber erst 1965 verzichtete das II. Vatikanische Konzil auf die " mit weltlichem Zwang verbundene Inquisition ". Und wandelte, nach der Erklärung auf Religionsfreiheit die alte Inquisitionsbehörde in die Glaubenskongregation um. (1/2/3)

Hexen heute

Das Thema Hexen hat sich mit offiziellem Ende der Hexenverfolgung keineswegs erledigt. Ganz im Gegenteil. Es gibt in der Gegenwart eine riesige Bandbreite von neuen Glaubensvorstellungen, selbst ernannten Hexen oder neuen Hexenzirkeln.

Laut einer Umfrage in Jahre 1986 glaubt eine immer steigende Zahl von Befragten

- 13% - an Hexen mit magischen Kräften. 21% halten sie immerhin für möglich.

Das sind schon 1/3 der Bevölkerung, die die Existenz von Hexen mit entsprechenden Fähigkeiten nicht ausschließen. Es wird somit deutlich, dass es sich bei dem Hexen -glauben nicht um ein Randphänomen handelt. Gerade bei jungen Menschen oder solchen mit einem höheren Bildungsabschluß ist eine steigende Rate zu vermelden. Kommt es heutzutage zu der Beschuldigung, dass eine Person eine Hexe ist, so führt dies zu einem " sozialen Tod ". Es werden alle Beziehungen abgebrochen, es kommt zu diskriminierneden Handlungen und es werden keine Geschenke einer solchen Person mehr angenommen. Es kann zu ähnlichen Vorkommnissen wie früher zu Zeit der Inquisition kommen.

1954 kann als Geburtsjahr derneuen Hexenzirkel gelten. In England begründete J.B. Gardner einen Hexenkult mit Hexenzirkeln, sogenannte " Covens ". Grundlage sind verschiedenste mystische Vorstellungen, Traditionen und Rituale. Man spricht von 40.000 Mitgliedern in England und 10.000 Anhängern allein in New York. Es existieren noch weitere Hexenkulte, wie zum Beispiel " The King of the Witches ".

Es gibt auch Personen, die sich selbst als Hexe bezeichnen und versuchen, ihren Ruf in Geld umzuwandeln. Sie rühmen sich öffentlich magischer Fähigkeiten. Mit Zeitungs - anzeigen werben sie um Kundschaft. Zum Beispiel " Magische Lebenshilfe! Finanzielle, berufliche Probleme? Hilfe unter Tel: XXX. "

Der Hexenglaube ist nicht tot. Der Glaube an die reale Existenz und Wirkkraft der Hexen ermöglicht ein Abschieben der Eigenverantwortung. Der Hexenglaube ist Erklärungs- und Orientierungshilfe für scheinbar unerklärliche Situationen und Ereignisse und gibt gleichzeitig Handlungsanleitung für die Gestaltung von sozialen Beziehungen. (5)

Quellen:

Teufelsglaube und Hexenprozesse aus Beck'sche Reihe Heraugeber: Georg Schwaiger; Verlag C.H.Beck München 1988 Internet: http://www.omen.de/history/; Januar 1998 WAS IST WAS Band: 97; Hexen und Hexenwahn; Tessloff Verlag 1994 Den Hexen auf der Spur... Über Hexenprozesse am Beispiel Idstein 1676; Verlag Hexenbuchladen GmbH Idstein 1986 Praxis Geschichte Ausgabe: 4/1991; erschienen im Westermann® Verlag KleinesLexikon der Dämonen und Elementargeister aus Beck'sche Reihe; Verlag C.H.Beck München 1990

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