Heinrich Lübke
Altpräsident Dr. h .c Heinrich Lübke, katholisch, wurde am 14. Oktober 1894 in ENKHAUSEN, Kreis Arnsberg im Sauerland als Sohn eines Schuhmachers und kleinen Landwirts geboren. Er wuchs mit 4 Geschwistern auf. Sein Bruder Friedrich-Wilhelm, der 1954 verstarb, war Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Heinrich Lübke verlor bereits als Siebenjähriger seinen Vater. Nach dem Progymnasium Verl besuchte Heinrich Lübke das Gymnasium Petrinum in Brilon im Hochsauerland, wo er 1913 das Abitur ablegte. Nach einem praktischen Jahr ging Lübke als Student der Landwirtschaft der Geodäsie und der Kulturtechnik an die Landwirtschaftliche Hochschule in Bonn. Am 1. Weltkrieg nahm er als Kriegsfreiwilliger teil ( Ek I und II). Nach 1918 studierte er in Berlin und Münster Volkswirtschaft, Verwaltungsrecht und Boden- und Siedlungsrecht. Er bestand 1921 das geodäsische und das große kulturbautechnische Examen und wurde Vermessungs- und Kulturingenieur. Ab 1923 war er im landwirtschaflichen Organisationswesen tätig. Durch seine Initiative erfolgte 1926 der Zusammenschluss der Klein- und Mittelbauernverbände, sowie der Kleinpächterverbände zur " Deutschen Bauernschaft", deren Direktor er bis 1933 war. 1931 ging er als Vertreter des Zentrums in den preußischen Landtag.
1933 wurde Lübke aus allen Ämtern entlassen und bald darauf unter dem Stichwort ,,Korruption der Systemzeit" ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Dies hatte zur Folge, dass er über 20 Monate in Untersuchungshaft gehalten wurde. Erst am 10. Oktober 1935 wurde er aus der Haft entlassen und war nun im Bau- und Siedlungswesen tätig.
Während des 2. Weltkrieges war Lübke Mitarbeiter des privaten Architektur- und Ingenieurbüros Schlempp, das für den späteren Rüstungsminister Speer dienstverpflichtet wurde, Bauvorhaben in der Flugzeugindustrie plante und ausführte und später vor allem Objekte der Heeresversuchsanstalt Peenemünde baute. Als Schlempp im Mai 1944 zur OT verpflichtet, wickelte Lübke als Stellvertreter die in Angriff genommenen Aufgaben ab. Aus dieser Tätigkeit wurden später Vorwürfe gegen Lübke erhoben.
Nach 1945 trat Lübke der CDU bei, wurde 1946 in den ernannten Landtag für Westfalen entsandt und übernahm in der am 16. Juni 1947 gebildeten Regierung von Nordrhein-Westfalen das Ministerium für Ernährung, Wirtschaft und Forsten. Im August 1949 zog Lübke in den Bundestag ein und wurde Vorsitzender des Agrarpolitischen Ausschusses, legte aber als Landesminister im Oktober 1950 sein Bundestagsmandat nieder. Am 18.Dezember 1952 trat Lübke auf eigenen Wunsch als Ernährungsminister von Nordrhein-Westfalen zurück.1953 war er vorübergehend Generalanwalt des Raiffeisenverbandes in Bonn.
Am 6. September wurde Lübke wieder in den Bundestag gewählt und wurde Ende Oktober 1953 Bundes- minister für Ernährung, Wirtschaft und Forsten.
Lübke stand in den folgenden Jahren im Kreuzfeuer der Interessen-Gegensätze:
Der Vater der ,,Grünen Pläne" für die deutsche Landwirtschaft war zugleich maßgebend an der Entwicklung zum Gemeinsamen Agrarmarkt in der EWG beteiligt. Auseinandersetzungen mit den Franzosen wich er dabei nicht aus.
Im Sommer 1959 stellte die CDU Lübke als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten, als Nachfolger von Theodor Heuss auf. Adenauer hatte zunächst selbst für das Amt kandidieren wollen, später aber seine Meinung geändert. Lübke, der viel lieber Ernährungsminister geblieben wäre und sich selbst als " wenig geeignet " für das neue Amt bezeichnete, nahm schließlich die Kandidatur an und wurde gewählt. Seine Wiederwahl am 1. Juli 1964 wurde neben der CDU/CSU auch von der SPD getragen.
Politisch waren die beiden Amtsperioden Lübkes gekennzeichnet durch sein Eintreten für die Entwicklungshilfe. Lübke brach zu 15 Goodwill-Reisen auf und besuchte dabei 35 Staaten, vor allem in der sogenannten " Dritten Welt". Diese Auslandsreisen erwarben ihm durch sein bescheidenes, verständnisvolles Auftreten viel Symphatien bei den Gastländern. Weiter bemühte er sich um eine große Koalition (was ihn in Gegensatz zu Ludwig Ehrhard brachte).
Lübke hat zu Anfang seiner Amtszeit versucht, dem Amt des Bundespräsidenten mehr politisches Gewicht zu geben. Ein- oder zweimal hat er von sich reden gemacht, als er die Unterschrift unter ein verabschiedetes Gesetz verweigerte.
In den letzten Jahren seiner Amtstätigkeit fiel ein Nachlassen seiner Kräfte höchst unglücklich zusammen mit gezielten Angriffen aus der DDR, die ihn wegen seiner Tätigkeit in dem oben erwähnten Ingenieurbüro Schlempp wahrheitswidrig als "KZ- Baumeister" diffamieren wollten. Lübke hat die Vorwürfe nicht rasch genug entkräftet. Eine mit Hilfe des Bundeskriminalamtes von Bundesminister Lücke im Oktober 1966 zusammengestellte Dokumentation "Die kommunistische Verleumdungskampagne gegen den Bundespräsidenten" wirkte nicht sehr glücklich. Lübkes, über Rundfunk und Fernsehen im März 1968 gegebenen Erläuterungen über seine Tätigkeit während des Krieges kamen zu spät.
Im Oktober 1968 bot Lübke nach Drängen auch aus eigenen Reihen definitiv seinen Rücktritt zum 30. Juni 1969 an, was die Wahl seines Nachfolgers bereits im März 1969 ermöglichte. Gewählt wurde am 5. März 1969 in Berlin mit den Stimmen der FDP mit knapper Mehrheit gegen Gerhard Schröder der SPD- Kandidat Gustav Heinemann. Heinemann trat sein neues Amt am 1. Juli 1969 an.
Die letzten Lebensjahre waren von einem raschen Verfall der Kräfte gekennzeichnet. Lübke war mit Wilhelmine, geborene Keuthen verheiratet. Im März 1957 erhielt er das Bundes- verdienstkreuz.
Er starb am 6. April 1972 im Alter von 77 Jahren an den Folgen einer Magenoperation. Er erhielt einen Staatsakt im Kölner Dom und wurde anschließend in seiner Heimatstadt Enkhausen beigesetzt.
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