Johann Wolfgang von Goethe


Johann Wolfgang von Goethe(1749 - 1832)
Dichter, Kritiker und Naturforscher. Goethe ist die bis heute bedeutendste Gestalt der deutschen Literatur, die nicht nur innerhalb ihrer Epoche von großem Einfluss war und ihr den Namen gab (Goethezeit), sondern darüber hinaus für folgende Generationen zum Inbegriff deutscher Geistigkeit wurde. Mit der Tragödie Faust schuf Goethe das zentrale Werk der nationalen Dichtung und ein Menschheitsdrama von zeitloser Gültigkeit und weltliterarischem Rang.

Jugend und Studienjahre (1749 - 1771)
    Goethe wurde am 28. August 1749 als Sohn des Juristen und Stadtschultheißen Johann Caspar Goethe (1710 - 1782) und seiner Frau Katharina Elisabeth (geb. Textor, 1731 - 1808) in Frankfurt am Main geboren. Vater entstammte thüringischen Handwerkerkreisen, die Mutter einer rheinfränkischen, seit mehreren Generationen in Frankfurt ansässigen Beamtenfamilie. Von den fünf Geschwistern überlebte nur Cornelia (1750 - 1777), mit der er in einem engen Verhältnis stand. Goethe wuchs in einem vermögenden und kultivierten Elternhaus auf und erhielt Privatunterricht von Hauslehrern. Bereits in frühen Jahren traten die intellektuellen, dichterischen und schauspielerischen Begabungen Goethes hervor, der jedoch auf Wunsch des Vaters die juristische Laufbahn einschlug und in Leipzig Rechtswissenschaften studierte. In philosophischen und literaturgeschichtlichen Vorlesungen kam er außerdem mit Gedankengut und Poetik der Aufklärung und Empfindsamkeit in Berührung und nahm Unterricht bei Adam Friedrich Oeser, dem Leiter der örtlichen Zeichenakademie und Freund Johann Joachim Winckelmanns.

Die Leipziger Studienjahre

    Er erlebte erste wichtige erotische Begegnung mit Käthchen Schönkopf. Es entstanden mehrere Gedichte (Annette - Lieder) u.a. das Schäferspiel Die Laune des Verliebten. Eine lebensbedrohlichen Krankheit zwang ihn ins Elternhaus zurück. Goethe unter den Einfluss der Stiftsdame Susanna Katharina von Klettenberg, einer Freundin seiner Mutter, die ihn zur Beschäftigung mit dem Pietismus anregte. In dieser von religiös - mystischer Lektüre dominierten Phase betrieb er auch alchimistische Experimente. 1770 erschienen seine ersten Gedichte in Buchform. Im selben Jahr übersiedelte er nach Straßburg, juristischen Studien wieder aufnahm und 1771 zum Lizenziaten der Rechte promovierte. Er wurde mit Johann Gottfried von Herder, Johann Heinrich Jung - Stilling und Jakob Michael Reinhold Lenz bekannt. Und beschäftigte sich mit den Schriften Jean - Jacques Rousseaus sowie den Dichtungen Homers und Shakespeares. Begegnung mit der gotischen Architektur, unter deren Eindruck Goethe Von deutscher Baukunst verfasste.

Die Geniezeit: Sturm und Drang (1771 - 1775)
    1771 eröffnete Goethe eine Kanzlei in Frankfurt, beschränkte jedoch bewusst seine juristischen Geschäfte, um Zeit für die Vollendung der in Straßburg begonnenen dichterischen Versuche zu gewinnen darunter die Urfassung des Götz - Dramas. 1772 begann seine eigentliche schriftstellerische Laufbahn als Rezensent der Frankfurter Gelehrten Anzeigen, des bedeutendsten publizistischen Organs des Sturm und Drang. Im selben ging er zum Abschluss der juristischen Ausbildung als Referendar an das Reichskammergericht in Wetzlar, wo die unerfüllte Liebe zu Charlotte Buff, der Braut eines Juristenkollegen, ihn zu seinem ersten Roman anregte. Die Leiden des jungen Werthers, begründete mit einem Schlag Goethes literarischen Ruhm. Es entstanden Hymnendichtungen in freien Rhythmen ("Wanderers Sturmlied", "Prometheus", "Ganymed", "An Schwager Kronos") und Entwürfe zu den Dramen Faust (Urfaust), Mahomet und Prometheus, Clavigo und Egmont. Wie viele seiner geniebegeisterten Weggefährten orientierte sich Goethe in seiner dramatischen Produktion an den Werken Shakespeares, dem er die Rede Zum Schäkespears Tag widmete. Er gewann in Maximiliane, der Tochter der Schriftstellerin Sophie von La Roche und späteren Mutter von Bettina und Clemens Brentano, eine neue Vertraute. Problematisch verlief seine Liebesbeziehung zu der Offenbacher Bankierstochter Lili Schönemann. Er suchte der bedrängenden Situation auf einer Reise in die Schweiz zu entfliehen und löste 1775 schließlich die im Vorjahr eingegangene Verlobung. Das erotische Erlebnis fand erneut ein vielfältiges Echo im dichterischen Werk ("Neue Liebe, neues Leben", "An Belinden", "Wonne der Wehmut", "Lilis Park", "Auf dem See", "Herbstgefühl").

Das erste Weimarer Jahrzehnt (1775 - 1786)
    1775 übersiedelte Goethe auf Einladung des jungen Herzogs Karl August nach Weimar. Dort wirkten die Schriftsteller Karl Ludwig von Knebel, Johann Christian Bertuch und Johann Karl August Musäus sowie die Komponisten Friedrich Hildebrand von Einsiedel und Karl Siegmund Freiherr von Seckendorff. Nach der Ankunft Goethes à rückte rasch zum hohen Staatsbeamten auf(1776 Geheimer Legationsrat, 1779 Geheimer Rat, 1782 Leiter der Finanzkammer). Goethes nach anfänglichen Vorbehalten gefasster Entschluss, in Weimar zu bleiben, wurde nicht zuletzt durch seine Bekanntschaft mit Charlotte von Stein gefördert, die ihm in den folgenden Jahrzehnten eine enge Vertraute wurde und oftmals in dienstlichen Angelegenheiten zwischen ihm und dem Herzog vermittelte. Außerdem trieb Goethe die Arbeit am Faust und an Wilhelm Meisters theatralischer Sendung (begonnen 1777, vollendet 1785) voran.

Italienische Reise und Rückkehr nach Weimar (1786 - 1793)
    Im Herbst 1786 brach Goethe zu einer Bildungs - und Erholungsreise nach Italien auf. Goethe reiste inkognito als "Maler Möller", seine Reise führte zunächst über den Gardasee und Verona nach Vicenza, wo er die Bauten Andrea Palladios bewunderte. Er knüpfte Beziehungen zu zahlreichen deutschen Künstlern, wie dem Dichter Karl Philipp Moritz und dem Landschaftsmaler Philipp Hackert. Eine enge Freundschaft verband ihn auch mit der Malerin Angelica Kauffmann. Während des gesamten Italienaufenthaltes, den er hauptsächlich in Rom verbrachte, war Goethe neben seinen literarischen Projekten (Egmont, Tasso, Faust, Iphigenie) mit Studien der antiken Bildhauerkunst und der Vervollkommnung seiner zeichnerischen Fähigkeiten beschäftigt. Das südliche Klima, die reichen Kunstschätze und das freie Ausleben seiner künstlerischen Neigungen ließen Goethe diese Reise als "Wiedergeburt" und "sonderbare Hauptepoche" seines Lebens erfahren. Es entstanden Römischen Elegien (gedruckt 1795), eine geistreichen Auseinandersetzung mit der antiken Liebesdichtung und einer Abhandlung über den Römischen Carneval (1788). Nach seiner Rückkehr nach Weimar im Juni 1788 übernahm Goethe die Leitung des "Freien Zeichen - Institutes", wurde aber ansonsten auf eigenen Wunsch von allen anderen Ämtern entbunden. Kurz darauf lernte er seine künftige Lebensgefährtin Christiane Vulpius (1765 - 1816) kennen. Die Verbindung mit der in ärmlichen Verhältnissen lebenden Vollwaisen stieß in der standesbewussten Hofgesellschaft auf Ablehnung. Im selben Jahr kam es in Rudolstadt zur ersten Begegnung mit Friedrich von Schiller. 1790 veröffentlichte er die abgeschlossene Erstfassung des Faust (Faust. Ein Fragment). 1792 erlebte er als Begleiter Karl Augusts den 1. Koalitionskrieg der Österreicher und Preußen gegen die Franzosen und wurde Augenzeuge der Kanonade von Valmy. Die Ereignisse schilderte er später aus der Distanz von drei Jahrzehnten in Die Campagne in Frankreich. 1793 begann eine fünf Jahre andauernde Phase intensiver Homer - Studien, während der er Teile der Ilias und Odyssee übersetzte.

Das Jahrzehnt mit Schiller (1794 - 1805)
    1794 gewann Schiller Goethe als Mitarbeiter für die geplante Zeitschrift Die Horen à Schiller war fortan ein häufiger Gast in Goethes Haus und übersiedelte 1799 ganz nach Weimar. Das gemeinsame Wirken erstreckte sich künftig auf gegenseitige Beratung bei programmatischen Schriften, wie Schillers Brieffolge Über die ästhetische Erziehung des Menschengeschlechts, und literarischen Projekten, wie Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre. Goethe wurde zudem regelmäßiger Beiträger der Horen, und er wurde von Schiller zur Vollendung des ersten Teils des Faust gedrängt. In der Zusammenarbeit der beiden Dichter entwickelte sich der an Antike und Renaissance orientierte Stil der "Weimarer Klassik", wobei Goethe die Objektivität der wissenschaftlichen Naturbetrachtung einbrachte, Schiller dagegen die kritische Sittlichkeitslehre Kants. Ausführlich befassten sich beide mit der Theorie der literarischen Gattungen, u. a. mit der Ballade. Der Musenalmanach für das Jahr 1798 enthielt neben Ballade "Die Kraniche des Ibykus" fünf weitere von Goethe: "Der Schatzgräber" "Legende" "Die Braut von Korinth" "Der Gott und die Bajadere" "Der Zauberlehrling" Schillers Tod im Mai 1805 bedeutete eine schmerzliche Zäsur im Leben Goethes. Im Epilog zu Schillers Glocke (1805) setzte Goethe dem Verstorbenen ein einfühlsames literarisches Denkmal.

Die Auseinandersetzung mit der Romantik (1806 - 1814)
    Zum wichtigsten geistigen Weggefährten wurde Wilhelm von Humboldt. Er ließ sich von Achim von Arnim und Clemens Brentano, den Herausgebern der Sammlung Des Knaben Wunderhorn (1806 - 1808) zur Beschäftigung mit der Volkspoesie und dem deutschen Mittelalter anregen. Zur glühenden Verehrerin Goethes wurde Bettina Brentano, die spätere Gattin Achims von Arnim, die 1807 erstmals mit ihm in Verbindung trat. Romantische Züge trug die Problematisierung der bürgerlichen Ehe in Goethes Roman Die Wahlverwandtschaften. Vorbild für die Gestalt der Ottilie war die junge Wilhelmine Herzlieb zu der er eine heftige Neigung fasste. 1808 traf Goethe auf dem Erfurter Fürstenkongress mit der bedeutendsten zeitgenössischen Herrschergestalt, Napoleon I., zusammen. Im selben Jahr erschien der erste Teil des Faust (Faust: Eine Tragödie), 1811 der erste Band seiner Autobiographie Aus meinem Leben. Weitere Betätigungsfelder dieser Lebensphase waren Studien zur Farbenlehre und zur Kunst des Mittelalters 1812 kam es in Karlsbad zur persönlichen Begegnung mit Ludwig van Beethoven, der außer Vertonungen von Gedichten Goethes eine Ouvertüre zu Egmont komponiert hatte. 1813 starb die neben Goethe und Schiller wirkungsmächtigste Gestalt des Weimarer Geisteslebens, der Dichter Christoph Martin Wieland, dem Goethe einen respektvollen Nachruf widmete (Zum brüderlichen Andenken Wielands).

Die letzten Lebensjahrzehnte (1815 - 1832)
    Zum zentralen Ereignis wurde jedoch die Begegnung mit Marianne von Willemer, der Tochter eines Frankfurter Bankiers, die Goethes spontane Neigung leidenschaftlich erwiderte. Diese Liebe fand literarischen Niederschlag im Buch Suleika des West - östlichen Divan. Mehrere Gedichte stammen von Marianne und wurden von Goethe mit geringfügigen Änderungen übernommen. Die letzte Liebe des alternden Dichters galt der neunzehnjährigen Ulrike von Levetzow, die er 1823 in Marienbad kennen lernte. Mit fortschreitendem Alter zog sich Goethe vom literarischen Betrieb und vom Weimarer Gesellschaftsleben zurück, widmete sich seiner umfangreichen naturkundlichen Sammlung. Wichtige Begleiter der letzten Lebensjahre wurden neben der Schwiegertochter Ottilie seine Sekretäre Friedrich Wilhelm Riemer und Johann Peter Eckermann, der später seine Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens herausgab. Zu den letzten Schriften gehören die Aufsätze Landschaftliche Malerei und Noch ein Wort für junge Dichter. Goethe starb am 22. März 1832 in seinem Haus am Frauenplan und wurde an der Seite Schillers in der Weimarer Fürstengruft beigesetzt.

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