Pulsare und ihre Bedeutung für die Physik
1. Geschichte der Pulsare und ihre Entdeckung
2.1 Entstehung von Sternen allgemein
2.2 Entstehung der Neutronensterne als Endstadium von Sternen
3. Rotation der Neutronensterne
4.1 Pulsare als natürliche Synchrotronmaschinen
4.2 Entstehung einer langwelligen Strahlung, in Umgebung des Pulsars
4.3 Entstehung der Radiostrahlung
4.4 Entstehung der optischen, Röntgen - und Gammastrahlung
5.1 Pulsare und ihre Bedeutung für die Grundlagenphysik
5.2 Bedeutung für Physik der kosmischen Strahlung
6. Mangelende Beweisbarkeit mancher Theorien
1. Im Februar 1968 brachte die englische Zeitschrift "Nature" einen Artikel über
eine "rasch pulsierende Radioquelle", die eine Gruppe von Radioastronomen
der Universität Cambridge ein Jahr zuvor entdeckt hatten. Man fand im Stern -
bild Vulpecula eine Art "kosmischen Leuchtturm", der mit einer Regelmäßig -
keit von 1,3372795 ± 0,000 0020 s ein Signal aussendet.
Allerdings variiert dieser Wert von Jahr zu Jahr aufgrund des Dopplereffekts,
der von der Geschwindigkeit der Erdbewegung (Rotation plus Bahnbewegung um die Sonne) in Richtung zur Radioquelle abhängt. Bewegt sich z.B die Erde auf die Quelle zu, so stellt der irdische Beobachter eine etwas größere Zahl an Pulsen pro Zeiteinheit fest, d.h somit verkleinert sich die scheinbare Periode. Die Entdeckung fand mittels der Radioastronomie statt, die es erlaubt die Signale von außerirdischen Objekten in elektrische Impulse umzuwandeln. Dazu war auch ein enormer technischer Aufwand nötig; man baute eine Antenne die aus 2048 kleinen Dipolen bestand und auf einer Fläche von 470m mal 45m angeordnet war. Jeweils die Hälfte der Dipole hatte man zu einer Komponente eines sog. Interferometers zusammengeschlossen, das mit der Frequenz f= 81,5 Mhz ( entspricht einer Wellenlänge von λ=307m) den Himmel abtastete. Diese Antennen wurden zu dem Zweck entwickelt, um die Größe und Geschwindigkeit von "Plasmaklumpen" im Raum zwischen den Planeten des Sonnensystems zu messen. Diese Plasmaklumpen sind irreguläre, zeitabhängige Schwankungen der Elektronendichte mit einen Durchmesser von etwa 100 km. Strahlungen weit entfernter Radioquellen bewirken in diesen Klumpen das Auftreten von Lichtblitzen, wenn eben diese Strahlung auf fluoreszierende Substanzen trifft (Szintillation).
Sehr bald schon bemerkte man eine Reihe von ungewöhnlichen Signalen, die man zunächst für Störungen irdischen Ursprungs hielt. Nach Ausschaltung aller möglichen Fehlerquellen kam man zu dem Schluß, dass man einen vollkommen neuen Typ von außerirdischer Radiostrahlung gefunden hatte, dessen Quelle sich allerdings außerhalb des Sonnensystems befand.
2.1 1934 sagten die Astronomen Walter Baade und Fritz Zwicky die Existenz von Neutronensternen heraus, die aufgrund ihres außergewöhnlichen Erscheinungsbildes für die damalige Zeit eine physikalisch nicht begründbare
Hypothese waren. Neutronensterne besitzen eine Dichte von bis zu 10
und ein magnetisches Feld von bis zu 10 Tesla; das alles in einem Stern mit der Masse der Sonne jedoch mit nur 30 km Durchmesser.
Die Frage die sich die Wissenschaft zu dem Zeitpunkt stellte war, wie diese Sterne entstünden und wie es möglich sei diese riesige Masse auf einen so winzigen Raum zu verdichten.
Wollen wir zunächst einmal auf die Entstehung von Sternen allgemein eingehen: Sterne entstehen durch Kondensation von interstellarer Materie, dabei wird die vorhandene Gravitationsenergie dazu benötigt, um den Stern aufzuheizen. Wenn die Temperatur im Inneren 10K erreicht, setzen thermonukleare Reaktionen mit Wasserstoff ein, in der zunächst alle Spuren vom schweren Wasserstoff(Deuteriom) und leichteren Elementen wie Lithium und Beryllium zerstört werden. Bei etwa 10K wandelt sich dann der Wasserstoff mittels einer Fusionskette in He um. (In diesem Entwicklungsstadium befindet sich z. B. unsere Sonne). Wenn der Wasserstoff ausgebrannt ist, bleibt ein reiner Heliumkern übrig, wobei sich das Wasserstoffbrennen auf die äußeren Hüllen des Sternes beschränken, und so dem Kern neue Masse hinzugefügt wird. Um den Energieverlust abzudecken, muss sich der stellare Kern zusammenziehen; dabei wachsen die Dichte und die Temperatur ständig an bis zu etwa 10 K, wo dann das "Heliumbrennen" einsetzt 3 He → C .
Der entstandene Kohlenstoff reagiert teilweise mit Helium zu O. Bei noch höheren Temperaturen kann auch Sauerstoffbrennen auftreten.
2.2 Bei den letzten Phasen der Entwicklung gerät der Stern immer wieder in Gefahr die gravitative Anziehung nicht mehr im Gleichgewicht halten zu können und somit instabil zu werden. Bei sehr hohen Dichten und Temperaturen setzten dann Neutrinoprozesse ein, in denen Neutrinos ( Elementarteilchen ohne Ladung und möglicherweise ohne Masse bzw. sehr geringer Masse) und Antineutrinos aufgrund von Stößen von Elektronen mit Gammaquanten, irreversibel entstehen
e + γ → e + ν + ν.
Neutrinos besitzen aufgrund ihrer Eigenschaften eine geringe Wechselwirkung mit Materie, was dazu führt, dass sie Wärmeenergie vom Kern nach außen mitnehmen und somit der Stern instabil wird. Diese Instabilität führt zu einem Zusammenfall des stellaren Kerngebiets. Während die äußeren Schichten des Sterns zur Mitte tendieren, bildet sich eine nach außen gerichtete Stoßwelle aus, die die einfallenden Schichten in explodierende Materiebewegungen hinter der Stoßwelle verwandelt. Gegebenenfalls, dass durch die Stoßwelle genug Materie vom Kern ausgestoßen wurde, expandiert die restliche Kernmaterie ein wenig und bildet so einen Neutronenstern im Gleichgewichtszustand. Andernfalls bleibt die Materie ständig im Zustand des Zusammenfalls.
Die nächste Frage, die sich allerdings stellt ist, was im Neutronenstern selbst vorgeht. Der sowjetische Physiker Lew Landau untersuchte das Phänomen der dichten Materie im Neutronenstern. Landau bediente sich dabei der Theorie des entarteten Gases, welches die Fermionen bei sehr hohen Dichten bilden. Diese Theorie wurde unter anderen auf Grundlage des Paulischen Ausschließungsprinzips gebildet, welches besagt, dass sich die Fermionen[1] eines Gases in unterschiedlichen Zuständen befinden müssen. Ein Zustand ist dabei im wesentlichen durch Lage und Impuls eines Teilchens bestimmt. Das bedeutet die Teilchen müssen sich an verschiedenen Stellen im Raum aufhalten, was auch bei "normalen" Gas keine Schwierigkeiten mit sich bringt, weil der Platz vorhanden ist. Jedoch herrscht bei dem entarteten Gas ein so starkes Gedränge, dass der mittlere Abstand der Teilchen mit atomaren Abständen vergleichbar wird, etwa mit der de - Broglie - Wellenlänge h/mv. Die Größe der einem Teilchen zugemessenen Phasenraum, kann nicht beliebig klein gemacht werden, weil eben aufgrund der Heisenbergschen Unschärferelation das Produkt aus Ortszellgröße Δx und Impulszellgröße Δp stets größer ist als das Plancksche Wirkungsquantum h
Δx • Δp ≥ h
Werden die Fermionen zusammengedrückt, so sind die Teilchen gezwungen sich rascher zu bewegen, was nun wiederum wegen p= mv und der Tatsache, dass sich die Geschwindigkeiten im relativistischen Bereich befinden, zu sehr hohen Impulsen führt. Dieser hohen Impuls führt nun im entarteten Elektronengas zu einem hohen Druck.
Wird ein entartetes Elektronengas weiter komprimiert, so wächst die Anzahl der inversen β - Zerfälle, bei denen Elektronen von den Kernen ( z.B energiearmes
Fe ) eingefangen werden und damit die Kerne auch neutronenreicher werden.
Gleichzeitig nimmt die Neutronenbindungsenergie der Kerne ab, und Neutronen gelingt es aus dem Kern auszubrechen und ein freies Neutronengas zu bilden.
3. In einem Experiment, erforschten zwei Astronomen der Lick - Sternwarte das Herz des Krebsnebels, wo man 1968 eine pulsierende Radioquelle NP 0532 entdeckte, die eine sehr kurze Pulsarperioden besitzt: P = 0,033s.
Die Astronomen leiteten das Licht des Sterns, das auf der Erde ankommt durch ein Teleskop auf eine rotierende Scheibe mit sechs Schlitzen. Diese Scheibe rotiert mit einer Geschwindigkeit, bei der ungefähr pro Sekunde 30mal ein Schlitz für den Durchgang des Lichtstrahls offen war. Auf dem Bildschirm ergab sich daher ein stehendes Bild, wenn die Rotation der Scheibe mit dem Flackern des Sterns überlagert wurde.
"Nun musste man sich die Frage stellen, worauf dieses Phänomen des Auflammens und Verlöschens eines Sterns zurückzuführen ist. Dafür gab es nun drei Möglichkeiten:
1. Der Stern pulsiert (wie ein Cepheid)
2. Es handelt sich um einen Doppelstern, dessen beide Komponenten einander
30mal pro Sekunde umkreisen, und zwar in der Ebene unserer Blickrichtung.
3. Der Stern rotiert 30mal pro Sekunde und sendet dabei einen Lichtstrahl, der uns jede Dreißigstelsekunde trifft."[3]
Aufgrund von theoretischen Überlegungen konnte man die ersten beiden Fälle ausschließen, weil weder pulsierende Sternkörper noch sich umkreisende Sternpaare so kurze Perioden erzeugen können.
Somit musste es sich um einen Körper handeln, der eine so schnelle Rotation besitzt und gleichzeitig durch die Zentrifugalkräfte nicht zerrissen wird und der
auf die Gleichung ω²r = hört. Sie sagt aus, dass bei hohen Rotationsgeschwindigkeiten ein geringer Radius und eine enorm hohe Masse und Gravitation vorhanden sein müssen. Diese Eigenschaften besitzen im Grunde nur die in Kapitel 2 behandelten Neutronensterne. Bei diesen Sternen muss die Dichte bei etwa 10 g cmliegen, das sind 100 000 t in einem Kubikzentimeter!
Aufgrund solcher Dichteverhältnisse ist es natürlich einsichtig, dass je dichter ein Neutronenstern ist, desto schneller kann er auch rotieren. Allerdings gibt es hierbei Grenzen, da die Dichte bei Neutronensternen begrenzt ist ( Gefahr des Zusammenfalls zu einem Schwarzen Loch), ist auch die Rotationsgeschwindigkeit nicht beliebig erhöhbar, weil sich ansonsten der Neutronenstern in einen Ellipsoiden verwandeln, und gleichzeitig auch Masse verlieren würde.
4.1 Pulsare arbeiten als natürliche Synchrotronmaschinen, in der die hochenergetischen Elektronen, die sich in den Neutronensternen befinden, auf relativistische Geschwindigkeiten gebracht werden. Die Frage die sich nun stellt ist, durch welchen Prozeß die Teilchen beschleunigt werden und inwieweit die Rotationsenergie eine Rolle spielt.
Auf der Erde wäre die Antwort einfach, man benutzt ringförmig angeordnete Magnetfelder, in denen geladene Teilchen durch elektromagentische Kräfte auf hohe Energien gebracht werden. Sollte also bei den Pulsaren ein ähnlicher Vorgang ablaufen?
Erste Voraussetzung hierfür wäre ein sehr starkes Magnetfeld. Der Kollaps eines Sterns zu einen Neutronenstern führte zu einer Kompression der magnetischen Feldlinien zu Kerndichten was wiederum zu einer extrem hohen magnetischen Feldstärke geführt hat. Bei einer Komprimierung des Sternradius von Ro auf R erhöht sich die magnetische Feldstärke von Bo auf
B = Bo ( Ro / R ) ² ≈ 10 A/ m .
Eine weitere Voraussetzung für die Teilchenbeschleunigung in der Umgebung des Neutronensterns muss das "Herausragen" des Magnetfelds aus dem Stern sein, also im einfachsten Fall ein sogenanntes poloidales Dipolfeld sein (siehe Abbildung)
Abb. Magnetische Feldlinien um einen
Neutronenstern. Die Rotationsachse
steht senkrecht zur magn. Achse.
Diese Magnetfeld ist, in der stark leitenden Materie "eingefroren", und wird bei hydrodynamischen Bewegungen der Materie mitgeführt. Voraussetzung hierfür allerdings ist das permanente Vorhandensein von Ringströmen, um das Magnetfeld aufrecht zu erhalten. Bekannterweise, geht ein Teil dieser Ströme an den ohmschen Widerstand verloren; Rechnungen ergaben aber, das die Neutronensternmaterie eine so hohe Leitfähigkeit besitzt, dass eine merkliche Verkleinerung des Magnetfeldes erst nach Jahrmillionen erfolgt, also Zeiten, die viel größer sind als die Lebenserwartung eines Pulsars .
Die Leitfähigkeit eines Körpers allgemein hängt ab, in welchen Maße sich die Ladungsträger frei bewegen können. In erster Linie handelt es sich bei den Ladungsträgern um Elektronen, die aufgrund der Wechselwirkung mit anderen Elektronen oder Protonen (bei hohen Energien auch mit Neutronen) sich besser oder schlechter frei bewegen können.
Beim Neutronenstern sind diese Wechselwirkungen allerdings stark eingeschränkt.
Die Zweite Voraussetzung für die Hypothese von der Synchotronmaschine ist die rasche Rotation des Neutronensterns; dies bekam der Stern schon mit in die Wiege gelegt. Ähnlich wie die Erhaltung des magnetischen Flusses zu hohen Magnetfeldern geführt hat, musste die Drehimpulserhaltung beim Kollaps zu sehr
hohen Umdrehungsgeschwindigkeiten geführt haben.
4.2 Damit wären nun die zwei natürlichen Eigenschaften des Neutronensterns genannt. Die auftretenden Effekte, werden nun besonders interessant, wenn der Neutronenstern um eine Achse rotiert, die nicht mit der Symmetrieachse des Magnetfeldes übereinstimmt ( siehe obere Abbildung). Man beobachtet, dass den Neutronenstern im Takt der Rotation eine langwellige elektromagnetische Strahlung verlässt, deren Frequenz gleich der Rotationsfrequenz des Pulsars ist.
Würde man sich auf dem Stern befinden, dann wäre nur ein festgefrorenes Magnetfeld festzustellen; von außen jedoch betrachtet, wäre zusätzlich ein variables elektrisches Feld gleicher Größenordnung zu bemerken. Hat das Oberflächenmagnetfeld Dipolcharakter( siehe Abbildung), dann produziert der Neutronenstern langwellige Dipolstrahlung. Beim Krebspulsar beispielsweise, beträgt die Wellenlänge etwa 10m; hierbei gilt die Beziehung λ = cT, wobei T die Umlaufdauer angibt; die Frequenz ist etwa 30 Hz. Die Energie der Strahlung kommt teilweise aus dem Verlust von Rotationsenergie und Drehimpuls.
Dieser Verlust kann durch die Gleichung
E = - (sin²χ ωB² R)
beschrieben werden. Dabei bedeutet B die magnetische Feldstärke am Pol des Sterns, ω die Winkelgeschwindigkeit, R den Sternradius, χ den Winkel zwischen Rotationsachse und der Achse des Magnetfeldes. Setzen wir die Werte des Krebspulsars ein ( ω ≈ 200 s ; χ≈π ; R ≈ 10m; B ≈ 10A/m)
so ergibt sich eine Energieabstrahlung von rund 10 J/s .
Wenn wir nun den langwelligen Strahlungsfeld folgen, so muss es sich durch ein Plasma hindurchbewegen, wobei dies nur funktioniert, wenn die Strahlungsfrequenz oberhalb einer bestimmten Plasmafrequenz liegt. Ist die langwellige Strahlungsfrequenz zu niedrig, so breitet es sich nicht mehr aus, oder wird reflektiert. Ein bekanntes Beispiel ist die Reflexion von langwelligen Radiowellen in der Erdionosphäre. In der Pulsarumgebung, liegt nun aber die Plasmafrequenz über der Strahlungsfrequenz, und damit hätte eine Strahlung keine Möglichkeit den Pulsar zu verlassen, wenn nicht in der Umgebung ungewöhnliche physikalische Bedingungen herrschen würden.
Die beim Pulsar auftretenden magnetischen Feldstärken von 10 A/m und elektrische in ähnlicher Größenordnung sind so groß, dass durch den Strahlungsdruck der Welle noch in großer Entfernung alle Plasmateilchen regelrecht hinwegschwemmt werden. Also existiert in unmittelbarer Umgebung nahezu ein Vakuum. Allerdings gibt es Teilchennachlieferungen aus dem Neutronenstern und somit auch einige geladene Teilchen in der Magnetosphäre.
Diese Teilchen treten in Wechselwirkung mit dem Wellenfeld: Ein Teilchen mit der Ladung e und der Masse m, über das eine elektromagnetische Welle hinwegstreicht, wird durch das elektrische Feld in der Welle beschleunigt( das Magnetfeld besitzt nur dann Einfluß, wenn die Teilchengeschwindigkeit bereits nahe an der Lichtgeschwindigkeit liegt). Nach einer Zeit t erlangt es die Geschwindigkeit v ≈ eEt/m in Richtung des elektrischen Feldes. Die Zeitdauer der Beschleunigung ist allerdings nur kurz, da sich die Feldrichtung nach 2π/ f
(f ist die Winkelfrequenz der Welle) wieder umkehrt.
Das Teilchen oszilliert also im Takt der Welle der Geschwindigkeiten der Ordnung ≈ = a. ( v ist hierbei die Phasengeschwindigkeit eines Wellenberges, die auch größer als c sein kann) In den meisten Fällen ist die Frequenz des Strahlungsfeldes so groß, dass a eine außerordentlich kleine, dimensionslose Größe ist. Die mittlere Geschwindigkeit v ist also klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit. Aber die Situation sieht völlig anders aus, wenn die Feldstärken der Welle sehr hoch werden oder die Frequenzen des Strahlungsfeldes sehr niedrig sind ( Beide Bedingungen sind in unmittelbarer Umgebung eines schief rotierenden Pulsars erfüllt). Das bedeutet an der Oberfläche des Krebspulsars gilt a ≈ 10. Was geschieht hierbei?
Man betrachte als erstes einmal die auf ein Teilchen wirkende Lorentzkraft
Fl = eE + ( v x B), wobei v die Teilchengeschwindigkeit ist.
"Das Teilchen ist zunächst in Ruhe, und wird dann vom elektrischen Feld E in kurzer Zeit auf relativistische Geschwindigkeiten gebracht lange bevor sich die Feldrichtungen umkehren. Ist v ≈ c erreicht, so wird der zweite Term aus der obigen Gleichung wirksam. Er beschleunigt das Teilchen in der Ausbreitungsrichtung der Welle. Das Teilchen "reitet" sozusagen auf dem Wellenkamm und entfernt sich mit der Welle rasch vom Neutronenstern.
Dabei gewinnt es eine Energie in der Größenordnung von a² und wird somit bei genügend großen Werten von a zu eine ultrarelativistischen Teilchen. Elektromagnetische Felder mit einen hohen a - Faktor, gelten als leistungsfähige
Teilchenbeschleuniger. Genauere Rechnungen ergaben für das 30 Hz - Feld des Krebspulsars erreichbare Energien von 10eV für Elektronen und 10eV für Protonen."[4]
4.3 Nun ist die Existenz extrem langwelliger elektromagnetischer Strahlung erklärt, allerdings gibt es auch noch weitaus schwächere, in Form von Pulsen ausgesandte elektromagnetische Strahlung höherer Frequenzen.
Wie aus astronomischen Beobachtungen entnommen, pulst der Krebspulsar im gesamten Gebiet des elektromagnetischen Spektrums, vom Bereich der langwelligen Radiostrahlung bis hin zur extrem harten Gammastrahlung.
Um dies zu erklären, muss man zunächst zwischen einer kohärenten und inkohärenten Emission unterscheiden. Bei inkohärenter Emission strahlt jedes Teilchen unabhängig vom Nachbarteilchen, wobei die Emissionsrate proportional zur Zahl der vorhandenen Teilchen ist.
Im Falle der kohärenten Emission, wo die Teilchen in Phase emittieren, ist die Emissionsrate proportional zum Quadrat der vorhanden Teilchen. Wird die Emission durch beschleunigte bewegte Ladungen hervorgerufen, spricht man von einem Antennenmechanismus. Eine andere Form der kohärenten Emission ist der Maser - Mechanismus, der durch eine "negative Absorption" zu einer Verstärkung des schon vorhanden Strahlungsfeldes führt. "Eine negative Absorption, ist eine durch ein Strahlungsfeld stimulierte und somit zusätzlich wirkende Emission, die dann auftritt, wenn die Teilchenzustände nicht dem thermodynamischen Gleichgewicht entsprechend besetzt sind."[5]
Aufgrund der intensiven Radiostrahlung, wird bei den Pulsaren der kohärente Strahlungsprozeß herangezogen, und zur Deutung der einfachere Antennenmechanismus verwendet.
Die Überlegungen gehen von der Annahme aus, dass die magnetischen Polargebiete des Neutronensterns als Elektronenkanonen wirken. Die gravitative Bindungsenergie ist für das Elektron mit 10eV zwar hoch, doch das Verhältnis der gravitativen zu den auf das Teilchen wirkenden elektrostatischen Kräften ist klein. Die Elektronen werden durch das elektrische Feld in der Nahzone rasch beschleunigt und überwindet so die gravitative Anziehung längs magnetischer Kraftlinien, die wie "Leitungsdrähte" wirken. Theoretische Gründe lassen vermuten, dass die "Drähte" von Zeit zu Zeit abreißen; das hängt damit zusammen, dass die positiv geladenen Ionen auf der Pulsaroberfläche festgehalten werden zur Bildung kettenförmiger Moleküle, die sich eng verflechten und eine stark verfestigte Form kondensierter Materie darstellen.
Die Ablösung positiv geladener Teilchen von der Oberfläche ist dann viel schwieriger als die negativen Elektronen. Theorien besagen, dass zwischen Magnetosphäre und Pulsaroberfläche eine teilchenfreie Lücke von etwa 100m Höhe entsteht an deren Rändern sich eine hohe Potentialdifferenz von 10 V aufbaut. Gelegentlich kommt es zu einer Entladung durch Funkenbildung:
"Die in der Lücke beschleunigten Teilchen senden Gammaquanten aus, die wenn sie in dem starken Magnetfeld Energien von einer Million Elektronenvolt erreichen mit Materieteilchen zusammenstoßen Elektron - Positron - Paare bilden, wobei die Elektronen wieder zur Sternoberfläche wandern und die Positronen längs der magnetischen Feldlinien nach außen wandern. Bei dieser Bewegung emittieren die Positronen elektromagnetische Strahlung - ein Effekt, der letztlich die Pulsarstrahlung erklären soll."[6] Die Teilchenbewegungen stellen sich als beschleunigte Bewegungen dar, die eine Abstrahlung zur Folge haben, wobei die Frequenz des Strahlungsmaximums abhängig ist vom Krümmungsradius der Feldlinien und von einem relativistischen Faktor.
Die für die Radioemission der Pulsare erforderlichen Teilchenströme können durch die Annahme eines kohärenten Emissionsprozesses ziemlich niedrig gehalten werden.
4.4 Eine weitere Frage die sich stellt, ist die Entstehung der optischen, Röntgen und Gammastrahlung. Die einfachste Erklärung für diese Strahlung bietet die Annahme der Synchrotronstrahlung :
Neben den Teilchen, die sich längs der Magnetfeldlinien bewegen, gibt es auch Teilchen, deren Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Magnetfeldrichtung zeigt. Diese Teilchen spiralen um die Richtung des Magnetfelds und senden dabei eine Strahlung im optischen und im Gamma - und Röntgenbereich aus.
Eine Stütze findet diese Annahme durch die Tatsache, dass das optische Spektrum des Krebspulsars im nahen infraroten Bereich, bei Frequenzen über 7,5 • 10Hz, stark abfällt. Dieser Effekt kann der sogennanten Synchrotron - Selbstabsorption zugeschrieben werden: Im gleichen Medium, in dem die Synchrotronstrahlung entsteht, findet wieder eine Absorption der Strahlung statt, so dass der auftretende Strahlungsstrom stark reduziert wird. Mit der Kenntnis einer bestimmten Grenzfrequenz, die beim Krebspulsar eben im infraroten Bereich sich befindet, lässt sich daher das Magnetfeld in der Emissionsregion abschätzen ( etwa 10A/m).
5. Pulsare sind, wie man gesehen hat, astrophysikalisch und physikalisch hochinteressante Objekte. Pulsare stehen im Dienste der physikalischen Grundlagenforschung. Physikalische Gesetzmäßigkeiten sind hier in überraschender Weise miteinander verknüpft und geben zu unerwarteten Effekten Anlass. Praktisch jedes wichtige Gebiet der theoretischen Physik, angefangen von der Allgemeinen Relativitätstheorie, der Elementarteilchenphysik, der Kernphysik, der Festkörperphysik bis hin zur Plasmaphysik sind in der Pulsarforschung vertreten. Die physikalischen Bedingungen, die um einen Pulsar herum existieren, sind auf der Erde in dieser Form nicht reproduzierbar und geben uns deswegen Aufschluß über die Eigenschaften der Kernmaterie oder über die Existenzmöglichkeit ungewöhnlich hoher Magnetfelder, aber auch über die Beschleunigungsmechanismen in extrem langwelligen und intensiven elektromagnetischen Strahlungsfeldern. Unter anderen wurden in den vergangen Jahren die Pulsare zur Messung und Bestätigung von konstanten "Standards" herangezogen.
Eines der grundlegenden Postulate der speziellen Relativitätstheorie Einsteins ist die Annahme einer konstanten Lichtgeschwindigkeit c, wobei dies auch besagt, dass es eine maximale Ausbreitungsgeschwindigkeit für elektromagnetische Strahlung gibt. Mit Hilfe von Pulsarbeobachtungen fand man heraus, dass die Lichtgeschwindigkeit eine universelle Größe ist und mit hoher Genauigkeit konstant. Es wurde festgestellt, dass die Ankunftszeit des Hauptpulses beim Krebspulsar in den verschiedenen Frequenzbereichen (Radiobereich, optischer Bereich, Röntgenbereich und Gammabereich ) gleich sind.
Aber auch die Allgemeine Relativitätstheorie konnte durch die Radioastronomie bestätigt werden. Einstein entwickelte diese Theorie um die erkennbaren Widersprüche zwischen den Gesetzen der Relativität und denen der Gravitation zu erklären. Speziell ein Phänomen, der Zeitverschiebungseffekt konnte in Zusammenhang mit Pulsaren gebracht werden.
Der Effekt sagt aus, dass das unterschiedliche Gravitationsfeld der Sonne in Sonnennähe bzw. Sonnenferne eine Frequenzverschiebung von der Ordnung 10Hz in irdischen Uhren bewirkt. Diese Verschiebung wurde nachgewiesen, indem irdische Uhren mit einem konstanten außerirdischen Frequenznormal (Pulsar) verglichen wurden.
Von Nutzen für die Physik ist die Existenz gewisser Millisekunden - Pulsare, deren Perioden zwischen 1,5 und 50 Millisekunden liegen. Solche Sterne entstehen in Binären Sternensystemen, in denen zwei Pulsare um sich selbst kreisen und einer davon erloschen ist. Der intakte Pulsare überträgt seine Masse an seinen Begleiter, worauf der Pulsar auf Millisekunden - Perioden beschleunigt wird.
- Pulsare können auch erlöschen, wenn ihre Rotation verlangsamt wird, so dass
keine Ladung mehr erzeugt und entlang der Magnetfeldlinien
beschleunigt werden. -
Eben diese Millisekunden - Pulsare mit ihren, mit solcher Regelmäßigkeit ausgesendeten Signalen, können mit den Besten irdischen Cäsium - Atomuhren verglichen werden. Somit wäre die korrekte Zeitmessung nicht mehr den physikalischen Phänomen der Schwingung von Cäsiumatomen unterworfen, sondern rein dem Pulsen mehrerer außerirdischer Objekte. Problematisch allerdings sind die von Zeit zu Zeit auftretenden Abweichungen der Perioden, die es noch unter einen gemeinsamen Nenner zu bringen gilt.
Die Rate der Verlangsamung der Pulsperiode gibt Aufschluß über das Alter von Pulsaren, sowie über die Stärke des herrschenden Magnetfelds an der Oberfläche.
5.2 Das 30 - Hz - Strahlungsfeld des Krebspulsars stellt eine wichtige Bedeutung für die kosmische Strahlung in der Galaxis dar. Besonders in der Umgebung des Pulsars, im sogenannten Krebsnebel, lässt sich aufgrund der Existenz eines Magnetfelds von etwa 0,1 bis 0,01 A/m Stärke sagen, dass sich auch das 30 - Hz - Strahlungsfeld in diesen Nebel befindet. Dieses Feld beschleunigt auch hochenergetische Teilchen, womit auch eine Strahlung zustande kommt, die nicht direkt vom Krebspulsar stammt. Eine solche Strahlung lässt sich wirklich beobachten; auf der Erde stellte man die kosmische Strahlung fest, durch Ionisierung der Erdatmosphäre in großen Höhen. Kosmische Strahlung hat die Eigenschaft das sie aus subatomaren Teilchen besteht, die elektrisch geladen sind und vom Erdmagnetfeld abgelenkt werden. Diese Teilchen müssen also durch einen Beschleunigungsprozeß die Erde erreicht haben. Die Pulsarumgebung bietet die Bedingungen, die für die Erklärung eben dieser kosmischen Strahlung von Bedeutung sind.
6. In den letzten 25 Jahren hat sich sehr viel im Bereich der Pulsarforschung getan, um Fragen die vorher nur zum Teil richtig beantwortet werden konnten nun auch theoretisch und experimentell unter einen Hut zu bringen. Viele Fragen sind aber immer noch offen und können deswegen auch nur ungenügend oder überhaupt nicht beantwortet werden. Die obige Arbeit stellt eine Mixtur aus vielen Theorien und theoretischen Ergebnissen dar, wie sie von den Autoren in den meisten Fällen postuliert werden. Diese Theorien sind oft nicht experimentell zu überprüfen, weil einfach der technische Aufwand dafür viel zu hoch ist.
Meist werden aus Beobachtungen Theorien entwickelt, die von der Logik her richtig sind, ob sie allerdings mit der Wirklichkeit übereinstimmen, kann erst in einigen Jahren oder niemals geklärt werden.
Quellenangaben:
1) Dautcourt, Georg : Was sind Pulsare?
Deutsch - Taschenbücher Bd.33 2.Aufl. 1988
2) A.G. Lyne : Pulsar astronomy
3) Hans Joachim Storig: Knaurs moderne Astronomie
4) http:// www.mpifr - bonn.mpg.de/forschung/
5) http:// www1.tu - chemnitz.de/
[1]Sammelbegriff für Elementarteilchen, deren Spin - Quantenzahl halbzahlig ist. (Der Spin ist der Eigendrehimpuls des Teilchens.) Nach der Quantentheorie kann der Eigendrehimpuls von Teilchen nur bestimmte Werte annehmen, die entweder ein ganzzahliges oder ein halbbzahliges Vielfaches des Planck’schen Wirkungsquantums h sind. Zu den Fermionen gehören Elektron, Proton und Neutron. Ihr Spin ist ein halbzahliges Vielfaches von h, also beispielsweise ±1h oder ±Gh.2
[3] Storig, Hans Joachim: Knaurs moderne Astronomie S.120
[4] Dautcourt, Georg : was sind Pulsare? S.64
[5] Dautcourt, Georg : Was sind Pulsare? S.70
[6] Dautcourt, Georg : Was sind Pulsare? S.72
3939 Worte in "deutsch" als "hilfreich" bewertet