Leonce und Lena

Autor

Georg Büchner wurde am 17. Oktober 1813 bei Darmstadt geboren. Sein Vater war Arzt und auch er studierte Medizin und Naturwissenschaften in Straßburg und Gießen.

Daneben betätigte er sich auch noch sozialrevolutionär. Er gründete 1834 die "Gesellschaft für Menschenrechte" und verfasste im selben Jahr gemeinsam mit einem zweiten die politische Flugschrift der "hessische Landbote". Aufgrund dieses Engagements drohte ihm jedoch eine Verhaftung und er konnte nach Straßburg fliehen.

In Zürich beendet er schließlich sein Studium und nimmt an der dortigen Universität eine Stelle als Privatdozent an. Im Alter von nur 23 Jahren stirbt Büchner an einer Typhusinfektion. Trotz seines frühen Ablebens hat er der Nachwelt einige sehr bedeutende Werke hinterlassen, wie etwa: den schon vorher erwähnten "hessischen Landboten", das Drama "Dantons Tod", die Novelle "Lenz", das Fragment "Woyzeck" und "Leonce und Lena".

Wie groß das Talent des Georg Büchner auch zu seiner Zeit schon eingeschätzt wurde zeigt seine Grabinschrift. Sie lautet:

Ein unvollendet Lied sinkt er ins Grab.
Der Verse schönsten nimmt er mit hinab.

Entstehung des Stückes

Das Stück "Leonce und Lena" entstand für ein Anfang 1836 ausgeschriebenes "Preisausschreiben" des Cotta-Verlages, der 300 Gulden für das beste Lustspiel ausgesetzt hatte. Büchners Manuskript traf jedoch zu spät ein und er erhielt die Sendung ungeöffnet zurück. Das Originalmanuskript war danach verschollen und veröffentlicht wurde das Stück erst nach Büchners Tod anhand einer geheimen Abschrift. Man kann sich daher nicht einhundertprozentig sicher sein, ob tatsächlich jedes Wort original ist, man nimmt aber an, dass es mindestens einmal von einem Herausgeber verändert wurde. Wesentliche Teile dürfte dies aber nicht betreffen.

Die Handlung beruht auf C. Brentanos "Ponce de leon" und Shakespeares "As you like it".

Hauptpersonen

    LEONCE: Kronprinz des Reiche Popo und LENA: Prinzessin des Reiche Pipi

Leonce und Lena sind einander versprochen und ihre Hochzeit steht knapp bevor. Sie kennen sich jedoch noch nicht einmal.

Weitere handelnde Figuren sind:

    König Peter: der König vom Reiche Popo, Vater von Leonce. Valerio: enger Vertrauter von Leonce und ein Lebenskünstler, der meint jede Art von Arbeit gehöre unter Strafe verboten. Die Gouvernante Rosetta: Leonces Geliebte und einige Hofangestellte, wie der Hofmeister, oder der Präsident des Staatsrates.

Inhalt

Das Drama ist in drei Akte gegliedert.

Der erste Akt beginnt mit einem Gespräch zwischen Leonce und dem Hofmeister beziehungsweise Leonce und Valerio. Leonce leidet unter der Langeweile und Vorherbestimmtheit seines Lebens. Als Sohn eines Königs wagt es kaum jemand ihm zu widersprechen, Arbeit scheint ihm sowieso verpöhnt und selbst seine Ehe mit der ihm unbekannten Prinzessin Lena aus dem Reiche Pipi ist arrangiert. Er findet keinerlei sinnvolle Beschäftigung und sogar seine Geliebte Rosetta wird ihm zu langweilig.

Sein Vater König Peter will den Sinn im Leben finden. Er will dem Leben durch Vernunft auf die Schliche kommen und denkt ununterbrochen nach. Er will nur noch eine große Hochzeit für seinen Sohn austragen, ihn dann zum König machen und sich zur Ruhe setzen um in Ruhe und ungestört denken zu können. Leonce erträgt jedoch sein Leben nicht mehr und flieht vor der bevorstehenden Hochzeit mit seinem Vertrauten Valerio nach Italien um ein "Lazzaroni", ein Faulpelz, zu werden und sich irgendwie durchzuschlagen.

Auf der anderen Seite ist Lena, die keinen Mann heiraten will, den sie nicht kennt und liebt. Sie ist auf der Suche nach der wahren Liebe. Ihre Gouvernante kann ihr Leid nicht mit ansehen und sie flüchten ebenfalls vor der Hochzeit. Schließlich kommt es wie es kommen muss. Die vier treffen sich in einem Wirtshaus ohne von der Identität der anderen Bescheid zu wissen und was als ein Streit zwischen Valerio und der Gouvernante beginnt, endet mit einer kurzen Unterhaltung von Leonce und Lena. Beide sind verliebt und am Abend treffen sie sich zufällig wieder. Als sich Leonce, nachdem er Lena geküsst, hat umbringen will, da er glaubt, das war der beste Moment seines Lebens und er wird keinen besseren Zeitpunkt mehr für Selbstmord finden, kann ihn Valerio gerade noch davon abhalten.

Plötzlich beschließen Leonce und Lena, die noch immer nicht wissen, wer der andere eigentlich ist, zu heiraten. Sie kehren unerkannt, da sie maskiert sind zum Königsschloss zurück, wo man bestürzt ist, dass keine Hochzeit stattfinden wird, da weder Braut noch Bräutigam anwesend sind. Schließlich kann es Valerio so einfädeln, dass die Hochzeit abgehalten wird.

Er verkauft die beiden Maskierten als Marionetten - menschliche Automaten - und bringt König Peter dazu diese beiden anstatt des verschollenen Brautpaares trauen zu lassen. König Peter ist einverstanden, denn er ist froh wenn er seinem Volk ein Fest bieten kann. Als die Zeremonie vorbei ist und die beiden Vermählten ihre wahre Identität preisgeben, sind alle froh über die glückliche Fügung des Schicksals, dass wirklich der Prinz und die Prinzessin vermählt wurden. Nur Leonce und Lena sind etwas verwirrt, da sie erkennen, dass sie an der Vorherbestimmtheit ihres Daseins eigentlich nichts ändern konnten.

Nach der Hochzeit setzt sich der König zur Ruhe und Leonce wird neuer König. Leonce entlässt die Festgesellschaft, indem er ihnen dankt soviel Geduld bewiesen und so lange gewartet zu haben, mit der Bitte morgen wieder zu kommen um das Fest mit allen Reden und Predigten fortzusetzen. Am Ende spricht er mit Lena über ihre gemeinsame Zukunft als Könige.

Interpretation

Das Werk "Leonce und Lena", von Georg Büchner, das lange Zeit zu Unrecht als einfaches Lustspiel oder sogar "Ausrutscher" Büchners bezeichnet wurde.

Es ist wahr, das es unterhaltend zu lesen ist und nicht schwer verständlich scheint, doch es kommen immer wieder philosophische Gedanken darin vor und es beinhaltet vor allem Gesellschaftskritik. In dieser Zeit gab es viele Leute die Tag und Nacht arbeiteten um zu überleben, Büchner widmet etwa seinen "Woyzeck" oder den "hessischen Landboten" diesen Menschen. Nur ein ganz geringer Teil der Bevölkerung gehörte zu der herrschenden Schicht. Sie herrschten absolutistisch über ihre Kleinstaaten und waren sehr reich. Dennoch waren sie nicht zufrieden. So herrscht in dem ganzen Stück eine melancholische Grundstimmung vor, die aus dem Leiden an einem Leben, das zum Ritual erstarrt ist, resultiert.

Leonce weiß ganz genau wie sein Leben verlaufen wird. Er wird König werden, eine standesgemäße Frau heiraten müssen, und niemand wagt es ihm zu widersprechen. Er sieht keine Herausforderung und keinen Sinn in seinem determinierten Leben. Im Laufe der Handlung glaubt man jedoch er könne ausbrechen und sein Leben nach seinem Willen gestalten. Im Endeffekt wird man jedoch insofern enttäuscht, da sein Leben den vorherbestimmten Lauf weitergeht.

Ich denke, es wäre wohl nicht sehr viel anders verlaufen, wären Leonce und Lena nicht davongelaufen sondern hätten sie sich von vornherein mit ihrem Schicksal abgefunden. Etwas anderes außergewöhnliches an dem Werk ist, dass sich Büchner nicht im geringsten darum bemüht das Geschehen der Handlung irgendwie aus der Psychologie der Personen zu erklären. Das bedeutet, dass man nicht genau weiß, warum die Personen so handeln, wie sie handeln, sondern sie tun es einfach. Auch die Handlung folgt nicht den herkömmlichen Gesetzen des dramatischen Aufbaus eines Lustspiels, denn es fehlen spannungserzeugende Irrungen und Wirrungen, wie sie bei Raimund oder Nestroy etwa oft vorkommen.

Man weiß eigentlich bald was weiter passieren wird und wundert sich - zumindest mir ist es so ergangen - dass es wirklich so einfach und klar weiter geht. Laut Kindlers Literaturlexikon wollte Büchner damit eine Determiniertheit, das bedeutet Vorherbestimmtheit der Handlung erzeugen, die vergleichbar ist, mit der Vorherbestimmtheit des Lebens der Hauptpersonen.

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