Die Blechtrommel

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Aufbau
Grass' Roman "Die Blechtrommel" handelt von dem seit Beginn seines vierten Lebensjahres an bis zu seinem 22. Lebensjahr zwergwüchsigen Oskar Matzerath. Dieser 1924 in Danzig geborene Junge stürzt sich an seinem 3. Geburtstag in den Keller hinunter um nicht weiter wachsen zu müssen.
Es wird in diesem Roman die Lebensgeschichte des Jungen unter den Einflüssen des Nationalsozialismus und des 2. Weltkrieges beschrieben. Es folgt die Nachkriegszeit, wo Oskar im Endeffekt in einer Irrenanstalt landet.
Der Roman "Die Blechtrommel" ist aufgebaut aus drei Büchern. Das erste Buch beschreibt die Zeit vor dem 2. Weltkrieg, das zweite Buch die Zeit während des 2. Weltkrieges und das dritte Buch die Zeit nach dem 2. Weltkrieg in Westdeutschland. Jedes dieser Bücher ist dann noch einmal untergliedert in kleinere mit Überschriften benannte Kapitel.
Zu beachten ist beim Aufbau dieses Werkes des weiteren der chronologische Ablauf der Erzählhandlungen. Oskar Matzerath wurde 1924 geboren und hat 1927 willentlich sein Wachstum eingestellt. Im Nachkriegsdeutschland hat ihn eine Irrenanstalt aufgenommen, in welcher er im Verlauf zweier Jahre, 1952 bis 1954, seine Autobiographie schreibt. Demgemäß unterscheidet man zwei Romanebenen, die Erzählzeit, welche die genannten beiden Jahre umspannt und die Zeit von der erzählt wird, nämlich die Jahre 1899 bis 1954. Davon zusätzlich ist noch die eigentliche Erzählebene zu unterscheiden.
Zur Erzählform des Buches sei noch zu bemerken, dass Oskar von sich sowohl in der ersten als auch in der dritten Person erzählt. Die Übergänge sind fließend und ein Wechsel findet manchmal innerhalb des selben Satzes statt. Bei der Person Oskar Matzerath, handelt es sich um einen Ich - Erzähler mit auktorialen Zügen. Nachzuweisen ist dies unter anderem auf Seite 241 wo Oskar berichtet: "Niemand hätte vom Strand aus sehen können, wie Greff das Fahrrad ablegte [...] Fragen sie mich bitte nicht, woher ich das weiß, Oskar wußte damals so ziemlich alles [...]"
Das erste Buch
Das erste Buch der Blechtrommel beginnt mit einer Selbstvorstellung Oskar Matzeraths. Dieser Insasse einer Heil - und Pflegeanstalt, wie später erwähnt wird, befindet sich diese in Altena im Sauerland, erzählt seine eigene Biographie von seiner Geburt 1924 in Danzig bis in die Zeit des westlichen Nachkriegsdeutschland. Oskar bzw. der Roman beginnt, nachdem er dem Leser noch kurz seine Situation und seinen Pfleger vorstellt, jedoch mit einer Abhandlung über seine Vorfahren. In den mit den Überschriften "Der weite Rock" und "Unterm Floß" erzählt er von seinen mütterlichen Großeltern und der Heirat seiner Eltern. Es folgt die Beschreibung von Oskars Geburt. Anschließend wird dargestellt wie Oskar sich an seinem dritten Geburtstag die Kellertreppe herunterstürzt. Dies wird als Grund für die Einstellung seines Wachstums angesehen.
Oskar bekommt wie bei seiner Geburt von der Mutter versprochen an seinem 3. Geburtstag die Blechtrommel. Er lernt trommeln und zieht des öfteren trommelnd durch die Stadt.
Er ist nicht bereit seine Blechtrommel auch nur für einen Moment wegzugeben. Auch ist Oskar in der Lage mit seiner schrillen Stimme Glas zu zerschreien. Oskar sorgt durch sein Trommeln bei verschiedenen Veranstaltungen und Anlässen, so beispielsweise auch bei einer Kundgebung der Nationalsozialisten, für Verwirrung und richtet mit seiner Stimme auch allerlei Zerstörung an. Oskars Mutter stirbt und wird beerdigt. Im Herbst 1937 lernt Oskar den Meister Bebra, welchen er früher im Zirkus schon einmal gesehen hat, und Roswitha Raguna kennen, die beide ebenfalls kleinwüchsig sind. Außerdem befreundet er sich in dieser Zeit mit dem Kellner Herbert Truczinski. Im Jahre 1938 wird der Laden in welchem Oskar seine weiß - rot lackierte Blechtrommel gekauft hat und welcher einem Mann namens Sigismund Markus’, einem Juden, gehört von den Nationalsozialisten zerstört.
Das zweite Buch
Das zweite Buch beginnt mit den ersten Kampfhandlungen in Danzig, kurz vor dem eigentlichen Ausbruch des zweiten Weltkrieges.
Im August 1939 versetzt der Hausmeister Kobyella die Polnische Post in Danzig in den Verteidigungszustand.
Es folgen Kämpfe um das Gebäude der Polnischen Post. Jan Bronski, Oskars Onkel, welchen Oskar aber als seinen wahren Vater ansieht, und der Hausmeister Kobyella verteidigen die Post, welche die Heimwehr stürmen will.
Das Gebäude der Polnischen Post fällt, der Hausmeister stirbt. Jan Bronski, wie gesagt Oskars mutmaßlicher Vater wird wegen Freischerlerei erschossen.
Am ersten September, also genau zum Zeitpunkt des Beginn des 2. Weltkrieges gesteht sich Oskar ein, dass seine Trommel, nein sogar er selbst, der Trommler, erst seine Mutter und dann seinen "Onkel und Vater" (S.288) ins Grab gebracht hat.
Denn er, Oskar, hatte den Männern von der Heimwehr in einer Art "Judasschauspiel" erzählt, dass ihn Jan Bronski mit in die Post geschleppt hätte um ihn als Kugelfang zu benutzen. Er wurde dafür "getätschelt und gerettet" sein Onkel aber grausam getreten und behandelt und im Endeffekt, zwar nicht aus diesem direkten Grund, sondern eben wegen Freischerlerei erschossen wurde.
Ende 1939 taucht Maria, die jüngste Schwester von Oskars Freund Herbert, dem Kellner, im Geschäft des Vaters auf. Denn Oskar war zu klein und außerdem auch nicht gewillt hinter dem Ladentisch im Geschäft zu stehen. Diese Maria wird zu Oskars erster richtiger Liebe. Bei einem Badetag an der Ostsee kommt es zu ersten seltsam anmutenden amurösen Szenen.
Anfang November 1940 besteht kein Zweifel mehr; Maria ist schwanger. Oskar, so meint er wäre der Vater, doch entdeckt er ein Zusammensein von seinem angeblichen Vater mit ihr. Dieser heiratet Maria dann auch, doch Oskar bleibt auch weiterhin davon überzeugt, dass es sein Kind sei. Oskar versucht vergeblich Maria zu überreden das Kind abzutreiben. Doch vergeblich, am 12. Juni 1941 wird sein Kurt, so hatte ihn Herr Matzerath, sein angeblicher Vater, genannt, geboren.
Zu seinem dritten Geburtstag so verspricht es Oskar soll auch er von ihm eine Blechtrommel bekommen. An Kurts zweitem Geburtstag weilt Oskar nicht in Danzig - Langfuhr, sondern in Metz. Denn er trifft vor einer Danziger Schule, einer derzeitigen Luftwaffenkaserne seinen alten Freund Bebra. Gemeinsam mit ihm und Roswitha geht er an die Westfront um dort Fronttheater zu spielen. So kommt er unterem anderem auch nach Paris, wo er Arm in Arm mit Roswitha durch die Stadt spazieren geht. Auch hat er hier Auftritte vor verwöhnten deutschen Wehrmachtsangehörigen und er zersingt seine Gläser sogar nach einer kunsthistorisch chronologischen Folge. Oskar hatte zwar seine Lieben daheim nicht vergessen, doch er schickte auch keine Nachricht. Er bot ihnen einfach die Möglichkeit ein Jahr ohne ihn zu leben. Im April 1944 ziehen sie mit ihrem Fronttheater an den Atlantikwall um dort Aufführungen zu geben. Roswitha stirbt beim Angriff der alliierten Truppen während sie versucht einen Becher Kaffee aus der Feldküche zu holen. Bebra und Oskar kehren nach Berlin zurück, wo sie sich trennen und Oskar trifft einen Tag vor Kurts Geburtstag in seiner immer noch unversehrten Heimatstadt Danzig ein. Die Begrüßung seines Vaters bei seiner Heimkehr ist so herzlich, dass sich Oskar von jenem Tage an "nicht nur [...] Oskar Bronski, sondern auch Oskar Matzerath nannte [...]". Oskar schenkt seinem Sohn Kurt eine Trommel, welche dieser jedoch nicht annimmt und zugleich zu Schrott zerschlägt. Oskar wird Anführer einer Jugendbande namens die Stäuber. Es folgen Brand und Zerstörung Danzigs durch die Russen. Oskar bringt Herrn Matzerath, welchen er inzwischen als seinen richtigen Vater ansieht, um. Er steckt ihm beim Eindringen der Russen sein Parteiabzeichen mit geöffneter Anstecknadel zu, welches dieser dann verschluckt und daran stirbt. Es folgt seine Beerdigung. Oskar gesteht sich ein, dass er es satt hatte sein Leben lang einen Vater mit sich herumschleppen zu müssen.
Oskar schmeisst seine Trommel in das offene Grab seines Vaters und beschließt zu wachsen. Als er dann von seinem Sohn Kurt mit einem Kieselstein am Hinterkopf getroffen wird fällt er ins Grab und beginnt zu wachsen. Mit einem Alter von 21 Jahren beginnt er nun wieder an Größe zuzunehmen.
Oskar wird krank. Die herbeigerufene Ärztin rät Oskar und seinen Angehören in Richtung Westen "weg[zu]kommen" (S.489). So fahren sie dann auch mit einem Güterzug Richtung Westen.
Hier findet ein Wechsel des Erzählstils statt. Da Oskar, wie es geschrieben steht, aufgrund seiner geschwollenen Finger schlecht schreiben kann, bittet er seinen Pfleger Bruno Münsterberg dies zu tun. So erfolgt eine Umänderung des autobiographischen Stils in eine Erzählform der 3. Person. Auch wenn Oskar in seiner Biographie teilweise ebenfalls über sich selbst in der 3. Person schreibt, so stellt der Pfleger Oskars Situation objektiver dar und vermittelt dem Leser ein anschaulicheres Bild über ihn. Oskar, Maria und Kurt fahren mit diesem Zug lange Zeit Richtung Westen.
Denn des öfteren wird der Zug von ehemaligen Partisanen oder polnischen Jugendbanden angehalten und ausgeraubt. Auch den Rucksack von Maria wollte eine solche Bande mitnehmen, als sie aber das Fotoalbum, welches Oskar noch schnell herausgezogen hatte sahen, ließen sie den Rucksack fallen und nahmen das Gepäck anderer Reisender und verschwanden.
Auch, so meint Oskar, hat das ständige Rütteln und ‘Schütteln während der Eisenbahnfahrt sein Wachstum gefördert. Er meint er sei während der Fahrt um etwa zehn Zentimeter gewachsen, doch leider hat sich das Ausbilden eines Buckels nicht verhindern lassen.
Oskar wird in Lüneburg in ein Krankenhaus eingeliefert, wird aber bald darauf nach Hannover überwiesen. Frau Maria sieht Oskar für lange Zeit nicht, denn diese wohnt weit entfernt, da es in der Nähe der Klinik keinen Wohnraum gibt.
Später findet sie eine Stelle als Putzfrau in der Klinik, muss aber jeden Tag drei Stunden zur Arbeit fahren. So stimmen die Ärzte einer Verlegung nach Düsseldorf zu, wo Maria eine Wohnberechtigung erhalten hat. Denn dort hat ihre Schwester eine Wohnung, in welcher sie ein Zimmer abgibt. In der Düsseldorfer Klinik liegt Oskar von August 1945 bis Mai 1946. Dann wird er noch einmal von seinem auch dortigen Pfleger Münsterberg gemessen und verlasst mit 1.23 m die Klinik.
Somit kann er nun ein neues erwachsenes Leben beginnen.
Das dritte Buch
Das dritte Buch beginnt damit, dass Maria sich mit Schwarzhandel den Lebensunterhalt verdient. Oskar tritt im Frühjahr 1947 als Praktikant in eine Steinmetzerei ein.
Im Jahre 1948 macht er Maria einen Heiratsantrag, welchen diese jedoch ablehnt.
Oskar gibt seine Stelle bei der Steinmetzerei auf und geht in die Kunst. Er hat seine Absicht aufgegeben ein guter Biedermannn zu werden.
Oskar stellt sich als Modell, allerdings auch als Aktmodell den Professoren und Schülern der Kunstakademie zur Verfügung. Dies tut er dann auch gemeinsam mit der ehemaligen Schneiderin Ulla. Ein daraus entstehendes Aktbild sieht Maria.
Sie ist enttäuscht über ihn. Sie überredet ihn die gemeinsame Wohngemeinschaft zu kündigen und ein Zimmer in der Nähe zu nehmen. Er zieht bei Familie Zeidler als Untermieter ein. Ein anderer Untermieter bei Zeidlers ist die Schwester Dorothea, welche Oskar ganz genau inspiziert, insbesondere etwas eifersüchtig die Briefe, welche sie von einem gewissen Doktor Weber, Arzt im Marienhospital, empfängt.
Gemeinsam mit einem weiteren Untermieter Zeidlers, namens Münzer, von Oskar jedoch Klepp genannt, und einem Gitarristen namens Scholle gründet Oskar eine Kapelle. Die drei treten im "Zwiebelkeller" des Gastwirtes Schmuh auf. Oskar trommelt die Gäste dort zur Tür heraus. Schmuh stellt einen Stehgeiger an, holt die drei dann aber doch wieder zurück, weil sonst die besten Gäste fernzubleiben drohen. Her Schmuh verunglückt tödlich und ein ehemaliger Gast Dr. Dösch, welcher eine Konzertagentur leitet einen lukrativen Vertrag an. Vor dem Beginn des Vertrages will Oskar jedoch noch eine Reise in die Normandie, wo er im 2. Weltkrieg mit dem Frontheater war, machen.
Dann begibt sich Oskar zur Konzertagentur West, wo Dr. Dösch ihn mit offenen Armen empfängt. Dösch meldet Oskar beim Chef an. Zu seiner Überraschung findet er hinter dem großen Schreibtisch seinen noch lebenden Freund Meister Bebra in einem Rollstuhl. Meister Bebra stellt Oskar erst einmal ein wenig über seine Vergangenheit und seine begangenen direkten oder indirekten Morde zur Rede. Oskar unterschreibt hier einen Arbeitsvertrag für Konzerttourneen, welchen er aber erst, nachdem er ihn unterschrieben hat, zu lesen bekommt. Schlimmes hatte Oskar befürchtet, aber nichts dergleichen enthielt dieser Vertrag. Oskar wird durch seine Tourneen ein reicher Mann.
Als er von einer Tournee zurückkommt ist Meister Bebra tot. Um ihn trauernd leiht sich Oskar einen Rottweiler mit dem er einsame Spaziergänge macht.
Eines Tages stöbert der Hund einen weiblichen beringten Finger in einem Feld auf.
An dem Ring ist ein Edelstein .Oskar steckt den Finger samt Ring ein. Dies hat ein Mann, namens Gottfried von Vittlar aus seinem Schrebergarten beobachtet.
Der Mann, den Oskar sogar als einen Freund betrachtet, zeigte ihn damals bei der Polizei an. Dieser hatte ihn jetzt gerade wieder einmal in der Heilanstalt besucht.
Als Vittlar Oskar damals zu Hause besuchte hatte Oskar den Finger in einem Weckglas aufbewahrt und dieses angebetet. Vittlar hatte die Worte genau notiert, denn die Angaben über die Besitzerin des Ringfingers glichen denen über die ermordete Dorothea Oskar fordert Vittlar später auch auf Anzeige zu erstatten, er selber flieht dann aber erst einmal noch.
Damit endet die zweite, die innere Romanebene und Grass kehrt auf die äußere Roman ebene, die Erzählzeitebene, zurück. Oskar schreibt, dass er als er damals floh 28 Jahre alt war und heute gerade seien 30. Geburtstag begeht. Es erscheint gerade heute an seinem 30. Geburtstag sein Anwalt mit der Meldung, dass man eine neue Spur in dem Ringfinger - Prozeß gefunden hat und dieser wieder neu aufgerollt wird.
Eine gewisse Schwester Beate soll aus Eifersuchtsgründen Schwester Dorothea aufgrund des Dr. Werners getötet haben. Oskar wurde damals aufgrund des Feldes für schuldig befunden, jedoch nicht für voll genommen und in die Heilanstalt eingeliefert.
Interpretation
Der Roman "Die Blechtrommel" besitzt einen großen zeithistorischen Gehalt, der "mithin schon äußerlich an der formalen und chronologischen Gliederung des Werkes sichtbar wird. Denn der Krieg als Geschichtsperiode bildet nach Aufbau und Thematik dieses Werkes genau die Romanmitte. Die "Blechtrommel" ist zwar auch ein politisches und geschichtliches Buch, doch in erster Hinsicht ist und bleibt es die Wiedergabe von Oskar Matzeraths Lebenslauf in welchem sich die Geschehnisse seiner Zeit widerspiegeln. Günter Grass enthält sich in seinem Werk auch einer direkten Beschreibung der Kriegsereignisse und der politischen Vorgänge. Er lässt die Geschehnisse Gestalt gewinnen indem er sie in Bezug auf die Romanfiguren widerspiegelt. So ist Oskar beispielsweise mit Aufmärschen oder Versammlungen der Nationalsozialisten beziehungsweise Hitlerjugend mit seiner Trommel zugegen oder es ist in Bezug auf die Störtebeckerbande von BdM - Führerinnen die Rede.
Günter Grass umgeht es in diesem Roman auch eine ständige Anprangerung des Nationalsozialismus und des Krieges vorzunehmen. Er kritisiert zwar die Zeit der Nationalsozialisten, jedoch findet sich in diesem Werk keine Spur von Haß auf das Regime.
Grass zeigt alle Situationen aus des zumindest in dieser Hinsicht ganz normalem Kleinbürgers Oskar Matzerath. Es mag sein, dass Günter Grass diesen Roman auch geschrieben hat um dem Verdrängungsprozeß der Geschehnisse des zweiten Weltkrieges mit seinen Mitteln entgegenzuwirken. Denn auch sein Romanheld Oskar Matzerath gibt zu, dass er versucht bestimmte Geschehnisse, wie zum Beispiel den Mord an Jan Bronski, weitestgehend aus seinen Gedanken zu verdrängen beziehungsweise wie er selber bezeichnend sagt "auszuradieren".
Geschichtliche Bezüge
Der erste Hinweis auf den zeitgeschichtlichen Hintergrund des Werkes findet sich in dem Kapitel "Falter und Glühbirne", wo geschrieben steht "Der Krieg [,hiermit ist der 1. Weltkrieg gemeint,] hatte sich verausgabt. Man bastelte, Anlass zu ferneren Kriegen gebend, Friedensverträge". "Das Gebiet ... [um Danzig] ... wurde zum Freien Staat erklärt und dem Völkerbund unterstellt" (S.40/41). Die sich wieder zunehmend mit Spannung füllende Verhältnis zwischen Deutschen und Polen wird anhand einer Schlägerei zwischen dem Polen Stephan, der Sohn des Cousin von Oskars Mutter, Jan Bronski, und einem deutschen Jungen dargestellt. Wie an dieser Stelle so sind auch an vielen anderen Stellen des Werkes die Zeitereignisse eng mit der Romanhandlung verknüpft. Es wird beispielsweise erzählt, dass sich Vater Matzerath seit dem Tode der Mutter nur noch für seinen "Parteikram" interessiert. Auch werden seine Sammlungen für das Winterhilfswerk, eine Organisation zur Stärkung der Kampfmoral der Soldaten während der Kriegsjahre, erwähnt an welchen sich Oskar auch selber einmal beteiligt. Die Judenprogrome werden anhand der Ermordung des Spielwarenhändlers Sigismund Markus’, wo Oskar regelmäßig seine Trommeln zu kaufen pflegte, und der Zerstörung seines Ladens dargestellt.
Die ersten Kriegsereignisse kurz vor dem eigentlichen Ausbruch des 2. Weltkrieges in Danzig werden aus der Sicht Oskars, welcher mit seinem "Onkel" und mutmaßlichen Vater in die Polnische Post gekommen ist, dargestellt. Diese wird von der Heimwehr angegriffen und eingenommen.
Weitere Kriegsereignisse werden in Form von Sondermeldungen, welche Oskar im Radio hört, dargestellt. Die Siegesmeldungen, welche in Danzig aus den Lautsprechern klingen, werden durch Oskars Trommeln begleitet und fließen somit in die Romanhandlung ein. Die Ereignisse in Stalingrad und der Niedergang Rommels in Nordafrika werden in Verbindung mit Ereignissen in Oskars Familie dargestellt. So heißt es, in Bezug auf Stalingrad, dass Oskar sich "aber weniger um die sechste Armee...", als, "vielmehr um Maria[s]..." Grippe sorgte (S.376). Das Ende von Rommels Afrikakorps wird mit dem Ende von Kurtchens Keuchhusten verglichen.
Aktiv am Kriegsgeschehen nimmt Oskar während seiner Zeit in Bebras Fronttheater teil, wo er mit einer Propagandakompanie nach Frankreich geht. Oskar Matzerath erlebt den Westwall, den Atlantikwall und die Invasion der Alliierten. Das Leid und der Tod hierbei werden am Beispiel des Tods Roswithas erwähnt. Es folgen Bombenangriffe und schließlich erlebt Oskar die Zerstörung seiner Heimatstadt Danzig. Er sieht den Brand und die Vernichtung der Stadt allerdings nur weil er auf dem Dachboden seine Trommel, seinen Rasputin und Goethe und einen Falter von Roswitha gelagert hat, welche er unbedingt in Sicherheit bringen will.
Auch an Hand dieses Beispiels werden Leid und Zerstörung gezeigt.
Das Ende der Nationalsozialistischen Partei (Deutschlands) wird am Ersticken des Vaters Matzerath an seinem Parteiabzeichen dargestellt, welches Oskar ihm beim Eindringen der Russen mit geöffneter Anstecknadel zugesteckt hat. Gleichzeitig wird er auch noch von einem russischen bzw. sowjetischen Soldaten erschossen.
Mit dieser Szene, "welche eine geniale Erfindung des Romanautors [Günter Grass] ist" (S.52, Quelle 4) wird das Ende des Dritten Reiches auf sehr anschauliche Weise dargestellt.
Etwas ausführlicher wird die Vertreibung der Deutschen aus Danzig und den anderen Ostgebieten am Beispiel der Matzeraths dargestellt. Es folgt dann die Darstellung der Schwierigkeiten, welchen diese Leute gegenüberstanden und wie sie versuchen mussten in der neuen Heimat Fuß zu fassen.
Weitere Fakten, welche allerdings nicht jedem Leser im ersten Moment auffallen dürften, die einen historischen Bezug besitzen findet man in den einzelnen Textabschnitten wieder.
So deutet beispielsweise Oskars permanentes Trommeln sicherlich auf die die gesamte Zeitsituation beherrschende Aggressivität hin. Das Trommeln signalisiert das kriegerische Tun und die militärische Disziplinierung die seinerzeit herrschten. Es stellt einen Kontakt zu den zerstörerischen Strebungen der nationalsozialistischen Zeit her. Ähnliches lässt sich von Oskars Fähigkeit mit seiner Stimme Glas zu zerschreien feststellen. Ab Ende 1932, aus Anlass des Zerschreiens der Scheiben im Foyer des Danziger Stadttheater, wird Oskar, welcher "bislang nur aus zwingenden Gründen geschrien hatte"(S.115) an diesem Punkt "zu einem Schreier ohne Grund und Zwang" (S.115). Im historischen Bezug gesehen, bedeutet dies wohl, dass mit der nahe bevorstehenden Machtergreifung der Nationalsozialisten die Aggressionen wieder zunehmen. Desweiteren mag das Zerscherben von Glas auf die durch den Krieg hervorgerufene Beschädigung von militärischen und zivilen Objekten hindeuten. Auch stellt Grass zwischen der schrillen und zerstörerischen Stimme seiner Hauptperson und den Kriegswaffen eine Verbindung her, indem er sie mit dem "Nazi - Terminus ,Wunderwaffe’" benennt.
Weiterhin ist interessant festzustellen das sich Oskar genau am 01. September 1939 seine große Schuld eingesteht seine Mutter und seinen "Onkel und Vater" (S.288) ins Grab gebracht zu haben. Dabei sind Parallelen von der Individualperson Oskar zum gesamten deutschen Volk sichtbar, welches genau an diesem Tage erkannt haben dürfte, wohin es Hitler und seine Partei mit seiner Unterstützung gebracht hat.
Wichtig zu bemerken sei auch, dass Oskar genau zum Zeitpunkt der deutschen Kapitulation und des Kriegsendes, nämlich im "Mai 1945" sein Wachstum wieder aufnimmt und somit versucht einem normalen Leben entgegenzuwachsen.
Eine Quelle sieht in Oskar Matzerath auch eine direkte Verbindung zu der Figur Adolf Hitlers. Denn auch Adolf Hitler stammte aus einem kleinbürgerlichen Milieu und lehnte sich genauso wie Oskar Matzerath mit vehementen Protest gegen die materielle Enge des Sozialmilieus und gegen die väterliche Autorität auf. Weiterhin erinnern an Hitler, die öfters beschriebene Blauäugigkeit Oskars und sein "weltumfassendes Halbwissen".
Auch wurde Hitler vor allem in politischen Auseinandersetzungen während der letzten Jahre der Weimarer Republik des öfteren als "Trommler" tituliert und dargestellt.
Biographische Bezüge
In dem Werk "Die Blechtrommel" und in der Person Oskar Matzerath sind aber auch viele Bezugspunkte zu Günter Grass' Leben enthalten. Es spiegeln sich sogar einige Elemente aus Grass' Biographie in Oskar Matzeraths Lebenslauf wider.
Günter Grass lässt seinen Helden an vielen Schauplätzen und Orten an denen er selber aufgewachsen ist leben und handeln. So sind einige Lebensabschnitte dieser beiden Personen sicherlich von Günter Grass nicht nur rein zufällig gleich oder ähnlich gewählt worden. Zum einen dürfte Grass durch das Kennen der Schauplätze an denen er die Handlung des Buches stattfinden lässt, tatsächlich geschehene Ereignisse leichter mit einfließen haben lassen können und zum anderen kann er die Situation seines Heldens selbst nachempfinden, da auch er sie als Kind beziehungsweise Jugendlicher so erlebt hat. Sowohl Günter Grass als auch sein Romanheld Oskar Matzerath wachsen in dem Danziger Stadtteil Langfuhr in den späten zwanziger Jahre auf und verbringen dort ihre Kindheit und frühe Jugend. Auch ist Grass' Romanheld, genau wie er selbst, der Sohn eines kleinen Kolonialwarenhändlers und es existieren auch in seiner Familie mehrere Nationalitäten. Grass selbst, so sagt er selber, verfügte als Kind, genau wie sein Romanheld Oskar, über eine sehr genaue Beobachtungsgabe. Eine Gemeinsamkeit existiert auch zwischen Oskars "Onkel" Jan Bronski und Grass' Onkel Franz. Denn auch dieser war Angestellter der Polnischen Post und war bei der Kapitulation der Verteidiger tatsächlich von der Heimwehr erschossen worden.
Günter Grass musste, wenn auch unter anderem Umständen seine Heimatstadt Danzig verlassen und gelangte nach dem Krieg nach Westdeutschland. Die Flucht aus Danzig mit all ihren Strapazen und Schwierigkeiten dürfte Grass aber von seinen Verwandten so übermittelt bekommen haben. Grass lernte in Westdeutschland unter anderem die Romanschauplätze Hannover und Düsseldorf in der Nachkriegszeit kennen.
Er machte genau wie sein Romanheld Oskar eine Steinmetzlehre und kam später, zwar nicht als Modell, sondern als Student ebenfalls an die Kunstakademie in Düsseldorf.
Außerdem war er nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft in Köln, genauso wie die Romanfigur Maria in Düsseldorf, an kleineren Schwarzmarktgeschäften beteiligt.
Genaue Orts - und Situationsbeschreibungen, wie beispielsweise die Beschreibung des Stadtteils Danzig - Langfuhr, des Danziger Brandes, den Grass ebenfalls so von seinen Angehörigen geschildert bekommen haben dürfte, und die Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten in Düsseldorf sind Grass durch das persönliche Kennen und Erleben möglich gemacht worden.
Ebenfalls fließen tatsächlich in Günter Grass’ Leben vorhandene Orte in die Romanhandlung mit ein. So dient zum Beispiel das Düsseldorfer Jazzlokal Dixieland in dem Günter Grass abends mit Freunden musizierte als Vorbild für den "Zwiebelkeller" in der Blechtrommel.
Entstehung
Die Blechtrommel entstand in den Jahren 1956 bis 1959 in einem kleinem Pavillon in einem Pariser Hinterhof, wo Günter Grass damals mit seiner Frau Anna lebte. Seinen Ursprung hat der Blechtrommler in der Figur eines Säulenheiligen gehabt. Diesen hatte Günter Grass im Jahre 1952, während einer Reise durch Frankreich auf der er ununterbrochen schrieb, kreiert. Einer anderen Quelle zufolge, wo Grass aus einem Interview zitiert wird, ist der Gedichtzyklus "Der Säulenheilige" allerdings schon während der Zeit von Grass' Autostop - Reisen in den Jahren 1950/51 entstanden.
Das Gedicht "Der Säulenheilige", das nur noch in Bruchstücken erhalten ist und nie veröffentlicht wurde birgt die Keimzelle des Romans "Die Blechtrommel".
Das Gedicht wurde von Grass verworfen, aber die Figur des Säulenheiligen und die entrückte Perspektive blieben interessant.
Die Perspektive des Säulenheiligen wurde für die Figur des allwissenden Zwerges Oskar Matzerath im Grunde genommen noch ausgebaut. Die Einsamkeit des Säulenheiligen ist verbunden mit Oskars Angst und seiner Sehnsucht nach Rückkehr in den Mutterleib. Zwar hat der Autor die Säule und mit ihr den erhöhten Standpunkt seiner Hauptperson aufgegeben, er bleibt aber von der ihn umgebenden Gesellschaft deutlich abgehoben. Im Spätsommer 1952 trat die Person des Oskar Matzeraths tatsächlich ins Leben Grass'. Bei der Rückkehr von einer Reise aus Südfrankreich über die Schweiz sah er bei einer Kaffeetafel einen dreijährigen Jungen mit einer Blechtrommel. Günter Grass fiel an diesem Jungen die "selbstverlorene Vergessenheit [...] an sein Instrument" auf und wie dieser gleichzeitig die "Erwachsenenwelt", die nachmittäglich plaudernde Kaffeewelt, ignorierte. Für drei Jahre blieb diese "Findung" vergessen bis dieser Junge 1956 aus Grass' Erinnerung wieder auftauchte und er mit seiner Arbeit an dem Roman, den er seiner Frau Anna gewidmet hatte, begann.
Rezeption
"Die Blechtrommel", wie auch nach ihr noch die "Hundejahre" und vor kurzem gerade erst "Ein weites Feld" wurde in der Literaturkritk sehr unterschiedlich aufgefasst.
Es gab als Reaktion auf dieses Werk "Schreie der Freude" und "Hymnen" auf der einen Seite und Schreie des Entsetzens, der Empörung und der Entrüstung auf der anderen Seite. Die unterschiedlichen Ansichten über das Werk gingen mitten durch einen Literaturpreis, den man Günter Grass eigentlich anerkennen wollte hindurch. Eine unabhängige Jury erkannte Grass zum Jahresende 1959 den Bremer Literaturpreis zu, der Bremer Senat, der formal zustimmen musste, verweigerte aber und erkannte ihm somit den Preis wieder ab.
Die Blechtrommel wurde jedoch trotz allem zu einem großen Erfolg und zählt schon heute zu den klassischen Werken der deutschen Nachkriegsliteratur.

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