Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
Das Werk
Der Roman handelt von der Geschichte zweier ungleicher Liebespaare. Das erste Paar besteht aus Tomas, einem Chirurgen und Teresa, einer Serviererin. Thomas ist eine Kombination aus Don Juan und Tristan. Sex ist für ihn ein Spiel oder eine Frage des Prestiges ohne emotionale oder moralische Verpflichtung. Als er Teresa begegnet wird Tomas von einem Gefühl der Verantwortung, des Mitgefühls und der Zärtlichkeit ergriffen, das er bisher nicht kannte und das eine Wende in seinem Leben herbeiführt. Teresa ist der schwächere Pol dieser Beziehung, sie ist Tomas gesellschaftlich und intellektuell unterlegen. Sie liebt Tomas ohne Vorbehalte und versucht vergeblich, die Schwere ihrer Liebe durch eine einzige Untreue leichter zu machen. Sie leidet unter Tomas' Seitensprüngen und die Sorge um das Schicksal ihrer Liebe prägt auch ihre Angstträume. Gerade in Teresa's Schwäche, in ihrer Verletzlichkeit, liegt jedoch auch ihre Stärke. Als sie erkennt, dass Tomas auch in der Schweiz, wohin sie nach der russischen Invasion 1968 geflüchtet sind, seine Seitensprünge nicht aufgibt, beschließt sie, nach Prag zurückzukehren. Tomas folgt ihr, obwohl er sich bewußt ist, dass er dadurch seine berufliche Existenz riskiert. Unter dem Druck der "Normalisierung" muss er seine Stelle als Chirurg aufgeben und putzt Fenster. Zuguterletzt verlässt er Prag. Der Grund für seinen gesellschaftlichen Abstiegs ist ein Text, den er sich weigert, öffentlich zu widerrufen.
Auf dem Lande, wo Tomas und Teresa eine Arbeit bei einer heruntergekommenen landwirtschaftlichen Genossenschaft angenommen haben, ist Teresa nur in Gesellschaft ihres Hundes Karenin ruhiger. Denn bei ihm muss sie keine Untreue befürchten. Sie wirft Tomas vor, dass die Briefe, die er seit einiger Zeit erhält, von einer heimlichen Liebe stammen. Als Tomas ihr offenbart, dass diese von seinem Sohn kommen, muss sich Teresa eingestehen, dass sie ihm unrecht getan hat. In diesem Moment des Ausgleichs, in dem sie erkennen, dass der eine nicht stärker ist als der andere, kommen beide durch einen Autounfall ums Leben.
Anders entwickelt der Erzähler die Geschichte von Sabina und Franz, dem zweiten Liebespaar. Hier ist Sabina der stärkere Pol der Beziehung. Franz' Verhältnis zu ihr beruht auf Unverständnis: Für Sabina haben die Wörter, die er gebraucht eine andere Bedeutung als für ihn. Im Roman erstellt Kundera ein Verzeichnis der unverstandenen Wörter: Das erste Wort des Verzeichnisses, "Frau", erhellt die Beziehung zwischen Franz und Sabina. Die unterschiedliche Kindheit der beiden, die ganz anders geartete Umgebung, in der sie aufgewachsen sind, verleihen identischen sprachlichen Ausdrücken einen unterschiedlichen Sinn. Die Liebe zur vom Ehemann verlassenen Mutter hat Franz' Beziehung zur Frau geprägt, denen er vor allem Mitgefühl, Verehrung und Treue entgegenbringt. Für Sabina hingegen war die Liebe der Fluchtweg aus einer Welt der Pflichten, einer Welt, in der den Menschen sogar Geschmack, Freude und Glück aufgezwungen werden sollten.
Interpretation
Kundera versucht mit diesem Roman zwischen dem Leichten und dem Schweren zu unterscheiden. Die Leichtigkeit unserer Existenz wird damit aufgehoben und ins Schwere gedreht indem er schreibt, dass die Unwiderrufbarkeit einer Entscheidung oder Handlung auf uns lastet wie eine unendlich schwere Last. Er wirft die Frage auf, ob wir, wenn wir auf einem fernen Planeten wiedergeboren werden würden und all die Erfahrung aus unserer Welt hätten, genau so gut oder gar besser handeln würden. Kundera selbst bezweifelt diesen Sachverhalt, lässt dem Leser jedoch selbst seine persönliche Entscheidung über.
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