Torquato Tasso
Personen:
ALFONS DER ZWEITE, Herzog von Ferrara
LEONORE VON ESTE, die Prinzessin, Schwester des Herzogs
LEONORE SANVITALE, Gräfin von Scandiano, eine Freundin des Hauses
TORQUATO TASSO, italienischer Dichter, in den Diensten des Herzogs
ANTONIO MONTECATINO, Staatssekretär des Herzogs
Inhalt:
Torquato Tasso ist Dichter in den Diensten des Herzogs von Ferrara. Die Schwester des Herzogs und ihre Freundin Leonore Sanvitale befinden sich im Garten des Lustschlosses Belriguardo und winden Kränze. Die Prinzessin einen aus Lorbeer, die Gräfin einen aus Blumen. Sie krönen schließlich die Hermen des Vergil und des Ariost mit diesen Kränzen. Unterdessen warten sie auf Tasso, der sie durch seine Dichtkunst unterhalten soll. Statt dessen kommt Herzog Alfons, der ebenfalls Tasso sucht. Sie sprechen über Tasso, der sich nur allzu oft in die Einsamkeit zurückzieht und gegen jeden Mißtrauen hegt. Da kommt er schließlich mit einem Buch in der Hand, das er seinem Herzog überreicht. Der Herzog lobt ihn und Tasso schaut voll Ehrerbietung zu ihm auf. Die Prinzessin setzt ihm schließlich auch den Lorbeerkranz, den sie gewunden hat auf. Da kommt der Staatssekretär Antonio aus Rom. Er beleidigt Tasso, in dem er die Größe des Dichters Ariost rühmt und ihm entgegenstellt. Bei einem Gespräch mit Tasso spricht die Prinzessin dies an und er schüttet ihr sein Herz aus. Die Prinzessin gibt ihm aber zu verstehen, dass er Abstand halten soll von ihr und fordert ihn auf, sich mit Antonio zu versöhnen. Im Folgenden bietet Tasso Antonio seine Freundschaft an. Doch aufgrund des hochmütigen Verhaltens Antonios kommt es zum Streit zwischen beiden. Tasso zieht seinen Degen, da tritt im letzten Augenblick der Herzog dazwischen. Nach einer Anhörung beider verurteilt Alfons Tasso zu Zimmerarrest. Inzwischen erfahren die Prinzessin und Gräfin Leonore vom Streit, und Leonore startet einen Vermittlungsversuch und will Tasso für einige Zeit mit sich nach Florenz nehmen. Doch der mißtrauische und hinter jedem einen Gegner sehende Tasso sieht nun auch in Leonore, ja schließlich auch in der Prinzessin einen Feind. Nach Leonore kommt Antonio und versöhnt sich mit Tasso. Dieser fordert allerdings von ihm, dass er beim Herzog wegen der Erlaubnis zu einer Reise nach Rom vorsprechen soll. Nachdem er ihn von seinem ausdrücklichen Wunsch diese Reise zu tätigen überzeugt hat, geht dieser zu Alfons, der dies zwar ungern, aber doch erlaubt. Da kommt die Prinzessin und fragt Tasso, warum er sie, seine Freundin, verlassen will. Sie redet auf Tasso ein, dass dieser sein Mißtrauen und Selbstmitleid überwindet. Er kann jedoch schließlich seine Gefühle nicht mehr in Zaum und drückt die Prinzessin an seine Brust. Diese stößt ihn jedoch entsetzt von sich weg und läuft davon. Da eilen auch Herzog Alfons und Gräfin Leonore herbei, entsetzt von Tassos Verhalten. Empört reisen sie sofort nach Ferrara ab. Nun ist er tatsächlich, wie er sich zuvor immer eingebildet hatte beim Herzog und der Prinzessin in Ungnade gefallen. Nur Antonio bleibt bei Tasso, nimmt ihn bei der Hand und tröstet ihn.
Personencharakteristik:
TORQUATO TASSO: Tasso ist in sich gekehrt, ist mißtrauisch und sieht in jedem Handeln eine Falle gegen sich. Er hat einen Minderwertigkeitskomplex und liebt die Einsamkeit. Er ist aber auch in die Prinzessin verliebt, die ihn aber immer zurechtweist, ihr nicht zu nahe zu kommen. Tasso verehrt sieund unterhält sie mit seinen Gedichten. Ihr vertraut er seine Sorgen und Gefühle an. Im älteren, weisen Staatsmann Antonio, der ihn beleidigt hat, sieht er einen Feind und Widersacher. Er leidet während seines Arrestes,weil er glaubt, dass alle ihn verstoßen haben. Er leidet, und je mehr die Gräfin und Antonio auf ihn einreden, desto mehr wächst seine Abneigung. Das schlimmst für ihn ist, dass er sich einredet, dass er sogar bei der Prinzessin in Ungnade gefallen ist. Als er nachher nicht mehr durch die Erleichterung, dass er doch bei allen in Wohlgefallen ist, seine Gefühle in Zaum halten kann und die Prinzessin an seine Brust drückt, passiert nun wirklich das, was er zuvor immer angenommen hatte, dass er in Ungnade fällt.
Er ist voll und ganz ein Künstler, ja ein Träumer. Er stammt aus dem gewöhnlichen Volk und ist seinem Herrn vollkommen untertan. Er fühlt sich vor allem Antonio gegenüber minderwertig, der für ihn erfolgreich und lebenserfahren scheint, er selbst ist aber weltfremd.
ANTONIO: Er ist der trockene Realist und Politiker am Hofe Herzog Alfons'. Er hat anfangs große Minderwertigkeitsgefühle gegenüber Tasso, der jung und schön ist und durch seine Dichtkunst bei Frauen gut ankommt. Daher versucht er Tasso zuerst zu demütigen und stellt Ariost noch über ihn, wo er doch den labilen Tasso kennt. Als dieser ihm seine Freundschaft anbietet, treibt er durch seine hochmütige Antwort in Tasso den Hass hoch. Später bereut er jedoch sein Handeln und versöhnt sich mit Tasso und spricht für diesen auch beim Herzog vor. Er ist am Ende der einzige, der Tassos Handeln und seine Gefühle versteht, und nicht an der so guten Sittlichkeit an fürstlichen Höfen hängt.
Er stellt das Gegenstück zu Tasso dar. Die beiden Charaktere sind vollkommen verschieden. Er, der am Anfang Tasso wegen seiner Weltfremdheit verachtet, gelingt es zum Schluß sich in den Dichter hineinzufühlen. In den Personen Tasso und Antonio wird die Spannung zwischen Künstler und dem gestandenen Realisten ausgedrückt.
PRINZESSIN LEONORE: Sie ist nach meiner Ansicht hauptsächlich an ihrem Prestige und an ihrem Vergnügen interessiert. Sie nutzt Tassos Zuneigung aus, ohne dass es diesem auffällt. Sie erklärt Tasso zwar immer, sie sei eine gute Freundin, doch als Tasso sie an sich drückt, ist sie entsetzt über das Verhalten Tassos, was er sich denn herausnimmt. Für sie ist der Verstoß gegen die höfische Sitte das größte Verbrechen.
HERZOG ALFONS: Er zeigt sich gegenüber Tasso als sehr gnädig. Er schätzt seine Dichtkunst sehr hoch, doch auch für ihn ist Tasso ein gewisses Prestigeobjekt. Er hat Angst, dass Tasso eventuell zu einem anderen Fürsten, zu einem Konkurrenten überlaufen könnte. Auch ist er entsetzt, wie er Tasso bei seiner sittlichen Verfehlung ertappt. Er denkt, Tasso hätte nun vollends den Verstand verloren. Für ihn ist die eine perverse, gegen die Sitte verstoßende Tat.
Entstehung des Dramas:
Die ersten großen Stücke des Dramas schrieb Goethe im Herbst 1780. Diese Fassung ist aber heute nicht mehr erhalten. Goethe vernichtete sie während seiner Italienreise. In Rom 1787 begann er mit der Neubearbeitung in Versform in fünffüßigen Jamben. 1789 war das Werk fertiggestellt.
Das Thema des Stücks sei "Die Disproportionen des Lebens mit dem Talent", so schrieb Goethe an Karoline Herder. 1790 wurde "Torquato Tasso" zum ersten Mal in Leipzig gedruckt. Die Uraufführung fand am 16. Februar in Weimar statt.
Das Tassomotiv wurde auch von verschiednen Dichtern immer wieder aufgegriffen. Franz Liszt hat 1856 in einer Symphonie dieses Motiv auch vertont.
Aussagen des Dramas:
Das Stück soll die beiden Welten Kunst und Denken im Gegensatz darstellen und schließlich ihre Vereinigung darstellen. Außerdem zeigt es eine für die damalige Zeit unmögliches Liebesbeziehung eines Dichters zu einer Prinzessin.
Charakteristik des Dramas:
Goethe lässt in seinem Drama bis auf eine Anfangsszene nicht mehr als drei Personen auftreten. Er hält sich streng an die drei Aristotelesschen Einheiten. Die Monologe des Tasso prägen seine Persönlichkeit und lassen den Leser tief in diese Figur blicken und Symphatie für diese doch eher mit negativen Eigenschaften ausgestattete Figur wecken. Charakteristisch für das Drama sind auch die Sinneswandlungen aller Personen im Verhältnis zu Tasso im Verlaufe des Dramas. Besonders geprägt wird das Stück auch durch die Dialoge Tassos mit seinem Gegner Antonio und mit der Prinzessin.
Auch wenn das Drama eher schwer zu lesen ist, so kommt doch während des Stücks eine gewisse Spannung auf.
Historische Grundlage:
Dem Schauspiel ist die 1785 erschienen Tasso-Biographie von Abbate Pierantonio Serassi zugrunde gelegt. Torquato Tasso ist ein italienischer Dichter der Spätrenaissance (1544-1595). Er wurde durch seine legendäre Liebesbeziehung zu einer italienischen Prinzessin bekannt, die ja Goethe in seinem Drama verarbeitete. Die historischen Personen sind jedoch von Goethe entfremdet worden.
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