Techno
1. Vorwort
Technomusik ist ein Begriff, der sich in einer schriftlichen Arbeit keineswegs genau definieren lĂ€sst. Technomusik ist von zu vielen EinflĂŒssen geprĂ€gt, um hier darzustellen, was eben diese Musik bewirkt und was sie darstellt. Eines ist sicher: Technomusik ist die Musik unserer Zeit und weniger vergleichbar mit vergangenen Musiktrends als je ein Musikstil zuvor. Deshalb ist es schwer zu glauben, dass selbst die Technomusik ihren Standpunkt der Weiterentwicklung vorheriger Musiktrends verdankt.
Vielen wird die Technomusik fremd vorkommen, da sie sich keine genaue Vorstellung ĂŒber ihre Entstehung machen können. Der Computer als unbegreifliches Instrument.
Man braucht sechs aufnahmefÀhige Kassettenrecorder und sechs Endlos - Kassetten (Spieldauer 1 - 3 Minuten).
Mit dem Mikrofon nimmt man auf der ersten Kassette die Bass - Drum eines Schlagzeuges auf, auf der zweiten ein ebenso gleichmĂ€ssiges Schlagen der Hi - Hat, die dritte wird mit der Snare bespielt. Mit der vierten Kassette steigt man in den Zug und nimmt dessen FahrgerĂ€usche auf, und auf der fĂŒnften zeichnet man das GerĂ€usch einer Trillerpfeiffe auf. Jetzt bespielt man das letzte Band nur noch mit einer Melodie mittels Klavier oder Ă€hnlichem.
Bei dieser altmodischen Sequenzer - Art ist darauf zu achten, dass alle Aufnahmen das gleiche Metrum besitzen (dieses ist mittels Schraubenzieher am Laufwerk der Kassettenrecorder noch zu regulieren).
Jetzt verbindet man alle sechs Kassettenrecorder mit einem Mischpult und kann mit dessen Hilfe ein Lied erzeugen. Zuerst blendet man nur die Bass - Drum ein (Band 1), nach acht oder sechzehn SchlÀgen kommt die Hi - Hat dazu, dann Snare, etc..
Ein Computer funktioniert vom Prinzip nicht anders. Ein Produzent kann mittels eines Sequenzer - Programmes, je nach Rechnerleistung und Art des Programmes, bestimmt viele Spuren bespielen. Diese Spuren sind mit den oben genannten KassettenbĂ€ndern zu vergleichen, nur dass die Nachbearbeitungsmöglichkeiten einer Aufnahme des Computers gigantisch im Gegensatz zu den Kassetten sind. Der Produzent mischt alle seine Spuren zusammen und fertig ist sein StĂŒck.
Es ist natĂŒrlich alles ein bisschen komplizierter, aber das ist das sehr vereinfachte Prinzip einer Copmputeraufnahme.
In meiner Arbeit will ich jedoch nicht ĂŒber Aufnahmemöglichkeiten schreiben, sondern ĂŒber die Entstehung und Entwicklung des Musikstils Techno. Diese Untersuchung soll in zwei Teile geteilt werden. Zuerst will ich eine chronologische Entstehungsgeschichte der Technomusik darlegen, als zweites eine Ăbersicht ĂŒber die verschiedensten Musikstile, die unter den Oberbegriff Techno fallen. Mittlerweile sind es schon mehr als 50 verschiedene Arten Techno die es gibt (z.B Goa, Trance, Gabber, etc.). Als erstes Unterscheidungsmerkmal dient die Anzahl der Bass - SchlĂ€ge pro Minute (Beats per minutes, bpm).
Die Stilart, die von den Bass - SchlÀgen her am schnellsten ist, ist Gabber, aber dazu mehr im zweiten Teil dieser Arbeit.
2. Chronologische Entstehungsgeschichte der Technomusik
2.1. Der erste Gedanke - GerÀusche als Musik
Der erste Gedanke, technische Musik zu erschaffen entsteht bereits in den ersten Jahren unseres Jahrhunderts. Die Industrialisierung unseres Kontinents ist bereits eingelÀutet und Maschinen und Industrie schlagen einen ununterbrochenen Takt der Zeit.
"Wir finden viel mehr Befriedigung in der GerĂ€uschekombination von StraĂenbahnen, AuspufflĂ€rm und lauten Menschenmassen, als beispielsweise im EinĂŒben der ‚Eroica‘ oder ‚Pastorale‘", heisst es in einem bereits 1913 veröffentlichem Manifest von Luigi Russolo namens "Kunst der GerĂ€usche".
Der Durchbruch der modernen Musik, die an keine harmonischen Regeln gebunden ist, findet bald darauf statt; zunĂ€chst noch im Deckmantel der Klassischen Musik. Arnold Schönberg, bekannt durch die EinfĂŒhrung der AtonalitĂ€t, eine Musikform, die sich als erste von allen bekannten Kompositionsregeln löst, ist einer der ersten Musiker, der nicht nur Harmonie als Musik versteht. Er ist der Komponist, der einen musikalisch revulutionĂ€ren Schritt vollzog, und es sollen ihm einige SchĂŒler der zweiten Wiener Schule, der auch er angehört, folgen.
Jedoch macht sich diese neuartige Form der Musik noch nicht die Elektronik zu Nutze, wie es bald darauf in einem neuem Stil der Fall sein soll: Die ‚Musique ConcrĂ©te‘. Karl Heinz Stockhausen fĂŒhrt diese Art der Musik, in der sowohl Schreibmaschinengeklapper als auch Sirenengeheule als Stimmen dienen, ein und schreibt"Alle KlĂ€nge und GerĂ€usche sind Musik". Das Prinzip dieser Musik, auch von John Cage und Pierre Schaeffer praktiziert, KlĂ€nge und GerĂ€usche aufzunehmen, auszuschneiden und an bestimmte Stellen eines MusikstĂŒckes wieder einzusetzen, ist bereits vergleichbar mit der Vorgehensweise der Computer. Das "Sampling" macht seine ersten Versuche.
Nicht viel spĂ€ter werden die ersten Versuche einer synthetischen Klangerzeugung gestartet. Zuerst dient hierfĂŒr der ‚Sinuston‘. Seinen Namen verdankt er der aus der Mathematik bekannten Sinuskurve, die ebenso periodisch verlĂ€uft wie die Schwingungen dieses Tones. Aber nach verschiedenen Bearbeitungsformen dieser Schwingungskurve, wie z.B VerkĂŒrzung, VerlĂ€ngerung, Verdichtung und Ăberlagerung können aus diesem einzigen Klang bereits eine Vielzahl weiterer KlĂ€nge produziert werden. Die Idee des Synthezisers ist geboren.
2.2. Die ersten Hits
1972 landet Gorge Kinsley mit "Popcorn" den ersten Hit, der völlig auf elektronischer Klangerzeugung basiert, welcher ebenfalls als Techno - VorlÀufer gilt. Jedoch als eigentliche UrvÀter der Technomusik gelten auch heute noch die deutsche Gruppe "Kraftwerk". 1975 bringen sie ihr viertes Album "Autobahn" auf den Markt. Dieses Album schafft es ohne Probleme in die Amerikanischen Hitlisten und soll von nun an viele Musiker inspirieren und zu einer neuen Musik bewegen. Die Welle des Synth - Pop wird gestartet.
Brian Eno, zuvor bei "Roxy Music", grĂŒndet 1975 das "Obscure Records" Lable, das sich auf "Ambient Music" spezialisiert.
Ein Jahr spĂ€ter bringt Jean - Michel Jarre sein Meisterwerk "OxygĂ©ne" auf den Markt. Dieses Erfolgsalbum schlĂ€gt wie eine Bombe ein und verkauft sich ĂŒber acht Millionen mal.
1977 bringt Giogio Moroder, Erfolgsproduzent aus MĂŒnchen, die SĂ€ngerin Donna Summer unter Vertrag, und produziert mit ihr den Hit "I Feel Love".
Zeitgleich in diesem Jahre bringen auch "Kraftwerk" ein neues Album heraus, mit dem Titel "Menschmaschine". Bei diesem Titel ist der Aufruf dieser Gruppe, ein engeres VerhÀltnis zwischen Mensch und Maschine zu schaffen, unverkenntlich.
"Moroder" und "Kraftwerk" bildeten zu dieser Zeit die Szene.
2.3. Die achtziger Jahre - "Synth - Pop" entwickelt sich zur Technomusik
Die achtziger Jahre beginnen. Von nun an soll sich auch die Technomusik in verschiedene Richtungen entwickeln. Die Welle des Synth - Pop soll noch lange nicht abflachen; aber ein neues Kind wird geboren : Die House - Music.
Ihr Ursprung ist in den USA. Obwohl Disco - Music in den Staaten bereits fĂŒr tot erklĂ€rt wird lebt sie ab 1980 im schwarzen Gay - Underground von Chicago und New York weiter. Entscheidend hierfĂŒr sind zwei legendĂ€re Discos.
In New York befindet sich das "Paradise Garage", in dem der DJ Larry Levan nÀchtelang Underground - Klassiker auflegt. Das "Paradise Garage" prÀgt im Laufe der Zeit sogar seinen eigenen Musikstil - "Garage Disco", spÀter "Garage House".
Zur gleichen Zeit legt in Chicago, in einer Disco namens Warehouse, der DJ Frankie Knuckles von samstagsabends bis sonntagsmittags seine Platten auf, von Disco - Klassikern bis Euro - Importen. In beiden StĂ€dten sind diese beiden Orte die einzigen fĂŒr szeneinteressierte Menschen, und bald sprechen diese von "that sound they play down the house". Dies war die Geburt der House - Music.
1984 wird in Deutschland die erste Discothek, die sich ausschliesslich auf elektronische Musik spezialisiert, in Frankfurt eröffnet, namens "Technoclub".
1985 ist ein weiteres bedeutendes Jahr der Techno - Geschichte, da das Kultlable "Trax Records" gegrĂŒndet wird.
Weiterhin produziert Juan Attkins, einer der AltvĂ€ter des Detroit - Techno, die erste Technoplatte, die aus heutiger Sicht schon nach Technomusik klingt. Diese erscheint unter dem Pseudonym seines Projektes "Modell 500" und trĂ€gt den Namen " No UFO's". Sie dient anderen Produzenten als Grundlage fĂŒr alle darauf erschienenen Technoplatten. Seine Inspirationen entnimmt er der EuropĂ€ischen Musik wie zum Beispiel "Tangerine Dream" oder wie so viele andere "Kraftwerk".
Im folgenden Jahr entsteht eine neue Variante der Technomusik: "Acid - House". Die Verursacher dieses neuen Trends sind "Phuture" die auf dem Lable "Trax Records" ihre "Acid Tracks" herausbringen.
Kurze Zeit spĂ€ter soll von der House Formation "Finger's Inc." ein weiterer Stil eingefĂŒhrt werden, genannt "Deep - House". Der "Deep - House" - Sound zeichnet sich durch die Vielzahl jazziger Elemente und durch gesampelte und spĂ€ter bearbeitete Vocals aus.
Auch in diesem Jahr sorgen zwei Tracks fĂŒr höhere PopularitĂ€t der Housemusik. Zum einen bringt "Steve ‚Silk‘ Hurley" seinen Riesenhit "Jack your Body" auf den Markt, zum anderen soll auch in Deutschland der Produzent "Sven VĂ€th" seinen ersten Discorenner produzieren. Dieser bringt mit seinem Projekt "OFF" das StĂŒck "Elektrica Salsa" heraus, welches sich zu einem Clubhit in ganz Europa entwickelt.
In Deutschland ist es jedoch das Jahr von "Westbam". Dieser Berliner DJ und Produzent glĂ€nzt auf Tanzverantstaltungen durch seine Non - Stop - Music. Er mischt Disco und Soulplatten auf unbegreifliche Weise zusammen, dass aus verschiedensten StĂŒcken ein endloses Meisterwerk wird ohne Unterbrechung und Ăbergang.
Diese "High - Energy - Music", unbestrittener Grundstein der heutigen Housemusic, welche nicht unwesentlich von "Westbam" geprÀgt wird, war eine Sensation, und es sind ganz wenige, die diese Mixtechniken beherrschen. "Westbam" ist einer von ihnen, und er hat eine unbeschreibliche Sammlung von Platten; er kauft alles, wo auch nur "House" draufsteht.
In diesem Jahr versucht er die erste Berliner House - Party zu organisieren.
"Berlin hatte zu dieser Zeit noch keinen Dance - Untergrund, von der High - Energy - Schwulenszene vielleicht abgesehen. Aber hier gab es schon immer mehr, als in jeder anderen deutschen Stadt, Untergrund - Kultur. Das EX und POP, eine Berliner Szenebar, war ein Teil davon, eben mehr fĂŒr Leute, die EinstĂŒrzenden Neubauten hörten oder Black Flag und dazwischen Schostakowitsch. Wir schleppten also zwei Technics 1210er, ein Mischpult und eine Roland 808 und meine ersten 30 House Platten hinein. Dass Underground - Dancemusic plus Undergroundszene noch keine Underground - Danceszenen ergeben, kann man wohl als Ergebnis dieser ersten House - Parties Berlins, wohlmöglich Deutschlands, bezeichnen. Die GĂ€ste (...) wippten etwas mit und fragten sich, was da wohl passiert in ihrer Kneipe." (Westbam, 1986)
2.4. Der "Acid" - Boom
1987 beginnt der groĂe "Acid" - Boom.
Entstanden ist dieser Sound eher zufÀllig ein Jahr zuvor in Chicago, als zwei DJs ("Phuture") mit dem "Roland TB 303" Synthesizer desses Bassfrequenzen verÀnderten und daraus ein Lied komponierten. Der "Roland 303" ist auch heute noch einer der meistbenutzten Synthesizer im "Acid" - Bereich.
Dieser neue Sound findet sofort groĂen Anklang im Untergrund Chicagos, erreicht unwesentlich spĂ€ter auch Deutschland, genauer gesagt den Untergrund Berlins. Dieser Untergrund Berlins wird erst richtig anerkannt, nachdem die erste "Acid - House" - Party in der "Turbine Rosenheim" stattfand.
Eine weitere Adresse fĂŒr SzenegĂ€nger in Berlin ist das "UFO", die "GeburtsstĂ€tte der Berliner ‚House‘ - Szene", wie sie genannt wird. Diese Adresse ist aber nur ausgewĂ€hlten Personen bekannt, da das UFO von der Polizei und den Behörden gesucht wird, und deshalb gut versteckt ist. Die illegalen Parties im UFO werden kurzfristig von Monika Dietl, Moderatorin bei "Radio 4U" angekĂŒndigt. Das UFO ist ein Lagerkeller einer Kreuzberger Ladenwohnung. Hier tanzen 1988/99 die etwa 50 bis 100 ausgewĂ€hlten Besucher stundenlang gasmaskiert zu ohrenbetĂ€ubendem "Acid" - gequietsche durch den dicken Nebel, angespornt durch endlose Stroboskop - Blitze.
Zeitgleich wird in den USA zu "Garage" getanzt, obwohl die GeburtstÀtte das "Paradise Garage" bereits ein Jahr zuvor geschlossen wurde.
In England werden zu dieser Zeit die ersten "Raves" gefeiert, welche aber noch nicht allzuviel mit dem heuten Begriff "Rave" gemein haben. Ersteres besteht aus einem Gemisch von Techno, House und Gitarrensound. Interpreten dieser "Raves" sind zum Beispiel "EMF" mit dem Song "Unbelievable", welche eher in die Skating - Szene einzuordnen sind.
Der Hit des Jahres 1989 ist der "House" - track "French Kiss", produziert von Lil Luis.
In Chicago steht die "House" - Szene durch Kommerzialisierung kurz vor dem Ende.
Auch in Deutschland hilft "Westbam" der Housemusik mit der Partyhymne "And Party" zum ersten Schritt aus dem Untergrund zum Mainstream.
In Frankfurt wird ein Musikmagazin namens Frontpage von Armin "Jeff" Johnert und Tallar 2XLC herausgebracht.
2.5. Der eigentliche Durchbruch der Technomusik - Die erste Loveparade
1990 ist das Jahr, in dem die Technomusik ihren eigentlichen Durchbruch vollzieht
In Berlin wird die erste Loveparade organisiert. Es wird lange ĂŒber den politischen Sinn der Loveparade diskutiert, da sie ja offiziell als Demonstration gilt. Einerseits hat die Loveparade einen eher unpolitischen Charakter: "Es gibt uns, wir sind viele, wir sind anders, wir wollen SpaĂ". Manche Stimmen der LoveparadeanhĂ€nger schreiben ihr jedoch sehrwohl einen politischen Charakter zu: "(...)Techno ist deswegen politisch, weil es die Musik demokratisiert hat und sich jeder seine Musik machen kann. Wir brauchen Fehler anderer Jugendbewegungen nicht mehr zu wiederholen. (...) Wir sind keine Antibewegung zur SpieĂergesellschaft, wir stellen eine Alternative dar."
Cord Schnibben, Autor beim "Spiegel": "Die Loveparade ist so politisch wie ein Sommerpicknick und so unpolitisch wie eine Friedensdemo, aber wenn Politik die VerstĂ€ndigung darĂŒber ist, wie man zusammenleben will, dann sind drei Tage voller ‚Love Peace and Unity‘ politischer als drei Kilo Parteiprogramm."
Der Kultcharakter der Loveparade bleibt in anderen GroĂstĂ€dten nicht unerkannt.
Nicht lange Zeit danach wird es von einigen dieser erfolgreich imitiert: 1992 in ZĂŒrich, 1994 Köln "Night Move" und 1995 findet der MĂŒnchener "Union Move" statt.
Im gleichen Jahr der ersten Loveparade kommt "NY - House" groĂ heraus. Vom Lable "Strictly Rythm" werden Hits am laufenden Band produziert.Erfolgsproduzent "David Morales" mixt alles, was in den Clubs gespielt wird.
Auch "Acid" steht durch kommerzielle Ausbeutung kurz von dem Ende.
Verschiedenste neue Stilrichtungen entstehen in den unterschiedlichsten Regionen. So zum Beispiel "Bleep" in England, welche sich durch hohe Piepstöne und tiefe BĂ€sse auszeichnet. Der bekannteste Track heiĂt "Tricky Disko". Auch Belgien gilt als EntstehungsstĂ€tte fĂŒr einen neuen Stil. Hier bildet sich aus "EBM" und "Industrial" "New Beat".
2.6. "The Spirit of '91" - Das Jahr der Technomusik
1991 bringt "Nervous Records" StĂŒcke mit einem neuen Sound auf den Markt. Dieser nennt sich "Jazz - House" und ist angelehnt an den schon von frĂŒher bekannten "Deep House".
"Heute ist alles Routine und langweilig und kommerziell. Damals war alles aufregend, das Jahr 1991 war das der ausgefallensten Parties", meint JĂŒrgen Laarmann, herausgeber des Frontpage Magazins:"Jeder der dabei gewesen ist, wird das nicht vergessen."
Damit ist wohl auch nicht unwesentlich das bis dahin unĂŒbertroffene Partyspektakel Berlins gemeint:
Die Mayday im Dezember 1991, das Kind der Loveparade, welches ihr bald ĂŒber den Kopf wachen soll, indem es sich zum Berliner Party - Exportartikel Nummer eins entwickelt. Erst wird diese Party zum Appell an alle AnhĂ€nger des Jugendradiosenders DT64 organisiert, um diese zum aktiven Kampf fĂŒr den Erhalt des Senders zu bewegen, der bereits durch die Landesmedienanstalten dem Untergang geweiht ist. Zur Rettung des Senders werden Vereine gegrĂŒndet, Unterschriftenaktionen gestartet und Demonstrationen abgehalten. Zu guter letzt soll der Versuch gestartet werden, dem Sender durch diese Party mit dem Auruf "Mayday" zu helfen.
Westbam:"Ich wollte so etwas wie die Party nach der Love Parade nochmal, nur irgendwie anders veranstalten. Also habe ich mich mit den Low - Spirit Leuten zusammengesetzt und mit Marusha, die durch ihre Radiosendung Rave - Satelite bei DT 64 groĂen EinfluĂ im Osten hatte. Als der Sender zumachte, haben wir ĂŒberregional zu pushen begonnen und Mayday gemacht. Mayday bedeutete damals: Rettet das Jugendradio DT 64. Der Demonstrationscharakter war da, und DT 64 hat das Ereignis stark in seinem Programm gepusht."
Von nun an bewegt sich die Technomusik unaufhaltsam Schritt fĂŒr Schritt aus dem Untergrund Richtung Mainstream. Die stetig wachsende Zahl der AnhĂ€nger dieser Bewegung bleibt auch dem allgemeinen Markt nicht vorenthalten, so dass die Kommerzialisierung mit groĂen Schritten heraneilt.
Der Merchandisingbereich wird stark ausgebaut.
Schlechte Techno Compilations der groĂen Plattenfirmen ĂŒberschwemmen den Markt. Techno wird zum Pop der Neunziger.
Jedes Jahr verdoppelt bis vervierfacht sich die Anzahl der Tanzenden, und halbiert sich die Verwirklichung des Grundgedankens der Loveparade.
"Die Loveparade als Woodstock der Techno - & Housegeneration. Underground und Overground, Avantgarde und Mainstream, Camelpromotion und Werbeaktionen, XTC und CDU, die Technobewegung scheint sich im kulturell beliebigen zu verlieren."
Von nun an verzweigt sich durch globale Kommerzialisierung und Trendbildung von unzĂ€hligen Projekten, die wie Eintagsfliegen in den Charts auftauchen und verschwinden, die weitere Geschichte dieser Musik in soviele verschiedene Richtungen, dass es hier unmöglich ist, einen Ăberblick darĂŒber zu verschaffen.
Einen kleinen Einblick in die verschiedensten untergeordneten Stile will ich im zweiten Teil dieser Arbeit liefern.
3. Techno - Ein Oberbegriff fĂŒr eine Vielzahl verschiedener Stile
Mit dem Wort Technomusik lĂ€sst sich heutzutage lĂ€ngst nicht mehr die Menge der verschiedensten untergeordneten Stile beschreiben. Teilweise gleichen diese sich, dass sich fĂŒr den Laien kaum ein Unterschied bemerkbar macht, andererseits unterscheiden sie sich in Geschwindigkeit und verwendeten Sounds so sehr, dass es auch dem nicht geschulten Ohr direkt auffĂ€llt.
VerstĂ€ndlicherweise ist es nicht möglich, hier alle Stilarten, die sich im Laufe der Zeit entwickelt haben, zu nennen, geschweige denn auf diese einzugehen, so dass ich mich fĂŒr eine kleine Anzahl der wohl bekanntesten Arten beschrĂ€nken musste.
3.1. "Synth - Pop"
"Synth - Pop" ist die wohl erste elektronische Musik, die auf dem Markt aufgetaucht ist. Von harten Bass - SchlĂ€gen in monoton gleichbleibendem Takt, wie man es von heutiger Technomusik gewöhnt ist, kann hier noch keineswegs die Rede sein. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Pop - Rhythmus, der mit den ersten SynthesizerklĂ€ngen ĂŒbermalt ist, wie es der Name bereits sagt.
Den ersten Synthesizerhit landete George Kingsley mit dem Lied "Popcorn" im Jahre 1972. Kaum spĂ€ter folgten ihm weitere KĂŒnstler, hauptsĂ€chlich beeinflusst durch die Synth - Pop Veteranen "Kraftwerk", wie Jean - Michel Jarre, "Vangelis", "Depeche Mode" oder "YELLO".
3.2. "Acid"
"Acid" ist auch nur wieder ein Oberbegriff fĂŒr zahlreiche Unterstilarten, wie "Acid - House" oder "Acid - Trance".
Charakteristisch fĂŒr "Acid" sind die quietschenden Sounds des "Roland TB 303" - Synthesizers, welcher fĂŒr die Produktion eines "Acid" - Tracks unumgĂ€nglich ist.
Einst wurde dieser Synthesizer fĂŒr die UnterstĂŒtzung von Gitarrenmusik entwickelt, fand bei dessen AnhĂ€ngern jedoch nicht viel Anklang und hatte nach zufĂ€lliger Entdeckung zweier Technoproduzenten aus Chicago seinen festen Platz in der "Acid" - Szene. Der Beat bleibt bei dieser Stilart eher langsam und zurĂŒckhaltend. Hörbar werden diese "Acid" - GerĂ€usche zum Beispiel auf den ersten Platten von Prodigy.
3.3. "House"
"House" ist die wohl populĂ€rste Stilart von Techno. Die Hauptelemente sind groovige Hihats und Claps. Die Geschwindigkeiten der Housemusic liegen bei ca. 100 bis 130 bpm. Wie auch bei den meisten anderen Stilarten haben sich bei der Housemusic verschiedenste Unterstilarten entwickelt. So zum Beispiel "Vocal House", was durch Gesang, meistens aus Ă€lteren SoulstĂŒcken gesampelt, ausgezeichnet wird. Eine der ersten Formen der Housemusic ist "Detroit House", was etwas dumpfer und schneller klingt. Sobald "House" mit mehreren Percussion - Instrumenten versehen wird, nennt man es "Harthouse".
3.4. "Jungle"
"Jungle" ist der fĂŒr London typische Musikstil. Duke Ellington fĂŒhrte diesen ein, indem er rasant rĂŒckwĂ€rts laufende "Jazz - Drum - Patterns" mit "Hip - Hop Drumloops" kreuzte und dies mit hochgepitchten "Reggae - Grooves" ĂŒbermalte. Jungle ist mit 140 - 160 bpm der bisher schnellste Rhythmus aus England.
3.5. "Drum & Bass"
"Drum & Bass" ist mehr oder weniger ein Produkt der "Jungle" - Musik, obwohl es in der Geschwindigkeit deutlich langsamer ist. Nicht nur aus diesem Grund, sondern auch wegen der oft eingebauten jazzigen Elementen ist es eine eher leichte und ruhige Musik. Das gewirbelte Schlagwerk mit Betonung auf der ersten und viereinhalbten ZĂ€hlzeit und die geschleiften Drumloops sorgen fĂŒr den bei "Drum & Bass" typischen Breakbeat.
"Drum & Bass" entstand genau wie "Jungle" in London. Die genauere GeburtsstĂ€tte ist das "Blue Note", eine Discothek im Londoner Zentrum, welches die Residenz der "Metalheadz" ist. Die "Metalheadz" ist das wohl bekannteste "Drum & Bass" - Lable und wurde vom Londoner DJ "Goldie" gegrĂŒndet.
Die deutschen "Drum & Bass" Zentren sind Mannheim, Köln und Berlin.
3.6. "Trance"
"Trance" ist eine Mischung aus langsamen Beats, ca. 100 bpm, und monotonen, sich durchgehend wiederholenden Elementen von "Ambient" - GerĂ€uschen und Synthesizer - Sounds. Der Beat ist gradlinig und nicht gebrochen. Das Charakteristischste an "Trance" - Musik sind die weichen und durchgehenden FlĂ€chen, die den Hörer zum "Abheben" bringen; aus diesem Grund ist "Trance" - Musik neben "Ambient" auch die in den "Chill - Out - Areas" (EntspannungsrĂ€ume auf Technoparties) am meisten gespielte Musik. "Ambient" ist eine Art "Trance" - Musik, nur noch langsamer, was es fast zur Meditationsmusik werden lĂ€sst. Oft werden fĂŒr "Ambient" Geigen als FlĂ€chen eingesetzt.
3.7. "Gabber"
"Gabber" ist der "Speed - Metal" der Technoszene. Mit 180 - 500 bpm ist "Gabber" die schnellste aller Technoarten. HollÀndischer "Speed - Gabber" geht an die Grenzen des ertrÀglichen. SelbstverstÀndlich gibt es auch langsamere Arten von "Gabber", was dann wiederum "Happy Hardcore" genannt wird, und mit 160 bpm und aufwÀrts schon leichter tanzbar ist.
3.8. "Goa"
"Psychodelic Goa Trance", wie es auch genannt wird, hat seinen Ursprung in der indischen Provinz Goa. Sven VÀth war es, der aus seinem jÀhrlichen Urlaub in Goa diesen Sound mitbrachte und der "Hardcore" - Szene in Europa entgegen setzte. Sein Album "Accident in Paradise" definiert diesen Sound.
3.9. "Dub"
"Dub" ist moderner, clubtauglicher, elektronischer "Space - Reaggae".
Entstanden ist "Dub" auf Jamaika, als die dort ansĂ€ssigen MCs die "B - Sides" ihrer Platten, auf denen die StĂŒcke der "A - Sides" instrumental aufgenommen wurden, im Studio remixten. Die fĂŒr "Dub" typische Form des Remixen ist der hintereinandergekoppelte Einsatz verschiedener Effekte, hauptsĂ€chlich Echo, Delay und Hall.
4. Quellenangaben
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Philipp Anz / Patrick Walder: Techno, Verlag Ricco Bilger, 1. Auflage, ZĂŒrich 1995 Oliva Henkel / Karsten Wolff: Berlin Underground, Techno und HipHop zwischen Mythos und Ausverkauf, FAB Verlag, Berlin 1996 Klaus Janke / Stefan Niehues: Echt abgedreht, Die Jugend der 90er Jahre, Beck'sche Reihe 1091, 3. Auflage, MĂŒnchen 1995 Frontpage - Magazin, Juni & Juli 1996, Technomedia GmbH Verlag, Herausgeber JĂŒrgen Laarmann, Berlin Spiegel Special: Die Eigensinnigen, November 1994 Brockhaus EnzyklopĂ€die, Band 19+21, F.A. Brockhaus GmbH, Mannheim 1986 Internet: http://www.blnet.ch/user/future/elmus.htm http://home.rhein - zeitung.de/~phbecker/jokes/techno.htm http://www.subaudio.net/wortfeld/warp.htm http://user.cs.tu - berlin.de/~wolfa/tekrech3.htm http://www.allesklar.de http://www.cheatweb.com/de/012/b000554.htm http://computer.freepage.de/terraface/davidst/referate/musik.html http://members.aol.com/drogie/techno1.htm http://www.cs.uni - magdeburg.de/~roester/techno.htm
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