Julikrise 1914: Interpretation einiger Geschichtsq
QUELLE 1:
Beschreibung
- Art der Quelle: GesprÄchswiedergabe Jagows eines GesprÄchs mit
Moltke
- Aufbewahrungsort: aus "Weltgeschichte im Aufriß"(S.16,17)
Zit. nach Egmont Zechlin "Motive und Taktik der Reichsleitung 1914"
- Identifizierung des Autors: Jagow, StaatssekretÄr
- €ußerer Erhaltungszustand: neu gedruckt
Sicherung
- AuthentizitÄt: gewÄhrleistet (nach Egmont Zechlin)
- Lesbarkeit: gewÄhrleistet
- Bereinigung: gewÄhrleistet
Einbeziehung des Umfelds
Generalstab und A.A. haben Interessen, die nicht vollkommen deckungsgleich sind. Moltke, dessen Vater ebenfalls preußischer General war, ist ReprÄsentant der Interessen der militÄrischen FÜhrung.
Jagow, als StaatssekretÄr im A.A. ist fÜr die Durchsetzung außenpolitischer Ideen verantwortlich.
Nach dem Attentat bei der Entscheidung obKrieg gegen Serbien gefÜhrt werden sollte, oder nicht, hatte sich der Generalstab eindeutig dafÜr ausgesprochen. Moltke nahm damals an, dass Rußland milit. noch nicht genÜgend vorbereitet sei. Dagegen war das A.A. in der Situation der Meinung, der Konflikt zwischen .... - U. und Serbien lasse sich auch friedlich durch Forderungen an Serbien läsen.
Das A.A. fÜrchtete außerdem die sofortige Mobilmachung Rußlands (Schutzmacht Serbiens) und sah somit den Ausbruch eines Weltkrieges als unvermeidlich an. (Immanuel Geiss "Juli 1914" dtv - Ausgabe S.29 - 37)
Diese Meinungsverschiedenheiten, die allerdings erst nach der Unterredung vom 3. Juni 1914 deutlich wurden, lassen auch schon damals auf Differenzen der Interressen schliesse
€ußere Kritik
- Entstehungsort, - zeit, Verfasser und Adressat:
20. Mai 1914 und 3. Juni 1914,
auf dem Weg von Potsdam nach Berlin (im Automobil)
Verfasser: Gottlieb von Jagow, StaatssekretÄr
- €ußere Beschaffenheit:
gut erhalten
- Art der Quelle:
PrimÄrquelle, gedruckt
Lage des Verfassers:
StaatssekretÄr im AuswÄrtigen Amt (aus: Weltgeschichte im Aufriß, Komment. Register)
Riezler Über Jagow: er habe einen nackten, preußischen Verstand und sei sehr schlau. (aus: Riezlers TagebÜcher)
"Jagow ist eine weniger energische und klare Persänlichkeit." (aus: Knaurs Weltgeschichte S. 951)
Innere Kritik
- Sprachkritische Analyse: gewÄhlte Aussprache, Fremdwärter vorhanden, doch unschwer zu verstehen, oft im Konjunktiv o. Imperfekt, wegen vieler Vermutungen
- ErklÄrung von unbekannten, unklaren Begriffen:
1) a limine = bis an die Grenzen
2) DoktrinÄr = jemand, der Argumenten nicht mehr zugÄnglich, konsequent nur seinen Vorstellungen nach handelt. Er lÄßt sich von nichts und niemandem umstimmen.
3) PrÄventivkrieg = Krieg, der einem bevorstehenden o. vermuteten Angriff eines Gegners zuvorkommen o. einer erwarteten erhebl. Verschiebung der MachtverhÄltnisse zuungunsten des eigenen Staates begegnen soll (aus: Meyers Taschenlexikon, 4. Überarb. Aufl., Bd. 17)
4) Defensivkrieg = Verteidigungskrieg
Quelleninterpretation:
Inhaltsangabe:
AnlÄßlich eines Empfangs in Potsdam fÜhren der Generalstabschef des Deutschen Reiches Graf v. Moltke und der StaatssekretÄr d. A.A. Jagow ein fast zufÄlliges GesprÄch.
Moltke beschreibt dem Diplomaten Jagow seine Sorgen um Deutschlands Zukunft. Er weist auf die militÄrische RÃœstung Rußlands hin und sieht die †bermacht der "Triple Entente" in vorraussehbarer Zukunft. Um eine dann drohende Niederlage in einem Krieg zu verhindern, will er rechtzeitig einen PrÄventivkrieg fÃœhren, solange Rußland noch besiegbar ist.
Moltke empfiehlt dem Politiker Jagow, die deutsche Außenpolitik auf die HerbeifÜhrung eines baldigen Krieges einzustellen. Jagow gibt Moltke jedoch zu bedenken, dass die Zukunft nicht derart sicher vorausschaubar sei, dass ein PrÄventivkrieg bereits unumgÄnglich sei. Und ebensogut känne der beste Moment fÜr einen PrÄventivkrieg auch schon verpaßt sein, nachdem es zur "Triple Entente" zwischen Rußland, England und Frankreich gekommen sei.
Interpretation im engeren Sinne:
Die Quelle ist ein GesprÄch, das mehr zufÄllig zustande kam, nÄmlich wÄhrend einer Autofahrt von Potsdam nach Berlin.
Zwei hohe Representanten des Staates, der eine aus dem Offizierscorps, der andere aus dem A.A. Überdenken das weitere Schicksal und die Zukunft Deutschlands, ob nÄmlich Krieg herrschen soll oder nicht, so wie Schachspieler ihre nÄchsten ZÜge auf dem Brett. (Riezler, S.197 Zit.: "...als ob es nur Minister gÄbe und alles andere tote Figuren, die sich lediglich auf dem Schachbrett schieben liessen.")
Interpretation:
Wie stark wae eigentlich der Einfluß des MilitÄrs auf die Politik?
Schon 1866 machte Generalfeldmarschall H. von Moltke (Senior) den Generalstab zum Zentralorgan der strategisch - operativen Befehlsgebung. Der Chef des Generalstabs war dem preuß. Känig unmittelbar unterstellt und nicht abhÄngig vom Kriegsminister.
Sein maßgeblicher Einfluß auf die preuß. - dt. Innen - und Außenpolitik war ein wichtiges Element des preuß. - dt. Militarismus. (aus: Meyers Taschenlexikon, Band 8, 2. bearb. Aufl.)
Daraus lÄßt sich schließen, dass das MilitÄr schon frÜher einen sehr starken und unmittelbaren Einfluß auf die Politik hatte, und relativ unabhÄngig von parlamentarischer Kontrolle handeln konnte.
Auch Generalstabschef Moltke hatte Anfang 1913 bei PrÄventivkriegsÜberlegungen gegen Frankreich militÄtechnische Aspekte ohne jede BerÜcksichtigung der außenpolit. Konsequenzen vorgetragen. In einer Besprechung mit Kaiser Wilhelm 2. am 8. Dezember 1912 hatte er sich zum Krieg geÄußert, er halte ihn "fÜr unvermeidlich und:je eher desto besser." (aus: "Weltgeschichte im Aufriß", S.13 Werner Ripper, Zit.: A. Hillgruber, Deutschlands Rolle i. d. Vorgesch. d. beiden WK)
Diese Aussagen Über Moltke bestÄtigen seinen Hang, militÄrischen vor politischen ErwÄgungen den Vorzug zu geben.
Mit seinen †berlegungen findet Moltke beim Kaiser ein offenes Ohr und Zustimmung. Das geht jedenfalls aus dem Bericht des "Kriegsrates" vom 8. Dez. 1912 hervor (Fritz fischer, "Krieg der Illusionen"), in dem es heißt, Moltke habe sich dafÃœr ausgesprochen, "durch die Presse die VolkstÃœmlichkeit eines Krieges gegen Rußland im Sinne der kaiserl. AusfÃœhrungen besser vor(zu)bereiten." Der Kaiser habe diesem Vorschlag Moltkes zugestimmt und habe sogleich Tirpitz aufgefordert, seine bekanntermaßen guten Beziehungen zur Presse fÃœr diese Propaganda einzusetzen.
QUELLE 2:
Beschreibung
- Art der Quelle: Brief
- Aufbewahrungsort: aus: "Weltgesch. im Aufriß" (S.17) Zit. nach Immanuel Geiss, "Juli 1914"
- Identifizierung des Autors: Tschirschky, dt. Botschafter in Wien
- €ußerer Erh.zust.: neu gedruckt
Sicherung
- AuthentizitÄt: gewÄhrl. (nach Immanuel Geiss)
- Lesbarkeit: gewÄhrl.
- Bereinigung: gewÄhrl.
Einbeziehung des Umfelds
Der Mord an dem ästerr. Thronfolger Franz Ferdinand schien durch die Erregung in der ästerr. - ungar. Presse als Vorwand, mit den "unbequemen Serben" abzurechnen, benutzt zu werden. Aus den Dokumentationen des Immanuel Geiss ("Juli 1914") geht hervor, dassder Mord der Regierung durchaus nicht ganz ungelegen kam, zumal der ermordete Thronfolger "alles andere als sonderlich beliebt" zu sein schien.
Auch Conrad v. Hätzendorf, damaliger Chef des ästerr. - ungar. Generalstabs plÄdierte fÜr einen PrÄventivkrieg gegen Serbien und hielt den Konflikt 1914 fÜr unumgÄnglich ("Weltgesch. i. Aufriß", Komment. Register). Er war außerdem der Meinung, die Lage sei dazu nun Äußerst passend, da .... - U. in der "psychologisch gÜnstigen Position des Provozierten" stÜnde. (Imm. Geiss, "Juli1914").
€ußere Kritik
- Entstehungszeit: 30. Juni 1914
- Entstehungsort: Wien
- Verfasser: Tschirschky, dt. Botschafter in Wien
- Adressat: Bethmann - Hollweg, dt. Reichskanzler
- Beschaffenheit: neu gedruckt
- Art d. Q.: PrimÄrquelle
- Lage des Verfassers und Adressaten: Tschirschky war zuerst vorsichtiger in Bezug auf eine Mobilmachung gewesen, schloß sich dann jedoch schnell Wilhelms des 2. "harter Linie" in Bezug auf eine Abrechnung mit Serbien an. (Imm. Geiss, "Juli 1914")
Bethmann - Hollweg Äußerte sich drei Wochen vor dem Attentat gegn einen PrÄventivkrieg, da ein solcher die konservativen Staatsgedanken schwÄchen, und der Sozialdemokratie helfen wÜrde, da diese dann die einzige sei, die fÜr den Frieden plÄdierte. Im Allgemeinen war jedoch auch B. - H. der Ansicht, dass ein großer Zusammenstoß unvermeidlich sei. Er war sich dessen bewußt, dass eine Aktion gegen Serbien zum WK fÜhren kännte und erwartete von einem solchen eine UmwÄlzung alles Bestehenden, welches seiner Ansicht nach sehr Überlebt und ideenlos war. (Kurt Riezler, Tagebuchaufzeichnungen, Eintrag vom 7.07.1914)
Innere Kritik
- Sprachkrit. Analyse: färml., diplom. Briefstil, gew. Aussprache
Wilhelms Marginalien: kurz, bÃœndig, tlw. ugs.
- ErklÄrung von unbek. Begriffen: Binsenwahrheit= SelbstverstÄndliches; unbestrittene Behauptung (Meyers Taschenlexikon, Band 3, 2. Aufl. 1987)
Inhaltsangabe
Der dt. Botschafter Tschirschky schreibt am 30.06.1914 in Wien einen Brief an B. - H., in dem er ihn Über die polit. Lage in .... - U. informiert. Er Äußert sich Über die VorfÄlle in Sarajevo,wo der Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau ermordet wurden.
Die Frage ist nun, ob daraus eine Abrechnung mit Serbien entstehen soll, oder der Konflikt auf friedl. Basis mit Forderungen an Serbien geläst werden soll. Tschirschky Äußert sich ruhig und die europ. Lage einbeziehend. Er warnt vor "Übereilten" Schritten", was Wilhelm vehement ablehnt. Mit seinen Randbemerkungen bringt er zum Ausdruck, dass er einen Krieg mit Serbien willkommen heißen wÜrde. Der Kaiser sieht eine kriegerische Reaktion auf das Attentat als selbstverstÄndlich an.
Interpretation:
Wiedereinmal standen in diesem Konflikt die Meinungen des Generalstabs nicht in Einklang mit denen der Außenpolitik. So trat der ästerr. Generalstabschef Conrad v. Hätzendorf fÜr die sofortige Mobilmachung gegen Serbien ein, wohingegen ...sterreichs Außenminister Berchthold die Ergebnisse der Untersuchungen zum Mord abwarten wollte. Berchthold wollte sicher sein, dass der Mord ein geplanter außenpolit. Akt gewesen war. (Imm. Geiss "Juli
1914")
Der dt. Botschafter in Wien Tschirschky betrachtete eher zurÜckhaltend und kritisch die europ. Lage im Gesamtbild. Dagegen drÄngte der dt. Kaiser auf einen Krieg gegen Serbien, weil seiner Meinung nach eine Abrechnung mit den Serben noch ausstand. Damit befand er sich im Einklang mit den deutschen und k.u.k. MilitÄrs, welche eine Mobilisierung der Donaumonarchie unterstÜtzten und vielleicht sogar begrÜßten.
Da Wilhelm 2. ein Freund Franz Ferdinands gewesen war, fÜhlte ersich außerdem in seinem monarchischen SelbstgefÜhl getroffen, wobei sein Temperament ohnehin leicht erregbar war.
Die Entscheidung Über Krieg oder nicht lag nun in den HÄnden der Donaumonarchie. .... - U. jedoch schien in der Kriegsfrage ambivalent zu sein und wartete zägerlich die Entscheidung des dt. VerbÜndeten ab. (Imm. Geiss "Juli 1914")
Meiner Meinung nach hat die dt. Reichsregierung den Krieg billigend "hingenommen". Die These der "Unvermeidbarkeit' war weit verbreitet und besonders vom Generalstab stark vertreten. Die Sozialdemokraten waren im Grunde die einzigen, die weiterhin eine Friedenspolitik vertraten (Imm. Geiss "Juli 1914") und das MilitÄr war stark genug, die Reichsregierung mit ihrer These zu beeinflussen.
QUELLE 3:
Beschreibung:
- Art d. Q.: Auszug aus einem Handschreiben
- Aufbew.ort: aus: "Weltgesch. i. Aufriß" (S.17,18) Zit. nach GÜnter Schänbrunn, Weltkriege und Revolutionen 1914 - 1945
- Identifizierung d. Autors: Kaiser Franz Joseph
- €ußerer Erh.zust.: neu gedruckt
Sicherung d. AuthentizitÄt nach GÜnter Schänbrunn gewÄhrleistet.
- Einbeziehung d. Umfelds:
Am 28. Juni 1914 wurden der Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo von dem bosnisch - serbischen Studenten Gavrilo Princip erschossen. Das Attentat soll von dem Geheimbund, der "Schwarzen Hand", einem Aktionsbund großserbisch - sÜdslawischer Nationalisten geplant worden seien. Die Ermordung soll auch von hohen serbischen Offizieren und Teilen der Regierung vorbereitet sein.
Im zweiten Balkankrieg 1913 hatte Deutschland zwischen .... - U. und Serbien im Sinne des Friedens vermittelt. Die Donaumonarchie sah damals schon in Serbien eine entscheidende Gefahr. (Plätz: Auszug aus der Geschichte, 26. Aufl., 1960)
...sterreich und Serbien waren auch von 1906 bis 1911 in einen Handelskrieg verstrickt, der zu weiteren Spannungen zwischen den LÄndern gefÜhrt hatte. (Aus: PropylÄen, Weltgeschichte, Das 20. Jhd., Band 9).
.... - U. befand sich jetzt in der Ambivalenz zwischen Kriegs - oder Friedenspolitik.
€ußere Kritik:
- Entstehungszeit, - ort: 2. Juli 1914, Wien
- Verfasser: der ästerr. Kaiser Franz Joseph
- Adressat: der dt. Kaiser Wilhelm 2.
- Art d. Quelle: PrimÄrquelle
- Lage des Verfassers und Adressaten: Kaiser Franz Joseph 1. (1830 - 1916), war seit 1848 Kaiser von ...sterreich, und Känig von Ungarn seit 1867. Er war außenpolit. eng an Deutschland (Zweibund 1879) und Italien (Dreibund 1882) gebunden.
Kaiser Wilhelm 2. (1859 - 1941) war von 1888 - 1918 deutscher Kaiser und Känig von Preußen. Er war in seiner Einwirkung auf die Politik schon vor dem 1.Weltkrieg oft eingeschrÄnkt, da er oft emotional und sprunghaft reagierte. (aus: "Weltgeschichte i. A.", Komment. Reg.)
Wilhelm war ein begabter Redner, hatte technisches Talent und besaß außerdem eine ihm angeborene natÜrliche Intelligenz. In politischen Beratungen war er jedoch oftmals nicht hartnÄckig genug, um zu seiner Meinung zu stehen, und gab seinen Beratern nach. Wilhelm wollte sicher nur das Beste und "GlÜck und Frieden" fÜr sein Land, doch war er kein geborener Eroberer, sondern verdeckte eine gewisse Unsicherheit durch "allerlei Klirren und Schnarren", was manchmal gar nicht den erwÜnschten Effekt erzielte. (aus: Knaurs Weltgeschichte, Veit Valentin)
Innere Kritik:
- Sprachkrit. Analyse: Fremdwärter, färmlich gewÄhlte Aussprache
- ErklÄrung von unbekannten Begriffen:
1) Agitation= aggressive Werbung fÃœr ein bestimmtes, meist polit. oder soziales Ziel
2) Dreibund= 1882 abgeschlossener Bund zwischen D., .... - U. und Italien. Bis zum 1.WK wurde das geheime VerteidigungsbÜndnis mehrfach erneuert und sicherte Italiens NeutralitÄt im Falle eines Krieges. (Meyers Taschenlexikon, BÄnde 1 und 5)
Inhaltsangabe:
Kaiser Franz Joseph unterrichtet in diesem Handschreiben den dt. Kaiser Wilhelm Ãœber seine Einstellung zur Ermordung seines Neffen. Er meint, bei dem Attentat habe es sich um einen "wohlorganisierten Komplott" gehandelt. Er sieht in den Serben eine Gefahr fÃœr sein Land und spricht sich fÃœr eine "Isolierung und Verkleinerung Serbiens" aus. Sein Ziel ist es, so schreibt er, "...Serbien... als politischen Machtfaktor" auszuschalten. An Wilhelm gerichtet sieht er die "erhaltende Friedenspolitik" bedroht.
Interpretation:
Das Handschreiben des ästerr. Kaisers spiegelt eine durch lange Jahre aufgeladene Spannung zwischen .... - U. und Serbien wieder. Selbst auf die Gefahr hin, Rußland als Kriegsgegner gegenÜberstehen zu mÜssen, spornt der Donaumonarch zu einer Abrechnung mit den Serben an.
Hielt Wien die Mäglichkeit fÜr gegeben, dass ein solcher Krieg sich lokalisieren lasse? Vielleicht hoffte man dort, Rußland wÜrde, wie 1909 zum zweiten Mal zurÜckweichen. Oder waren die ästerreichischen StaatsmÄnner sich eines Untergangs des eigenen Landes sicher und wollten davor noch einmal das alte Staatsgebilde verteidigen? (Knaurs Weltgeschichte, Veit Valentin)
Die Meinungen innerhalb des Landes liefen in verschiedene Richtungen: Das AuswÄrtige Amt befÃœrchtete im Falle einer KriegserklÄrung an Serbien die Mobilmachung Rußlands und somit den Weltkrieg; es versuchte den Kaiser zu zweiten †berlegungen zu bringen, was dann auch glÃœckte.
...sterreich - Ungarn war unsicher, was zu tun sei und wartete Deutschlands Stellungnahme ab. Deutschland versicherte der Donaumonarchie daraufhin BÜndnistreue, und gab somit "grÜnes Licht" fÜr die Mäglichkeit eines Eingriffs Rußlands.
Das MilitÄr begrÜßte Wilhelms Entscheidung und man hoffte im Generalstab auf eine KriegserklÄrung .... - Ungarns an Serbien. Jedoch scheint es, als hÄtte man Rußland zuertst nicht zugetraut, einzuschreiten. Deutschland nahm den Krieg in Kauf und bestÄrkte .... - U. in der Entscheidung fÜr ein "energisches Vorgehen". (Imm. Geiss: "Juli 1914")
QUELLE 4:
Beschreibung:
- Art d. Q.: Brief
- Aufbew.ort: aus: "Weltgesch. i. A." (S.18) Zit. nach Schänbrunn, a.a.O., S.14
- Identifizierung d. Autors: Reichskanzler Bethmann - Hollweg
- €ußerer Erh.zust.: vollstÄndig
Sicherung:
- AuthentizitÄt: gewÄrleistet (nach Schänbrunn)
- Einbeziehung d. Umfelds:
Am 28. Juni 1914 wurden der Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo von dem bosnisch - serbischen Studenten Gavrilo Princip erschossen. Das Attentat soll von dem Geheimbund, der "Schwarzen Hand", einem Aktionsbund großserbisch - sÜdslawischer Nationalisten geplant worden seien. Die Ermordung soll auch von hohen serbischen Offizieren und Teilen der Regierung vorbereitet sein.
Im zweiten Balkankrieg 1913 hatte Deutschland zwischen .... - U. und Serbien im Sinne des Friedens vermittelt. Die Donaumonarchie sah damals schon in Serbien eine entscheidende Gefahr. (Plätz: Auszug aus der Geschichte, 26. Aufl., 1960)
...sterreich und Serbien waren auch von 1906 bis 1911 in einen Handelskrieg verstrickt, der zu weiteren Spannungen zwischen den LÄndern gefÜhrt hatte. (Aus: PropylÄen, Weltgeschichte, Das 20. Jhd., Band 9).
€ußere Kritik:
- Entstehungsort, - zeit,Verfasser und Adressat: 6. Juli 1914, Berlin, Reichsk. Bethmann - Hollweg an dt. Botschafter in Wien
- €ußere Beschaffenheit: neu gedruckt
- Art d. Q.: PrimÄrquelle
- Lage d. Verf. und Adressaten: Theobald v. Bethmann - Hollweg (1856 - 1921), war von 1909 - 1917 Reichskanzler und preuß. MinisterprÄsident. Er verhielt sich in der Juli - Krise eher passiv, als aktiv. (Weltgesch. i. A., Komment. Reg.)
Er besaß den Ruf der VertrauenswÜrdigkeit (aus:Plätz - Auszug aus der Geschichte S. 892)
ZuverlÄssigkeit und eine ernsthafte Persänlichkeit zeichneten ihn aus und er erfaßte seine Aufgabe in der ganzen Tragweite. (aus: Knaurs Weltgeschichte, Veit Valentin)
Heinrich v. Tschirschky (1858 - 1916) war seit 1906 StaatssekretÄr im A.A., doch von 1907 bis zu seinem Tod Übernahm er den Posten des dt. Botschafters in Wien. ("Weltgesch. i. A.", Komment. Reg.) Er war in der dt. Diplomatie bekannt als Kenner der Donaumonarchie. Zuerst hoffte T., der Krieg zwischen .... - U. und Serbien lasse sich vermeiden, doch nach der KursÄnderung d. dt. Kaisers, schlug auch er den harten Kurs ein. (Imm. Geiss: "Juli 1914")
Innere Kritik:
- Sprachkrit. Analyse: färmlich, gewÄhlte Aussprache
- keine unklaren Begriffe
Inhaltsangabe:
Bethmann - Hollweg aus Berlin an Tschirschky in Wien, dass Kaiser Wilhelm keine Stellung zur Lage zwischen .... - U. und Serbien nimmt. Jedoch versichert er der Donaumonarchie die Freundschaft und BÃœndnistreue Deutschlands.
Interpretation:
Deutschland versprach .... - U. BÜndnistreue, was bedeutete, dass es einen WK in Kauf nahm. Deutschland nahm keine direkte Stellung zum Konflikt zwischen Serbien und .... - U., jedoch war .... - U. fÜr Deutschland in der Isolation die letzte Internationale Verbindung von Wert. Aus der BÜndnistreue zu .... - U. entstand somit der dt. - russ. Streit, welcher zur Folge die KriegserklÄrung an Frankreich hatte. Deutschland hat also wegen eines VerbÜndeten den Krieg in Kauf genommen, obwohl dessen Streitpunkt nicht das eigene Interesse berÜhrte. (Knaurs Weltgesvh., Veit Valentin)
QUELLE 5:
Beschreibung:
- Art d. Q.: Kommentar zu einem GesprÄch
- Aufbew.ort: aus: "Weltgeschichte i. Aufriß" S.18 Zit. nach Fritz Fischer "Griff nach der Weltmacht"
- Identifizierung d. Autors: Gustav Krupp von Bohlen und Halbach
- €ußerer Erh.zust.: vollstÄndig
Sicherung:
- AuthentizitÄt gewÄhrleistet nach Fritz Fischer
- Einbeziehung d. Umfelds:
Am 28. Juni 1914 wurden der Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo von dem bosnisch - serbischen Studenten Gavrilo Princip erschossen. Das Attentat soll von dem Geheimbund, der "Schwarzen Hand", einem Aktionsbund großserbisch - sÜdslawischer Nationalisten geplant worden seien. Die Ermordung soll auch von hohen serbischen Offizieren und Teilen der Regierung vorbereitet sein.
Im zweiten Balkankrieg 1913 hatte Deutschland zwischen .... - U. und Serbien im Sinne des Friedens vermittelt. Die Donaumonarchie sah damals schon in Serbien eine entscheidende Gefahr. (Plätz: Auszug aus der Geschichte, 26. Aufl., 1960)
...sterreich und Serbien waren auch von 1906 bis 1911 in einen Handelskrieg verstrickt, der zu weiteren Spannungen zwischen den LÄndern gefÜhrt hatte. (Aus: PropylÄen, Weltgeschichte, Das 20. Jhd., Band 9).
€ußere Kritik:
- Entstehungszeit: 6. Juli 1914
- Verfasser: Krupp von Bohlen
- Kein Adressat
- Art d. Q.: PrimÄrquelle
- Lage d. Verf.: Gustav Krupp v. Bohlen und Halbach (1870 - 1950). Seit 1909 Mitglied d. dt. Herrenhauses und enger Vertrauter Wilhelms 2. ("Weltgesch. i. A." Komment. Reg.)
Innere Kritik:
- Sprachkrit. Analyse: färmlich, Zitat Krupp v. Bohlens, wärtl. Aussage
Inhaltsangabe:
Der enge Vertraute des dt. Kaisers Krupp v. Bohlen und Halbach kommentiert ein GesprÄch mit demselben. Er behauptet, Wilhelm habe gesagt, dass er sofort den Krieg erklÄren wÜrde, wennRußland mobil mache. Wilhelm habe außerdem betont, keiner känne ihm diesmal UnschlÜssigkeit vorwerfen, welches "sogar fast komisch" geklungen haben soll.
Interpretation:
Die Quelle beleuchtet einen wesentlichen Aspekt in der Persänlichkeit des deutschen Kaisers: auf jeden Fall einen Eindruck von SchwÄche zu vermeiden, "nicht um(zu)fallen". Der Kaiser scheint nicht zu merken ,dass er sich dabei sogar lÄcherlich macht.
Wenn eine so wichtige, Über Krieg oder Frieden entscheidende Person derartig labil und abhÄngig vom Urteil anderer ist, wird das Risiko einer Fehlentscheidung recht groß.
QUELLE 6a:
Beschreibung:
- Art d. Q.: Tagebuchauszug, GesprÄchswiedergabe
- Aufbew.ort: aus: "Weltgesch. i. A." S.18,19, Zit. nach Kurt Riezler, TagebÃœcher
- Autor: Kurt Riezler
- vollstÄndig erhalten
Sicherung:
- AuthentizitÄt nach Kurt Riezler gewÄhrleistet
€ußere Kritik:
- Entstehungszeit: 6. Juli 1914
- Verfasser: K. Riezler
- kein Adressat
- Art: PrimÄrquelle
- Verfasser, genauer: Kurt Riezler (1882 - 1955) war von 1909 - 1917 Vertrauter und polit. Berater d. Reichskanzlers Bethmann - Hollweg. Seine TagebÃœcher Ãœber die Jahre von 1910 - 1918 stellen eine wichtige histor. Quelle dar und beschreiben die Intentionen d. dt. Reichsleitung in der Juli - Krise 1914.
Innere Kritik:
- Sprachkrit Analyse: Telegramstil, stichwortartig
Inhaltsangabe:
Der Vertraute K. Riezler berichtet in seiner Tagebucheintragung vom 6.07.1914 Über die PlÄne Bethmann - Hollwegs und die außenpolitische Lage allgemein. Er schreibt, der Reichskanzler stehe mit der Regierung vor schweren Entscheidungen in Bezug auf die Ermordung Franz Ferdinands. Außerdem sehe Bethmann die milit. Macht Rußlands wachsend und ...sterreich als immer "schwÄcher und unbeweglicher".
Riezler betont hier, dass bei einer BÃœndnisabsage Deutschlands .... - U. gegenÃœber, jenes sich den Ãœbrigen WeltmÄchten nÄhern wÃœrde und somit D. den letzten "mÄßigen Bundesgenossen" verlieren wÃœrde. Außerdem erwarte der Kanzler von einem Krieg eine €nderung alles Ãœberlebten, ideenlosen Bestehenden. †ber die Aussage Heydebrands, ein Krieg fÃœhre zu einer StÄrkung der "patriarchalischen Ordnung" sei B. - H. sehr empärt gewesen.
Interpretation:
Die Quelle zeigt, dass diejenigen, die Über die geheimen Nachrichten verfÜgten sehr wohl die Lage und damit die Gefahr erkannten: Riezler erschrak an diesem Abend Über den tatsÄchlichen Ernst der Lage, nÄmlich die SchwÄche ...sterreichs, das schnelle militÄrische Wachstum Rußlands, und die totale Isolation Deutschlands, wenn es ...sterreich nicht helfen wÜrde.
Bethmann - Hollweg schien nach Riezler, vorallem deutlich zu erkennen, dass ein Krieg die bestehenden, gesellschaftlichen VerhÄltnisse (die patriarchalische Ordnung) umkrempeln wÜrde.
QUELLE 6b:
Fritz Stern interpretiert hier die Tagebucheintragungen Riezlers und wundert sich Ãœber das "seltsame Gemisch von Realismus und Pessimismus" in den Bethmann - Hollwegschen Vorstellungen.
Wunderlich erscheint tatsÄchlich, warum B. - H. die Flucht nach vorn antrat und den Krieg politisch vorbereitete, warum er keinen ernsthaften Versuch unternahm, den Frieden zu retten, obwohl er doch selbst sagte, dass ein Krieg die altvertraute Welt zerstären wÜrde und ein "Sprung ins Dunkle" bedeutete.
Es scheint, dass die Politik so schwach war, dass sie den Vorstellungen der MilitÄrs am Ende folgte. Aber das hieße letztlich, dass die Verantwortlichen nicht in den Krieg hineingeschlittert sind, sondern ihn vom Zaun gebrochen haben.
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