Instrumente der indirekten Verhaltenssteuerung im Bereich des Umweltrechts
1. Instrumente des Umweltschutzes
Um umweltpolitische Forderungen und die Ziele und Grundsätze des Umweltrechts zu erreichen und umzusetzen, stehen dem Staat viele Möglichkeiten zur Verfügung.
Man unterscheidet hier grundsätzlich zwischen dem formellen und dem informellen staatlichen Handeln. Im Rahmen des formellen Handelns werden die klassischen Instrumente zur Erreichung der Umweltziele eingesetzt. Diese wirken unmittelbar verhaltenslenkend. Diese gelten jedoch häufig als unwirtschaftlich, da sie nicht in ausreichendem Maß die konkreten Situationen der Unternehmen und auch die gesamte volkswirtschaftliche Lage berücksichtigen. Um nun die Unternehmen, die Kommunen und auch die Bürger zu umweltfreundlichem Verhalten zu motivieren, hat der Staat die Möglichkeit der indirekten Verhaltenssteuerung, diese sind keine ordnungsrechtlichen Instrumente, sie steuern das Verhalten ökonomische Anreize. Jedoch muss hier beachtet werden, dass diese indirekte Verhaltensteuerung nur ergänzend angewandt werden kann. Sie fördert lediglich das Eigeninteresse zum umweltfreundlichen Verhalten, um jedoch Umweltgefahren und -risiken zu vermeiden, kann auf die Verwendung von zwingenden Geboten und Verboten nicht verzichtet werden, sie sind in "erster Linie einzusetzen".
1.1 Instrumente der direkten Verhaltenssteuerung
Wie bereits erwähnt, bedient sich das formelle staatliche Handeln der klassischen ordnungsrechtlichen Instrumente. Insbesondere sind das umweltrechtliche Gebote und Verbote und ihre behördliche Durchsetzung und Kontrolle.
1.1.1 Beispiele der direkten Verhaltensteuerung
ð Normative Verbote und Gebote sowie behördliche Gestattungen
ð Planfeststellungen
ð Behördliche Anordnungen
ð Öffentlich-rechtliche Verträge
ð Umweltverträglichkeitsprüfung
1.2 Die indirekte Verhaltenssteuerung
Die indirekte Verhaltensteuerung versucht nicht durch "Befehl" und "Zwang" sondern "influzierend und motivierend" auf sämtliche Entscheidungen der Wirtschaftsteilnehmer Einfluß zu nehmen. "Die indirekte Verhaltenssteuerung bezieht sich somit ausschließlich auf gleichermaßen rechtmäßige Verhaltensformen und sucht nur, beim Betroffenen eine bestimmte Verhaltensform anzureizen. Insbesondere soll das Eigeninteresse für den Umweltschutz mobilisiert werden.
1.2.1 Beispiele der indirekten Verhaltenssteuerung
ð Öffentlichkeitswirksame Maßnahmen
ð Gewährung von Benutzungsvorteilen
ð Finanzierungshilfen
ð Umweltabgaben
ð Zertifikatlösungen und verwandte Instrumente
ð Umweltabsprachen
2. Öffentlichkeitswirksame Maßnahmen
Die "Aufklärung der Öffentlichkeit in Umweltfragen gehört zu den gesetzlichen Aufgaben des Umweltbundesamtes (§ Abs. 1 Nr. 2 UBAG)". Zu der Information der Öffentlichkeit gehören nicht nur Rechenschaftsberichte über die Umweltpolitik, auch Beratung der Bürger, Umwelterziehung und Überzeugungsarbeit sind Aufgaben des Staates.
3. Gewährung von Benutzungsvorteilen
Benutzervorteile werden bei umweltangemessenen Produkten eingeräumt.
Beispiel: Erlaubnis für lärmarme Kraftfahrzeuge, bestimmt Ruhezonen zu benutzen: Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge mit Katalysator bei Smogalarm.
Bei der Gewährung von Benutzungsvorteilen, wird die Verwendung von Produkten honoriert, die ein höheres Maß an Umweltverträglichkeit aufweisen. "Es handelt sich um eine Strategie des Umweltschutzes durch Einräumen von Wettbewerbsvorteilen."
Umweltbedeutsame Benutzervorteile
Nutzervorteile
im engeren Sinne im weiteren Sinne
â â â â â
Lärmsektor Luftreinhaltungs- ideelle und umwelt- Nutzen- umweltbezogene
sektor bezogene Vorteile steigerung Einkaufvorteile
à Fahrzeug- u. Kostensenkung
nutzung à Fahrzeugnutzung
à Flugzeug- à Anlagennutzung
nutzung
à Konsum-
produkte
à Produktions-
güter/-verfahren
Benutzervorteile im engeren Sinne
Häufig sind Anwendungsformen sind auf dem Lärmsektor zu finden. Zu denken ist an die Aufhebung von Verkehrsbeschränkungen für leise LKW (Anlage XXI zu § 49 Abs. 3 Straßenverkehrszulassungsordnung), Benutzervorteile bei Flugzeugen (Verordnung über die zeitliche Einschränkung des Flugbetriebes mit Leichtflugzeugen und Motorseglern...), Vorteile für lärmarme Rasenmäher (z.B. § 3 Abs. 2 BImSchV gewährt den Benutzern von Rasenmähern, die einen festgesetzten niedrigeren Emissionswert unterschreiten, eine partielle Befreiung von zeitlichen Betriebsbeschränkungen), Benutzervorteile für lärmarme Baumaschinen etc. Im Luftreinhaltungssektor ist zu denken an die Smogverordnung, an Nutzervorteile für luft-schadstoffarme Produktionsanlagen.
Benutzervorteile im weiteren Sinne
Zu denken ist hier vor allem an betont umweltfreundliche Produkte. Durch den Erwerb von besonders umweltfreundlich ausgezeichneten Produkten, können "umweltbewußtseins-bezogene Vorteile" geschaffen werden. Eine Nutzensteigerung erhalten Konsumenten von umweltfreundlichen Produkten auch, wenn man an die Verminderung von gesundheitlichen Risiken denkt. Oft sind umweltfreundliche Produkte ebenfalls preiswerter, ein Beispiel sind umweltfreundliche Papierprodukte.
4. Finanzierungshilfen für umweltfreundliches Verhalten
Eine weitere mittelbare Verhaltenssteuerung durch ökonomische Anreize kann auch durch die Gewährung von Finanzhilfen erreicht werden. Finanzierungshilfen des Staates gehören zu den gemeinlastorientierten Umweltschutzinstrumenten. Grundsätzlich kann man hier zwischen zwei Arten von Finanzierungshilfen unterscheiden. Einerseits erbringt der Staat selbst finanzielle Leistungen, andererseits kann er auf öffentlich-rechtliche Geldforderungen verzichten.
4.1 Direkte und indirekte Subventionen
"Subventionen belohnen potentielle Umweltschädiger für den Verzicht auf bestimmte Umweltbelastungen durch Gewährung finanzieller Vorteile". Die Gewährung von finanziellen Vorteilen kann durch direkte Finanzierungshilfen, Leistungssubventionen, und durch indirekte wie z.B. Verschonungssubventionen erfolgen, hier vor allem aufgrund von Steuervergünstigungen und Gebührenentlastungen bei Umweltschutzinvestitionen. Weiterhin ist dazu auch die Bereitstellung öffentlicher Umweltschutzeinrichtungen (z.B. Klärwerke) zu zählen.
Gegenstand der Förderung können Verminderungen der Umweltbelastungen, die Einführung von umweltfreundlichen Produktionsverfahren etc. sein.
4.1.1 Direkte Subventionen
"Direkte Subventionen werden aus den Haushaltsmitteln finanziert und erfolgen vor allem in Form von Zuschüssen, Zuwendungen und rückzahlbaren Darlehen.". Auch Bürgschaften, Refinanzierungszusagen und Realförderungen fallen unter die Kategorie direkter Subventionen.
Subventionen können einerseits eine gesetzliche oder auch keine gesetzliche Grundlage haben. Verschonungssubventionen (indirekte Subvention) bedürfen grundsätzlich einer gesetzlichen Grundlage ("da die Verwaltung hier im Bereich staatlicher gesetzesgebundener Belastungen handelt und sich nicht aus eigener Machtvollkommenheit aus ihrer Bindung an Gesetz und Recht lösen kann, Art. 20 Abs. 3 GG"). Bei Leistungssubventionen kann der Gesetzgeber ebenfalls Subventionsgesetze schaffen, z.B. § 4 InvZulG, dies ist jedoch selten der Fall. Grundsätzlich sind bei den direkten Subventionen die Vergaberichtlinien (die internen Verwaltungsvorschriften).
Die bedeutendsten umweltschutzbezogenen Subventionen sind
Ÿ die ERP-Umweltschutzprogramme
Ÿ das Programm zur Förderung von Investitionen auf dem Gebiet der Luftreinhaltung bei Altanlagen
Ÿ Forschungs- und Entwicklungsförderung durch das Bundesministerium für Forschung und Technologie
Aber auch Subventionen aus nicht umweltbezogenden Förderungsprogrammen und Investitionszulagen nützen dem Umweltschutz, z.B. Programm zur Förderung heizenergiesparender Investitionen in bestehenden Gebäuden, Programm zur Förderung der Landwirtschaft in Berggebieten Richtlinie 75/268/EWG, Investitionszulagen für Wärmepumpanlagen § 4 a InvZulG
4.1.2 Steuervergünstigungen
"Das Steuerrecht gewährt umweltschutzbezogene Steuervergünstigungen, insbesondere nach folgenden Vorschriften: Ÿ §§ 7 d, 10 b EStG
Ÿ § 51 EStG in Verbindung mit § 82 a EStDV
Ÿ § 117 Abs. 1 Nr. 2 BewG
Ÿ §§ 3 Nr. 4, 3 b, 3 c, 3 d, 9 KraftStG
Ÿ §§ 2 Abs. 4, 15 b Abs. 5 MinöStG"
Die erhöhten Absetzungen für (abnutzbare) Wirtschaftsgüter nach § 7 d EstG, die dem Umweltschutz zugute kommen, haben die größte Bedeutsamkeit. Nach § 7 d Abs. 3 werden die Wirtschaftsgüter steuerlich begünstigt, die dafür genutzt werden, um
Ÿ den Anfall von Abwasser
Ÿ Schädigungen durch Abwasser
Ÿ Verunreinigungen der Gewässer durch andere Stoffe als Abwasser
Ÿ Verunreinigungen der Luft
Ÿ Lärm oder Erschütterungen
zu verhindern, zu beseitigen oder zu verringern oder Abfälle nach den dem Abfallbeseitigungsgesetz zu beseitigen.
weitere Regelungen
§ § 10 b EStG i.V. mit § 48 EStDV - als Sonderausgaben abzugsfähig sind 5% der gesamten Einkünfte oder 2% des gesamten Umsatzes für Ausgaben, die gemeinnützige Zwecke aufgewendet wurden
§ § 51 EStG i.V. mit § 82 a EStDV - Maßnahmen, die ausschließlich zum Zweck des Wärme- und Lärmschutzes vorgenommen werden und zu einer verbesserten Energieausnutzung führen, werden durch erhöhte Absetzungen...begünstigt.
5. Umweltabgaben
Umweltabgaben ist ein umweltpolitisches Instrument, bei dem aufgrund der Erhebung von Abgaben Anreize und/oder Finanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden, um bestimmte umweltpolitische Ziele zu realisieren.
"Zu den Umweltabgaben zählt eine Abgabe dann, wenn sie einem umweltspezifischen Aufgabenzweck dient". Durch Umweltabgaben wird versucht, die Umweltschädigungen dort zu vermeiden oder wenigstens zu verringern, wo dies am preiswertesten realisierbar ist. "Derjenige, dessen Kosten zur Verringerung der Umweltinanspruchnahme geringer sind als die Abgabenhöhe, wird seine Emissionen solange verringern (z.B. durch technische Innovationen), wie die Reduzierung der Inanspruchnahme um eine Einheit weniger kostet als der Preis der Abgabe je Schadenseinheit beträgt."
Der ökologische Vorteil einer Umweltabgabe liegt vor allem darin, dass für die nicht vermiedenen Schadstoffmengen stets Abgaben gezahlt werden müssen, so dass nicht wie bei Ver- und Geboten bei Unterschreiten eines bestimmten Schadstoffausstoßes die Motivation zur weiteren Verminderung fehlt.
Umweltabgaben gehören zu der verursacherorientierten Politik, wenn sie als Ausgleich für den Verzicht auf die Nutzung von Umweltressourcen erhoben werden. Dienen sie der Honorierung umweltschutzrelevanter Aktivitäten, konkretisieren sie dagegen das Gemeinlastprinzip.
Arten von Umweltabgaben
Umweltabgaben im weiteren Sinne Umweltsteuern Umweltgebühren /Umweltbeiträge
(dominierende Finanzierungsfunktion) - Umweltfinan- zur Finanzierung
zierungssteuer -öffentlicher -kooperativer
- Umweltschutz- Umwelteinrich- Umweltschutz-
steuer tungen einrichtungen
Umweltabgaben im engeren Sinne
(dominierende Anreizfunktion) reine Emissions- Kombinierte Abgaben
abgaben Abgaben auf Produkte
Zu den Umweltabgaben im weiteren Sinne gehören vor allem Benutzungs- und Entsorgungsgebühren. Das Ziel ist hier, durch die Einnahmen, umweltverbessernde Maßnahmen zu erzielen. Dagegen steht bei den Umweltabgaben im engeren Sinne die Anreizfunktion im Vordergrund.
Beispiele ð Abwasserabgabe, AbwAG
ð Naturschutzausgleichsabgaben - stützen sich auf § 8 Abs. 9 BNatSchG
ð Waldabgaben
ð "Wasserpfennig" - in Baden-Würtemberg - ein erhobenes Entgelt für die Entnahme von Grundwasser - primär von der Wasserwirtschaft und demnach mittelbar von den Verbrauchern
ð Benzinbleiabgabe - Benzinbleigesetz vom 05.08.1971
Meßerschmidt klassifiziert folgendermaßen:
ð Umweltnutzungsabgaben
Umweltnutzungsabgaben sind Abgaben, die für die Nutzung von Umweltgütern erhoben werden.
Beispiel: "Die Abwasserabgabe wird für das Einleiten von Abwässern in ein Gewässer erhoben. Die Abgabe richtet sich nach der Schädlichkeit des Abwassers, die unter Zugrundelegung der oxidierbaren Stoffe, der organischen Hallogenverbindungen, der Metalle Quecksilber, Kadmium, Blei, Chrom, Nickel, Kupfer und ihrer Verbindungen sowie der Giftigkeit des Abwassers in Schadeinheiten bestimmt wird (vgl. §§ 1 ff. AbwAG)."
ð Umweltausgleichsabgaben
Umweltausgleichsabgaben sind Abgaben, die den Umweltnutzern finanzielle Vorteile bieten, die aus der Nutzung von Umweltgütern und dem Verzicht auf Umweltschutzmaßnahmen entstehen.
Beispiel: "Ausgleichsabgaben bei Eingriffen in Natur und Landschaft sind die letzte Stufe der naturschutzrechtlichen Eingriffregelung gem. § 8 BNatSchG. § 8 BNatSchG schreibt in mehrfacher Abstufung die Vermeidung von Eingriffen in Natur und Landschaft, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen vor. Und schließlich lässt die rahmenrechtliche Regelung des § 8 BNatSchG die landesgesetzliche Einführung von Ausgleichsabgaben für unvermeidbare, weder durch Ausgleichs- noch durch Ersatzmaßnahmen kompensierbare Eingriffe zu. Ausgleichsabgaben in diesem Sinne sind in verschiedenen Bundesländern vorgesehen."
ð Umweltfinanzierungsabgaben
Umweltfinanzierungsabgaben sind Abgaben, die dazu dienen, die Finanzierung von Umweltschutzmaßnahmen zu unterstützen.
Beispiel: "Das Land Baden-Würtemberg erhebt gem. §§ 17 a - d WG BW von den Benutzern eines Gewässers (Wasserpfennig), um den Aufwand des Landes für die Unterhaltung und Reinhaltung der Gewässer und insbesondere um die Ausgleichspflicht des Landes i.S.v. § 19 Abs. 4 WHG zu finanzieren.
ð Umweltlenkungsabgaben
Umweltlenkungsabgaben sind Abgaben, die aufgrund finanzieller Anreize versuchen, Umweltbelastungen zu verringern und auf umweltverträglichere Verhaltensweisen hinzuwirken.
Beispiel: "Eine umweltschonende Landbewirtschaftung erfordert eine wirksame Herabsetzung der Bewirtschaftungsintensität, für die wiederum der Stickstoffdüngung eine Schlüsselrolle zukommt. Der SRU befürwortet deshalb die gezielt Besteuerung des Handelsdüngers durch Erhebung einer Abgabe auf mineralische Stickstoffdünger."
6. Zertifikatlösungen
"Unter Umweltzertifikaten bzw. Umweltlizenzen versteht man das umweltpolitische Instrument, mit dem der Staat durch die Ausgabe oder den Verkauf von Umweltverschmutzungsrechten seine umweltpolitschen Ziele durchsetzen will."
Preis der Umwelt-
lizenzen
Pe 2
Pe 1 N 2
N 1
Max. Anzahl Anzahl der Verschmutzungs-
der Lizenzen lizenzen; Höhe der Emissionen
Max. Emission
an Schadstoffen
"ist die Anzahl der ausgegebenen bzw. verkauften Lizenzen geringer als die unter den gegenwärtigen Produktions- und Reinigungsverfahren erforderlichen Lizenzen, so ergibt sich im Laufe des wirtschaftlichen Prozesses eine größere Nachfrage nach diesen Lizenzen (Verschiebung der Nachfragekurve von N 1 nach N 2). Damit erhöht sich für diese Lizenzen der Preis von Pe 1 nach Pe 2 und es ergibt sich erstmals ein Preis, wenn die Erstausgabe kostenlos war und ein Handel nicht stattfand."
Quelle: Wicke: Umweltökonomie und Umweltpolitik, S. 126
Zertifikatlösungen haben zwar keine rechtliche Grundlage und rechtspolitische Relevanz, dennoch bilden sie die modelltheoretische Grundlage zukunftsorientierter Kompensationslösungen. Es geht darum, außerhalb des ordnungsrechtlichen Rahmens, ökonomische Anreize als Alternative zu Umweltabgaben zu schaffen. So wird von staatlicher Seite die Gesamtbelastungsfähigkeit eines ökologischen Systems ermittelt und die Gesamtbelastung über sogenannte Zertifikate bzw. Umweltlizenzen oder Emissionsrechte aufgeteilt. Durch die Übertragbarkeit dieser "Verschmutzungsrechte", soll sich durch den Markt-Preis-Mechanismus ein Preis herausbilden, der Umweltinvestitionen wirtschaftlich lohnend macht. Interessant ist die Idee der stufenweisen "Abwertung", also Verknappung der Emissionsrechte von staatlicher Seite. Hierdurch lässt sich eine Verbesserung der insgesamten Umweltsituation erzeugen, da der Unternehmer zu entscheiden hat, ob er die Emissionen seiner Anlage reduziert oder Emissionsrechte dazukauft.
6.1 Kompensationslösungen
Kompensationslösungen bewegen sich, im Gegensatz zu den Zertifikatlösungen, innerhalb des ordnungsrechtlichen Rahmens (s.h. § 7 Abs. 3 BImSchG und TA Luft), in welchem sie nach marktwirtschaftlichen Kriterien Entscheidungsspielräume für Umweltschutzmaßnahmen eröffnen. Der Grundgedanke dieser Idee ist, dass ein Betrieb ein bestimmtes Emissionsrecht eines Betriebsteiles durch die Minderemission eines anderen Betriebsteiles (durch Umweltschutzmaßnahmen) kompensieren kann. Allgemein müssen flexible Kompensationsregelungen folgenden von der Bundesregierung formulierten Kriterien standhalten:
"- Eine Mehrzahl von Anlagenbetreibern erhält die Befugnis, Verpflichtungen, die na Immissionsschutzrecht jedem einzelnen obliegen, dadurch zu erfüllen, dass einer oder mehrere der Beteiligten überobligationsmäßige Leistungen erbringen und diese Leistungen den anderen Beteiligten gutgebracht werden.
- Derartige Austauschvorgänge werden zwischen Anlagen zugelassen, deren Einwirkungsbereich sich im wesentlichen deckt.
- Gegenstand des Ausgleichs können nur in der Wirkung vergleichbare Schadstoffe sein.
- Die Immissionssituation im Einwirkungsbereich der beteiligten Anlagen muss stärker verbessert werden als dies bei Erfüllung der individuellen ordnungsrechtlichen Verpflichtungen der Fall wäre"
7. Umweltabsprachen
"Umweltabsprachen über Selbstbeschränkungen der Wirtschaft im Vorfeld möglicher eingreifender Umweltmaßnahmen dienen der Minderung umweltbeeinträchtigender Tätigkeiten, Bsp.: Zielfestlegungen zur Minderung von Abfallmengen im Verpackungsbereich nach § 14 Abs. 2 AbfG"
Umweltabsprachen (Instrument des Bereiches informelles Staatshandeln) spielen dort eine erhebliche Rolle, wo Behörden mit umfangreichen Entscheidungssituationen konfrontiert werden. Umweltabsprachen sind nicht gesetzlich normiert; zu unterscheiden sind
- öffentlich-rechtliche Verträge
- privatrechtliche Verträge
- informelle Absprachen
Ÿ Öffentlich-rechtliche Verträge
Die Behörde kann, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen. Vertragstypen sind z.B.
Vergleichsvertrag "Ein Vergleichsvertrag beseitigt eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewißheit durch gegenseitiges Nachgeben und steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde"
Austauschvertrag "Im Austauschvertrag verpflichtet sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung. Er kann geschlossen werden, wenn die Gegenleistung - für einen bestimmten Zweck vereinbart ist
- der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient,
- angemessen ist und
- in sachlichem Zusammenhang mit der Behördenleistung steht."
Ÿ Privatrechtliche Verträge
Privatrechtliche Verträge sind im Rahmen der fiskalischen Tätigkeit der Verwaltung möglich. Zu denken ist hier z.B. an die Beschaffung von umweltfreundlichen Produkten, schadstoffarmen Dienstfahrzeugen durch die Verwaltung im privatrechtlichen Rahmen. Die Verwaltung kann jedoch auch Verwaltungsaufgaben in der Form des Privatrechts erledigen; zu denken ist hier an Verträge zwischen Behörden und privaten Unternehmen betreffend der Abfallentsorgung. Nach § 3 Abs. 2 s. 2 AbfG können private Unternehmen von den entsorgungspflichtigen Kommunen mit der Entsorgung beauftragt werden.
Ÿ Informelle Absprachen
Absprachen dieser Art sind nicht an bestimmte rechtliche Voraussetzungen gebunden. Sie enthalten keine rechtlich verbindlichen Verhaltenszusagen, beschränken sich lediglich auf unverbindliche Absichtserklärungen. Darunter fallen z.B. Selbstbeschränkungsabkommen bzw. Branchenabkommen. Derartige Vereinbarungen bewirken, dass sich die einzelnen Wirtschaftszweige freiwillig auf ein bestimmtes umweltbewußtes Verhalten einigen, z.B. verbesserte Produktionsverfahren, Verzicht auf die Vermarktung umweltschädlicher Produkte etc..
Selbstbeschränkungseinkommen waren z.B.
Ÿ Beschränkungen bei der Verwendung bestimmter Inhaltsstoffe in Waschmitteln und Haushaltsreinigern
Ÿ Verzicht auf den Einsatz von Fluorchlorkohlenwasserstoffen in Spraydosen ab 1990
Ÿ Verminderung der Verwendung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen als Kühlmittel und als Aufschäummittel für Dämmstoffe in Kühlschränken (1988)
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