Das Volksstück

Inhaltsverzeichnis

1. Gattung und Entwicklung..........................................................Seite 3

1.1 Das Volksstück - Allgemeine Definition......................................Seite 3

1.2 Das Volksstück im Wien des 18. Jahrhunderts..........................Seite 3

1.3 Die Emanzipation des Volksstückes...........................................Seite 4

1.4 Das Wiener Volksstück...............................................................Seite 5

1.5 Das Volksstück nach 1945..........................................................Seite 5

2. Autoren.........................................................................................Seite 6

2.1 Ferdinand Raimund.....................................................................Seite 6

2.2 Johann Nepomuk Nestroy...........................................................Seite 7

2.3 Ludwig Anzengruber....................................................................Seite 8

2.4 Felix Mitterer................................................................................Seite 8

2.5 Franz Xaver Kroetz......................................................................Seite 8

3. Werke..........................................................................................Seite 10

3.1 Der Verschwender (Ferdinand Raimund).................................Seite 10

3.2 Der böse Geist Lumapzivagabundus (Johann Nestroy)...........Seite 11

3.3 Das vierte Gebot (Ludwig Anzengruber)...................................Seite 13

3.4 Kein Platz für Idioten (Felix Mitterer).........................................Seite 14

3.5 Stallerhof (Franz Xaver Kroetz).................................................Seite 15

4. Literaturnachweis.....................................................................Seite 17

1. Gattung und Entwicklung

1.1 Das Volksstück - Allgemeine Definition:

Das Volksstück ist im Gegensatz zum bäuerlichen Volksschauspiel, der Dorfkomödie oder dem Bauerntheater, eine Gattung von Bühnenstücken für städtische Volkstheater und Vorstadtbühnen. Die Handlung ist meist aus dem Volksleben entnommenen. In volkstümlich schlichter, leichtverständlicher Form, die durch musikalische oder tänzerische Einlagen sowie Anwendung von Effekten, Sentimentalitäten und ähnlichen niederen Elementen dem Geschmack des Großstadtpublikums entgegenkommt. Dabei wird der oft ernste und zum Teil tragische Grundton vermieden.

Eine besondere Ausprägung dieser Art von Theaterstücken findet man in Hamburg, Berlin vor allem aber in Wien, meist mit Übergang in das Lokalstück.

Anton Stranitzkys Volksstück geht aus dem Erbe des Barockdramas hervor und ist als komisches Stegreifstück noch von der commedia dell'arte beeinflusst.

Über Prehauers Burleske reicht der Weg - nach der literarischen Verfestigung durch Philipp Hafner im 18. Jhdt. - zum Zauberstück und gemüthafter Tragikomik Raimunds (mit Einfluss auf Grillparzer) und über zahlreiche Zwischenglieder zu Nestroys scharfer Satire und volkstümlicher Parodie und Travestie, während aus dem Charakterlustspiel das Lokalstück und das Sittenstück entstehen.

Anzengrubers realistisches Volksstück führt wie vor dem schon Raimund in die bäuerliche Umwelt und nunmehr auch in soziale Problematik, wie sie Hawel fortsetzt.

Während das bayrische Volksstück (Ludwig Thoma) sich mehr bäuerlicher Situationsromantik zuneigt, kann das psychologische Bauernstück der Alpenländer (Karl Schönherr) nur noch im weitesten Sinn als Volksstück bezeichnet werden.

1.2 Das Volksstück im Wien des 18. Jahrhunderts:

Das Volksstück ist eine Form des Schauspiels für das Volk und über das Volk. Es ist im Gegensatz zum Theater der Oberschicht, dem Hoftheater ein Theater des Volkes. Damit zeigt sich, dass echte Volksdramatik Alternativdramatik zum Bildungstheater ist.

Bis zirka 1840 können die untersten, einkommensschwachen Bevölkerungsschichten, die in den damaligen Vorstädten Wiens liegenden Theater günstig besuchen. Beispiele dafür waren:- Theater in der Leopoldstadt, gegr. 1781

- Theater an der Wieden/Wien, gegr. 1786

- Theater in der Josefstadt, gegr. 1788

Ab 1840 wird dann das Volk immer mehr ausgegrenzt: Steigende Preise -diese Theater müssen ihre Kosten durch den Kartenverkauf decken - erlauben nur mehr bürgerlichen, später sogar nur mehr großbürgerlichen Kreisen den Besuch in diesen Etablissements. Diese tragische Entwicklung zeigt sich auch in den großen Städten Deutschlands.

1889 wird in Wien das Deutsche Theater, 1890 in Berlin die Freie Volksbühne gegründet. Diese Institutionen werden vom intellektuellen Bürgertum getragen und wollen einerseits neue Publikumsschichten für das Theater gewinnen, andererseits die sozialen Probleme und Nöte des Arbeiterstandes aufzeigen. Aufgeführt werden hier unter anderem auch Dramen von Gerhart Hauptmann, Ludwig Anzengruber oder Henrik Ibsen.

Neben diesen Theatern, die ihre Arbeit vorwiegend als Bildungsauftrag verstehen, existieren Volkstheater, die anspruchslose, rein unterhaltende Programme spielen und idyllische Heimatklischees transportieren Damit verkommt das Volksstück zur Klamotte oder zum kitschigen Heimat- bzw. Bauerntheater.

1.3 Die Emanzipation des Volksstückes:

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts emanzipiert sich das Volksstück vom Volkstheater als Institution und wird eine eigenständige literarische Gattung. Die Werke von Ludwig Anzengruber (1839 - 1889), Ludwig Thoma (1867 - 1938), Carl Zuckermayer (1896 - 1956), Ödön von Horváth (1908 - 1938), Bertolt Brecht (1898 - 1956) und Marieluise Fleißer (1901 - 1974) sind Stationen auf dem Weg zur Volksdramatik der Gegenwart. Volksstückhafte Elemente kann man z. B.: bei Frank Wedekind (1864 - 1918), Karl Valentin (1882 - 1948), Gerhart Hauptmann (1892 - 1946) und Friedrich Dürrenmatt (1921 - 1990) feststellen.

1.4 Das Wiener Volksstück:

Das Wiener Volksstück entwickelt sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und im beginnenden 19. Jahrhundert zu voller Blüte.

Zu den klassischen Vertretern zählen vor allem Ferdinand Raimund (1790 - 1836) und Johann Nepomuk Nestroy (1801 - 1862).

Neben diesen beiden Schauspielerdichtern schreiben zu dieser Zeit noch Alois Gleich (1772 - 1841) und Karl Meisl (1775 - 1853), die die Meister des Alt-Wiener "Besserungsstückes" sind, sowie Adolf Bäuerle (1756 - 1856).

Josef Anton Stranitzky, seines Zeichens Direktor des Kärtnertortheaters, der den Hanswurst auf die Wiener Bühne bringt, Felix von Kurz (1717 - 1783) und Philipp Hafner (1735 - 1764) sind vom Barocktheater und der Stegreifbühne (commedia dell'arte) beeinflusst und werden als die Väter des Wiener Volksstückes gesehen.

1.5 Das Volksstück nach 1945:

Zum Teil an alte Traditionen anknüpfend (Nestroy, Brecht, Horvath, Fleißer), zum Teil an neue dramatische Formen (Straßentheater, Dokumententheater, Fernsehspiel) suchend und ausprobierend, verfassen nach 1945 österreichische Autoren Volksstücke. Diese dienen entweder der Bewältigung der nationalistischen Vergangenheit oder beschreiben die gegenwärtige soziale und politische Realität der unteren Schichten oder von Randgruppen (Ulrich Becher (1901 - 1961), Fritz Kortner (1892 - 1970), Helmut Qualtinger (1928 - 1987), Wolfgang Bauer (geb. 1941), Thomas Bauer (geb. 1954), Thomas Baum (geb. 1954), Felix Mitterer (geb. 1948).

In Deutschland schreiben Rainer Werner Fassbinder (1946 - 1982), Martin Sperr (geb. 1944) und Franz Xaver Kroetz (geb. 1946) Volksstücke, in denen die Außenseiterproblematik und die ökonomischen und gesellschaftlichen Drucks auf die Kleinfamilien - Beziehungen thematisiert werden.

2. Autoren

2.1 Ferdinand Raimund (1790 - 1836):

Ferdinand Raimund "will nichts vom Volkstheater wissen" und ringt um Anerkennung als "echter Dichter". Er trachtet danach Originalstücke zu schreiben und damit die traditionellen und regionalen Grenzen zu sprengen.

Er hat selten Probleme mit der Zensur (Fürst Metternich), da seine Texte ähnlich wie die von anderen österreichischen Dichtern des Biedermeier davon sprechen, dass das wahre Glück, die wirkliche Größe des Menschen in der Selbstbescheidung und im Verzicht liegen.

Raimund ist somit kein gesellschaftskritischer Dichter wie Nestroy. Dieser wirft Raimund auch vor das Volksstück zu verraten und das Volkstheater aufzulösen, weil er ein "neues Genre" erschaffe: Die "Allegorienspiele".

Andere Kritiker meinen hingegen, Raimund sei Erneuerer und Vollender des Wiener Volksstückes, da er Ernst und Komik, sozialen Alltag und märchenhaften Zauber, Possenspiel und humanes Lehrstück, lokalen Dialekt und deutsche Hochsprache verbinde. Das macht ihn auch im gesamten deutschen Sprachraum populär.

Raimunds erste Stücke, Der Barometermacher auf der Zauberinsel (1823) und Der Diamant des Geisterkönigs (1824), stehen in der Tradition der alten Wiener Zauberposse. Diese Art von Dramatik ist eine Reaktion der Dichter auf die Zensur.

Das Zauberspiel bietet die Möglichkeit, über Gesellschaftliches zu schreiben, ohne dass, die Stücke verboten oder zensuriert werden. Im Biedermeier ist es nicht erlaubt, über Angehörige höherer Stände auf der Bühne (und im Leben) Negatives zu sagen. Das Reich der Feen und Zauberer bietet dem Autor aber die Möglichkeit, gesellschaftliche Zustände zu beschreiben - wenn auch verfremdet und damit distanziert -, da es zwischen Gott und der Welt angesiedelt ist und somit außerhalb des Zensurverbotes steht.

Spätere Stücke Raimunds, Das Mädchen aus der Feenwelt oder Der Bauer als Millionär (1826), Der Alpenkönig und der Menschenfeind (1828) oder Der Verschwender (1834), sprengen die Grenzen des vorwiegend komischen Volkstheaters, sie rücken in die Nähe des Besserungsstückes und versuchen, Lösungen des Konflikts zwischen Wunschbild und Wirklichkeit zu zeigen.

2.2 Johann Nepomuk Nestroy (1801 - 1862):

Wenn man Raimund zur Restaurationszeit nach dem Wiener Kongress dazuzählt und ihn somit der Barocktradition und dem Ausstattungstheater verpflichtet (grandiose Bühnentechnik, Ballett- und Gesangseinlagen), muss man Johann Nepomuk Nestroy zu den typischen Künstlern des Vor- und Nachmärz zählen. Die Werke solcher Künstler sind realistisch, kritisch und illusionslos.

Nestroys 79 dramatische Texte, vorwiegend vor der bürgerlichen Revolution 1848 geschrieben, gliedern sich in:

Zauberpossen: z. Bsp.: Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liderliche Kleeblatt (1833)

- Charakterpossen: z. Bsp.: Der Talisman (1840) oder Einen Jux will er

sich machen (1842)

- Revolutionspossen: z. Bsp.: Zu ebener Erd und erster Stock (1835)

In der Zauberposse macht sich Nestroy über das Zauberstück der Metternich-Ära lustig, indem er es mit teils satirischen Mitteln parodiert.

Nestroy nimmt den Stoff zu seinen Stücken meist aus dem Französischen, schreibt also keine "Originalstücke". Er ist ein kritischer Beobachter der gesellschaftlichen Zustände seiner Zeit, die er auf der Bühne öffentlich diskutiert. Er schildert die Menschen so, wie sie seiner Meinung nach wirklich sind, ohne sie moralisierend bewerten und oder bessern zu wollen. Er weiß genau, was die Zensur erlaubt und was sie verbietet. Indem er in seinen Stücken Platz für Improvisationen (z. B. in den Couplets) lässt, viele seiner Dramatexte erst während der Proben fertig werden und auch von Aufführung zu Aufführung Veränderungen erfolgen, legt er den staatlichen Zensor geschickt herein. Die Schauspieler in seinen Stücken reden eine gehobene Wiener Umgangssprache, die mit mundartlichen Formeln und Wortneuschöpfungen durchsetzt ist. Dabei verwendet Nestroy gerne französische und italienische Wörter und Wendungen, die sein mittelständisches Publikum aber ohne weiteres versteht.

2.3 Ludwig Anzengruber (1839 - 1889):

Ludwig Anzengruber wurde als Sohn eines aus dem oberösterreichischen Bauerngeschlecht stammenden Beamten in Wien geboren. Vom Vater, der sich selbst als Schriftsteller versucht hatte, angeregt, interessiert sich der Knabe bald selbst für das Theater. Die Mutter, eine geborene Wienerin, lebte mit ihrer kläglichen Pension nur die Erziehung ihres einzigen Kindes. Nach dem Tod seiner Eltern versucht sich der Buchhändlergehilfe als Schauspieler, später auch als Autor auf mehreren Provinzbühnen. Zunächst ohne Erfolg. Das zwingt ihn eine kleine Stellung bei der Wiener Polizei anzunehmen. Mit dem unerwartet großen Erfolg seines Stückes "Der Pfarrer von Kirchfeld" (1870) gewinnt er das Selbstvertrauen zurück. Rasch folgen in den folgenden Jahren weitere Dramen, die jedoch ihren auf Dauer nicht nähren können.

1882 - 85 redigierte Anzengruber das Familienblatt "Heimat", seit 1884 bis zu seinem Tode die humoristische Wochenschrift "Figaro". Zu gleicher Zeit schrieb er, außer Bühnenwerken, Romane, Erzählungen und Kalendergeschichten, unter denen manche, wie die sechs "Märchen des Steinklopherhanns" (1874/75), "Der Schandfleck" (1876), "Der Sternsteinhof" (1884) die künstlerische Höhe der dramatischen Meisterwerke erreichen.

1878 wurde Anzengruber der Schillerpreis und 1887 der Griilparzerpreis zuerkannt. Er verstarb fünfzigjährig an einer Blutvergiftung.

2.4 Felix Mitterer (1948 - ):

Felix Mitterer stammt aus ärmlichen Verhältnissen, besucht die Lehrerbildungsanstalt in Innsbruck, arbeitet dann bis 1977 als Zollbeamter. Ab dann schreibt er als freier Schriftsteller. Neben Kinderbüchern und Erzählungen schreibt der Autor vor allem Volksstücke, die wegen ihrer unbequemen Themen (Unterdrückung der Sexualität durch die Sexualität, Verfolgung von Hexen und Juden, Unterdrückung von Alten und Andersdenkenden) vielfach auf Widerstand stoßen und örtliche Skandale entfachen.

2.5 Franz Xaver Kroetz (1946 - ):

Franz Xaver Kroetz (geb. 1946) ist der meistgespielte deutsche Dramatiker der Gegenwart. Er schuf 42 Bühnenwerke.

Neben Marieluise Fleißer und Bert Brecht bezeichnet er Ödön von Horváth als Vorbild für seine Volksstücke. Ähnliche wie dieser stellt Kroetz die Probleme der kleinen Leute in ihrer eigenen Sprache dar. Diese sollen nicht beredet oder analysiert, sondern durch die Sprache selbst dargestellt werden. Dabei spielt in Kroetz' ersten Stücken (z. B.: Stallerhof, 1971) die Sprachlosigkeit als Bild der Entfremdung, Beziehungslosigkeit und Stummheit im Arbeitsprozess (z. Bsp.: Fließbandarbeit) eine wichtige Rolle. Kroetz will mit seinem literarischen Engagement den sozial Sprachlosen helfen, ihre Sprache wiederzufinden oder zu lernen.

Zitat Kroetz: "Menschen, die gelernt haben zu reden, können sich verständigen, oder, was wichtiger ist, sie können sich wehren."

Die literarische Tätigkeit von Kroetz kann man in zwei Phasen unterteilen. In der ersten Phase geht es um das Schicksal von Menschen aus sozialen Randgruppen. Hingegen beschreibt er in der zweiten Phase auf der Bühne die Probleme der großen Masse der Bevölkerung. Ein Beispiel dafür ist das Stück Oberösterreich von 1972.

3. Werke

3.1 Der Verschwender (Ferdinand Raimund):

Der reiche Edelmann Julius von Flottwell gibt auf seinem prächtigen Schloß eine Jagdgesellschaft. Nach dem Ausritt trifft er sich mit seiner Geliebten, dem Bauernmädchen Minna, das in Wahrheit die in Menschengestalt auftretende Fee Cherestine ist. Vor einundzwandzig Jahren war sie von der Feenkönigin Illmaha auf die Erde entsandt worden, um würdigen Menschen Wohltaten zu erweisen, hatte sich in den damals siebzehnjährigen Julius verliebt und in den Jahren seither ihm zu seinem großen Reichtum verholfen. Nun erst enthüllt sie ihm ihre wahre Natur; sie muss ins Feenreich zurückkehren und der verzweifelte Flottwell schenkt ihr zum Abschied auf ihre Bitten hin ein Jahr seines Lebens.

Der zweite Akt spielt drei Jahre später. Flottwell hat ein neues Schoß gebaut und verschwendet in immer glanzvolleren Festlichkeiten seinen Reichtum. Er verliebt sich in Amalie, die Tochter des Präsidenten von Klugheim, und will sie heiraten - gegen den Willen ihres Vaters, der Flottwells Verschwendungssucht als Vorzeichen einer Katastrophe duchschaut und Amalie dem soliden Baron Flitterstein zugedacht hat. Aber nach einem turbulent endenden Fest bei Flottwell, in dessen Verlauf dieser sich mit dem Widersacher duelliert, gelingt den beiden Liebenden die Flucht. Flottwells und Amaliens Glück soll sich in England erfüllen. Zurück bleiben: der intrigante Kammerdiener Wolf, der das Schloß an sich zu bringen versteht; ein geheimnisvoller Bettler, der seit Cheristanes Verschwinden auftrat, nur für Flottwell sichtbar war und ihm mit herausforderndem Gehabe Geld und Geschmeide abgetrotzt hat; Schließlich der treuherzige Bediente Valentin (der eigentlich ein Tischlergeselle ist), der mit dem Kammermädchen Rosa unter dem Verdacht, einen kostbaren Schmuck gestohlen zu haben, von Wolf fortgejagt worden ist.

Valentin wird zur eigentlichen Zentralfigur der dritten Akts, der zwanzig Jahre später spielt. Flottwell kehrt, mittellos und als Bettler auftretend, aus England zurück. Frau und Kind sind tot, das Vermögen ist verschwendet, das Schloß seiner Väter zur Ruine verfallen; seinen früheren Kammerdiener, inzwischen "von Wolf", findet er als Herrn des neuen Schlosses vor.

Den Heimatlosen nimmt Valentin auf, der mit Rosa und vielen Kindern in zufriedener Bescheidenheit sein Tischlerhandwerk betreibt und sich immer noch in der Dankesschuld seines früheren wohltätigen Herrn empfindet. Rosa allerdings ist ganz anderer Meinung: "Verhältnisse bestimmen die Äußerungen der Menschen ... Können Sie von uns fordern, dass wir in unserer eingeschränkten Lage noch einen Mann erhalten, dem wir nichts zu danken haben als unsern richtigen Lohn ..." -

Mit diesen Worten weist sie Flottwell aus dem Haus. Erst Valentins Drohung, sie samt den Kindern zu verlassen, bewirkt, dass Rosa ihre Meinung ändert. Flottwell ist mittlerweile zur Ruine seines Schlosses gelangt: "Ich kehre nie zu eurer Welt zurück, / Denn mein Verbrechen schließt mich aus dem Reich / des Eigennutzes aus. Ich habe mich / Versündigt an der Majestät des Goldes." - In dieser Phase einer grundlegenden Sinnesänderung des "Verschwenders" erscheint wieder jener seltsame Bettler; es ist Azur, dem Cheristane als Schutzgeist ihres geliebten Flottwell entsandt hat. Er gibt ihm nun die Kostbarkeiten zurück, die er einst von ihm "erbettelt" hatte. Während Valentin wieder in Flottwells Dienste tritt, verheißt Cheristane ihm ein Wiedersehen "in der Liebe grenzenlosem Reich".

3.2 Der böse Geist Lumpazivagabundus (Johann Nestroy):

1. Akt

Einige Alte Zauberer verlangen von Stellaris, das dieser den bösen Geist Lumpazivagabundus aus dem Feenreich verbannt, weil er ihre Söhne zu einem liederlichen Leben verleitet hat. Stellaris lässt Lumpazivagabundus rufen und verbannt ihn, doch dieser verhöhnt Stellaris nur, weil auch wenn er fort ist, die Söhne der Zauberer ihr liederliches Leben nicht aufgeben werden. Stellaris fragt die Söhne, ob sie wieder brav sein würden, wenn sie das herausgeworfene Geld wiederbekommen würden. Sie bejahen, und so macht Fortuna sie wieder reich. Da gibt Hilaris zu, dass der neue Reichtum nichts nützen würde, und es nur ein Mittel gebe, ihn wieder auf den Weg der Tugend zu führen, die Hand von Brillantine, der Tochter von Fortuna. Doch Fortuna ist mit dieser Verbindung nicht einverstanden, doch da naht Amorosa, die Beschützerin der wahren Liebe und wettet mit Fortuna. Fortuna soll das Recht haben ihre Tochter Hilaris zu verweigern, wenn sie von drei leichtfertigen Kumpanen, die dem bösen Geist Lumpazivagabundus anhangen, zumindest zwei wieder auf den rechten Weg bringt. Gelingt es aber nur mit einem, können die Liebenden sich Vermählen.

Die Wahl fällt auf drei Handwerksgesellen, Zwirn, ein Schneider, Leim, ein Tischler und Knieriem ein Schuster. Sie treffen sich auf der Landstraße und freunden sich miteinander an. Im nächsten Wirtshaus sitzen essen und trinken zusammen. Danach wollen sie zusammen in der Scheune des Wirten übernachten. Vor dem Einschlafen erzählen sie einander über ihre Abenteuer mit den Frauen. Leim gesteht, das er nur eine liebt, Zwirn dagegen sind bereits mehrfach "verliebt" gewesen und Knieriem erzählt andauernd von einem Kometen der die Erde in naher Zukunft vernichten wird, und er deshalb das Leben genießen will. In der Nacht träumen alle drei vom Lotterielos Nummer 7359 und als Sie aufwachen können sie von einem Hausierer das Los 7359 kaufen und gewinnen wirklich den Haupttreffer 100.000 Taler.

2. Akt

Leim kehrt nach dem Gewinn, als armer Mann getarnt zu seiner Peppi zurück, die Frau die er Liebt. Doch er hört das im Hause Hobelmann geheiratet wird, er ist verzweifelt, weil Peppi die einzige Tochter des Meisters ist, doch zu Glück stellt sich heraus, das nur die Nichte des Meisters gemeint ist, und dass Peppi ihn noch immer liebt. Auch ihr Vater ist mit Zwirn einverstanden, weil er Peppi einmal das Leben gerettet hat, und er stimmt einer Heirat der Beiden ohne Widerrede zu. Da enttarnt sich Leim und lässt seine 30.000 Taler herbeischaffen.

Zwirn hat das gewonnene Geld in eine Werkstatt in Prag investiert. Doch er ist sehr stolz und prunkliebend. Er verschwendet das Geld und bedient nur die Kunden die er will, Kunden die ihm schmeicheln, doch meist nicht zahlen können. Außerdem machen ihm die Töchter der Signora Palpitin schöne Augen, doch Sie haben es nur auf das Vermögen von Zwirn abgesehen. Doch Zwirn, der dem schwachen Geschlecht nicht abgeneigt ist, geht auf den Flirt mit Vergnügen ein.

3. Akt

Der verarmte Zwirn und Knieriem, der sein Geld in Weinkellern und Wirtshäusern verschwendet hat treffen sich am Jahrestag ihres Zusammentreffens bei Meister Hobelmann in Wien. Als Leim nicht auftaucht fragen seine Freunde nach ihm. Der Meister erzählt ihnen, das er sein Geld, bis auf zweihundert Taler ausgegeben hätte und er mit hundert Taler in die Welt hinausgezogen sei, die anderen hundert Taler habe er aber bei ihm mit einem Brief für sie hinterlegt. Im Brief steht, das die hundert Taler für Zwirn und Knieriem seien, doch die beiden wollen das Geld nicht annehmen, da kommt Leim hervor und erklärt ihnen, dass er nicht arm sei, sondern durch fleißige Arbeit noch reicher und mit Peppi glücklich verheiratet. Leim rät seinen beiden Freunden ebenfalls seßhaft zu werden und zu arbeiten. Doch die Beiden wollen lieber ihr liederliches Leben fortsetzen. In einem Wirtshaus treffen sie auf den verkleideten Stellaris, der Knieriem etwas Geld und einen Rock gibt. Doch Knieriem will den Rock gegen Schnaps für sich und Zwirn eintauschen. Das macht Stellaris so wütend, dass er sie in die Hölle schicken will. Verängstigt versprechen die beiden Handwerksburschen sich zu bessern.

Da Amorosa die Wette gewonnen hat, darf Hilaris Brillantine heiraten. Auch Zwirn und Knieriem tun es Leim gleich und gründen Familien und eröffnen Werkstätten, in denen sie ein glückliches Leben führen.

3.3 Das 4. Gebot (Ludwig Anzengruber):

Im Garten des Hutterer'schen Hauses erwartet das Gärtnerehepaar Schön seinen Sohn Eduard, des zum Stolz seiner Eltern soeben die Priesterweihen empfangen hat. Hutterer, der hinzukommt, erfährt durch eine unbedachte Äußerung Annas von der Affäre zwischen Hedwig und ihrem Klavierlehrer Frey. Der Vater, der seine Tochter mit dem reichen August Stolzenthaler verheiraten will und in diesem Bestreben auch von seiner Frau Sidonie unterstützt wird, wirft Frey aus dem Haus. Von Hedwig fordert er totalen Gehorsam. Als diese stur auf ihrer Wahl zu beharren scheint, fragt er den von seinen Eltern freundlich empfangenen Eduard, was Kindespflicht sei. Ohne langes Besinnen entgegnet der junge Priester, dass man den Gehorsam und das Glück Gott anheim stellen solle.

Im Nebenhaus führt Drechslermeister Schalanter mit seiner Familie ein liderliches Leben. Die Tochter Josepha, die derzeitige Freundin Stolzenthalers, wird von diesem auf beleidigende Art aufgeklärt, dass das Verhältnis beendet sei. Als Grund nennt er die Hochzeit mit der Tochter Hutterers. Martin, der Sohn, ist zum Militär einberufen worden. Der lebenslustige Vater erblickt darin einen Grund zum Feiern. Während der Vorbereitungen erscheint die Großmutter Herwig. Tief bekümmert über die Zustände im Hause ihrer Tochter, versucht sie die Eltern zu Einsicht und Umkehr zu ermahnen, wird von ihnen doch nur verhöhnt, während in den Kindern für einen Augenblick die Erkenntnis aufzudämmern scheint, dass die Alte am Ende doch gar nicht so falsch liegen könnte. Aber vom fröhlichen Wirbel des beginnenden Gelages werden alle Bedenken fortgeschwemmt.

Ein Jahr ist vergangen. Hedwig hat August Stolzenthaler geheiratet und ihm ein krankes Kind geboren, an dessen körperlichen Zustand der verschwenderische Lebensstil ihres Mannes schuld ist. Schalanter hat seine Tätigkeit als Drechsler aufgegeben und so ernährt Josepha als Kellnerin in einen üblen Beisel die Familie. Martin, inzwischen Soldat, hat durch sein übles Benehmen bei Militär nur Probleme. Sein Feldwebel ist der Klavierlehrer Frey, der nach dem Rauswurf bei den Hutterers wieder zum Militär gegangen ist. Durch einen Zufall werden Vater und Sohn Schalanter Zeugen eines Gesprächs zwischen Frey und Hedwig. Er bittet sie ihm seine früheren Briefe auszuhändigen, die sie bis dahin wie einen Schatz aufbewahrt hatte. Schalanter hat nichts Eiligeres zu tun, als Stolzenthaler von dem Gepsräch zu erzählen. Hedwig wird von ihrem Mann derart misshandelt, dass sie sein Haus verlässt und zu den zu spät zur Einsicht gekommenen Eltern zurückkehrt.

Frey ist an einem Ausflugsort in der Nähe Wiens mit der Familie zusammengetroffen. Martin versucht seinen Vorgesetzten zu erpressen, in dem er auf das Gespräch anspielt. Als ihm Frey erwidert, dass vom Sohn einer Kupplerin und eines Säufers nichts Besseres zu erwarten sei, wird er von Martin hinterrücks niedergeschossen.

Der Mörder ist zum Tode verurteilt worden. Durch seine Schwester Josepha lässt er seinen Jugendfreund Eduard um eine letzte Aussprache bitten. Im Garten sieht der Priester auch Hedwig, die seelisch schwer getroffen, kurz vor dem Tode steht. Eduard, in dem bereits sein Vater Bedenken erweckt hat, wird klar, was er mit seinem vorschnellen Rat angerichtet hat. Martin erwartet im Kerker die Exekution. Eduards Frage, ob er die Eltern nicht noch einmal sehen wolle, wird vehement verneint. Dafür empfängt Martin seine Großmutter, die obwohl sie selbst dem Zusammenbrechen nahe ist, gekommen ist, um ihrem Enkel in seiner letzen Stunde beizustehen. Martin, der sein eigenes Schicksal noch einmal überdenkt, gibt Eduard den Rat, wenn er vom 4. Gebot (Ehre Vater und Mutter) predige nicht nur die Kinder sondern auch die Eltern zu ermahnen sich danach zu richten. Als Glocke ertönt, begibt sich Martin mit dem Segen seiner Großmutter aufrecht und gefasst auf seinen letzten Gang.

3.4 Kein Platz für Idioten (Felix Mitterer):

Das Stück beginnt in einer Bauernstube, in der ein behinderter Junge, der eine Faschingsmaske über den Gesicht trägt, fernsieht. Der Plattl-Hans erscheint, fragt, ob jemand da sei und betritt die Stube. Der Junge dreht sofort den Fernseher ab und versteckt sich unter einem Tisch. Die Mölbinger-Bäuerin, Mutter des Jungen, kommt nach Hause und redet mit dem Plattl-Hans, während der Junge ängstlich und unentdeckt unter dem Tisch kauert. Die Bäuerin schimpft über den Jungen und gibt offen zu, wie sehr sie ihn haßt. Der Junge schreit auf und die Bäuerin zerrt ihn unter dem Tisch hervor, ihn auf das Schlimmste beschimpfend. Der alte Plattl-Hans versucht, der Bäuerin Einhalt zu gebieten, doch als der Junge zu krampfen beginnt, schlägt ihn die Bäuerin und der Junge klammert sich im Krampf an den Alten. Der streicht dem Jungen über den Kopf. Gleich darauf löst sich der Krampf des Jungen und er bricht weinend zusammen.

Der zweite Akt spielt im Wirtshaus, in dem zwei Gäste und ein Gendarm Karten spielen. Zwei deutsche Gäste essen an einem Tisch zu Mittag. Als der Plattl-Hans mit dem behinderten Jungen das Wirtshaus betritt, beginnt einer der Kartenspieler mit Sticheleien gegen den Alten und hetzt auch seine Mitspieler gegen ihn auf. Der Junge habe hier im Wirtshaus nichts verloren, er vertreibe nur alle Gäste. Der Wirt - gleichzeitig auch Bürgermeister des Ortes - gesellt sich zu den Kartenspielern. Diese erklären dem Wirt, dass der Junge tourismusschädigend sei. Daraufhin ersucht der Wirt den Alten, das Wirtshaus nicht mehr mit dem Jungen zu betreten. Der Plattl-Hans und der Junge verlassen das Wirtshaus.

Der dritte Akt spielt in der Wohnung des Alten. Der behinderte Junge wohnt beim alten Plattl-Hans, den er liebevoll "Dati" nennt. Der Alte wiederum nennt den Jungen "Mandl". Er erhält von der Bäuerin Nahrungsmittel dafür, dass der Junge bei ihm wohnen kann. Mandl hat bereits große Fortschritte gemacht, er kann lesen und ist nicht mehr so verängstigt. Er krampft auch nicht mehr. Mandl hat heute Geburtstag und bekommt vom Alten einen Gugelhupf und Kakao. "Dati" liest dem Jungen auch noch die Geschichte vom häßlichen Entlein vor und im Radio-Wunschkonzert wird ein Lied für den Jungen gespielt, mit herzlichen Geburtstagsgrüßen von "Deinem Dati Plattl-Hans". Der Junge freut sich sehr und hört aufmerksam zu. Der erste Gast, der auch im Wirtshaus war, kommt, um den Alten davor zu warnen, dass die Gemeinde und auch die Eltern des Jungen beschlossen haben, ihn in ein Narrenhaus zu geben. Am Vormittag hat der Mandl nämlich beim Baden die kleine Grabner-Maria angegriffen. Nun haben deren Eltern Angst, dass er sie vergewaltigen wollte. Der Junge aber wurde niemals aufgeklärt und war bloß neugierig. Er wollte das Mädchen nur genauer anschauen. Der Gendarm kommt und holt den Mandl ab. Der wehrt sich und schreit, er bekommt einen Krampfanfall und wird rausgebracht. Der Alte steht regungslos da und sieht traurig hinterher.

3.5 Stallerhof (Franz Xaver Kroetz):

Zwei Außenseiter treffen hier aufeinander: der alte, einsame Sepp, Knecht auf dem Stallerhof, und die halbwüchsige Beppi, die Tochter des Stallerbauern. Sie geistig zurückgeblieben, auch kurzsichtig - Grund genug für die Eltern über das Unglück zu lamentieren und sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Nur der alte Sepp kümmert sich um das Mädchen, geht mit ihr auf den Jahrmarkt, aber schließlich auch ins Bett. Das ist keine Verführung, sondern eine naturgemäße Zwangsläufigkeit in dieser bäuerlich kreatürlichen Welt, wo die Katzen jungen und Sepp mit gleicher Selbstverständlichkeit leben will. Erstmals bei Kroetz spielt das Irrationale herein in Form einer Indianergeschichte von der Heilung einer als unberührbar Verfemten durch die Liebe, einer Geschichte, die Sepp nicht nur der Beppi erzählt, sondern deren Nutzanwendung er mitnimmt ins eigene Verhalten. Die seltsame Liebesgeschichte zwischen dem Mädchen und dem Knecht wird aufgedeckt. Der Bauer wirft Sepp vom Hof. Aus Rache vergiftet er den Hund es Knechts, und aus Angst vor dem Gerede der Nachbarn versucht man die Abtreibung. Sie misslingt, das Kind wird zur Welt kommen.

4. Literaturnachweis

Ferdiand Raimund: Raimunds Werke 2: Der Verschwender

Reclam J. N. Nestroy: Der böse Geist Lumpazivagabundus

Reclam L. Anzengruber: Das 4. Gebot

Franz Xaver Kroetz: Gesammelte Werke: Stallerhof

Felix Mitterer: Stücke 1: Kein Platz für Idioten

Gerhard Rainer: Stichwort Literatur

Reclams Schauspielfüherer

Diverse Dokumente aus dem Internet

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