Der Verschwender
Zaubermärchen in drei Aufzügen
Hauptpersonen:
Fee Cheristane
Schutzgeist Azur als Bettler
Julius von Flottwell
Wolf, sein Kammerdiener
Valentin, sein Bedienter
Rosa, Kammermädchen
Präsident von Klugheim
Amalie, seine Tochter
Baron Flitterstein
1. Akt
Der reiche Edelmann Julius von Flottwell gibt auf seinem prächtigen Schloß eine Jagdgesellschaft. Nach dem Ausritt trifft er sich mit seiner Geliebten, dem Bauernmädchen Minna, das in Wahrheit die in Menschengestalt aufgetretene Fee Cheristane ist. Vor einundzwanzig Jahren war sie von der Feenkönigin Illmaha auf die Erde gesandt worden, um würdigen Menschen Wohltaten zu erweisen und hatte sich in den damals siebzehnjährigen Julius verliebt. In den Jahren seither hat sie ihm zu seinem großen Reichtum verholfen. Nun erst enthüllt sie ihm ihre wahre Natur; sie muss ins Feenreich zurückkehren und der verzweifelte Flottwell schenkt ihr zum Abschied auf ihre Bitten hin ein Jahr seinen Lebens.
Akt
Der zweite Akt spielt drei Jahre später. Flottwell hat ein neues Schloß gebaut und verschwendet in immer glanzvolleren Festlichkeiten seinen Reichtum. Er verliebt sich in Amalie, die Tochter des Präsidenten von Klugheim, und will sie heiraten - gegen den Willen ihres Vater, der Flottwells Verschwendungssucht als Vorzeichen einer Katastrophe durchschaut und Amalie dem soliden Baron Flitterstein zugedacht hat.
Aber nach einem turbulent endenden Fest bei Flottwell, in dessen Verlauf er sich mit seinem Konkurrenten duelliert, gelingt den beiden Liebenden die Flucht, Flottwells und Amaliens Glück soll sich in England erfüllen. Zurück bleiben: der intrigante Kammerdiener Wolf, der das Schloß an sich zu bringen versteht; ein geheimnisvoller Bettler, der seit Cheristanes Verschwinden auftrat, nur für Flottwell sichtbar war und ihm mit herausforderndem Gehabe Geld und Geschmeide abgetrotzt hat; schließlich der treuherzige Bediente Valentin, der eigentlich ein Tischlergeselle ist und der mit dem Kammermädchen Rosa unter dem Verdacht steht, einen kostbaren Schmuck, der eigentlich für Amalie bestimmt war, gestohlen zu haben, von Wolf fortgejagt worden ist.
3. Akt
Valentin wird zur eigentlichen Zentralfigur des dritten Akts, der zwanzig Jahre später spielt. Flottwell kehrt, mittellos und als Bettler auftretend, aus England zurück. Frau und Kind sind tot, das Vermögen ist verschwendet, das Schloß seiner Väter zur Ruine verfallen; seinen früheren Kammerdiener, inzwischen von Wolf", findet er als Herrn des neuen Schlosses vor. Der Verschwender trifft auch auf seinen alten Bediensten Valentin, der mit Rosa und 5 Kindern in zufriedener Bescheidenheit sein Tischlerhandwerk betreibt. Aus diesem Teil des Stückes stammt das berühmte Hobellied:
Valentin empfindet sich immer noch in der Dankesschuld seines früheren wohltätigen Herrn und beschließt ihn bei sich aufzunehmen. Rosa allerdings ist ganz anderer Meinung und weist Flottwell mit folgenden Worten aus dem Haus:
Verhältnisse bestimmen die Äußerungen der Menschen. Ich kann ihnen gar nichts sagen als: Sehn sie sich bei uns um! Können Sie von uns fordern, dass wir in unserer eingeschränkten Lage noch einen Mann erhalten, dem wir nichts zu danken haben als unseren richtigen Lohn..."
Erst Valentins Drohung, sie samt den Kindern zu verlassen, bewirkt, dass Rosa ihre Meinung ändert. Flottwell ist mittlerweile zur Ruine seines Schlosses gelangt: In dieser Phase einer grundlegenden Sinnesänderung des Verschwenders erscheint wieder jener seltsame Bettler; es ist Azur, den Cheristane als Schutzgeist ihres geliebten Flottwell entsandt hat. Ich möchte Euch nun zusammen mit Michaela einen Teil vorlesen:
Lesestelle:
Flottwell:
Ich kehre nie zu eurer Welt zurück,
Denn mein Verbrechen schließt mich aus dem Reich
des Eigennutzes aus. Ich habe mich
Versündigt an der Majestät des Goldes. [...]
Mein Leben, dessen Pulsschlag Ehre war.
Ich könnte mich in jenen Abgrund stürzen,
Doch nein! Des letzten Flottwell Haupt, es beug
Sich nicht so tief. Mein Leben ist ja noch
Das einz'ge Gut, das mir Verschwendung ließ,
Mit dem allein will ich nun sparsam sein,
Der Hunger soll mich langsam töten hier:
Zu viel gemästet hab. O Tod, du bist
Mein einz'ger Trost. Ich hab ja keinen Freund"
Bettler:
Als mich!"
Flottwell:
Als wen? Ha! Schreckliche Gestalt,
Die ich seit zwanzig Jahren nicht gesehen
Und die ich nun für meine erst erkenn,
Weil mich die Zeit auf gleiche Stufe stellt
Und ich wie du in jeder Hinsicht nun
Bejammernswert und elend bin.
Weh mir! Nun wird mir's klar, du solltest mir
Ein schauervolles Bild der Warnung sein.
Bettler:
Dies war mein Zweck. Du hast mich nicht erkannt,
Weil Leidenschaft nie ihre Fehler sieht.
Erkenne mich nun ganz, ich bin ein Jahr
Aus deinem viel zu rasch verzehrten Leben,
Und zwar dein fünfzigstes, das heute noch
Beginnen wird, wenn jene Sonne sinkt.
Du hast an Cheristanen einst ein Jahr
Verschenkt, und diese edle Fee, die sich
Für dich geopfert hat, sah in dem Buch
Der Zukunft, dass, wenn du zurück nicht kehrst
Von der Verschwendung Bahn, das fünfzigste
Jahr deines Lebens dir den Bettelstab
Als Lohn für deinen Leichtsinn reichen wird. [...]
Ich hab für dich bei dir gebettelt.
Ein Jahr lang hab ich den Tribut durch List
Und schaudervolle Angst von dir erpreßt. [...]
Nimm hier dein Eigentum, das du mir gabst,
Zurück. Du wirst es besser schätzen nun,
Weil du die Welt an deinem Schicksal hast
Erkannt. Was du den Armen gabst, du hast's
Im vollen Sinne selber dir gegeben. -
Leb wohl! Ich hab vollendet meine Sendung.
Daraufhin verspricht Cheristane Flottwell ein Wiedersehen in der Liebe grenzenlosem Reich." Valentin und Rosa treten schließlich wieder in Flottwells Dienste.
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