Genschutzinitiative
Zum Verständnis der nachfolgenden Abhandlung muss zuerst erklärt werden, was Gentechnologie ist, und wofür sie gebraucht wird.
Jedes Lebewesen besitzt eine gewisse Anzahl Gene, die "Bauanleitung" für das Aussehen und die Funktion der Organismen. Bei der Gentechnologie wird versucht, diese Anleitung zu entschlüsseln und gezielt ein oder mehrere Bausteine zu verändern, um andere Merkmale oder Funktionen, wie zum Beispiel die Kälteresistenz von Pflanzen zu erreichen. Ebenfalls werden bei Tieren, vor allem Mäuse und Ratten, Gene von Bakterien und Viren eingepflanzt, um Krankheitsverläufe zu studieren und um eventuelle Heilungsmöglichkeiten zu erproben.
Nun werde ich zu jedem Gesetzespunkt, der von den Initianten und schliesslich vom Bund genehmigt worden ist, die Vor- und Nachteile erläutern sowie kurz selbst dazu Stellung nehmen.
Das Verbot zur Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen und Tiere.
Dass es damit Probleme geben muss, scheint eigentlich logisch: Niemand kennt die Auswirkungen auf die in Kontakt mit den genetisch veränderten Organismen stehenden Lebewesen. Als Beispiel wären hier die Rapsfelder in Kanada: Diesem Raps wurde ein Gen eingepflanzt, um die Resistenz gegen eine spezifischen Schädling zu erreichen. Soweit hat das funktioniert, aber es wurden bereits Spuren dieses Gens in rapsverwandten Pflanzen sowie im Honig umliegender Imker festgestellt. Was bis anhin harmlos aussieht, kann aber, von den Befürwortern der Initiative aus gesehen, kritisch werden. Denn wie diese behaupten, können Informationen von den Genen auf die Menschen übertragen werden. Obwohl die Übertragung von Genen hier auf die natürliche Weise geschieht, bleibt die Wirkung ungewiss. Daher stellt sich folgende Frage: Wieso sollte sich genau das abgeänderte Teilstück eines Gens auf den Menschen übertragen und nicht die ganze Erbinformation der Rapspflanze? Bis heute ist noch nicht bewiesen, dass sich Erbinformation von zu sich genommener Nahrung überhaupt auf den Menschen übertragen könnte.
Ebenfalls sagen sie, dass die Schädlinge schneller resistent werden gegen die nun in der Pflanze selbst hergestellten Pestiziden. Das jedoch scheint einleuchtend: Erstens stehen die Schädlinge ständig in Kontakt mit dem Pestizid, zweitens wird beim herkömmlichen Spritzen der Pflanze nicht nur ein auf den "Schmarotzer" wirkender Stoff sondern gleich mehrere versprüht, was die Wahrscheinlichkeit einer Anpassung erheblich verringert. Von dieser Situation her muss man sich schon überlegen, ob sich der Aufwand zur Veränderung der Pflanze in diesem Punkt lohnt.
Meine Meinung zum Problem der Freisetzung ist, dass sie nicht ganz verboten sein sollte. Es müssen jedoch Tests durchgeführt werden, die beweisen, dass eine Übertragung der Erbsubstanz auf den Menschen nicht möglich oder zumindest ungefährlich ist und dass bei der Erbsubstanzübertragung bei Pflanzen keine weitreichenden Veränderungen des gesamten Ökosystems Folgen werden.
Nun zum Verbot der Arbeit mit genetisch veränderten Tieren. Dieser Teil der Initiative zielt vor allem darauf ab, dass man keinen "Unsinn" vornimmt, wie die Einpflanzung von Schafgenen in eine Ziege. Auch will man die Implantierung von menschlichen Erbkrankheiten in Tiere verbieten. Bis zu einem gewissen Punkt kann ich diesem Teil des Gesetzes zustimmen, jedoch scheint es, laut Dr. Zinkernagel, nicht möglich, Erbkrankheiten auf andere Weise zu erforschen. Der Grund, den er angibt, sei die Komplexität des Organismus und des Krankheitsbildes. Im Vergleich würde ich sagen, ist aber ein Mensch genauso viel komplizierter als eine Maus wie der Vergleich dieser Maus mit den Bakterien. Trotzdem sind die Resultate mit Hilfe der Maus besser, als wenn man nur mit Bakterien Versuche anstellt. Auf eine Art Idiotisch scheint mir dann, wenn diese Experimente verboten werden, der immer noch legale Import von Medikamenten, die auf dieser Basis, also mit Hilfe transgener Tiere hergestellt werden. Doch falls der Nutzen für die Wissenschaft zur Erforschung von Krankheiten bestätigt werden kann, sollte man dies nicht verbieten.
Der dritte Teil dieser Initiative ist das Verbot der Patentierung transgener Lebewesen. Dieser hat im eigentlichen Sinn weniger mit der Gentechnologie als mit Geld zu tun. Mehrere Milliarden werden jährlich ausgegeben, um genetisch verändertes Leben zu "konstruieren". Daher scheint es einleuchtend, dass die Firmen ihre Erfindungen patentieren wollen. Damit aber wird das Tier oder die Pflanze auf das Niveau einer Sache, wie zum Beispiel einem Rasierapparat gestellt. Hier kommt der Konflikt mit der Beziehung zur Natur, den ethischen Grundsätzen am besten zum Vorschein. Ist es vertretbar, ein Lebewesen auf diese Weise zu behandeln? Sind wir bemächtigt, alles Leben als unsere Werkzeuge, oder sogar als Spielzeuge zu gebrauchen? Ich glaube, dass das nicht der Fall ist und sich trotzdem eine Lösung beim Schutz der Experimente finden lässt.
Der letzte Punkt ist die Beweisumkehr. Doch zuerst muss ich erklären, was mit der Beweisumkehr gemeint ist. Vor dem Experiment müsste nach dem neuen Gesetz das genaue Ziel, respektive der Vorteil dieses Versuches gegenüber anderen Methoden gezeigt werden. Wenn das ginge, wären sogar Versuche mit transgenen Tieren möglich. Doch meistens kann das Resultat nicht im Voraus dargelegt werden. Wie in allen anderen Teilgebieten der Forschung werden Experimente zwar zu einem bestimmten Zweck gemacht, aber nur selten gelingt es auf Anhieb, das gewünschte Resultat zu erreichen, vor allem in einem Gebiet der Wissenschaft, das noch in den Anfängen steht. Aus dem Experiment wird gelernt und ist die Grundlage für ein neues. So kommt man in der Forschung langsam voran, aber in den meisten Fällen zum erwünschten Ziel. Wenn jetzt von dieser Art der Forschung gesprochen wird, sieht, so hoffe ich, jeder ein, dass es fast unmöglich ist, das Resultat der Experimente vorauszusagen. Wenn das ginge, wäre die Forschung schon fast unnötig, weil ja die Resultate sozusagen schon am Anfang auf dem Tische lägen.
Abschliessend möchte ich noch Stellung nehmen zu zwei spezifischen Beispielen aus der Gentechnologie. Als erstes wäre der Unterschied von klassischen Kreuzungen mit der gentechnischen Veränderung. Bei den Kreuzungen, die schon seit vielen Jahren, vor allem in der Landwirtschaft, zur Züchtung von zum Beispiel neuer Obstsorten vorgenommen werden, durchmischen sich sehr viele Gene der einzelnen Pflanze. Mit der Gentechnologie aber sind es nur einzelne, die ausgetauscht oder eingefügt werden. Ist da die Gentechnologie nicht nur eine einfachere und präzisere Methode, um zum Ziel zu kommen? Ist es nicht schwieriger, bei einer dermassen extrem grossen Anzahl ausgetauschter Gene bei der Kreuzung die Wirkung auf die Umwelt und den Menschen im Voraus zu erkennen? Hat man nicht die bessere Kontrolle darüber, wenn man nur kleine Veränderungen vornimmt? Dies Fragen, so denke ich, könnten doch alle mit einem Ja beantwortet werden. Jedoch ist die Angst der Bevölkerung vor dieser neuen Technologie einfach noch zu gross, oder das Wissen zu klein, um sich damit anzufreunden.
Nun ein anderes Beispiel. Ein spezifischen Versuch zum Beweis der Ãœbertragbarkeit von Genen und deren Wirkung .
Die Gegner der Gentechnologie wollen zeigen, dass der genetisch veränderte Mais schädlich für den Menschen ist. Also gaben sie einer Raupe nur noch diesen Mais zu fressen, einer Fliege dann nur noch diese Raupen. Das Resultat war eine drastische Verkürzung der Lebenserwartung der Fliege. Aber ist dieser Versuch relevant für den Menschen? Ich glaube nicht, denn niemand kann nur von einem Nahrungsmittel leben. Nehmen wir an, jemand würde sich nur noch vom Fleisch ernähren. Ihm würden die Vitamine fehlen, und somit würde auch sein Leben drastisch verkürzt. Ist dieser Versuch also wichtig für die Beweisführung der Befürworter der Initiative oder nicht?
Alles in allem wäre es, von mir aus, das beste, diese Initiative abzulehnen, um eine andere Art von Gesetz auszuarbeiten. Dass man der Forschung hier nicht in allen Punkten freien Lauf lassen kann, scheint logisch, doch auf diese Weise alles einschränken wäre falsch. Die sichere Konsequenz wäre die Verlegung dieser Forschungen ins Ausland. Und das kann ja nicht der Sinn der Initiative sein.
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