Gentechnik
Gentechnik ist ein Verfahren zur gezielten Veränderung vererbter Eigenschaften eines Organismus durch Eingriff in dessen genetisches Material (Erbmaterial). Diese Methode wird häufig bei Mikroorganismen wie Bakterien oder Viren angewendet, um sie zur vermehrten Bildung bestimmter Stoffe oder zur Bildung völlig neuer Substanzen anzuregen oder sie unterschiedlichen Milieus anzupassen. Ein weiteres Gebiet der Gentechnik oder DNA-Rekombinationstechnik ist die medizinische Gentherapie. Dabei werden bei genetischen Störungen oder Erkrankungen wie AIDS oder Krebs Gene in bestimmte Körperzellen eingeschleust.
Gentechnik befasst sich mit der Manipulation der Desoxyribonucleinsäure (DNS). Wichtige Hilfsmittel für diese Verfahren sind so genannte Restriktionsenzyme, die von einer Reihe verschiedener Bakterien gebildet werden. Restriktionsenzyme erkennen eine bestimmte Sequenz in einer Kette von Nucleotidbasen (den chemischen Einheiten, aus denen das DNA-Molekül aufgebaut ist) und spalten das Molekül an dieser Stelle. Die so erhaltenen DNA-Fragmente können mit Hilfe anderer Enzyme, den Ligasen, neu zusammengesetzt werden. Restriktionsenzyme und Ligasen ermöglichen also das gezielte Zertrennen und erneute Zusammenfügen einzelner DNA-Abschnitte. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Genmanipulation sind so genannte Vektoren oder Genfähren. Diese werden zum Transport fremder DNA genutzt. Beispiele für Vektoren sind Plasmide (außerhalb von Chromosomen vorkommende DNA) und Viren. Nach Einbau des Vektors in die DNA des Wirtsorganismus wird die Bildung vielfacher Kopien eines bestimmten DNA-Abschnitts ermöglicht (dies nennt man Klonen). 1997 gelang es amerikanischen Forschern erstmals, menschliche Chromosomen herzustellen, die als Genfähren dienen können, um gesundes Erbgut in Zellen von Patienten einzuschleusen, deren Gene teils defekt sind. Eine neue Möglichkeit zur Herstellung vieler identischer Kopien eines bestimmten DNA-Abschnitts wurde vor wenigen Jahren entdeckt: die Polymerase-Kettenreaktion. Dieses schnelle Verfahren kommt ohne das Klonen von DNA mit Hilfe eines Vektors aus.
Gentherapie
Bei der Gentherapie werden bestimmte Gene in Zellen eingeschleust, denen die jeweilige, durch das Gen veranlasste Funktion fehlt, und zwar mit dem Ziel, erworbene oder vererbte Krankheiten zu heilen. Gentherapie lässt sich in zwei Kategorien unterteilen. In der ersten werden Veränderung an Keimzellen (Ei- oder Samenzellen) vorgenommen, die eine bleibende genetische Veränderung des gesamten Organismus kommender Generationen zur Folge haben. Diese "Keimbahntherapie" kommt aus ethischen Gründen beim Menschen nicht in Betracht. Die zweite Kategorie der Gentherapie ist die Körperzellentherapie. Sie lässt sich mit einer Organtransplantation vergleichen. Dabei werden Gewebezellen direkt behandelt oder zunächst entnommen. In diese Gewebezellen werden im Labor therapeutische Gene eingeschleust, dann werden die Zellen dem Patienten wieder implantiert. Es wurden bereits einige klinische Versuche der Körperzellentherapie unternommen, hauptsächlich zur Behandlung von Krebs, Blut-, Leber- und Lungenerkrankungen.
Nutzen
Die Methoden der Gentechnik bergen mannigfaltige Möglichkeiten. Beispielsweise kann das Gen zur Bildung von Insulin, das sich normalerweise nur bei höher entwickelten Tieren findet, nun mit Hilfe eines Plasmidvektors in Bakterienzellen geschleust werden. Diese Bakterien können in großem Maßstab vermehrt werden und bilden so bei relativ geringen Kosten eine reichhaltige Quelle für so genanntes "rekombiniertes" Insulin. Außerdem ist die Produktion rekombinierten Insulins nicht von dem gelegentlich schwankenden Angebot an tierischem Bauchspeicheldrüsengewebe abhängig. Eine ebenso wichtige Anwendung der Gentechnik ist die Herstellung des rekombinierten Faktors VIII, des Blutgerinnungsfaktors, der Patienten mit Bluterkrankheit fehlt. Nahezu alle Bluter, die den Faktor VIII vor Mitte der achtziger Jahre erhielten, zogen sich AIDS oder Hepatitis zu, da das Spenderblut, aus dem der Faktor gewonnen wurde, mit Viren verseucht war. Seitdem wird Spenderblut auf HIV (das AIDS-Virus) und das Hepatitis-C-Virus untersucht. Außerdem wurden Verarbeitungsschritte eingeführt, durch die diese Viren, sollten sie doch vorhanden sein, deaktiviert werden. Gänzlich ausgeschlossen wird eine Vireninfektion bei Verwendung des rekombinierten Faktors VIII. Andere Einsatzmöglichkeiten für die Gentechnik sind beispielsweise die Steigerung der Krankheitsresistenz landwirtschaftlicher Pflanzen, die Produktion pharmazeutischer Stoffe in der Tiermilch, die Entwicklung von Impfstoffen sowie das Erzielen bestimmter Eigenschaften in der Tierzucht.
Gefahren
Zwar ist der mögliche Nutzen der Gentechnik erheblich, doch birgt diese Technik viele Risiken. Beispielsweise könnte die Übertragung eines krebserzeugenden Gens in einen gewöhnlichen Krankheitserreger wie das Grippevirus äußerst gefährlich sein. Aus diesem Grund unterliegen Experimente mit rekombinierter DNA in den meisten Ländern strengen Bestimmungen. Experimente mit infektiösen Stoffen sind z. B. nur unter größten Vorsichtsmaßnahmen, die für strikte Isolierung sorgen, zulässig. Eine weitere Befürchtung ist, dass trotz strengster Kontrollen Genmanipulationen unvorhergesehene Auswirkungen mit sich bringen könnten. Die Risiken der Gentechnik führten immer wieder zu erregten Diskussionen, so 1996 in Deutschland, als erstmals manipulierte Sojabohnen auf den deutschen Markt gebracht werden sollten.
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