Bürgerlicher Realismus

Bürgerlicher Realismus (1848 - 1885)

Beginnt mit dem Scheitern der bürgerlichen Revolutionvon 1848/49 und endet in den 80er Jahren mit dem Vormarsch einer neuen Schriftstellergeneration von jungen Intellektuellen. Diese wenden sich gegen das literarische Establishment und zeigen mehr Interesse für die sozialen Probleme des Arbeiterstandes und der notleidenden Menschen.

Das gebildete Bürgertum verzichtet weitgehend auf politische Macht und Mitsprache, überlässt dem Adel und Militär die politische Führung und erkauft sich so Wohlstand, soziale Ruhe und Ordnung.

Die Schriftsteller richten den Blick zurück in ihre Jugend, verweisen auf bestehende Traditionen und vermeiden radikale Darstellungen gesellschaftlicher und politischer Konflikte und Krisen. Die Dichtung soll Versöhnung darstellen und Vermittlung zwischen den individuellen Ansprüchen der einzelnen Menschen und der Gemeinschaft sein. Humor und Ironie haben dabei oft die Aufgabe, den Widerspruch zwischen persönlichen Wunschvorstellungen und objektiver Wirklichkeit zu überwinden oder aufzulösen.

Literarisches Leben

In der 2.Hälfte des 19.Jh sind die Voraussetzungen (z.B. starker Bevölkerungszuwachs, drucktechn. Fortschritte, bessere Schulbildung u. Verbesserung des Analphabetentums, langsames Reduzieren der Arbeitszeit u. Erhöhung der Einkommen bürgerlicher Schichten, Lockerung der Zensur) für ein Massenlesepublikum und damit für einen enormen Aufschwung der Literaturproduktion geschaffen.

Außerdem: Wachsen der Leihbüchereien und der Volksbibliotheken.

Erscheinen von:

>Kolportageliteratur (frz. colportage=Hausierhandel),

>Wochen-Zeitschriften (z.B Gartenlaube, Illustriertes Familienblatt -zur Unterhaltung und Erziehung der Bürger zu Sitte und Moral", Daheim, Fliegende Blätter))

>Illustrierten (z.B. Westermanns Monatshefte).

Namhafte Schriftsteller, die in den auflagestärksten Zeitschriften schreiben:

Karl Gutzkow, Eugenie Marlitt, Paul Heyse, Ludwig Ganghofer, Wilhelm Raabe, Theodor Fontane, Theodor Storm, Gottfried Keller, Peter Rosegger, Marie von Ebner-Eschenbach.

Neben ästhetisch hochwertiger Literatur findet sich auch Unterhaltungsliteratur, die vor gesellschaftspolitischen Zeitproblemen flüchtet, auch biedermeierliche Idyllen zeichnet oder exotische Abenteuer zum Thema hat (z.B. Romane von Karl May).

Programm des poetischen Realismus

Der bürgerliche Realismus - der Literaturkritiker und Dichter Otto Ludwig gibt ihm den Namen poetischer Realismus - wendet sich sowohl gegen die Romantik und Klassik, welche die Phantasie bzw. das Typische und Idealistische in den Vordergrund rücken, als auch gegen die tagespolitische Thematik und den Subjektivismus der Tendenzpoesie des Jungen Deutschland und Vormärz.

Theodor Fontane: Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848

Formen des poetischen Realismus

+ Hauptdichtungsformen des poetischen Realismus:

erzählende Dichtung, hier besonders die Novelle (-> ital. novella = kleine Neuigkeit) und der Roman (Gesellschaftsroman, Bildungsroman, historische Roman).

+ Lyrik:

Vorbilder für die Gedichte sind die Erlebnislyrik Goethes, liedhafte Texte Eichendorffs und Volkslieder. Themen: Liebe, Natur, Glück, Trauer, Sehnen, Erinnern, Suche nach Geborgenheit)

+ Balladendichtung (greift auf geschichtl. Begebenh. und Heldenstoffe zurück od. setzt sich mit der modernen Technik auseinander).

- Nur Friedrich Hebbel und Ludwig Anzengruber (Ö), der das Erbe des Wiener Volksstücks antritt und schon an der Schwelle zum Naturalismus steht, schreiben Dramen, die heute noch gespielt werden.

Zwei Beispiele epischer Dichtung:

1. Gottfried Keller: Romeo und Julia auf dem Dorfe (Novelle, erscheint 1856 in der berühmten Sammlung Die Leute von Seldwyla)

Inhalt (beruht auf einer tatsächlichen Begebenheit) :

Zwei Bauern, Manz und Marti, bringen einen Wandermusikanten, den schwarzen Geiger, um sein Erbe, zerstreiten sich wegen eines Ackerstücks und ruinieren sich gegenseitig durch langwierige Prozesse. Die dadurch aussichtslose Liebe der Kinder Sali und Vrenchen endet im Freitod.

2. Theodor Fontane: Effi Briest (Unterhaltungsroman, aber auch kunstvoll gebauter epischer Text)

Theodor Fontane ist der Schöpfer des deutschen realistischen Gesellschaftsromans.

Inhalt:

Die siebzehnjährige Effi Briest heiratet nach flüchtiger Bekanntschaft den um 21 J. älteren Baron von Innstetten. Schon nach kurzer Ehe vereinsamt die junge Frau an der Seite ihres Ehemanns und flüchtet in eine kurze Liebschaft mit Major Crampas. Nach sieben Jahren, das Verhältnis ist seit langem beendet, entdeckt Innstetten die Briefe, die Crampas an Effi geschrieben hat. Im Duell tötet er den ehemaligen Rivalen und lässt sich von seiner Frau scheiden, wobei ihm die gemeinsame Tochter Anni zugesprochen wird. Effi lebt nun unter ärmlichen Verhältnissen in Berlin. Nach einem Wiedersehen mit ihrer Tochter bricht sie zusammen und stirbt.

Beispiele realistischer Lyrik:

1. Theodor Storm: Hausbuch aus deutschen Dichtern(Gedichtanthologie)

(z.B. Die Stadt)

2. Gottfried Keller: z.B. Abendlied

Keller lernt Ludwig Feuerbach kennen, der ihm durch seine Theologie- u. Religionskritik (Wesen der Religion, 1885) die Augen für die Schönheiten der irdischen Welt öffnet.

Österreichische Autoren der Epoche

In Ö. kommt es bereits in der Zeit des Realismus zu einer Entwicklung hin zum europäischen Naturalismus (durch Ludwig Anzengruber, Ferdinand von Saar und Marie von Ebner-Eschenbach).

1. Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916) (ihre Erzählkunst ist von einem sozialen Mitgefühl und Verständnis für die Nöte der Armen und Hilflosen geprägt)

Das Gemeindekind (Roman)

Die Spitzin (Erzählung)

Inhalt: Umherwandernde Zigeuner lassen im Kirchhof außerhalb eines Dorfes ein splitternacktes Knäblein zurück. Die Witwe Wagner nimmt sich um dieses Kind an und gibt ihm den Namen Provi Kirchhof. Als sie stirbt, will niemand aus dem Dorf dem Kind Unterkunft und Essen geben und so lebt er, spärlich bekleidet, geprügelt, beschimpft, verachtet und gehasst und prügelt, beschimpft, verachtet und hasst wieder.

Er lässt die Hand küssen (Erzählung)

2. Ferdinand von Saar (1833 - 1906)

Novellen aus Österreich (1876) (Er beschreibt in diesen sowohl Angehörige des Adels als auch Menschen der unteren sozialen Randgruppen)

Die Steinklopfer (Novelle)

Inhalt: Der ehem. Soldat und Steinbrucharbeiter Georg erschlägt aus Notwehr einen brutalen und gefühllosen Aufseher. Nach Verbüßung einer milden Haftstrafe findet er mit dessen Ziehtochter Tertschka ein spätes Glück.

Bürgerlicher Realismus (1848 - 1885)

Beginnt mit dem Scheitern der bürgerlichen Revolutionvon 1848/49 und endet in den 80er Jahren mit dem Vormarsch einer neuen Schriftstellergeneration von jungen Intellektuellen. Diese wenden sich gegen das literarische Establishment und zeigen mehr Interesse für die sozialen Probleme des Arbeiterstandes und der notleidenden Menschen.

Das gebildete Bürgertum verzichtet weitgehend auf politische Macht und Mitsprache, überlässt dem Adel und Militär die politische Führung und erkauft sich so Wohlstand, soziale Ruhe und Ordnung.

Die Schriftsteller richten den Blick zurück in ihre Jugend, verweisen auf bestehende Traditionen und vermeiden radikale Darstellungen gesellschaftlicher und politischer Konflikte und Krisen. Die Dichtung soll Versöhnung darstellen und Vermittlung zwischen den individuellen Ansprüchen der einzelnen Menschen und der Gemeinschaft sein. Humor und Ironie haben dabei oft die Aufgabe, den Widerspruch zwischen persönlichen Wunschvorstellungen und objektiver Wirklichkeit zu überwinden oder aufzulösen.

Literarisches Leben

In der 2.Hälfte des 19.Jh sind die Voraussetzungen (z.B. starker Bevölkerungszuwachs, drucktechn. Fortschritte, bessere Schulbildung u. Verbesserung des Analphabetentums, langsames Reduzieren der Arbeitszeit u. Erhöhung der Einkommen bürgerlicher Schichten, Lockerung der Zensur) für ein Massenlesepublikum und damit für einen enormen Aufschwung der Literaturproduktion geschaffen.

Außerdem: Wachsen der Leihbüchereien und der Volksbibliotheken.

Erscheinen von:

>Kolportageliteratur (frz. colportage=Hausierhandel),

>Wochen-Zeitschriften (z.B Gartenlaube, Illustriertes Familienblatt -zur Unterhaltung und Erziehung der Bürger zu Sitte und Moral", Daheim, Fliegende Blätter))

>Illustrierten (z.B. Westermanns Monatshefte).

Namhafte Schriftsteller, die in den auflagestärksten Zeitschriften schreiben:

Karl Gutzkow, Eugenie Marlitt, Paul Heyse, Ludwig Ganghofer, Wilhelm Raabe, Theodor Fontane, Theodor Storm, Gottfried Keller, Peter Rosegger, Marie von Ebner-Eschenbach.

Neben ästhetisch hochwertiger Literatur findet sich auch Unterhaltungsliteratur, die vor gesellschaftspolitischen Zeitproblemen flüchtet, auch biedermeierliche Idyllen zeichnet oder exotische Abenteuer zum Thema hat (z.B. Romane von Karl May).

Programm des poetischen Realismus

Der bürgerliche Realismus - der Literaturkritiker und Dichter Otto Ludwig gibt ihm den Namen poetischer Realismus - wendet sich sowohl gegen die Romantik und Klassik, welche die Phantasie bzw. das Typische und Idealistische in den Vordergrund rücken, als auch gegen die tagespolitische Thematik und den Subjektivismus der Tendenzpoesie des Jungen Deutschland und Vormärz.

Theodor Fontane: Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848

Formen des poetischen Realismus

+ Hauptdichtungsformen des poetischen Realismus:

erzählende Dichtung, hier besonders die Novelle (-> ital. novella = kleine Neuigkeit) und der Roman (Gesellschaftsroman, Bildungsroman, historische Roman).

+ Lyrik:

Vorbilder für die Gedichte sind die Erlebnislyrik Goethes, liedhafte Texte Eichendorffs und Volkslieder. Themen: Liebe, Natur, Glück, Trauer, Sehnen, Erinnern, Suche nach Geborgenheit)

+ Balladendichtung (greift auf geschichtl. Begebenh. und Heldenstoffe zurück od. setzt sich mit der modernen Technik auseinander).

- Nur Friedrich Hebbel und Ludwig Anzengruber (Ö), der das Erbe des Wiener Volksstücks antritt und schon an der Schwelle zum Naturalismus steht, schreiben Dramen, die heute noch gespielt werden.

Zwei Beispiele epischer Dichtung:

1. Gottfried Keller: Romeo und Julia auf dem Dorfe (Novelle, erscheint 1856 in der berühmten Sammlung Die Leute von Seldwyla)

Inhalt (beruht auf einer tatsächlichen Begebenheit) :

Zwei Bauern, Manz und Marti, bringen einen Wandermusikanten, den schwarzen Geiger, um sein Erbe, zerstreiten sich wegen eines Ackerstücks und ruinieren sich gegenseitig durch langwierige Prozesse. Die dadurch aussichtslose Liebe der Kinder Sali und Vrenchen endet im Freitod.

2. Theodor Fontane: Effi Briest (Unterhaltungsroman, aber auch kunstvoll gebauter epischer Text)

Theodor Fontane ist der Schöpfer des deutschen realistischen Gesellschaftsromans.

Inhalt:

Die siebzehnjährige Effi Briest heiratet nach flüchtiger Bekanntschaft den um 21 J. älteren Baron von Innstetten. Schon nach kurzer Ehe vereinsamt die junge Frau an der Seite ihres Ehemanns und flüchtet in eine kurze Liebschaft mit Major Crampas. Nach sieben Jahren, das Verhältnis ist seit langem beendet, entdeckt Innstetten die Briefe, die Crampas an Effi geschrieben hat. Im Duell tötet er den ehemaligen Rivalen und lässt sich von seiner Frau scheiden, wobei ihm die gemeinsame Tochter Anni zugesprochen wird. Effi lebt nun unter ärmlichen Verhältnissen in Berlin. Nach einem Wiedersehen mit ihrer Tochter bricht sie zusammen und stirbt.

Beispiele realistischer Lyrik:

1. Theodor Storm: Hausbuch aus deutschen Dichtern(Gedichtanthologie)

(z.B. Die Stadt)

2. Gottfried Keller: z.B. Abendlied

Keller lernt Ludwig Feuerbach kennen, der ihm durch seine Theologie- u. Religionskritik (Wesen der Religion, 1885) die Augen für die Schönheiten der irdischen Welt öffnet.

Österreichische Autoren der Epoche

In Ö. kommt es bereits in der Zeit des Realismus zu einer Entwicklung hin zum europäischen Naturalismus (durch Ludwig Anzengruber, Ferdinand von Saar und Marie von Ebner-Eschenbach).

1. Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916) (ihre Erzählkunst ist von einem sozialen Mitgefühl und Verständnis für die Nöte der Armen und Hilflosen geprägt)

Das Gemeindekind (Roman)

Die Spitzin (Erzählung)

Inhalt: Umherwandernde Zigeuner lassen im Kirchhof außerhalb eines Dorfes ein splitternacktes Knäblein zurück. Die Witwe Wagner nimmt sich um dieses Kind an und gibt ihm den Namen Provi Kirchhof. Als sie stirbt, will niemand aus dem Dorf dem Kind Unterkunft und Essen geben und so lebt er, spärlich bekleidet, geprügelt, beschimpft, verachtet und gehasst und prügelt, beschimpft, verachtet und hasst wieder.

Er lässt die Hand küssen (Erzählung)

2. Ferdinand von Saar (1833 - 1906)

Novellen aus Österreich (1876) (Er beschreibt in diesen sowohl Angehörige des Adels als auch Menschen der unteren sozialen Randgruppen)

Die Steinklopfer (Novelle)

Inhalt: Der ehem. Soldat und Steinbrucharbeiter Georg erschlägt aus Notwehr einen brutalen und gefühllosen Aufseher. Nach Verbüßung einer milden Haftstrafe findet er mit dessen Ziehtochter Tertschka ein spätes Glück.

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