Inkontinenz
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Definition der Inkontinenz:
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Statistische Zahlen zur Inkontinenz:
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60 Jahre 80 Jahre bettlägerige
Abb.1: Statistische Zahlen zur Inkontinenz, BRD 1984.
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Wie funktioniert die Blase?
MEDIZINISCHE KRANKHEITSBILDER
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Streßinkontinenz
Häufigste Ursachen: Schädigungen des Beckenbodens und der Harnröhre, z.B. infolge von Geburten, Bindegewebsschwäche, Schwäche des Verschlußmuskels.
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Drang - oder Urge - Inkontinenz
Häufigste Ursachen: Entzündungen, Tumore, Fremdkörper, neurologische Störungen, Harnröhrenverengungen, Östrogenmangel in der Postmenopause, Schlaganfall.
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Reflexinkontinenz
Häufigste Ursachen: Rückenmarkschädigungen oberhalb des sakralen Miktionszentrums infolge von Tumoren oder traumatischer Einwirkungen, Erkrankungen des zentralen Nervensystems, v.a. Multiple Sklerose.
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Ãœberlaufinkontinenz
Häufigste Ursachen: Abflußbehinderungen durch Prostatavergrößerung, Harnröhren - verengungen und Verengungen der Abflußbahn.
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Extra - Urethrale Inkontinenz
Häufigste Ursachen: Angeborene Fehlbildungen, Harnleiter -, Blasen - oder Harnröhren - scheidenfisteln
PSYCHOLOGISCHE ERKLÄRUNGEN
Die nun folgenden psychologischen Entstehungsmöglichkeiten und die verstärkenden Faktoren sind als Ergänzung und nicht als Ersatz für die medizinischen Ursachen zu sehen. (Unter Berücksichtigung einer ganzheitliche Betrachtung des Menschen und seiner Erkrankung).
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Lerntheorien (SKINNER, BANDURA)
Lernen kann aber nicht nur durch eigene Erfahrung erfolgen, sondern, und das hatte BANDURA herausgefunden, auch durch Beobachten von Verhaltensweisen anderer Menschen und den Folgen, die diesen dadurch entstehen. Es könnte z.B. eine Heimbewohnerin beobachten, wie eine inkontinente Zimmernachbarin mehr Zuwendung bekommt, allein dadurch, dass sie morgens und abends durch Extra - Runden, die nur den Inkontinenten gelten, versorgt wird. Ihre gelegentliche Blasenschwäche könnte nun durch unbewußte Lernprozesse, BANDURA nennt hierbei den Begriff der "stellvertretenden Verstärkung", zur Inkontinenz werden.
Um solche Lernprozesse zu verhindern, muss man sich fragen, wie das Bedürfnis nach Zuwendung, das wohl im Zusammenhang mit der Versorgung von Inkontinenten erfüllt wird und von daher als "Belohnung" erlebt werden könnte, auf andere Weise befriedigt werden kann, ohne dass der Betreffende dafür einnässen "muss". Der Umkehrschluß, also nicht mehr so intensiv pflegen, hätte eine gewisse Logik (als "Strafreiz" sozusagen), ist aber in diesem Falle selbstverständlich nicht anwendbar.
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Tiefenpsychologie / Psychosomatik
Effat SAMADANY (1986) stellte bei ihren Untersuchungen mit Kindern fest, dass Bettnässer weniger das Gefühl hatten, dass sie ihre Umgebung in ihrem Sinn beeinflussen können, D.h., dass sie meinten, dass ihr Wille nicht stark genug sei, um sich durchsetzen zu können. Die Bettnässer reagieren eher traurig (und nicht etwa wütend), wenn sie ihre Wünsche nicht durchzusetzen vermögen. Einnässen könnte eine Möglichkeit sein, doch das Gefühl zu haben, etwas zu bestimmen, nämlich dadurch, dass das einnässende Kind gerade deshalb in die Hose macht, weil es ja nicht soll; also gewissermaßen eine Trotzreaktion; sie nennt es "Gegenkontrolle". Andere Forscher sprechen in diesem Sinne vom "durch die Blase weinen". Das Gefühl der Macht spielt hierbei eine große Rolle: Jemand, der sein Leben selbst organisiert, ist autonom. Wer auf die Hilfe anderer angewiesen ist, ist abhängig. Es fällt nicht schwer, die geschilderten Gefühle von Abhängigkeit und Ausgeliefertsein, von der erlebten Unmöglichkeit, die Umwelt zu gestalten, auf alte Menschen zu übertragen.
Annemarie DÜHRSSEN (1967) meint, dass die Blasenfunktion einen repräsentativen Charakter hat, weil sie mit dem Erleben einer Leistungsanforderung (von Seiten der Eltern) verbunden ist. Unbewußte Wünsche im Sinne von kleinkindhaftem Verhalten: Wünsche nach Geborgenheit. Es gibt hierbei Parallelen zu alten pflegebedürftigen Menschen: Gefühl des zur Last - fallens, eilige Abfertigung und eine gefühlsmäßige Abneigung den Inkontinenten oder allen Pflegebedürftigen gegenüber seitens des Pflegepersonals. All diese Faktoren können die Wahrscheinlichkeit des Inkontinentwerdens erhöhen.
ERIKSON beschreibt das Festhalten und Hergeben (der Ausscheidungen), das vom Kind in der Zeit der Sauberkeitserziehung geübt wird, als Kampf um die Autonomie. In dieser Phase, von vielen Autoren das "Trotzalter" genannt, entstehen auch Scham und Zweifel als Folge von Ungewißheiten in bezug auf die sozialen Erwartungen und Reaktionen. Die gelungene Beherrschung der Ausscheidungen sei die Basis für Einflußnahme auf die Umwelt (Macht). Was die Kontrolle über den eigenen Körper, über das Verhalten und über das Leben überhaupt als bisherige Basis der Selbstbestimmtheit betrifft, so stellt ERIKSON fest, dass der alternde Mensch zunehmend innere und äußere Einschränkungen erfährt, die das Gefühl der Autonomie untergraben: Kränkung des Selbstwertgefühles durch Autonomieverlust. Wenn bei Kindern ein Zusammenhang zwischen Gefühl der Autonomie und der Fähigkeit, die Ausscheidungen zu kontrollieren, festgestellt werden konnte, dürfte die Annahme eines ähnlichen Zusammenhangs bei alten Menschen nicht ganz abwegig sein.
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Biographische Faktoren
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Attribution zu Erfolg / Mißerfolg: Interne vs. Externe Kontrolle (ROTTER)
WEINER kritisierte ROTTER, und meinte, es genüge nicht zwischen interner und externer Attribution zu unterscheiden, sondern es müsse noch eine zweite Attributionsdimension in Betracht gezogen werden, nämlich die Stabilität bzw. Instabilität der subjektiven Kausalfaktoren. Durch Kombination der beiden Attributionsdimensionen gelangt WEINER zu einem Vierfelderschema der Attribution (siehe Abbildung 2). Sowohl interne, wie externe Faktoren können stabil (fix) oder instabil (variabel) sein.
intern |
extern |
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stabil |
Fähigkeiten, Können |
Schwierigkeitsgrad eines Problems |
variabel |
Anstrengung, Wollen |
Zufall, Glück |
Abb.2: Vierfelderschema der Attribution (WEINER)
WEINER kritisiert ROTTER deshalb, weil dieser in seinen Untersuchungen die beiden Attributionsdimensionen vermischt hat. Erfolg (Verstärkung) bzw. Mißerfolg (Ausbleiben des Verstärkers) wurde entweder auf Glück oder auf Fähigkeiten zurückgeführt, Glück ist aber ein variabler, externer Faktor und Geschicklichkeit ein stabiler, interner Faktor. MEYER zeigte in einem Versuch, dass die Zurückführung des Mißerfolges auf stabile Faktoren (Fähigkeit, Schwierigkeit) zu einer geringen Erfolgserwartung und damit zu einer niedrigen Extinktionsresistenz führt. Die Attribution auf variable Faktoren (Anstrengung, Glück) führt dagegen zu einer hohen Extinktionsresistenz. Interne versus externe Kontrolle ist wohl für die Extinktionsresistenz von geringer Bedeutung, so HERKNER (1991), beeinflußt den Lernprozeß aber in anderer Weise: Der Wert einer Verhaltensweise hängt in hohem Maße von dieser Attributionsdimension (interne vs. Externe Kontrolle) ab. Attribution an innere Faktoren führt zu einer Polarisierung der Bewertungen. Erfolge werden als angenehmer, Mißerfolge als unangenehmer erlebt, wenn sie eher auf Geschicklichkeit (bzw. Ungeschicklichkeit) als auf Zufall beruhen. HERKNER bestätigte WEINER in seiner attributionspsychologischen Verhaltenstheorie mit einem Versuch mit Menschen mit einem negativen Selbstwertgefühl. Ergebnis: Positive Ereignisse (Erfolge) werden häufiger auf Zufall und negative Ereignisse (Mißerfolge) häufiger auf mangelnde Fähigkeiten zurückgeführt. Ausgehend von WEINER's Theorie wurde angenommen, dass ungünstige Attributionen die Ursache für niedriges Selbstwertgefühl wären. Man entwickelte ein therapeutisches Attributionstraining, das zum Ziel hatte die Attributionen zu ändern. Im Training wurden explizit nur die Attributionen beeinflußt, und keine anderen Prozesse, wie Erwartungen, Bewertungen, usw. Dennoch änderten sich - in Übereinstimmung mit WEINER's Theorie - nach dem Attributionstraining nicht nur die Attributionen selbst, sondern auch u.a. die Erfolgserwartung, Bewertungen und Vermeidungstendenzen in günstiger Weise.
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Erlernte Hilflosigkeit (SELIGMAN)
Wer früher eine Situation beherrschte, kann bis zur Mutlosigkeit, Depression und Selbstaufgabe absinken, wenn er nun auf einmal in einer wichtigen Situation erleben muss, dass ihm alle Anstrengungen nichts mehr nützen, weil er nicht mehr imstande ist, alle Situationen nach seinen Wünschen und Vorstellungen zu verändern. Diese erlebte Ohnmacht und Hilflosigkeit kann unter Umständen sogar zum Tod führen. Aber die Selbstaufgabe könnte sich auch durchaus psychosomatisch, z.B. in einer Urininkontinenz äußern.
PSYCHOSOZIALE ERKLÄRUNGSMODELLE
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Rollenverlust
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die Rolle des Ernährers: Kinder sind aus dem Haus. Aufgabe der "Haushälterin" wird kleiner. Pension: Arbeitsrolle ersatzlos gestrichen. Kleinerwerden des Bekanntenkreises (Wegzug, nachlassende Mobilität, Sterben). Kleinerwerden des Verwandtenkreises (dito).
Die Älteren haben keinen Ersatz oder Ausgleich für diese Verluste an Rolleninhalten, also an Aufgaben und Bezugssystemen. Es entsteht eine Art Vakuum, Leere, die viele nur schwer zu füllen vermögen. Diese Vorgänge werden auch fast nie bewußt so erlebt, sondern es entsteht ein diffuses Unbehagen, eine Unsicherheit darüber "wozu man noch was taugt". Es ist schwer wieder eine Bestätigung für das Selbstbewußtsein zu finden. Die Selbstachtung gerät ins Wanken und wieder gerät man in Gefahr, sich aufzugeben. (Körpersprache: Laufen - lassen).
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"Teufelskreis" / "Engelskreis"
Abb.3: Die Abwärtsspirale ("Teufelskreis") von Geringschätzung und Entmutigung
(nach: Kuypers/Bengtson 1973).
nun dazu, dass der alternde Mensch sich noch weniger zutraut, noch weniger aktiv bleibt, und auf diese Art und Weise nach und nach alle seine Fähigkeiten verlieren kann. Diese Abwärtsspirale ist in der Tat ein wahrer Teufelskreis (Abbildung 3).
Man kann diese Spirale aber auch umdrehen: Wen ein alternder Mensch von seiner Umgebung immer wieder ermutigt würde, wenn Bedingungen geschaffen würden, die es ihm ermöglichen, viele Tätigkeiten des Alltags doch noch selbst zu erledigen; wenn man ihn ständig auf seine verbliebenen Fähigkeiten aufmerksam machte, wenn sein Selbstvertrauen gestärkt würde, dann könnte der alte Mensch in vielen Fällen sogar seine Leistungsfähigkeit wieder verbessern, wenn Schnelligkeit nicht mehr das einzig Erstrebenswerte sei. Das stärkte sein ramponiertes Selbstvertrauen, er traute sich wieder etwas mehr zu usw. Die dadurch entstandene Aufwärtsspirale wird von HOOGERS "Engelskreis" genannt, um den Gegensatz deutlich zu machen (Abbildung 4).
Die gleichen Gedanken sollten eine Rolle spielen beim Umgang mit Inkontinenten: Wenn ihnen vermittelt wird, dass sie ja sowieso den Urin nicht halten können, werden sie tatsächlich inkontinent bleiben. Wenn man ihnen nicht die Möglichkeit bietet, die verlorengeglaubte Fähigkeit zu üben, wird der Zustand zumindest so bleiben wie jetzt. Die Erfolge bestätigen die Erwartungen der Umgebung; sie können am Abbau des negativen Selbstbildes ("Ich bin inkontinent und werde es auch bleiben") beitragen. Im Sinne der Aufwärtsspirale könnte es dann so sein, dass Mut gefaßt, Selbstvertrauen wieder gewonnen, und so eine Besserung der Inkontinenz eingeleitet wird.
Abb.4: Mögliche Aufwärtsspirale ("Engelskreis") durch Achtung und Ermutigung
(nach: Kuypers/Bengtson 1973).
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Vorsatz vs. Hilflosigkeit
Inkontinenz lässt häufig nach, wenn die Erfahrung gemacht wird, dass das Bedürfnis nach Zuwendung, auch ohne einnässen zu "müssen", durch intensivere Anteilnahme befriedigt wird. Dies gilt sogar für diejenigen alten Menschen, bei denen eine hirnorganische Beeinträchtigung als Inkontinenzursache diagnostiziert wurde.
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Beziehungsstörungen
Eine andere Art der Interpretation ist die tiefenpsychologische der Projektion: Sind diese unterstellten Rachegefühle, dieser Protest gegen die Situation vielleicht Empfindungen der Pflegenden selbst, die sie bei sich nicht zulassen dürfen (Schuldgefühle) und nun auf die Pflegebedürftigen, die Inkontinenten projizieren? Aber auch dieser Vorgang ist wertfrei zu beurteilen, da er ja nur funktioniert, wenn er unbewußt abläuft. HOOGERS ist der Ansicht, dass Beziehungsstörungen (auch bei Dementen) eine Urininkontinenz verstärken, auch wenn sie durch hirnorganische Erkrankungen mitverusacht worden sein mag.
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Sexualität
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Manche trennen in ihrem Körpererleben den Unterleib ab. Das ist dann eine Selbstschutzmaßnahme gegen die Kränkung und Beschämung, die sie durch das Säubern erleben. So könnte das gelegentliche "Abstumpfen" auch eine Selbstschutzmaßnahme sein. Das Hantieren als betont sachlich gerichtetes Tun kann ein Bewältigungsversuch der Pflegenden sein, ihr eigenes Befangen in den Griff zu bekommen. Der inkontinente Mensch sieht die Beweggründe jedoch oft nicht, da er ja seinen intimen Bereich aber als extrem schutzbedürftig betrachtet. Diese Diskrepanz kann die Inkontinenz noch verstärken. Die körperliche Berührung ist aber möglicherweise auch ein "Vorteil", den alte Menschen durch die Inkontinenzpflege erleben. Hierbei spielt das Bedürfnis nach Körpernähe und Körperberührung, das nicht ausreichend mit sexuellen Wünschen oder erotischen Gefühlen umschrieben werden kann, ist ein grundlegender sozialer Faktor: Ein mehr an Zuwendung in Form von Zeit und Pflege. Für manche ist es eine Art der sexuellen Stimulation oder Befriedigung, die sie durch das Einnässen und dem ganzen Drum und Dran erreichen können: Das wohlige Gefühl des Warm - und - Feucht - Seins wird als Vorteil genannt. Oder das Tragen von Einlagen, die einen bestimmten Druck auf die Genitale ausüben, wird als angenehm empfunden. Auch der Wunsch nach besonders gründlicher Pflege ("da unten bitte schön feste rundherum mit dem Waschlappen hantieren") spielt hierbei eine Rolle.
DAS ERLEBEN VON INKONTINENZ
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Der inkontinente Mensch
Anfangs kann die Inkontinenz als eine bedrückende, ausweglose, sich verschlimmernde Situation empfunden werden. Das ohnmächtige Erleben des körperlichen Verfalls, das Unvermögen, diese wichtige Körperfunktion zu beherrschen, ist kränkend, verletzend das Selbstwertgefühl und den Stolz.
Es ist verständlich, dass Inkontinente alles daransetzen können, das Einnässen zu verheimlichen - bis ihre Bewältigungsmöglichkeiten erschöpft sind..
Dies kann zu einer Isolierung - Vereinsamung - Depression und auch zum Selbstmord führen. In einigen Fällen wird die Wohnung nicht mehr verlassen. Kontakte zu anderen Menschen werden abgebrochen die üblichen "Erledigungen " werden mehr und mehr eingestellt und es kann zur Verwahrlosung kommen weil man die Inkontinenz und die dazugehörigen Probleme nicht in den Griff bekommt.
Problembewältigungsstrategien der Inkontinenten / Verhalten der Pflegenden
Untersuchung von Kruse bei Patienten nach einem Schlaganfall die zu Hause betreut wurden.
Hierbei wurden einige, doch fast klassische, Verhaltensmuster aufgezeigt:
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"Der negativ Aggressive"
1/3 der beobachteten Inkontinenten reagierten auf ihre Situation
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sehr negativ aggressiv trotzig und auflehnend.
Die Angehörigen wurden unter Druck gesetzt und sie gaben die Schuld für ihre Krankheit anderen. Diese reagierten in der Hälfte der Fälle sehr negativ, indem sie die Inkontinenz als bewußt eingesetztes Trotzverhalten interpretieren und kein Verständnis aufbringen konnten für die Inkontinenz als Krankheitssymptom. Von allen pflegenden Kinder, also zumeist Töchter oder Schwiegertöchter, sehnten manchmal geradezu den Tag herbei, an dem der alte Mensch tot sei: "Da hänge die weiße Fahne raus"
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"Der Depressive"
Im weiteren Drittel waren die Reaktion durch depressives Verhalten gekennzeichnet. Die Situation wurde sehr negativ und als nicht veränderbar empfunden. Sie empfanden sich selbst als "Last" und bedauerten sich und die Angehörigen. Für die Pflegenden bot sich bei diesen Inkontinenten geradezu ein übermütterlich - fürsorgendes Verhalten als Reaktion auf die "Dankbarkeit" an. Diese Angehörigen nahmen die Einschränkungen ihrer eigenen Bedürfnisse zumeist gelassen auf sich und gingen davon aus, dass diese nur eine vorübergehende Situation war.
Die "Mutter" erfährt Ausgleich für ihre Mühen durch die Liebe und Dankbarkeit des "Kindes".
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"Die Leugner"
Ein Sechstel der Betroffenen leugneten die Inkontinenz bzw. spielten die "Krankheit" herunter. Sie verhielten sich passiv und abwartend und vermittelten den Eindruck das ganze nicht ernst zu nehmen. Die Angehörigen empfanden die als Provokation, denn sie wendeten ja viel Energie auf, um die Pflege des Inkontinenten zu gewährleisten, und sie fühlten sich nun verkannt, weil diese Hilfen als selbstverständlich hingenommen oder als nur unbedeutend gewertet wurden.
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"Die Aktiv - Bemühten"
Das letzte Sechstel:
Sie akzeptierten die gegebene Situation und setzten sich damit auseinander. diese Gruppe hielt nach jeder Chance Ausschau die Situation zu verbessern - sie gab nicht auf. Die pflegenden Angehörigen fühlten sich weniger belastet als die anderen Gruppen.
In den Spitälern und Pflegeheimen findet man ähnliche Verhaltensmuster.
Es ist anzunehmen, dass diejenigen die sich nicht um eine Therapie bemühen oder die Angebote ablehne, entweder entmutigt der Meinung sind, dass die Inkontinenz ja doch nicht behandelbar ist - oder aber sie "brauchen" die Inkontinenz.
GEGEN DIE INKONTINENZ ANGEHEN
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Wichtigkeit von Diagnose
Das es leider nicht selbstverständlich ist eine Inkontinenz diagnostisch Abzuklären habe ich in meiner Tätigkeit als Hauskrankenschwester feststellen müssen. Nach dem Motto "wenn man schon sehr alt ist und noch dazu gesundheitlich nicht mehr so fit ist, gehört eine Inkontinenz einfach dazu - was soll man da noch abklären?" dies bekam ich einmal von einem niedergelassenen Arzt zu hören.
In den Spitälern ist es auch nach wie vor nicht selbstverständlich Inkontinenz diagnostisch abzuklären. Besonders wenn es sich um ältere Patienten handelt. Ich hatte so manchmal das Gefühl, das die Inkontinenz beim älteren Menschen als normal betrachtet wurde und auch eine Unwissenheit um das Problem der Inkontinenz selbst beim fachkundigen Personal vorhanden ist.
Information - Fort - und Weiterbildung wären für alle Beteiligten gut.
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Wahl der Therapie
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nach der Diagnose und den Möglichkeiten welche sich daraus ergeben und nach dem Betroffenen.
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Zu beachten sind dabei besonders bei älteren Menschen die vorhandenen körperlichen Ressourcen. Zum Beispiel nutzt ein Beckenbodentraining nichts bei einer Patientin die die dafür nötigen gymnastischen Übungen nicht mehr machen kann weil sie schon zu "gebrechlich" ist oder aus anderen Gründen. Die Therapie muss so ausgerichtet werden, dass sie für den Patienten auch durchzuführen ist! Nicht selten wird man die Angehörigen oder andere, den Inkontinenten Betreuende, mit einbeziehen.
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Welche Rolle spielt die Beziehung zum Therapeuten bzw. Angehörigen?
EINIGE THERAPIEMÖGLICHKEITEN
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Beckenbodentraining
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Ãœbungstherapeutische Ziele:
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Verhaltenstherapeutische Ziele:
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Die Symptomatik lässt nach oder verschwindet ganz; dadurch wird sich die Motivation möglicherweise verstärken. Dem Patienten kann erfahrbar gemacht werden, dass ein gutes Therapieergebnis ohne nennenswerten Zeitaufwand zu erreichen ist. Die Patienten lernen zu registrieren, dass falsches Bewegungsverhalten oder/ und schweres Heben von Gegenständen die Symptomatik wieder aufflammen lassen bzw. verstärken
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Blasentraining
Beim Blasentraining ist das Ziel, das Funktionieren der Blase als Reservoir für den Urin zu verbessern. Ein unerläßliches Hilfsmittel ist die genaue Dokumentation der Ein - und Ausfuhr. Wenn der Inkontinente eine normale Füllmenge in der Blase erreicht und rechtzeitig darauf reagieren kann ist das Ziel erreicht.
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Toilettentraining
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"FLU - MO - Training" von Christian Luksch
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Zustände der Desorientierung (zeitlich, örtlich, persönlich) Immobilität bzw. herabgesetzt Beweglichkeit Verminderte Flüssigkeitszufuhr Inkontinenz Obstipation
Es ist zu beobachten das jedes dieser Probleme bei pflegebedürftigen alten Menschen - wenn auch in unterschiedlicher Intensität - auftritt und dass diese Problem einander in verhältnismäßig vielen Fällen gegenseitig und wechselseitig bedingen (siehe Abbildung 5).
Die Inkontinenz steht in Zentrum, weil sie als einziges Problem zu allen anderen eine Wechselwirkung aufweist. Das heißt, dass die Inkontinenz sowohl die Ursache für Immobilität, Desorientierung, Flüssigkeitsmangel und Obstipation sein kann als auch unmittelbare Folge (siehe Abbildung 5). Natürlich spielen bei der Inkontinenz meist mehrere Faktoren eine tragende Rolle - das kann aber nicht über den Schluß hinwegtäuschen, dass für alle anderen Probleme eine wichtige Ursache wegfällt, wenn es gelingt, die Inkontinenz in den Griff zu bekommen oder sogar gänzlich auszuschalten.
Abb.5: Wechselseitige Bedingung der Probleme pflegebedürftiger alter Menschen und Inkontinenz als deren Ursache und Folge.
In Zusammenarbeit mit dem Patienten wird ein Trainingsplan erstellt der
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individuell konsequent durchgeführt wöchentlich reflektiert bei Bedarf korrigiert und je nach Fortschritt weiterentwickelt werden sollte.
Fixe Bestandteile des Trainingsprogrammes sind ein streng eingehaltener Rhythmus im Toilettentraining (zeitlich und örtlich) und eine ballaststoffreiche Ernährung mit Schwerpunkt auf Vollwertkost, die auf mehrere kleine Mahlzeiten pro Tag verteilt ist. Weiter Ziele sind die Steigerung der Mobilisation und der Flüssigkeitszufuhr auf 2 - 2.5 Liter.
Ein Problem besonders intramural bleibt die Re - Orientierung.
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Inkontinenzhilfsmittel
Harnflaschen, Windeln, Netzhosen mit Saugeinlagen, Urinkondome, Blasendauerkatheter, Toilettenstuhl und Betteinlagen sind nur einige Auszüge der Angebote.
HILFEN FÃœR DIE ANDEREN
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Angehörige
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Aufklärung über die Inkontinenz die Wichtigkeit einer diagnostischen Abklärung, die möglichen therapeutischen Maßnahmen, Möglichkeiten der Hilfestellung durch die sozialen Dienste (Hauskrankenschwestern, Heimhelfer) finanzielle Hilfen z.B. Pflegegeld, Hilfsmittel die die Krankenkasse zahlt Hilfsmittel Selbsthilfegruppen Geriatrische Tageszentren Kurzzeitpflege in Pensionistenheimen, Pflegeheimen und Kurzzeitpflegezentren in denen Angehörige Ihre "Pfleglinge" z.B. im Urlaub unterbringen können.
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Pflegepersonal in den Heimen, Spitälern und in der Hauskrankenpflege Fort - und Weiterbildungen Inkontinenzforschung Supervision Pflegehilfsmittel Psychologischer Rat und Tat
Herkner, W. (1991): "Lehrbuch Sozialpsychologie"; 5. korr. und stark erw. Auflage; Huber - Verlag; Bern; Stuttgart; Toronto.
Hoogers, K. (1993): "Inkontinenz verstehen", Ernst Reinhardt Verlag, München, Basel.
Luksch, Chr. (1995): "FLU - MO - Training", S10 - 13; Lazarus Nr.4.
Kohlhammer, W. (1979): "Das Neue Lehrbuch der Krankenpflege", W. Kohlhammer - Verlag, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz.
Pschyrembel, W. (1994): "Klinisches Wörterbuch"; 257. korr. Auflage; de Gruyter - Verlag; Berlin; New York.
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