Ökologische Krise
Wir leben in einer Gesellschaft, die auf Wachstum setzt. Das Wirtschaftswachstum, die Zunahme der Güter und Dienstleistungen, ist die zentrale Zielgröße unserer Wirtschaftspolitik. Aber zunehmend wird deutlich, dass unser wachstumsorientiertes Produktions- und Konsumverhalten eine Kehrseite hat, die uns in ökologische und letztlich auch ökonomische Krisen triebt. Zu dieser Kehrseite unserer Wirtschaft gehören
Nitrat und Agrochemikalien im Trinkwasser, Die Agrarfabriken, die Massentierhaltung und der Artentod, Verstrahlte Nahrungsmittel und kranke Böden, Das Waldsterben und die atemkranken Kinder.
Zur Kehrseite unseres Wohlstandes gehören auch der Freizeitdruck und die Landgier, die auf dem verstecktesten Vogelnest und auf dem heimlichsten Libellentümpel lasten. Und es gehören dazu die Müllberge, die aus all dem Zivilisationsplunder und Konsumschrott erwachsen.
Wir leisten uns eine Wirtschaftsweise auf Kosten der Natur, auf Kosten unserer Gesundheit, auf Kosten zukünftiger Generationen. Wir leisten sie uns, weil wir Natur, Gesundheit, Zukunft in unsere betrieblichen und privaten Rechnungen nicht einbeziehen. Der Markt gibt uns keinen Preis für gesunde Luft, Wasser und Böden. Wir verursachen Umweltschäden und merken es nicht - zumindest nicht am eigenen Geldbeutel. Wir merken es hin und wieder, wenn eine Deponie undicht wird, wenn Fische in Flüssen und Robben in Nord- und Ostsee sterben, wenn Allergien um sich greifen, wenn die neue Waldschadenstatistik veröffentlicht wird.
Es gibt viele Instrumente der Umweltpolitik, die endlich eingesetzt werden müssten, um der Natur- und Gesundheitszerstörung Einhalt zu gebieten. Ein Instrument hiervon wäre die Steuerpolitik - Umsteuern mit Steuern. Steuern müssten bewußt und gezielt als ökologisches Steuerungsinstrument eingesetzt werden - und nicht nur als Einnahmequellen betrachtet werden, die allenfalls nebenbei ökologische Wirkungen haben. Mit Steuern könnten Umweltgüter und umweltbelastenden Stoffe verteuert werden und so für Produktion und Konsum Preissignale für den sparsamen Umgang mit ihnen gesetzt werden. Eine derartige ökologische Steuerreform sollte die Arbeit steuerlich entlasten, statt dessen aber den übermäßigen Verbrauch von Energien, Wasser, Rohstoffen, Schadstoffen und umweltrelevanten Grundchemikalien entsprechend belasten. Dies wäre eine Form von "Quellensteuer" im wahrsten Sinne des Wortes, weil wir damit die Quellen der Umweltverschmutzung direkt beim Hersteller besteuern könnten. Der Grundgedanke einer solchen ökologischen Steuerreform, bei der gleichzeitig die beiden Hauptprobleme unserer Gesellschaft - die Arbeitslosigkeit und die Umweltzerstörung - angegangen werden, ist bestechend. Wieweit er trägt, müssen detaillierte Untersuchungen wie die vorliegende zeigen. Die aktuelle Finanznot der öffentlichen Haushalte erhöht die Bereitschaft zur Diskussion über ein an sich so sprödes Thema wie eine Steuerreform. Nötig ist eine Steuerreform die sowohl den Staatshaushalt wie den Naturhaushalt im Blick hat.
Nun möchte ich euch einen Einblick geben, wen die Energiesteuer in unserem Land treffen würde.
Das österreichische Steuersystem ist aus vielerlei Gründen reformbedürftig. Die Kritik richtet sich vor allem darauf, dass es zu einer Verschlechterung der gesellschaftlichen Verteilungsverhältnisse sowie der natürlichen Lebensgrundlagen führt. Es ist insbesondere im Bereich der Einkommenssteuerung durch unzählige Ausnahmebestimmungen undurchschaubar geworden. Diese Begünstigungen räumen hauptsächlich den höheren Einkommensbeziehern und den Beziehern von Gewinn- und Vermögenseinkommen einen großen Steuervermeidungsspielraum ein: Investitionsbegünstigungen, Sparförderungen, unzureichende Erfassung von Zinseinkommen usw. Die daraus resultierende Tarifaushöhlung reduziert die fiskalische Ergiebigkeit und Einkommensbesteuerung und erfordert eine ständige Erhöhung der Steuersätze. Dies führt zu einer wachsenden Steuerverdrossenheit, obwohl die objektive Steuerbelastung viel geringer ist, als die hohen Steuersätze erscheinen lassen. Spitzenverdiener, die dem nominell höchsten Grenzsteuersatz von 62% unterliegen, erbringen heut im Durchschnitt eine Steuerleistung von nunmehr 38%. Dazu kommt noch die regressive Wirkung der stark gestiegenen Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung und der Steuern auf die Einkommensverwendung, hauptsächlich der Mehrwertsteuer. Das gegenwärtige Steuersystem ist dadurch gekennzeichnet, dass es den Produktionsfaktor Arbeit wesentlich stärker belastet als die Faktoren Kapital und Natur, wobei letzterer meist gar nicht als eigener Produktionsfaktor erkannt wird. Umweltzerstörung und exzessiver Resourcenverbrauch unterliegen keiner relevanten Belastung. Sie sind nicht in den Marktpreisen enthalten und bleiben somit in der wirtschaftlichen Kalkulation von Produzenten und Konsumenten unberücksichtigt. Eine Identifizierung der Folgeschäden mit dem eigenen umweltbeeinträchtigenden Verhalten findet nicht statt. Der einzelne verschwendet weiter und die Opportunitätskosten seiner Verschwendung werden weiter nach dem Gemeinlastprinzip mit den Steuern der anderen bezahlt. Derzeit werden in Österreich jährlich rund 20Mrd. S für Umweltschutzinvestitionen und -aufwendungen ausgegeben, das sind 1,3% des Bruttoinlandsprodukts. Davon werden rund 60% von der öffentlichen Hand getragen. Nach einer Prognose des österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung müssten in den nächsten 10 Jahren mindestens 400 - 600 Mrd. Schilling für den Umweltschutz aufgewendet werden, will sich Österreich an den japanischen Umweltschutzerfolgen orientieren. Das entspricht einer Verdopplung der derzeitigen Aufwendungen. In dieser Rechnung sind Einkommens- und Vermögensverluste durch Umweltzerstörungen noch nicht enthalten. Diese betreffen die Schäden an Gebäuden, Produktionsanlagen, Verkehrsbauten, Baudenkmälern und Kunstwerken, den zusätzlichen Reinigungsaufwand, die Einnahmeverluste im Fremdenverkehr sowie die Schäden in der Land- und Forstwirtschaft. Allein die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten des Waldsterbens werden für die nächsten 30-40 Jahre auf 700-800 Mrd. Schilling geschätzt, das wären 18-27 Mrd. Schilling pro Jahr. Hinzu kommen noch jene Kosten des Gesundheitswesen, die in Form von Krankengeldzahlungen an Personen entstehen, die wegen Umweltschäden oder gesundheitsgefährdender Arbeitsbedingungen erkrankt sind, und Rentengeldzahlungen für Frühpensionierungen. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben jene Schäden, die nicht mehr in Geldeinheiten bewertbar sind: Verlust von natürlicher Landschaft, Verringerung der Artenvielfalt, psychische und psychosomatische Störungen. Ein immer größerer Teil des jährlichen Sozialproduktes muss für die Kosten der verursachten Schäden abgezweigt werden. Vermutlich steigt dieser Anteil schon seit einiger Zeit stärker als das Sozialprodukt selbst, so dass unter dem Strich eine gesamtwirschaftliche Wohlfahrtseinbuße herauskommt. Das Handlungsdefizit in der Umweltpolitik hat dabei unmittelbaren Einfluß auf die budgetäre Situation, denn die Staatsausgaben wachsen nicht zuletzt auch deshalb, weil die Umweltzerstörung wächst. Die bereits verursachten Schäden, selbst wenn sie noch nicht akut geworden sind, können kaum rückgängig gemacht werden. Ihre Sanierung, soweit sie überhaupt noch möglich ist, sowie die Folgekosten dieser Schäden, die in ihrem vollen Ausmaß heute nicht einmal annähernd geschätzt werden können, werden jedenfalls einen fixen Ausgabenposten des zukünftigen Staatsetats bilden.
Um diese Ausgaben vorsorglich nicht noch weiter ansteigen zu lassen, gilt daher, geeignete Signale zu setzten, die die Fortschreitung der Zerstörung zu stoppen vermögen. Jede weitere Verzögerung verstärkt den Kumulationseffekt der Umweltbelastung und induziert zusätzliche öffentliche Ausgaben. Je länger auf Anreizinstrumente wie Emissions- und Ressourcenabgaben verzichtet wird, um so teurer wird die nachträgliche Umweltsanierung. Dies verschärft aber letztlich auch die ohnehin schon bestehende Verteilungsproblematik da die zusätzlich erforderlichen Sanierungsausgaben weitere Steuererhöhungen provozieren und gleichzeitig auch den Druck auf andere Ausgabengruppen, wie z.B. für sozial und beschäftigungspolitische Maßnahmen, verstärken.
Vielfältige und schwerwiegende Umwelteinflüsse sind insbesondere mit der gegenwärtigen Form der Energieversorgung verbunden. Während in den 70er Jahren noch die Frage nach ausreichend verfügbaren Energierohstoffen im Zentrum der energiepolitischen Diskussion stand, hat man inzwischen erkannt, dass die eigentliche Gefahr des ungehemmten Energieverbrauchs nicht in den begrenzten Vorräten, sondern in den damit verbundenen Umweltbelastungen liegt, von der Landschaftszerstörung bei der Energiegewinnung bis zur Gesundheitsgefährdung durch Verbrennungsschadstoffe. Dennoch ist unser derzeitiges Energieversorgungssystem gerade durch die Vergeudung von Energie gekennzeichnet. Fast die Hälfte der eingesetzten Primärenergie (Kohle, Rohöl, Gas, Wasserkraft) geht durch Umwandlung, Übertragung und bei den Endverbrauchern verloren (siehe Abb. 1)
Die effektivste Maßnahme zur Schadensvermeidung ist zweifelsohne Einsparung von Energie. Sie stellt heute die ergiebigste, sauberste und ausschließlich inländische Energiequelle dar. Die Verbesserung der allgemeinen Energieeffizienz würde zudem auch die Energiekostenbelastung der gesamten Wirtschaft deutlich verringern und somit langfristig die Ertragslage der Unternehmen sowie die Kaufkraft der Haushalte stärken.
Die Primärenergieabgabe
Wie die Nachfrage jedes anderen Gutes ist auch die Nachfrage nach Energie wesentlich durch den Preis bestimmt. Zu niedrige Energiepreise führen dazu, dass Energie verschwendet wird. Höhere Preise hingegen schaffen einen Anreiz zu rationellem Verbrauch und lassen es rentabel werden, Energiesparinvestitionen zu tätigen, indem sie deren Amortisationszeiten verkürzen. Die Gültigkeit dieses Mechanismus wurde durch die Energiepreissteigerungen seit Beginn der 70er Jahre hinreichend bestätigt. Die Entwicklung hat auch gezeigt, dass dabei weder die Gefahr eines Versorgungsengpasses noch eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs besteht. Es war im Gegenteil sogar weiteres Wirtschaftswachstum bei sinkendem Energieverbrauch möglich. Eine Primärenergieabgabe stellt daher ein geeignetes Instrument dar, die hohen sozialen und Umweltkosten des verschwenderischen Umgangs mit Energie zu senken und zu einer effizienteren Energieverwendung in allen Phasen der Energieversorgungskette anzuregen.
Erhoben wird die Abgabe dort, wo ein Primärenergieträger erstmals in den österreichischen Wirtschaftsraum eintritt. Damit würden abgabemäßig sowohl die gesamten Energieimporte erfaßt werden als auch die gesamte inländische Primärenergieerzeugung. Die Energieversorgungsunternehmen werden die Abgabelast an die Energieverbraucher weitergeben, welche somit zu den eigentlichen Steuerträgern werden. Exporte bleiben unbesteuert. So soll verhindert werden, dass die auf Energieexporte entfallende Abgabelast auf die inländischen Abnehmer zusätzlich überwälzt wird. Bemessungsgrundlage ist der Heizwert des jeweiligen Energieträgers, gemessen in Joule bzw. Kilowattstunden. Um die Etablierung erneuerbarer Energieträger (Biomasse, Biogas, Sonne- und Solarenergie) voranzutreiben, und damit gleichzeitig auch die hohe Abhängigkeit Österreichs von ausländischen Energieimporten abzubauen, sollten diese vorläufig unbesteuert bleiben. Wasserkraft wird hingegen dennoch besteuert, um den ökologischen Einwänden gegen den weiteren Ausbau von Fluß- und Gebirgslandschaften gerecht zu werden. Die Bemessungsgrundlage für Wasserkraft wird mittels einer durch Kraft-Wärme-Kopplung determinierten Substitutionsrechnung ermittelt. Die Bemessungsgrundlage beträgt somit 90% des Gesamtaufkommens, also rund 950 Petajoule.
Durch die Verbilligung der Energieimporte im Zuge der Ölpreissenkung im Jahre 1986 entstand der österreichischen Volkswirtschaft ein positiver Einkommenseffekt von ungefähr 30 Mrd. Schilling. Versucht man in einer Minimalvariante auf das Energiepreisniveau von 1985 zu kommen zurückzukehren, so müsste man eine Kilowattstunde Primärenergie mit rund 0,12 Schilling, also durchschnittlich 15-20% des Preises, besteuern. In einer Maximalvariante könnte eine doppelt so hohe Energieabgabe mit einem Aufkommen von 60 Mrd. Schilling erhoben werden. Diese beiden Varianten stellen in etwa den sinnvollen Entschedidungsspielraum bei der Festlegung der Tarifhöhe dar.
Je nach Variante ergäbe dies ein neues Steueraufkommen in Höhe von ungefähr 5% bis 10% des gesamten gegenwärtigen Steuervolumens (inkl. Sozialversicherungsbeiträge. Bei gleichzeitiger Abschaffung des 20%igen Mehrwertsteuersatzes auf Energie und unter den Annahmen vollständiger und proportionaler Tarifüberwälzung sowie der aktuellen durchschnittlichen Wirkungsgrade würde die Primärenergieabgabe in der zweiten Variante Preissteigerungen (gegenüber 1986) von etwa 6% bei Superbenzin, 7% bei Elektrizität, 13% bei Dieselkraftstoff, 14% bei Braunkohlebriketts, 29% bei Erdgas und 33% bei Ofenheizöl bewirken. Die stark unterschiedlichen Preissteigerungen sind auf die bestehenden unterschiedlichen Preise je Heizwert zurückzuführen. Aufgrund diese Preisstruktur werden die Vergasertreibstoffe bei einer undifferenzierten Mengensteuer immer eine relative Begünstigung erfahren. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass der Verkehrssektor trotz des großen Potentials für Treibstoffeinsparungen (Senkung der Fahrgeschwindigkeit, Bildung von Fahrgemeinschaften, Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel und Fahrräder usw.) ohnehin sehr unelastisch auf Preissteigerungen reagiert. Spürbare Preisänderungen können zwar eine kurzfristige Stagnation oder Rückgang im Verbrauch bewirken, langfristig werden fahrzeugspezifische Treibstoffeinsparungen durch den wachsenden PKW-Bestand und den wachsenden Anteil größerer Hubraumklassen überkompensiert, Im Verkehrssektor steht die fiskalische Funktion einer Energieabgabe jedenfalls vor ihrer Lenkungswirkung.
Wegen der Abzugsmöglichkeit der Mehrwertsteuer und der viel günstigeren Großabnehmerpreise wäre Industrie mit wesentlich stärkeren Preissteigerungen konfrontiert: 54% bei Strom, 93% bei Erdgas, 115% bei Heizöl schwer, 117% bei Braunkohle, 153% bei Steinkohle. Die Abgabe sollt daher nicht sofort in voller Höhe, sondern schrittweise eingeführt werden. Damit stünde ein längerer Anpassungszeitraum zur Verfügung, in dem die notwendigen strukturverbesserungen Investitionen unter weitgehender Vermeidung wirtschaftlicher Funktionen durchgeführt werden können. Denkbar wäre z.B. eine sechsjährige Einführungsphase, bei der in Zweijahresintervallen der Abgabetarif schrittweise auf seine endgültige Höhe angehoben wird. Die Einführung der Abgabe in mehreren Etappen ermöglicht einen pragmatischen Trail-and-error-Prozeß, während dem die nächste Tariferhöhung in Abhängigkeit von den bereits Rationalisierungserfolgen festgelegt werden kann.
Bei dieser Vorgangsweise würde sogar die konsequente zweite Variante einen schwächeren Preiseffekt als die beiden Ölpreissprünge zu Beginn und zu Ende der 70er Jahre darstellen, denen wegen ihrer Kurzfristigkeit oft gar nicht mehr aktiv ausgewichen werden konnte. Gelingt es hingegen bereits heute, mit einer Energieabgabe den mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden nächsten Ölpreissprung in sanfter Weise vorwegzunehmen, so kann dessen Schockwirkung vorsorglich vermieden werden.
Die Evaluierung der Abgabenhöhe hinsichtlich ihrer erwünschten Anreizwirkung erfolgt in Anlehnung an den von Baumol/Oates entwickelten Standard-Preis-Ansatz. Demnach soll ein Qualitätsstandard in Form eines bestimmten Prozentsatzes angestrebt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Steuersatz hoch genug sein muss, um die erwünschten Verhaltensänderungen auslösen zu können. Ab einer bestimmten Tarifhöhe werden jedoch die induzierten Verbrauchsrückgänge allmählich wieder geringer. Die Reaktionsfähigkeit der Endverbraucher wird zunehmende schwächer, je stärker die wirtschaftlich sinnvollen Rationalisierungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Unter Zugrundelegung plausibler Annahmen über sektorale Preis- und Einkommenselastizitäten der Energienachfrage kann bei den vorgeschlagenen Abgabevarianten mit einem Rückgang des Energieverbrauchs in der Größenordnung von 9% bis 16% gerechnet werden, der allerdings erst mit gewissen Verzögerung voll zum Tragen kommt.
Die tatsächlich vorhandenen Einsparungspotentiale sind natürlich wesentlich größer. Diese können jedoch nicht allein durch Abgabelösungen realisiert werden. Eine Energieabgabe erhöht zwar der Anpassungsdruck, den Anpassungsprozeß müsste noch von andere Seite wirksam unterstützt werden. Die Primärenergieabgabe ist daher nur als einer von mehreren Bausteinen eines koordinierten policy-mix zu verstehen, und wird durch auch nur im Verbund mit der gleichzeitigen Forcierung und Investitionsförderung, Auflagenlösungen und Energieberatungsprogrammen ihre beste Wirkung erzielen.
Auswirkungen auf die Wirtschaft
Ein Charakteristikum der Energieverbrauchsstruktur der österreichischen Industrie ist die Konzentration auf einige wenige Grundstoffbranchen. Auf nur vier Branchen (Eisenhütten, Steine-Keramik, Papier, Nichteisen-Metallhütten) entfallen drei Viertel des gesamten Endenergieverbrauchs der Industrie, das ist rund ein Viertel des gesamten inländischen Energiebedarfs. Eine Energiepreisverteuerung wird sich daher in den energieintensiven Branchen deutlich stärker in der gesamten Kostenstruktur auswirken. (Siehe Abb. 2)
Die tatsächliche Abgabenbelastung der Industrieunternehmen ist jedoch nicht allein durch deren Energiekostenteil am Bruttoproduktionswert, sondern vor allem durch deren Marktstellung bestimmt. Je nachdem, ob sie Preissetzer oder Preisnehmer sind, bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, die Energieabgabe auf die Verkaufspreise überwälzen. Falls dies nicht oder nur zum Teil möglich ist, werden die Unternehmen mittels Einsatz steuerbegünstigter, erneuerbarer Energieträger umsteigen oder ihre Produktstruktur zugunsten von Gütern mit geringerem Energieinhalt verändern.
Aufgrund der hohen Exportquote der österreichischen Wirtschaft (über 50% der gesamten Wertschöpfung) ist die Stellung auf den ausländischen Märkten von besonderer Bedeutung. Dabei zeigt sich, dass gerade die energieintensive Grundstoffindustrie überdurchschnittlich hohe Exportquoten aufweist. Die Eisehüttenindustrie exportiert über 90% ihres Produktionswertes, die NE-Metallhütten fast 60%, die Papierindustrie 50%. Die strukturelle Position der österreichischen Wirtschaft ist durch einen Exportüberschuß bei ressourcen-instensiven Basisprodukten und einem Importüberschuß bei technischen Verarbeitungs- und chemischen Finalgütern gekennzeichnet. Wegen der meist viel geringeren Produktionskosten der ausländischen Grundstoffkonkurrenz kann der österreichische Rohstoff- und Halbzeugexport in diesem Ausmaß jedoch nicht mehr länger aufrechterhalten bleiben. Die vielfach vorgeschlagene Rückerstattung der Abgabenbelastung dieser Exporte würde die dringend notwendige Anpassung der Grundstoffkapazitäten nur noch weiter verzögern. Auf eine Rückerstattung der Primärenergieabgaben für energieextensive Warenexporte kann wegen ihres geringen Energieinhaltes verzichtet werden. Die österreichische Finalgüterindustrie spielt auf den Auslandsmärkten durchaus keine untergeordnete Rolle. Es ist anzunehmen, dass die relativ geringen Energiekostensteigerungen dieser Branchen weitgehend auf die Exportpreise übergewälzt werden können. Vergleicht man die möglicherweise ausgelösten Preisverzerrungen auf den Auslandsmärkten mit den stark schwankenden Wechselkursänderungen (z.B.: gegenüber dem Dollar) oder mit den unterschiedlichen Bestimmungen im Bereich der sozialen Sicherung, so dürften sie jedenfalls nicht überbewertet werden. Der hohe administrative Aufwand einer solchen Ausgleichsregelung wäre nicht gerechtfertigt. Ebenso unzweckmäßig erscheint die Erhebung einer Importabgabe auf Warenimporte in der Höhe der Abgabenbelastung gleichartiger inländischer Produkte.
Energieintensive Warenimporte müssten dagegen schon annähernd gleich belastet werden wie dessen inländische Warenäquivalente, um die Grundstoffproduktion für den Inlandsbedarf nicht zu gefährden. Dabei könnte eine solche Ausgleichsregelung auf jene Grundstoffprodukte beschränkt werden, die in Konkurrenz zu den Produkten der energieintensiven inländischen Wirtschaftszweige stehen (Zement, Eisen, Stahl, Aluminium, Papier). Dies wäre durch Schaffung einiger weniger Produktgruppen zu vollziehen, die sich jeweils aus gleichartigen Produktion mit vergleichbarer Energieintensität zusammensetzten. Die gruppenspezifische Energieintensität wird nach dem Stand der Technik festgesetzt. Je nach Zugehörigkeit einer bestimmten Produktgruppe werden die importierten Produkte mit einer Pauschalabgabe belastet. Ähnliche Preisausgleichsregelungen existieren derzeit für landwirtschaftliche Produkte. Sie sind mit internationalen Abkommen wie dem GATT-Abkommen, dem EFTA-Vertrag und dem EWG-Österreich Vertrag vereinbar. Friktionelle Arbeitslosigkeit wird dann entstehen, wenn die aufgrund von Strukturänderungen entlassenen Arbeitskräfte nicht schnell genug in anderen Bereichen eingesetzt werden können. Ein strukturelles und permanentes Problem kann die dann sein, wenn wegen der begrenzten Mobilität der Arbeitskräfte und der regionalen Verteilung der Betriebsstätten sowie der spezifischen Anforderungen an die Arbeitskräfte keine adäquaten Stellen angeboten werden können. Inwieweit es zu struktureller Arbeitslosigkeit kommen wird, hängt in erster Linie davon ab, welch Industrien durch die Abgabe gefördert und welche benachteiligt werden. Am stärksten betroffen wären zweifelsohne die enrgieintensiven Industriezweige, die aber auch meist nur wenig bis durchschnittlich arbeitsintensiv sind. Dem stehen positive Beschäftigungseffekte in den wenig energieintensiven Industriezweigen gegenüber die mit Ausnahme der Nahrungsmittelbranche wesentlich arbeitsintensiver sind. Zusätzliche Arbeitsplätze sind auch im Bereich von Forschung und Entwicklung, in der arbeitsintensiven biologischen gegenüber der industrialisierten Landwirtschaft und vor allem in jenen Dienstleistungsbranchen zu erwarten, welche die erforderlichen Leistungen für einen effizienten Energieeinsatz in Haushalten und Unternehmungen anbieten (Bauhilfsgewerbe, Energieberatung; Regeltechnik, Softwarehäuser etc.) Beispielsweise beschäftigt das Bauhilfsgewerbe pro eingesetzter Auftragsmilliarde zwei- bis fünfmal mehr Arbeitskräfte als die maschinenintensiven Großbauprojekte und wäre angesichts des hohen Bedarfs an Wohnhaussanierungen (insbesondere durch Wärmedämmung) für einen langen Zeitraum von keinen Nachfragesättigungen bedroht. Die Beschäftigungswirkungen der vorgestellten Energieabgabe dürften somit insgesamt eher positiv einzuschätzen sein.
Ausblick:
Mit dem Ölpreisverfall 1985/86 wurde auch in Österreich die Diskussion um eine alternative Energiebesteuerung wieder aufgefrischt. So wurde im Frühjahr 1986 vom damaligen Umweltminister Kreuzer ein Abschöpfungsbetrag auf Rohöl vorgeschlagen. Ziel dieser Abgabe wäre ein Einfrieren des Rohölimportpreises auf einem Niveau zwischen 13$/bb bis 15$/bb gewesen, um damit den internationalen Preisverfall nicht nach Österreich zu importieren. Die Abgabenhöhe hätte sich aus der Differenz zwischen dem aktuellen Importpreis und dem inländischen Mindestpreis bestimmt. Man wollte damit der Verzögerung bzw. Verhinderung umwelpolitisch erwünschter Energieträgersubstitutionen (z.B. von Heizöl auf Gas) sowie einer preisinduzierten Steigerung des Benzinverbrauches vorbeugen. Der Vorschlag wurde jedoch mit dem Scheinargument der "politischen Undurchführbarkeit" nicht weiter verfolgt.
Ebenso bleibt in den Vorarbeiten der von der neuen Koalitionsregierung für 1989 angekündigten Steuerreform das Thema Umweltabgaben vorläufig unberücksichtigt. Im Frühjahr 1987 stellten daher die Grünalternativen einen parlamentarischen Antrag an die Bundesregierung zur Behandlung von Umweltabgaben.
Dem Antrag wurde zwar stattgegeben und der Bundesminister für Finanzen beauftragt, eine Enquete zu erstellen, seitens der herrschenden Politik wird aber immer wieder betont, eine Einführung von Emissionsabgaben oder einer Energieabgabe erst dann in Erwägung zu ziehen, wenn sich eine gesamteuropäische Lösung abzeichnet. Eine solche ist aber vor allem wegen der unterschiedlichen Steuersysteme in den einzelnen Ländern höchst unwahrscheinlich. Es zeichnen sich im Gegenteil völlig verschiedene Lösungen ab. So dürfte in der Schweiz die Einführung einer Energieabgabe und in der BRD eine Erhöhung der Mineralölsteuer aus Umweltschutz- und Energiegründen kaum noch aufzuhalten sein. Dass auch ein kleines Land durchaus radikalere und eigenständige Politik durchsetzten kann, zeigt das Beispiel Dänemarks. Dort unterliegen bereits seit den 70er Jahren Mineralölprodukte, Kohle und Elektrizität einer Energiesteuer, die primär als Anreizinstrument zur Einsparung der hohen Importe fossiler Brennstoffe und für den Umstieg auf erneuerbare Energiequellen eingeführt wurde. Die dänische Energiesparpolitik führte in der Folge zu bemerkenswerten Fortschritten auf dem Gebiet der Energietechnologie, und es konnten beachtliche Exporteinkünfte aus dem Verkauf von Nahwärmetechnologien, Solartechnologien, Wärmepumpen und Windmühlen erzielt werden. Mit dem ausdrücklichen Ziel diese Politik fortzusetzen wurden nach dem Ölpreisverfall 1985/86 die Steuersätze wieder angehoben, und zwar weitgehend über das Niveau vor dem Preissturz.
Ziel einer öko-sozialen Steuerreform soll es sein, die Struktur des Steuersystems durch Entlastung der menschlichen Arbeit und durch Erweiterung der Besteuerungsgrundlagen Kapital und Natur zu verbessern. Neben den verschiedenen anderen Umweltabgaben wäre dabei die Besteuerung von Energie von zentraler Bedeutung. Sie soll einen Anreiz für sinnvolles wirtschaften ohne mehr Energieverbrauch schaffen und so der wachsenden Bedrohung der Umwelt und der starken Importabhängigkeit der Energiewirtschaft Einhalt gebieten. Bei einer Einführung der diskutierten Energieabgabe hätte man allerdings eine Beeinträchtigung der Verteilungsgerechtigkeit zu erwarten. Da die Rationalisierung des Energieeinsatzes und der damit verbundenen Umweltverschmutzung nicht durch den Konsumverzicht vorwiegend niedriger Einkommensbezieher finanziert werden darf, sollte sie daher nur in Verbindung mit einer deutlichen Senkung der Einkommenssteuertarife und der Wiederherstellung der ursprünglichen vollzogen werden.
Ich hoffe dass ich euch einen kurzen Einblick in die Energiepolitik, und all ihre Tücken geben konnte. Auch wenn das Thema etwas trocken ist, glaube ich trotzdem, dass man sich darüber Gedanken machen soll.
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